Unfall bei Alkoholfahrt: Kann die Versicherung Regress beim Fahrer nehmen?

29.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Auto,Unfallschaden,Unfall,Alkohol Bei einem Unfall durch Alkohol droht Ärger mit der KfZ-Haftpflichtversicherung. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Regress durch Kfz-Versicherung: Gemäß § 426 BGB und § 116 VVG kann die Versicherung von ihrem Versicherungsnehmer die Rückersattung des Unfallschadens und Ausgaben für ein Sachverständigen-Gutachten verlangen.

2. Voraussetzung der Rückforderung: Die Rückforderung setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer eine sogenannte Obliegenheit verletzt hat. Obliegenheiten sind die im Versicherungsvertrag festgelegten Pflichten, z.B. kein Fahren unter Alkoholeinfluss.

3. Höhe der Rückforderung: Die Kfz-Versicherung kann nicht den gesamten von ihr gezahlten Schaden zurückfordern. Der Regressanspruch ist auf höchstens 5.000 Euro begrenzt. Ausnahme: Ein Fahrer, der ein Auto gestohlen und damit einen Unfall gebaut hat.
Die KfZ-Haftpflichtversicherung soll den Unfallgegner davor schützen, auf seinem Schaden sitzen zu bleiben, weil der Unfallverursacher kein Geld hat. Deswegen zahlt diese Versicherung auch, wenn ihr Versicherungsnehmer sich auf eine Weise danebenbenommen hat, die im Normalfall den Versicherungsschutz entfallen lassen würde. Die Zahlung erfolgt an den geschädigten Unfallgegner. In bestimmten Fällen kann sich die Versicherung ihr Geld vom Unfallverursacher - ihrem Kunden - zurückholen. Eine solche Rückforderung findet oft bei Unfällen unter Alkoholeinfluss statt.

Was muss man zur KfZ-Haftpflichtversicherung wissen?


Ein KfZ-Haftpflichtversicherer hat die Pflicht, den von einem Versicherungsnehmer verursachten Schaden auch dann zu begleichen, wenn für den eigenen Versicherungsnehmer wegen einer Pflichtverletzung kein Versicherungsschutz mehr besteht. Dann kann sich die Versicherung jedoch das gezahlte Geld innerhalb bestimmter Grenzen vom Versicherten zurückholen.
Die Rechtsgrundlagen für eine solche Rückforderung sind § 426 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und § 116 des Versicherungsvertrags-Gesetzes (VVG). Demnach kann die Versicherung den Betrag der Aufwendungen zurückverlangen, die aus ihrer Sicht erforderlich waren. Dazu gehört nicht nur der eigentliche Unfallschaden, sondern zum Beispiel auch die Ausgaben für ein Sachverständigen-Gutachten.

In welchen Fällen ist eine Rückforderung möglich?


Möglich ist eine Rückforderung dann, wenn der Versicherungsnehmer eine sogenannte Obliegenheit verletzt hat. Dabei handelt es sich um im Versicherungsvertrag festgelegte Pflichten. Welche Obliegenheiten der Versicherungsnehmer hat, steht im Vertrag. Bei der KfZ-Haftpflichtversicherung sind besonders diese wichtig:

- Der Haftpflichtversicherte darf nicht fahren, wenn er durch den Genuss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln das Fahrzeug nicht mehr sicher führen kann,
- er darf sein Fahrzeug nicht jemand anderem überlassen, der unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht,
- er darf nicht fahren, wenn er keinen Führerschein hat, und auch keinen anderen ohne Führerschein ans Lenkrad lassen,
- der Versicherungsnehmer darf mit seinem Auto nicht an Rennen oder Übungsfahrten für Rennen teilnehmen, bei denen es um Geschwindigkeit geht.

Unfall unter Alkohol: Wie viel kann die Versicherung zurückfordern?


Auch bei einer Obliegenheitsverletzung kann die Versicherung nicht den gesamten gezahlten Schaden zurückfordern. Ihr Regressanspruch ist auf höchstens 5.000 Euro begrenzt. Dies ergibt sich aus § 5 Absatz 3 der Kraftfahrzeugpflichtversicherungsverordnung. Allerdings gilt diese Begrenzung nicht gegenüber einem Fahrer, der das Auto gestohlen hat.

Wichtig: Eine Regressforderung der Versicherung ist nur möglich, wenn die Obliegenheitsverletzung die Ursache für den Schaden war. Der Unfall muss also zum Beispiel auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zurückzuführen sein. Ein Gericht kann jedoch unter bestimmten Umständen davon ausgehen, dass diese vorliegen.

Urteil: Rückforderung nach Alkoholfahrt


Ein betrunkener Autofahrer fuhr in einer Einbahnstraße in falscher Richtung. Bei einer Fahrbahnverengung wollte er nach links ausweichen. Dabei verriss er das Lenkrad und kollidierte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Seine Blutalkoholkonzentration betrug 1,24 Promille.

Nach dem Unfall kündigte seine Kfz-Haftpflichtversicherung den Versicherungsvertrag und verlangte von ihm 3.100 Euro zurück, die sie dem Unfallgegner bezahlt hatte. Dies sah der Versicherungsnehmer jedoch nicht ein und verwies auf seine schnelle Reaktion und seine Ortsunkundigkeit.

Das Landgericht Coburg entschied: Die vorliegende absolute Fahruntüchtigkeit begründe einen Anscheinsbeweis dafür, dass der Alkoholkonsum zu dem Unfall geführt habe. Die bloße Möglichkeit, dass auch ein nüchterner Fahrer einen solchen Unfall hätte verursachen können, entkräfte dies nicht. Der Versicherte habe eine Reihe von alkoholbedingten Fahrfehlern gemacht. Seine Fahrweise und der Unfall seien auf den Alkohol zurückzuführen.

Nach den Versicherungsbedingungen hätte die Haftpflichtversicherung den Fahrer mit bis zu 5.000 Euro in Regress nehmen dürfen, so das Gericht. Hier war daher die Rückforderung von 3.100 Euro berechtigt (LG Coburg, Az. 23 O 145/07).

Urteil: Betrunken Ampel gerammt


In Saarbrücken war ein Autofahrer um sechs Uhr morgens nach links von der Straße abgekommen und auf eine Verkehrsinsel gefahren. Dort rammte er eine Ampel und beschädigte einen Baum. Eine zufällig vorbeikommende Rettungswagen-Besatzung fand ihn auf der Verkehrsinsel sitzend vor. Die Polizei stellte einen Promillepegel von 0,93 fest.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied: Die Kaskoversicherung war gegenüber ihrem Versicherungsnehmer zu 75 Prozent leistungsfrei. Auch seine Haftpflichtversicherung konnte ihn in dieser Höhe hinsichtlich des von ihr beglichenen Fremdschadens in Regress nehmen. Speziell bei der Kasko spielte hier noch mit, dass er grob fahrlässig gehandelt hatte. Er hatte jedoch noch nicht die absolute Fahruntüchtigkeit erreicht, sodass es bei 75 Prozent blieb. Auch hier galt für die Regressforderung der Haftpflichtversicherung die 5.000 Euro-Grenze (OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.10.2014, Az. 4 U 165/13).

Wie kann ich die Rückforderung durch die eigene Versicherung abwenden?


Ein mögliches Gegenargument gegen eine Rückforderung ist, dass der Unfall nicht durch den Alkoholkonsum verursacht wurde. Dies sollte man jedoch beweisen können. War der Unfallverursacher erheblich alkoholisiert, sind die Chancen, mit diesem Argument gehört zu werden, gering.

Auch formale Fehler können jedoch der Versicherung eine Rückforderung unmöglich machen. Versicherungen haben gegenüber ihren Kunden eine Vielzahl von Aufklärungs- und Informationspflichten, welche sie nicht immer vorschriftsmäßig erfüllen.

Praxistipp zur Rückforderung durch die KfZ-Haftpflichtversicherung


Wenn ein Autofahrer unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht, kann die eigene KfZ-Haftpflichtversicherung ihren Versicherungsnehmer in Regress nehmen. Ob es im konkreten Fall Chancen gibt, eine solche Regressforderung abzuwenden, kann ein Fachanwalt für Verkehrsrecht für Sie prüfen.

(Wk)


 Günter Warkowski
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