Kostenvoranschlag – was, wenn die Rechnung teurer wird?

22.11.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Kostenvoranschlag,Smileys Was müssen Kunden und Handwerker zum Kostenvoranschlag wissen? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Verbindlichkeit: Ein Kostenvoranschlag ist grundsätzlich unverbindlich. Übernimmt der Dienstleister aber die Gewähr dafür, dass er nicht überschritten wird, muss er sich daran halten.

2. Überschreitung: Eine unwesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags ist zulässig. Die ist der Fall, wenn die angegebenen Kosten um 10 bis 20 Prozent überschritten werden.

3. Schadensersatz / Kündigung: Der Dienstleister muss den Kunden darüber informieren, wenn der tatsächliche Rechnungsbetrag wesentlich höher ausfällt, als im Kostenvoranschlag ausgeführt. Andernfalls macht er sich schadensersatzpflichtig. Der Kunde kann den höheren Preis akzeptieren oder den Werkvertrag außerordentlich kündigen.
Ob Autoreparatur, neue Heizung oder die Wärmedämmung einer Fassade - Aufträge für Handwerkerarbeiten aller Art werden meist nur nach einem Kostenvoranschlag vergeben. Aber: Wie verbindlich ist diese Kostenschätzung und welche Formalien müssen Handwerker dabei einhalten? Inwieweit dürfen sie den veranschlagten Betrag später überschreiten? Diese Fragen verunsichern viele Kunden und Handwerker gleichermaßen.

Darf ein Kostenvoranschlag etwas kosten?


Dazu existiert eine gesetzliche Regelung: § 632 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches besagt, dass ein Kostenvoranschlag "im Zweifel nicht zu vergüten" ist. Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Bezahlung gibt es also nicht. Handwerker und Kunde können jedoch eine solche vereinbaren. An eine solche Vereinbarung muss sich der Kunde dann auch halten und den vereinbarten Betrag entrichten.

Eine solche Vereinbarung über einen bezahlten Kostenvoranschlag sollte schriftlich getroffen werden. So vermeidet man später Streit über das Bestehen einer Vereinbarung oder die Höhe der Vergütung.

Als unwirksam sehen die Gerichte Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Handwerkern an, nach denen Kostenvoranschläge etwas kosten. Solche AGB-Regelungen gelten als überraschend und damit als nicht zulässig. Aber: Sie sind trotzdem wirksam, wenn in der jeweiligen Branche bezahlte Kostenvoranschläge (und solche Klauseln) üblich sind. Dies ist zum Beispiel in der Elektrobranche der Fall oder auch bei KfZ-Werkstätten.

Kunden sollten im Zweifelsfall nachfragen oder einen Blick in die AGB riskieren.

Welche Angaben muss ein Kostenvoranschlag enthalten?


Der Kostenvoranschlag eines Handwerksbetriebs sollte zunächst genau wiedergeben, auf welche Arbeiten er sich bezieht. Wichtig zu wissen:
Ein Kostenvoranschlag ist eine Schätzung der Kosten, die voraussichtlich anfallen werden - nicht mehr und nicht weniger. Daher sind auch circa-Angaben möglich. Grundsätzlich sollte der Handwerker hier auch erklären, wie der Geldbetrag zustande kommt. Dies kann zum Beispiel durch eine Aufschlüsselung in Arbeitslohn für die erwartete Arbeitszeit und Materialkosten passieren.

Wie lange gilt ein Kostenvoranschlag?


Dies sollte ebenfalls im Kostenvoranschlag angegeben sein. Am besten sollte der Handwerksbetrieb ein konkretes Datum nennen, bis zu dem der Voranschlag gilt. So herrschen für beide Seiten klare Verhältnisse. Der Handwerker kann den Kostenvoranschlag schließlich nicht zeitlich unbegrenzt aufrechterhalten - nach einem halben Jahr sind unter Umständen Arbeitslöhne oder Materialpreise schon gestiegen. Häufig wird hier eine Zeitspanne von etwa sechs Wochen angesetzt.

Wie verbindlich ist der im Kostenvoranschlag genannte Betrag?


Hier haben Handwerksbetriebe die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten:

Variante 1: Der herkömmliche, unverbindliche Kostenvoranschlag
Ein ganz normaler Kostenvoranschlag ist unverbindlich. Dies ergibt sich auch aus § 649 BGB. Kein Wunder, denn es handelt sich ja um eine Schätzung. Handwerkern ist zu empfehlen, dass sie ihre Kunden trotzdem darauf auch noch ausdrücklich hinweisen.

Variante 2: Verbindlicher Kostenvoranschlag
Allerdings kann ein Unternehmer nach § 649 BGB auch die Gewähr dafür übernehmen, dass sein Kostenvoranschlag nicht überschritten wird. In diesem Fall ist der genannte Betrag verbindlich und es handelt sich um eine Festpreisvereinbarung. Im Interesse beider Seiten sollte diese schriftlich getroffen werden. Eine solche Vereinbarung ist jedoch eher die Ausnahme als die Regel, denn sie kann erhebliche Nachteile für den Handwerker haben. Schließlich kann es sein, dass die Kosten des Auftrags durch unerwartete Umstände doch noch ansteigen.

Wie weit darf die Rechnung den Kostenvoranschlag überschreiten?


Auch ein unverbindlicher Kostenvoranschlag darf jedoch nicht beliebig überschritten werden. Wenn absehbar ist, dass der Voranschlag "wesentlich" überschritten wird, hat der Handwerksbetrieb seinem Kunden unverzüglich Mitteilung zu machen. Als noch nicht wesentlich gilt eine Überschreitung um zehn bis 20 Prozent. Die Gerichte entscheiden hier jedoch nicht einheitlich, es können im Einzelfall auch 25 Prozent noch durchgehen. Aber: In Gerichtsverfahren geht es nicht nur um die Prozentsätze: Es spielen auch die absoluten Beträge der Kostenüberschreitung eine Rolle. Je höher diese ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht mehr als unwesentliche Überschreitung angesehen wird - auch, wenn es sich vielleicht nur um 12 Prozent handelt.

Handwerker zu teuer: Kann ich als Kunde den Vertrag kündigen?


Benachrichtigt der Handwerker den Kunden, dass der Rechnungsbetrag deutlich höher ausfallen wird, als der Kostenvoranschlag, hat der Kunde die Wahl: Er kann den höheren Preis akzeptieren oder den Werkvertrag außerordentlich kündigen. Dieses Recht ist in § 649 BGB gesetzlich festgelegt. Gemäß § 645 BGB hat der Kunde dann die Arbeiten zu bezahlen, die bis zum Zeitpunkt der Kündigung ausgeführt worden sind, sowie das bereits verbaute Material.

Wann kann der Kunde Schadensersatz geltend machen?


Wenn der Handwerksbetrieb dem Kunden nicht unverzüglich - also "ohne schuldhaftes Zögern" - Mitteilung über die zu erwartende Preiserhöhung macht, kann sich der Handwerker gegenüber dem Kunden sogar schadensersatzpflichtig machen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Handwerker dem Kunden zuvor einen deutlich zu niedrigen Betrag genannt hat, um den Auftrag zu erhalten. Dies müsste der Kunde jedoch vor Gericht beweisen können.

Der Kunde kann jedoch keinen Schadensersatz fordern, wenn es auch für einen Laien ganz offensichtlich war, dass der Auftrag teurer werden würde. Dies ist zum Beispiel oft der Fall bei Bauaufträgen, wenn der Bauherr selbst Extrawünsche geäußert hat. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat zum Beispiel einem Handwerker einen Anspruch auf die restliche Bezahlung zugestanden, obwohl dieser den Kostenvoranschlag überschritten hatte (Urteil vom 19.11.2014, Az. 2 U 172/13). Dabei bezog das Gericht auch den Umstand ein, dass die Arbeiten sowieso notwendig waren und dass ein anderer Betrieb sie kaum billiger hätte ausführen können.

Praxistipp zum Kostenvoranschlag


Ein unverbindlicher Kostenvoranschlag darf auch überschritten werden. Werden dabei bestimmte Grenzen gesprengt, muss der Handwerker dem Kunden jedoch sofort Mitteilung machen und ggf. mit einer Kündigung des Werkvertrages leben. Gibt es Streit in Sachen Kostenvoranschlag, ist ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt der beste Ansprechpartner für beide Seiten.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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Juristische Redaktion
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