Schaden in der Tiefgarage: Haftet der Betreiber?

15.07.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (13902 mal gelesen)
Zufahrt Tiefgarage Schäden in der Tiefgarage passieren nicht nur durch Unfälle. © Bu - Anwalt-Suchservice

Viele Autofahrer stellen ihr Fahrzeug in Tiefgaragen oder Sammelgaragen unter. Manchmal kommt es zu Schäden, für die kein anderer Autofahrer verantwortlich gemacht werden kann. Wer haftet?

Viele PKW werden auf gemieteten Tiefgaragen-Stellplätzen untergestellt. Aber auch Fahrzeuge, die nur in einer Saison oder sporadisch benutzt werden - wie Wohnmobile, Campingbusse, Sportwagen, Cabrios oder Oldtimer - stehen oft in einer Tief- oder Sammelgarage. Was passiert aber zum Beispiel bei einem Schadensfall?

Schäden durch andere Mieter


Wenn ein anderer Stellplatzmieter den Schaden verursacht hat – zum Beispiel beim Rangieren – ist dessen KfZ-Haftpflichtversicherung zuständig. Ist das Fahrzeug abgemeldet und nicht versichert, muss er eben aus eigener Tasche bezahlen.

Wann haftet der Vermieter?


Was gilt aber, wenn der Schaden durch bauliche Mängel, Brände oder Vandalismus verursacht wird? In einigen Fällen kann es zu einer Haftung des Vermieters kommen. Diese kann sich aus dem Mietrecht ergeben, aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht oder auch durch dessen eigenes Verschulden.

Fall: Vermieter verursacht Schaden durch Bastelarbeiten


Ein Autofan hatte in seiner Scheune sechs eigene Fahrzeuge und sechs fremde Oldtimer eingestellt. Er hatte mit den Eigentümern der Fremdfahrzeuge Stellplatzmietverträge abgeschlossen. In dem von ihm selbst genutzten Bereich der Scheune befand sich eine Hebebühne. Als er an einem seiner eigenen Autos die Bremse reparierte, fing dieses Feuer. Der Brand griff auf die ganze Scheune und alle Fahrzeuge über. Ein Mieter verklagte ihn auf Schadensersatz. Der Bundesgerichtshof entschied, dass hier kein Schadensersatzanspruch aus dem Mietrecht vorliege. Nach § 536a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann der Mieter nämlich Schadensersatz vom Vermieter verlangen, wenn er durch einen Mangel der Mietsache einen Schaden erlitten hat. Dies war hier jedoch nicht der Fall.

Welche Pflichten hat der Vermieter einer Tiefgarage?


Der Bundesgerichtshof betonte jedoch, dass der Vermieter aus dem Mietvertrag die Nebenpflicht habe, Beschädigungen des Eigentums seiner Mieter zu unterlassen. Im Normalfall müsse der Mieter als Anspruchsteller eine solche Pflichtverletzung des Vermieters beweisen. Hier stehe jedoch fest, dass nur eine Schadensursache aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Vermieters in Frage komme. Daher finde hier eine Umkehr der Beweislast statt und der Vermieter müsse sich entlasten.
Der BGH erklärte, dass im vorliegenden Fall grundsätzlich auch der KfZ-Haftpflichtversicherer des Vermieters für den Schaden einstehen müsse. Versichert seien nämlich Schäden bei der Benutzung des Fahrzeugs und auch eine Reparatur sei eine Benutzung. Der Fall wurde zur Klärung offener Fragen an die Vorinstanz
zurückverwiesen (Urteil vom 22. Oktober 2008, Az. XII ZR 148/06).

Wer haftet, wenn das Auto zu breit ist?


Mit einem solchen Fall hatte sich das Landgericht Nürnberg-Fürth zu beschäftigen. Eine Dame wollte mit ihrem Porsche Cayenne die Tiefgarage eines Nürnberger Hotels verlassen. Dabei stellte sie fest, dass die hohen Bordsteinkanten der Tiefgaragen-Ausfahrt immer näher kamen. Vorsichtig fuhr sie weiter. Es kam, wie es kommen musste: Das Auto war einfach zu breit, und zwei Felgen machten unsanfte Bekanntschaft mit dem Bordstein. Der entstandene Schaden lag bei 5.281,26 Euro – Porschefelgen sind eben doch etwas teurer. Die Fahrerin sah die Verantwortung beim Garagenbetreiber und damit beim Hotelinhaber. Dieser hätte ihrer Meinung nach zumindest durch Warnschilder auf die enge Durchfahrt aufmerksam machen müssen. Die Betreibergesellschaft des Hotels war eher der Meinung, dass sie für übergroße Autos nicht hafte.

Hier gilt: Der Betreiber haftet nur, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Denn: Wer eine Gefahr schafft, muss soweit es ihm zumutbar ist, dafür sorgen, dass andere dadurch nicht geschädigt werden. Eine solche Pflichtverletzung sah das Gericht im beschriebenen Fall nicht (Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.5.2017, Az. 8 O 5368/16). Denn es kann von niemandem erwartet werden, dass er gegen jede nur denkbare Gefahr Vorkehrungen trifft. Es gibt keine Verkehrssicherung, die jegliche Schäden ausschließt. Erwartet werden kann nur eine Vorsorge gegen solche Gefahren, die andere Personen bei Anwendung der üblichen Sorgfalt selbst nicht hätten erkennen und vermeiden können. Von Parkhaus- oder Tiefgaragennutzern wird in diesem Zusammenhang erwartet, dass sie selbst aufpassen und sich vorher darüber informieren, ob die Tiefgarage für ihr Vehikel geeignet ist. Denn nur sie selbst kennen dessen Abmessungen. Oder dass sie, falls sie es zu spät merken, die oben genannten Schritte ergreifen und sich ans Personal wenden, anstatt einfach draufloszufahren.

Parken in zwei Etagen


Einen Mangel an der Mietsache bejahte das Landgericht Trier in einem anderen Fall. Dabei ging es um eine Tiefgarage, in der die Parkplätze übereinander lagen. Die oberen Plätze waren über eine mobile Rampe zu erreichen. Eine Mieterin hatte festgestellt, dass Dachantenne und Heckklappe ihres Fahrzeugs durch die Rampe beschädigt worden waren, als der Mieter des darüber liegenden Platzes einparkte. Die Mieterin hatte ihren PKW vorschriftsmäßig bis ganz nach vorn gefahren, auch der andere Mieter hatte nichts falsch gemacht - die Rampe war einfach zu niedrig. Darin sah das Gericht einen Mangel der Mietsache. Der Vermieter musste daher für den Schaden aufkommen. Das Gericht hielt auch fest, dass die Mieterin ohne besondere Warnung nicht verpflichtet gewesen sei, vor dem Einparken zum Beispiel ihre Dachantenne abzuschrauben (Urteil vom 28.8.2001, Az. 1 S 49/01).

Herabfallender Putz beschädigt PKW in Tiefgarage


In einem anderen Fall hatte ein Autofahrer seinen PKW während seines Urlaubs in einer Parkhalle untergestellt. Bei seiner Rückkehr stellte er fest, dass sich von der Wand großflächig Putz abgelöst hatte und auf sein Auto gefallen war. Ein Gutachter bezifferte den Schaden auf rund 1.000 Euro. Der Parkhausbetreiber weigerte sich, die Reparatur zu bezahlen: Die Wand gehöre zum Nachbarhaus und gehöre nicht zu seinem Verantwortungsbereich. Zudem habe er die Haftung für fremdverschuldete Schäden in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen. Vom Amtsgericht Hannover wurde er dennoch zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 25.10.2016, Az. 565 C 11773/15).

Garagentor trifft Autodach


Anders entschied das Amtsgericht München. In diesem Fall hatte die Nutzerin einer privaten Tiefgarage beim Herausfahren um ein geparktes Auto herum rangieren müssen. In der Zwischenzeit schloss sich das Garagentor und beschädigte ihr Fahrzeug. Nach dem Urteil des Gerichts musste der Garagenbetreiber dafür nicht haften. Der Eigentümer einer nicht-öffentlichen Tiefgarage habe nur eine eingeschränkte Verkehrssicherungspflicht. Er sei nicht verpflichtet gewesen, ein modernes Automatik-Tor mit entsprechenden Sicherungen einzubauen, bei dem ein solcher Schaden nicht passiert wäre (Urteil vom 15.4.2013, Az. 454 C 28946/12).

Was gilt bei einem Diebstahl aus dem Auto?


Eine Autofahrerin hatte ihr Fahrzeug tagsüber in einer öffentlichen Tiefgarage abgestellt. Als sie zurückkam, stellt sie fest, dass ihre Autoscheibe eingeschlagen und ihr ein teures Navigationsgerät entwendet worden war. Das Amtsgericht Hannover erklärte, dass der Parkhausbetreiber hier nicht hafte. Mit dem Einstellen des Autos ins Parkhaus habe die Frau lediglich einen Stellplatz für einen begrenzten Zeitraum gemietet. Damit sei keine Pflicht zur Bewachung verbunden. Ob ein entsprechender Haftungsausschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam sei, sei daher nicht entscheidend. Auch das Vorhandensein von Videokameras bedeute nicht, dass der Betreiber dazu verpflichtet sei, die geparkten Fahrzeuge zu überwachen. Ebenso sei er nicht dazu verpflichtet, für ein besonders gutes und scharfes Videobild zu sorgen, auf dem man jeden möglichen Täter identifizieren könne. Daher wurde die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2008, Az. 427 C 11840/07).

Praxistipp


Vermieter von Stellplätzen in Tief- und Sammelgaragen haften nicht selbstverständlich für alle denkbaren Schäden. Relativ gute Chancen haben Stellplatzmieter, wenn der Schaden auf bauliche Mängel zurückzuführen ist. Für länger untergestellte abgemeldete Fahrzeuge gibt es übrigens sogenannte Ruheversicherungen. Bei einem Rechtsstreit hilft ein Rechtsanwalt, der sich auf das Zivilrecht spezialisiert hat.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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