Balkonkraftwerk: Welche Regeln gelten für die Installation?

22.09.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Das Wichtigste in Kürze

1. Rechtliche Rahmenbedingungen: Zur Installation eines Balkonkraftwerks müssen Mieter zunächst die Zustimmung des Vermieters einholen, der aber nur aus ganz bestimmten Gründen verweigern darf. Zudem ist eine Anmeldung beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur sowie beim Netzbetreiber erforderlich.

2. Installation und Anschluss: Ein Balkonkraftwerk sollte im Zweifel von einem Fachmann installiert werden und den gültigen technischen, insbesondere den VDE-Regeln, entsprechen. Das Einspeisen des Stroms über einen Schuko-Stecker entspricht diesen Regeln bisher nicht.

3. Staatliche Förderung: Für Balkonkraftwerke gibt es je nach Bundesland kommunale Fördermöglichkeiten. In Berlin wird eine solche Solaranlage z.B. mit einmalig 500 Euro subventioniert.
Als Balkonkraftwerke bezeichnet man Mini-Solaranlagen, die auf einem Balkon oder einer Terrasse Platz finden. Diese können über einen Stecker ans Stromnetz der Wohnung angeschlossen werden und leiten dann direkt Strom ins Hausnetz ein. Dadurch sinkt der Verbrauch an gekauftem Strom. Mit einer Mini-Solaranlage kann man zwar nicht unabhängig vom Stromversorger werden - dazu produziert sie nicht genug. Aber: Eine deutliche Einsparung bei den Stromkosten ist durchaus möglich. Das schont den Geldbeutel und hilft dem Klima. Allerdings gibt es auch beim Balkonkraftwerk rechtlich einige Details zu beachten.

Wie effektiv ist eine Solaranlage auf dem Balkon?


Eine Beispielrechnung lautet, dass eine übliche 600-Watt-Anlage zum Preis von durchschnittlich 1.000 Euro 600 kWh Strom pro Jahr erzeugt. Bei einem Strompreis von 30 Cent pro Kilowattstunde würde dies eine jährliche Stromersparnis von 180 Euro bedeuten. Dann hätte sich das Balkonkraftwerk nach fünfeinhalb Jahren amortisiert.

Geht man jedoch vom aktuellen Strompreis von mindestens 40 Cent pro Kilowattstunde aus, liegt man bereits bei 240 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Eine durchschnittliche Waschmaschine verbraucht 200 Kilowattstunden Strom jährlich.
Da man meist von einer Lebensdauer von 25 Jahren für die Mini-Solaranlage ausgeht, lohnt sich die Stromerzeugung über die gesamte Zeit hinweg umso mehr. Ein Vorteil besteht auch darin, dass die Anlage bei einem Umzug einfach abgebaut und mitgenommen werden kann.

Natürlich spielen bei der Effektivität der Anlage auch die Himmelsrichtung des Balkons, eine mögliche Verschattung und die Lage im Norden oder Süden von Deutschland eine Rolle. Verschiedene online aufzufindende Anbieter prüfen anhand von Angaben und Fotos des Kunden nach, wie effektiv eine Anlage auf dem konkreten Balkon tatsächlich ist.

Übrigens: Eine Einspeisung ins öffentliche Stromnetz mit Verkauf des erzeugten Stroms lohnt sich bei einer Mini-Solaranlage nicht. Dafür ist die Kapazität dann doch zu gering. Dies hat den Vorteil, dass eine Balkon-Solaranlage mit weniger Bürokratieaufwand verbunden ist.

Balkon-Solaranlage: Was ist aus technischer Sicht Voraussetzung?


Eine Mini-Solaranlage besteht meist aus zwei Fotovoltaik-Modulen, einem Wechselrichter zur Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom, Kabeln und häufig einem Strommessgerät.

Stromanbieter mögen es gar nicht gern, wenn der Stromzähler plötzlich rückwärts läuft. Dies kann aber passieren, wenn eine Balkon-Solaranlage in Betrieb ist, während im Haushalt gerade kein Strom verbraucht wird. Dann wird der überschüssige Strom nämlich ins öffentliche Netz eingespeist. Hier bestehen die Stromanbieter bzw. Netzbetreiber in der Regel auf einem modernen Stromzähler mit Rücklaufsperre.

Strom per Balkon-Solarpanel: Der Streit um die Steckdose


Es mag sein, dass in ganz Europa Balkon-Solaranlagen schlicht über einen handelsüblichen Schukostecker an eine Steckdose des Hausnetzes angeschlossen werden. Einen Stecker in eine Steckdose zu stecken, schafft jeder Verbraucher auch selbst und ohne Fachkenntnisse.

In Deutschland hört man jedoch immer wieder, dass der Anschluss nur über eine spezielle Steckdose, die sogenannte "Wieland-Steckdose" erfolgen darf und natürlich von einem Elektroinstallateur vorgenommen werden muss. Auch müsse vorher eine komplette Überprüfung des Hausnetzes erfolgen, um sicherzustellen, dass dieses durch das Balkonkraftwerk nicht überlastet wird. Natürlich kosten diese Arbeiten mehrere hundert Euro, wodurch sich der Zeitpunkt der Amortisation der Anlage deutlich nach hinten verschiebt.

Zur Klarstellung: Es gibt kein Gesetz, das eine Wieland-Steckdose vorschreibt. Laut § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) müssen Energieanlagen so errichtet und betrieben werden, dass ihre technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei müssen die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet werden.

Der Elektrotechnik-Verband VDE hat eigene technische Regeln aufgestellt und in VDE-Normen niedergelegt. Werden diese beachtet, gilt eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik erfüllt sind. Und diese VDE-Normen schreiben eben eine Wieland-Steckdose vor.

Nur handelt es sich hier nicht um eine gesetzliche Pflicht, sondern um eine Beweislastregel, um nach einem Schadensfall die Verantwortlichkeiten zu klären. Grundsätzlich ist die Beachtung der VDE-Regeln freiwillig. Aber: Ein Elektrohandwerker, der sich bei der Arbeit an die VDE-Normen hält, ist haftungstechnisch auf der sicheren Seite.

Die Regeln beziehen sich auch auf den Betreiber der Anlage. Gerät das Haus durch Überlastung des Stromnetzes in Brand, wäre es möglich, dass ein Mieter für den Schaden haften muss, der entgegen den VDE-Regeln eine Mini-Solaranlage per Schuko-Stecker angeschlossen hat. Bisher sind jedoch keine derartigen Fälle bekannt. Außerhalb von Deutschland ist der Anschluss per Schuko-Stecker üblich. Letztendlich muss dies jeder Käufer einer Balkon-Solaranlage selbst abwägen.

Dies ist auch bei der vorherigen Überprüfung des Hausnetzes durch einen Elektriker der Fall. Sinn macht diese durchaus, wenn es sich um ein sehr altes Haus mit maroden Elektroleitungen handelt. Bei einem Haus mit zeitgemäßem Stromnetz sollte eine Mini-Solaranlage kein Problem darstellen. Zum Vergleich: Eine Mini-Solaranlage hat meist 600 Watt. Eine Mikrowelle arbeitet mit 700 bis 800 Watt, ein Toaster oft mit 800 Watt.

Allerdings verlangen manche örtlichen Netzbetreiber als Anmeldevoraussetzung, dass die VDE-Regeln eingehalten werden. Dann müsste ein Elektroinstallateur den Anschluss per Wieland-Steckdose vornehmen.

Wo muss ich eine Balkon-Solaranlage anmelden?


Ein Balkonkraftwerk ist laut Gesetz beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur anzumelden. Dies ist online möglich. Die Unterlassung der Anmeldung kann zu einem Bußgeld führen.

Auch der örtliche Netzbetreiber möchte, dass ein Balkonkraftwerk bei ihm angemeldet wird. Dies ergibt sich meist aus dessen AGB.

Die VDE-Norm VDE-AR-N 4105 erlaubt es Verbrauchern, steckbare PV-Anlagen bis 600 Watt selbst beim Netzbetreiber anzumelden. Für alle größeren Anlagen kann nur ein Elektroinstallateur die Anmeldung vornehmen. Dies ändert nichts an den anderen VDE-Regeln zum Anschluss der Anlage.

Eine Gewerbeanmeldung ist für Mini-Solaranlagen nicht erforderlich. Diese muss nur bei größeren Dach-Solaranlagen erfolgen, über die Strom zum Verkauf ins öffentliche Netz eingespeist wird.

Update vom 22.9.2023: Lockerung der Anmelderegeln für Balkonkraftwerke ausgeweitet


Einem Kabinettsbeschluss vom August 2023 folgte ein weiterer Kabinettsbeschluss vom September. Beide sehen deutliche Erleichterungen für die Installation und Anmeldung von Stecker-Solaranlagen vor. Im Einzelnen: Die verpflichtende Anmeldung von Balkon-Solaranlagen beim Netzbetreiber soll künftig bundesweit entfallen. Ausreichen soll eine vereinfachte Online-Registrierung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. So kann nicht mehr jeder örtliche Netzbetreiber eigene Anmeldevoraussetzungen festlegen und zum Beispiel eine Installation durch eine Fachfirma verlangen. Geplant ist darüber hinaus, dass bei Nutzung eines Balkonkraftwerks rückwärtsdrehende alte Stromzähler bis zum Einbau eines modernen Zählers geduldet werden sollen. Die Strommenge, die mit einer solchen kleinen Solaranlage erzeugt werden darf, soll von 600 Watt auf 800 Watt erhöht werden. Abgeschafft wird die teure Wieland-Steckdose: Künftig sollen alle Balkon-Solaranlagen per Schuko-Stecker anschließbar sein.

Auch werden Balkon-Solaranlagen in den kleinen Katalog der privilegierten Baumaßnahmen aufgenommen, wie schon Wallboxen oder Einbruchsschutz. Mieter haben gegen ihren Vermieter dann einen Anspruch auf Zustimmung zur Installation (§ 554 BGB), ebenso Wohnungseigentümer gegenüber ihrer Eigentümerversammlung (§ 20 Abs. 2 WEG). Allerdings zahlt die Kosten weiterhin derjenige, der die Anlage installieren möchte. Nur kann die Installation eben nicht mehr verhindert werden. Eine Eigentümerversammlung muss zwar noch darüber abstimmen, kann aber nur über die Art der Durchführung entscheiden.

Über alle genannten Änderungen muss noch der Bundestag entscheiden. Das Gesetzgebungsverfahren läuft noch. Bis dahin gelten die alten Regelungen.

Was muss ich beim Anschluss eines Balkonkraftwerkes beachten?


Verzichten Sie unbedingt darauf, mehrere Mini-Solaranlagen zu je 600 Watt miteinander zu koppeln, um noch mehr Strom zu erzeugen, und diese über eine Mehrfachsteckdose anzuschließen. Hier besteht dann wirklich Brandgefahr.

Was müssen Mieter zur Solaranlage auf dem Balkon wissen?


Mieter müssen zwar ihren Vermieter um Erlaubnis fragen, bevor sie eine Mini-Solaranlage ans Stromnetz anschließen. Aber: Der Vermieter darf seine Zustimmung nicht verweigern, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Es gibt keinen sachlichen Grund für die Weigerung,
2. Die Solaranlage auf dem Balkon ist baurechtlich zulässig.
3. Die Anlage stört optisch nicht den Gesamteindruck des Hauses.
4. Sie kann leicht zurückgebaut werden.
5. Sie ist fachmännisch, ohne Verschlechterung der Mietwohnung, installiert.
6. Es geht keine erhöhte Brandgefahr oder andere Gefahr davon aus.

Dies hat das Amtsgericht Stuttgart entschieden (Urteil vom 30.3.2021, Az. 37 C 2283/20).

Baurechtlich können sich Einschränkungen aus dem Bebauungsplan der Gemeinde ergeben, etwa bei der Fassadengestaltung. Meist ist dies nicht der Fall, eine Prüfung ist jedoch zu empfehlen. Eine optische Störung des äußerlichen Eindrucks des Hauses lässt sich vermeiden, wenn die Solaranlage so installiert wird, dass man sie von außen nicht sieht - zum Beispiel auf einem Gestell auf dem Balkon. Installation ohne Verschlechterung der Mietwohnung bedeutet, dass nicht in die Bausubstanz eingegriffen wird, etwa durch Bohrlöcher in Außenwänden. Zur Installation reichen oft Schlauchschellen aus. Natürlich muss die Anlage so installiert sein, dass sie auch bei Sturm nicht herumfliegt oder gar Passanten auf den Kopf fällt.

Im entschiedenen Fall hatten die Mieter die Anlage selbst auf einem Holzgestell befestigt. Ein Elektrohandwerker im Auftrag des Vermieters war entsetzt. Das Gericht verurteilte den Vermieter dazu, die Anlage zu erlauben.

Welche Besonderheiten gibt es bei Eigentumswohnungen?


Hier ist zu beachten, dass in verschiedener Hinsicht das Gemeinschaftseigentum betroffen sein kann. Dann kann der einzelne Eigentümer darüber nicht mehr allein entscheiden. Dies gilt insbesondere bei

- gestörtem Außeneindruck der Fassade,
- Bohrlöchern in Außenwänden,
- Änderungen an Stromzählern und Leitungen.

Ist das Gemeinschaftseigentum betroffen, sollte die Erlaubnis der Eigentümerversammlung eingeholt werden.

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Konstanz haben Wohnungseigentümer keinen Rechtsanspruch auf die Genehmigung eines Balkonkraftwerkes durch die Eigentümerversammlung. Die Eigentümerversammlung darf diese durch Mehrheitsbeschluss untersagen. Die anderen Eigentümer könnten eine solche Entscheidung treffen, da die außen am Balkon angebrachte Anlage den optischen Gesamteindruck der Fassade ändere und damit eine Beeinträchtigung der Rechte der anderen Eigentümer darstelle (Urteil vom 2.2.2023, Az. 4 C 369/22).

Welche Förderungen gibt es für Mini-Solaranlagen?


Es kann sich lohnen, sich über kommunale Fördermöglichkeiten zu informieren. So bietet etwa Berlin seit 10.2.2023 eine Förderung von 500 Euro für den Kauf einer Balkon-Solaranlage an. Dieses Angebot gilt für Mieter mit Erstwohnsitz in Berlin. Anträge sind online zu stellen auf der Website der IBB Business Team GmbH - und zwar vor der Anschaffung. Insgesamt ist eine Fördersumme von sieben Millionen Euro vorgesehen. Damit könnten Balkonkraftwerke in 14.000 Berliner Haushalten gefördert werden. Nach Pressemeldungen aus dem August 2023 wird das Angebot von Bürgern gut angenommen.

Praxistipp zum Balkonkraftwerk


Eine Balkon-Solaranlage kann helfen, teuren Strom zu sparen und stellt auch einen Beitrag zum Klimaschutz dar. Mieter, deren Vermieter ihnen die Erlaubnis für eine solche Anlage versagen will, sollten sich bei einem Rechtsanwalt für Mietrecht beraten lassen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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