Bewerbung als Polizistin: Sind Brustimplantate ein Ablehnungsgrund?
28.11.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Kann man mit Brustimplantaten Polizistin werden? © - freepik Das Wichtigste in Kürze
1. Pauschalablehnung unzulässig: Eine generelle Ablehnung von Polizeibewerberinnen durch Polizeiärzte wegen der Brustimplantate wurde von Gerichten als rechtswidrig eingestuft.
2. Individuelle Risikoprüfung: Die Eignung der Bewerberin für den Polizeidienst muss konkret und im Einzelfall geprüft werden, basierend auf Art und Platzierung der Implantate.
3. Kein erhöhtes Ausfallrisiko: Die Implantate stellen in der Regel kein Risiko dar, das eine Frühpensionierung oder häufige Ausfallzeiten überwiegend wahrscheinlich macht.
1. Pauschalablehnung unzulässig: Eine generelle Ablehnung von Polizeibewerberinnen durch Polizeiärzte wegen der Brustimplantate wurde von Gerichten als rechtswidrig eingestuft.
2. Individuelle Risikoprüfung: Die Eignung der Bewerberin für den Polizeidienst muss konkret und im Einzelfall geprüft werden, basierend auf Art und Platzierung der Implantate.
3. Kein erhöhtes Ausfallrisiko: Die Implantate stellen in der Regel kein Risiko dar, das eine Frühpensionierung oder häufige Ausfallzeiten überwiegend wahrscheinlich macht.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Warum werden Polizeibewerberinnen mit Brustimplantaten abgelehnt? Ist das Material der Brustimplantate entscheidend? Wie hat das Verwaltungsgericht München entschieden? Wie urteilte das Verwaltungsgericht Berlin? Wie definiert man „gesundheitliche Eignung“? Wie hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Brustimplantaten im Polizeidienst entschieden? Ablehnung nach Zusage: Was sagt das OVG Brandenburg? Praxistipp zu Brustimplantaten als Bewerbungshindernis bei der Polizei Warum werden Polizeibewerberinnen mit Brustimplantaten abgelehnt?
Eine abgelehnte Bewerberin klagte vor dem Verwaltungsgericht München. Die Frau hatte sich 2015 aus kosmetischen Gründen zwei Brustimplantate einsetzen lassen. Wenig später bewarb sie sich als Polizistin. Die Personalstelle der Polizei in München ließ sie jedoch nicht zur Ausbildung zu. Dort schätzte man ihre Brustimplantate als ein zu hohes gesundheitliches Risiko ein. Allzu leicht könnten diese beim Selbstverteidigungstraining oder bei Einsätzen mit Körperkontakt beschädigt werden. Der Polizeiarzt, der die gesundheitliche Eignung der Bewerber prüfen sollte, betrachtete die junge Frau daher als ungeeignet für den Polizeidienst. Dies wollte die Bewerberin nicht akzeptieren. Sie erhob im Eilverfahren Klage gegen die Entscheidung, um die beginnende Ausbildung zum nächstmöglichen Termin antreten zu können.
Ist das Material der Brustimplantate entscheidend?
Die Gerichte prüfen einen Fall im Eilverfahren nur vorläufig. Die endgültige Entscheidung folgt später im Hauptverfahren. Hier machte sich das Gericht jedoch schon im Eilverfahren die Mühe, einen plastischen Chirurgen als Fachmann zu befragen. Dieser sagte aus, dass bei der Polizeibewerberin Implantate aus schnittfestem, hochmodernem Implantatmaterial verwendet worden seien. Diese seien unterhalb der Muskeln platziert worden. Nach Ansicht des Facharztes war auch bei Polizeieinsätzen kein erhöhtes Verletzungsrisiko zu erwarten.
Wie hat das Verwaltungsgericht München entschieden?
Das Verwaltungsgericht verglich die Aussagen der beiden Ärzte. Das Ergebnis war, dass der Polizeiarzt hier zu pauschal entschieden habe. Weder habe er die konkrete, bei der Bewerberin erfolgte Behandlung berücksichtigt, noch deren Heilungsverlauf. Der Chirurg habe im Gegensatz dazu sämtliche Details berücksichtigt und seine Ansicht nachvollziehbar begründet.
Von einer fehlenden Eignung für den Polizeidienst aus gesundheitlichen Gründen könne man generell nur ausgehen, wenn bei der jeweiligen Bewerberin gesundheitsbedingt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entweder erhebliche Ausfallzeiten oder eine Frühpensionierung zu befürchten seien. Dies sei hier nach der Aussage des plastischen Chirurgen jedoch nicht zu befürchten. Das Gericht entschied daher, dass die Bewerberin zur Polizeiausbildung zugelassen werden müsse (VG München, Beschluss vom 21.9.2016, Az. M 5 E 16.2726).
Wie urteilte das Verwaltungsgericht Berlin?
Das Verwaltungsgericht Berlin hat 2014 ganz ähnlich argumentiert. Seinem Urteil zufolge musste eine Bewerberin mit Brustimplantaten für den mittleren Dienst bei der Schutzpolizei zugelassen werden. Auch diese Bewerberin war ausschließlich wegen ihrer Brustimplantate abgelehnt worden. Der Polizeiarzt brachte hier vor, dass die Brustimplantate beim Tragen von Schutzwesten erhöhte Gesundheitsrisiken mit sich brächten, etwa eine krankhafte Veränderung des Bindegewebes. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unterlag die Bewerberin und verpasste ihren Einstellungstermin. Das Hauptverfahren ging dann zu ihren Gunsten aus.
Wie definiert man „gesundheitliche Eignung“?
Auch in Berlin bestätigte eine Fachärztin dem Gericht, dass durch die Brustimplantate – welche hier zu einer durchschnittlichen „Körbchengröße“ führten – nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen sei. Dies gelte auch für das Tragen von Schutzkleidung. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte kurz zuvor gerade erst neue Grundsätze für die gesundheitliche Eignung von Beamten entwickelt. Diese sind laut Verwaltungsgericht Berlin auch auf Polizisten anwendbar.
Aktuell dienstfähigen Bewerbern darf nach diesen Grundsätzen „die gesundheitliche Eignung nur noch abgesprochen werden, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass es zu einer Frühpensionierung oder zu regelmäßigen und langen Erkrankungen kommen wird.“ Eine solche Wahrscheinlichkeit sah das Gericht hier nicht. Es betonte: Es sei nicht erkennbar, dass die Bewerberin durch ihre Brustimplantate in irgendeiner Weise gesundheitlich weniger für den Polizeidienst geeignet sei, als Frauen ohne solche Implantate (Urteil vom 22.1.2014, Az. VG 7 K 117.13).
Wie hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Brustimplantaten im Polizeidienst entschieden?
In diesem Sinne entschied auch das VG Karlsruhe Anfang 2016. Das Gericht verpflichtete die Polizei im Eilverfahren dazu, eine Bewerberin mit Brustimplantaten bis zur endgültigen Entscheidung in den Vorbereitungsdienst einzustellen. Die Bewerberin hatte zusätzlich am linken Oberarm eine sich bis zur Ellenbeuge erstreckende Tätowierung in der Größe 28 cm x 10,5 cm. Auch dies sah das Gericht nicht als Hinderungsgrund an. Bisher waren Tätowierungen immer wieder ein Ablehnungsgrund für den Polizeidienst (VG Karlsruhe, Beschluss vom 29.2.2016, Az. 7 K 5541/15).
Ablehnung nach Zusage: Was sagt das OVG Brandenburg?
Auch vor dem Oberverwaltungsgericht Brandenburg wurde um Brustimplantate gestritten. Eine Frau hatte ihre Eignungsprüfung für den mittleren Dienst der Schutzpolizei bereits bestanden. Das Polizeipräsidium von Berlin hatte ihr anschließend mitgeteilt, dass sie wegen ihrer guten Prüfungsergebnisse vorbehaltlich ihrer gesundheitlichen Eignung, der Genehmigung der Beschäftigtenvertretung und der Übersendung von ein paar Formularen in den mittleren Dienst der Schutzpolizei aufgenommen werde. Einige Tage später folgte dann trotzdem die Absage: Sie sei nach der polizeiärztlichen Untersuchung dienstuntauglich, weil sie Brustimplantate trage.
Hier wollte die Polizei nicht einmal die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinnehmen. Dieses sah nach Vernehmung der behandelnden Fachärztin keine gesundheitlichen Risiken bei der Bewerberin. Die Sache ging also weiter in der höheren Instanz. Das Oberverwaltungsgericht urteilte, dass die Bewerberin trotz ihrer Brustimplantate in den Polizeidienst aufgenommen werden müsse.
Einem aktuell dienstfähigen Bewerber könne der Dienstherr nur dann die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde
- mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder
- mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen.
Beides sei bei der Bewerberin nicht der Fall (Urteil vom 28.3.2018, Az. OVG 4 B 19.14).
Praxistipp zu Brustimplantaten als Bewerbungshindernis bei der Polizei
Zusammenfassend kann man hinsichtlich Brustimplantaten als Ablehnungsgrund für den Polizeidienst feststellen, dass sich die Zeiten ebenso ändern wie die Ansichten über die „gesundheitliche Eignung“. Die Gerichte entscheiden in den letzten Jahren zunehmend zugunsten der Bewerberinnen. Liegen Sie als Beamtenanwärter oder Bewerberin im Streit mit einer Behörde? Dann ist ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht ein guter Ansprechpartner.
(Wk)