Arbeit: Gleiche Bezahlung von Männern und Frauen - was gilt?

08.03.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Equal Pay,gleiche,Bezahlung,Männer,Frauen Gleiche Bezahlung: Gesetz und Realität sind oft noch verschieden. © - freepik

Equal Pay, gemeint ist die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, ist noch nicht überall Realität. Welche Rechte haben Arbeitnehmerinnen, um den gleichen Lohn für die gleiche Leistung zu verlangen?

Dem Statistischen Bundesamt zufolge bekamen Frauen in Deutschland 2022 einen durchschnittlichen Stundenlohn von 20,05 Euro brutto pro Stunde. Bei Männern waren es 24,36 Euro. Macht einen Unterschied von 17,7 Prozent. Nach Bereinigung dieser pauschalen Werte um die Einflussfaktoren Arbeitszeit (Vollzeit, Teilzeit, nicht bezahlte Überstunden), die Berufswahl und die Besetzung von Leitungspositionen, verbleibt eine reale Lohnlücke von ca. 7 Prozent. Von Rechts wegen dürfte es aber auch diese geringere Ungleichbehandlung eigentlich nicht mehr geben.

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen?


Da wäre zunächst einmal das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, auch Antidiskriminierungsgesetz genannt. Es soll unter anderem Benachteiligungen aus Gründen des Geschlechts verhindern. § 7 AGG verbietet eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts im Arbeitsverhältnis und erklärt sie darüber hinaus auch zur Verletzung vertraglicher Pflichten. Benachteiligte Personen haben ein Recht auf Entschädigung.

Auch das Entgelttransparenzgesetz bezweckt eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Arbeitslohn. § 3 verbietet eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. § 7 enthält ein zusätzliches Entgeltgleichheitsgebot. § 8 erklärt Regelungen im Arbeitsvertrag, die gegen diese "Equal-Pay"-Vorschriften verstoßen, für unwirksam.

Natürlich stellt sich hier die Frage, wie Frauen überhaupt von einer solchen Ungleichbehandlung erfahren können. Auch dies ist gesetzlich geregelt: Das Entgelttransparenzgesetz gibt ihnen das Recht, vom Arbeitgeber Auskunft über den Mittelwert des Bruttomonatsentgelts und bis zu zwei weiteren Entgeltbestandteilen zu verlangen, wenn mindestens sechs Arbeitnehmer des anderen Geschlechts im Betrieb eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit ausführen. Der Haken: Diese Regelung gilt nur für Betriebe mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten. Zwar darf niemand gemaßregelt werden, der eine solche Auskunft einholt. Aber: Sanktionen für Verstöße sieht das EntgTranspG nicht vor.

Darüber hinaus schreibt auch der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Artikel 157 vor, dass jeder Mitgliedstaat der EU die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherzustellen hat.

Wann darf eine ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen erfolgen?


Männer und Frauen dürfen bei einer vergleichbaren Tätigkeit ungleich bezahlt werden, wenn es dafür rationelle, objektive Gründe gibt. Dies müssen objektive, geschlechtsneutrale Gründe sein. So kann zum Beispiel eine unterschiedliche Qualifikation, eine unterschiedliche Berufserfahrung oder eine unterschiedliche Dauer der Betriebszugehörigkeit eine unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen rechtfertigen.

Ist eine bessere Bezahlung gerechtfertigt, weil jemand anders besser verhandelt hat?


Ein häufiges Argument von Arbeitgebern gegenüber Arbeitnehmerinnen lautet: Der männliche Kollege hat über sein Gehalt besser verhandelt. Daher wird er höher bezahlt.

Natürlich ist das Gehalt immer bis zu einem gewissen Grad Verhandlungssache. Trotzdem können sich Arbeitgeber beim Thema Equal Pay nicht pauschal hinter diesem Argument verstecken. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil festgestellt.

Eine Vertriebsmitarbeiterin in einem Metallunternehmen hatte erfahren, dass ein gleichzeitig mit ihr eingestellter männlicher Kollege ein Grundgehalt von 4.500 Euro erhielt, während sie selbst für die entsprechende Tätigkeit nur 3.500 Euro bekam. Auch ein weiterer männlicher Mitarbeiter wurde besser bezahlt, dieser war jedoch schon seit 30 Jahren im Unternehmen tätig. Die Frau verklagte den Arbeitgeber auf Zahlung der Differenz zum Gehalt ihres gleichzeitig eingestellten männlichen Kollegen und auf eine zusätzliche Entschädigung für die Ungleichbehandlung. Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass der männliche Kollege besser verhandelt habe.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht zur ungleichen Bezahlung entschieden?


Die Klage der Vertriebsmitarbeiterin landete zunächst beim Arbeitsgericht Dresden und dann beim Landesarbeitsgericht Sachsen. Beide entschieden zugunsten des Arbeitgebers und hielten die ungleiche Bezahlung für rechtens. Die Begründung: Der männliche Kollege habe den Job nur zu dem höheren Gehalt annehmen wollen. Der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse an der Mitarbeitergewinnung. Damit liege ein objektiver Grund vor, den Mann besser zu bezahlen.

Würde man dieser Argumentation folgen, könnte man im Prinzip all die Regelungen über Gleichbehandlung beim Arbeitslohn zu den Akten legen. Das sah auch das Bundesarbeitsgericht so - und entschied zugunsten der Arbeitnehmerin.

Das Bundesarbeitsgericht hielt fest: Eine Frau habe das Recht auf gleiche Bezahlung für die gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahle. Daran ändere sich nichts, weil der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordere und der Arbeitgeber dem nachgebe.

Dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein geringeres Grundgehalt bekommen habe, als ihr männlicher Kollege, begründe die Vermutung nach § 22 AGG, dass hier eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts stattgefunden habe. Dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. Er könne sich nicht darauf berufen, dass das höhere Grundgehalt des männlichen Kollegen nur auf dessen Verhandlungsgeschick beruhe.

Das Gericht sprach der Arbeitnehmerin daher eine Gehaltsnachzahlung von 14.500 Euro sowie eine Entschädigung von 2.000 Euro zu (Urteil vom 16.2.2023, Az. 8 AZR 450/21).

Praxistipp zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen


Zwar ist die "Gender Pay Gap", also die Gehaltsdifferenz aufgrund des Geschlechts, noch immer Realität. Allerdings ist "Equal Pay" oder die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen gesetzlich vorgeschrieben. Das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichts verbessert die Chance von Arbeitnehmerinnen auf gleiche Bezahlung. Wer sich aufgrund des Geschlechts beim Arbeitslohn benachteiligt fühlt, sollte sich fachkundig beraten lassen - zum Beispiel bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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