Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt und zu welchem Anteil?

05.07.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Erbfolge,Nachlass,Erbanteil,Rangfolge Gibt es kein Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge. Was bedeutet das? © - freepik

Um eine Erbschaft entsteht oft Streit. Wonach richtet es sich, wer erbt und wie viel vom Nachlass jeder bekommt? Die gesetzliche Erbfolge trifft für den Erbfall eindeutige Regelungen.

Die gesetzliche Erbfolge beruht auf Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Ihr Gegenstück ist die Erbfolge aufgrund eines letzten Willens, der etwa in einem Testament oder Erbvertrag geäußert wird. Darin kann der Erblasser auch Regelungen treffen, die von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Gibt es jedoch keine entsprechenden Dokumente mit solchen Festlegungen oder sind diese zum Beispiel durch Formfehler ungültig, kommt die gesetzliche Erbfolge zum Tragen.

Warum ist das Verwandtschaftsverhältnis entscheidend?


Bei der gesetzlichen Erbfolge hängt es vom Verwandtschaftsverhältnis ab, wer erbt und wie viel er oder sie bekommt. Die nächsten Verwandten des Erblassers erben als erste, dann die entfernteren. Wenn es einen näheren Verwandten gibt, sind dadurch die entfernteren Verwandten vom Erbe ausgeschlossen.

Man spricht hier auch vom Ordnungssystem. Es gibt drei Ordnungen, in denen bestimmte Verwandtschaftsgrade zusammengefasst sind:

- Verwandte erster Ordnung: Kinder und Enkel des Erblassers
- Verwandte zweiter Ordnung: Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen.
- Verwandte dritter Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen.

Geregelt ist dies in den §§ 1924 ff. BGB.

Nicht als Verwandte gelten übrigens die Schwiegereltern sowie Schwägerin und Schwager. Auch Ehepartner sind keine Verwandten, sie sind jedoch nach § 1931 BGB gesetzliche Erben.

Übrigens sind nichteheliche Kinder, die nach dem 1. Juli 1949 geboren sind, ebenso erbberechtigt wie eheliche Kinder.

Wie ist das Verhältnis der verschiedenen Ordnungen?


Gibt es Verwandte einer vorhergehenden Ordnung, sind dadurch Verwandte einer nachfolgenden Ordnung von der Erbfolge ausgeschlossen. Verwandte der ersten Ordnung schließen also Verwandte der zweiten und dritten Ordnung von der Erbfolge aus. Hatte der Verstorbene also Kinder, erben seine Eltern und Geschwister nichts. War er kinderlos, sind seine Eltern bereits verstorben und er hat noch Geschwister, erben diese.

Wie ist die Rangfolge innerhalb einer Ordnung?


Hier gilt das sogenannte "Repräsentationsprinzip": Ein Abkömmling des Erblassers schließt die durch ihn mit dem Verstorbenen verwandten weiteren Abkömmlinge von der Erbfolge aus, er repräsentiert gewissermaßen seinen sogenannten "Stamm" der Familie.

Beispiel: Ein Großvater stirbt. Dessen Sohn beerbt ihn. Die Enkel, also die Kinder des Sohnes, gehen leer aus, obwohl auch sie Erben erster Ordnung sind.

Allerdings treten die nächsten Abkömmlinge - hier die Enkelkinder - in die Erbfolge ein, wenn der Repräsentant des "Stammes" nicht mehr lebt.

Beispiel: Ein Großvater stirbt. Er hat einen Sohn und eine Tochter. Beide haben Kinder. Der Sohn ist jedoch ebenfalls schon verstorben. Erben sind die Tochter und die Kinder des Sohnes.

Gesetzliche Regelung: § 1924 Abs. 2 BGB.

Wie funktioniert das gesetzliche Erbrecht für Ehegatten?


Ehepartner erben neben den Verwandten. Durch sie wird also das Erbe der Verwandten in gewissem Maße eingeschränkt. Das Ehegattenerbrecht gilt auch für eingetragene Lebenspartner.

Wie das Erbe aufgeteilt wird, richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad der vorhandenen Verwandten. Das heißt:

- Gibt es Verwandte der ersten Ordnung, erbt der Ehepartner neben ihnen immer ein Viertel.
- Gibt es Verwandte der zweiten Ordnung oder Großeltern, erbt der Ehegatte die Hälfte.

Gibt es weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung, noch Großeltern, bekommt der überlebende Ehegatte die gesamte Erbschaft.

Hier spielen aber auch noch die Regelungen des ehelichen Güterrechts eine Rolle. Hat das Ehepaar im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt - also der Normalfall, wenn kein Ehevertrag gemacht wurde - dann erhöht sich der Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein weiteres Viertel. Dies nennt sich "Zugewinnausgleich im Todesfall". Ob tatsächlich ein Zugewinn erzielt wurde, spielt dabei keine Rolle.

Gesetzliche Regelung: § 1931, § 1371 BGB.

Ausführliche Infos zum gesetzlichen Erbrecht des Ehegatten lesen Sie hier.

Wer erbt wie zu welchem Anteil?


Der Erbanteil richtet sich danach, wie viele Verwandte welcher Ordnung vorhanden sind und ob es einen Ehegatten gibt. Je nachdem wird das Erbe anteilig aufgeteilt.

Beispiel:

Der Erblasser hat eine Ehefrau und drei Kinder. Alle Kinder haben ihrerseits Kinder. Ein Sohn des Erblassers ist bereits verstorben, dieser hat jedoch eine Tochter.

Die Ehefrau bekommt ein Viertel des Erbes, hinzu kommt ein weiteres Viertel durch den Zugewinnausgleich im Todesfall. Die zweite Hälfte wird zu gleichen Teilen zwischen den beiden überlebenden Kindern und der Enkeltochter aufgeteilt.

Beispiel:

Der Erblasser hat keine Kinder und ist unverheiratet. Allerdings lebt seine Mutter noch und er hat eine Schwester, die ihrerseits eine Tochter hat.

Es sind keine Erben erster Ordnung vorhanden. Daher erben die Erben zweiter Ordnung, also Eltern und deren Abkömmlinge, wozu auch Geschwister und deren Kinder gehören. Hier teilen sich das Erbe die Mutter und die Schwester des Erblassers. Die Enkelin bekommt nichts (Repräsentationsprinzip, siehe oben).

Beispiel:

Der Erblasser hat keinen Ehepartner, keine Kinder und auch keine noch lebenden Eltern. Es gibt auch keine Geschwister oder Nichten und Neffen. Allerdings gibt es eine Tante und einen Cousin, den Sohn eines verstorbenen Onkels.

Nun sind die Erben dritter Ordnung an der Reihe: Die Großeltern und deren Nachfahren bzw. Abkömmlinge. Sind die Großeltern bereits verstorben, erben ihre Kinder und deren Enkel - also Tanten und Onkel des Erblassers, oder, wenn diese nicht mehr leben, Cousinen und Cousins.
Wenn hier alle Großelternteile noch leben würden, würde jeder von ihnen ein Viertel erhalten. Nun bekommen die Tante und der Cousin jeweils die Hälfte für ihren jeweiligen Großelternzweig.

Was gilt für adoptierte Kinder?


Adoptierte Kinder sind Erben erster Ordnung. Die Adoption hat zur Folge, dass das Verwandtschaftsverhältnis zur bisherigen Familie erlischt und ein neues mit der neuen Familie entsteht. Das Kind beerbt also nicht seine leiblichen Eltern, sondern die Adoptiveltern.

Dies gilt aber nur, wenn das Kind minderjährig adoptiert wurde. Bei der Adoption eines Volljährigen bleibt das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern bestehen. Das "Kind" kann hier also vier Elternteile beerben. Allerdings hat es keine gesetzlichen Erbrechte im Verhältnis zu den Verwandten der Adoptiveltern.

Gesetzliche Regelung: § 1770 BGB.

Praxistipp


Wer eigene Regelungen zu seinem Nachlass treffen möchte, sollte sich nicht auf die gesetzliche Erbfolge verlassen, sondern seinen letzten Willen ausdrücklich festlegen - zum Beispiel in Form eines Testaments. Dabei kann Sie ein Fachanwalt für Erbrecht kompetent beraten.

(Bu)


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 Stephan Buch
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