Heizung heruntergeregelt wegen Gaskrise: Mietminderung zulässig?

04.10.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Gaskrise,Heizung,Kälte,Mietminderung Gaskrise: Kann man die Miete mindern, wenn die Wohnung allzu kalt wird? © - freepik

In vielen Mietwohnungen wird in diesem Winter die Heizung zentral heruntergeregelt. Was dürfen Vermieter und haben Mieter womöglich ein Recht, die Miete zu mindern? Was passiert bei einem Heizungsausfall?

Gas und Heizöl sind massiv im Preis gestiegen. In öffentlichen Gebäuden werden daher die Heizungen heruntergedreht. Auch im privaten Bereich ist Energiesparen wichtiger geworden, haben doch viele Mieter Angst davor, hohe Heizkostennachzahlungen und steigende Vorauszahlungen nicht mehr bewältigen zu können. Aber: Inwieweit darf der Vermieter die Heizung herunterregeln? In normalen Zeiten ist eine kalte Wohnung im Winter ein Grund für eine Mietminderung. Ist dies jetzt anders? Und was gilt, wenn es denn doch eine Gasmangellage geben sollte - und die Heizung aus bleibt?

Mindesttemperaturen: Wie warm muss es sein?


Zunächst einmal: Vermieter dürfen bei allem Willen zum Energiesparen nicht beliebig die Heizung herunterregeln. Zwar gibt es keine gesetzlich festgelegten Mindesttemperaturen für Mietwohnungen. Gerichte haben jedoch immer wieder Urteile zu diesem Thema gefällt. Danach müssen tagsüber in den Wohnräumen einer Mietwohnung 20 bis 22 Grad Celsius herrschen, bei Nacht darf die Temperatur je nach Gericht auf 16, 17 oder 18 Grad sinken. Weniger ist nachts nicht erlaubt. Und auch nicht sinnvoll, da ab 16 Grad abwärts mit hoher Wahrscheinlichkeit Schimmel entsteht und die Gesundheit der Bewohner und die Bausubstanz schädigt.

Näheres zu diesem Thema finden Sie hier:
Heizperiode: Wann und wie muss der Vermieter heizen?

Verschiedene Großvermieter haben bereits angekündigt, diesen Winter die Temperaturen in mit Gas beheizten Wohnungen zu senken. So will etwa Vonovia nur die nächtlichen Temperaturen auf 17 Grad verringern - dies dürfte noch im Rahmen des Zulässigen liegen.

Es gibt derzeit keine Gerichtsurteile und auch keine gesetzliche Regelung zu der Frage, ob Vermieter aufgrund der Gaskrise drastisch die Heizung herunterdrehen dürfen - also etwa auf 18 Grad am Tag und 16 Grad in der Nacht, wie vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) vorgeschlagen.

Natürlich ist es auch und gerade im Interesse der Mieter, wenn die Heizkosten gesenkt und damit die zu erwartenden massiven Nachzahlungen etwas abgemildert werden. Auch werden Gerichte durchaus die derzeitige Krisensituation bei ihren Urteilen berücksichtigen. Allzu drastische Absenkungen der Temperatur können jedoch weiterhin ein Grund für eine Mietminderung sein, denn dadurch wird die Benutzbarkeit der Wohnung eingeschränkt. Es ist jedoch durchaus möglich, dass die Gerichte die Grenzen derzeit etwas niedriger ansetzen, als in Zeiten vor Ukrainekrieg und Gaskrise.

Darf der Mietvertrag niedrigere Temperaturen vorsehen?


Vereinbarungen in Formularmietverträgen, die die Heizpflicht des Vermieters auf die Zeit von 9 – 22 Uhr einschränken oder nur eine Mindesttemperatur von 18 Grad Celsius vorsehen, sind schlicht unwirksam. Dies haben mehrfach Gerichte entschieden (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.12.1991, Az. 6 U 108/90, LG Berlin, Urteil vom 20.12.1990, Az. 61 S 178/89).

Welche Mietminderungen haben Gerichte früher für zulässig erachtet?


Das Amtsgericht Potsdam hielt 2012 eine Mietminderung um zehn Prozent für angemessen, weil sich eine Mietwohnung tagsüber nicht dauerhaft auf 20 Grad aufheizen ließ. Erreichbar waren nur 18 Grad (Urteil vom 30.4.2012, Az. 23 C 236/10).

Sind in Wohnzimmer und Schlafzimmer im Erdgeschoss nur noch Temperaturen von 16 Grad bis 18 Grad Celsius erreichbar, ist eine Mietminderung um 25 Prozent angemessen (AG Bergheim, Urteil vom 24.11.2011, Az. 26 C 526/09).

Wenn in einem Wohnraum statt vertragsgemäßer 20 Grad Celsius regelmäßig nur 19 Grad Celsius Raumtemperatur herrschen, aber nie weniger als 18 Grad, ist die Erheblichkeitsschwelle zumindest leicht überschritten. Eine Mietminderung um fünf Prozent ist berechtigt (LG Berlin, Urteil vom 8.6. 2012, Az. 63 S 423/11).

Was gilt bei einem kompletten Heizungsausfall?


Ein sehr kurzer Ausfall der Heizung (mehrere Stunden) rechtfertigt noch keine Mietminderung (BGH, Urteil vom 30.6.2004, Az. XII ZR 251/02).

Ist die Wohnung im Winter wegen Komplettausfalls der Gasheizung nicht mehr beheizbar, können 75 Prozent Mietminderung berechtigt sein (Landgericht Berlin, Urteil vom 10.01.1992, Az. 64 S 291/91).

Ist die Wohnung wegen Austausch der Heizungsanlage im Winter monatelang nur über zusätzlich aufgestellte mobile Geräte beheizbar, ist eine Mietminderung um 70 Prozent gerechtfertigt (AG Charlottenburg, Urteil vom 7.6.2013, Az. 216 C 7/13).

Grundsätzlich können Mieter immer die Miete mindern, wenn die Heizung für einen erheblichen Zeitraum im Winter ganz ausfällt. Ob der Vermieter etwas dafür kann, ist nicht entscheidend. Im Prinzip besteht diese Möglichkeit also auch, wenn der Versorger die Gaslieferung einstellt, weil es aufgrund Gasmangels Lieferschwierigkeiten gibt. Einem harmonischen Mietverhältnis dient eine Mietminderung in diesem Fall jedoch nicht.

Welche Gefahren bringt eine Mietminderung mit sich?


Wenn die Mietminderung unberechtigt oder in der Höhe nicht angemessen ist, bauen sich Mietschulden auf. Diese können ab einer gewissen Höhe und Dauer den Vermieter zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigten. Daher sollte man vom Mittel der Mietminderung nicht leichtfertig Gebrauch machen.

Eine fristlose Kündigung ist möglich, wenn der Mieter

- für zwei aufeinander folgende Termine mit der Bezahlung der Miete oder eines erheblichen Teils davon (mehr als eine Monatsmiete) in Verzug ist oder
- in einem Zeitraum, der länger ist als zwei Termine, mit einem Betrag in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Aus Sicht des Gesetzgebers ist die Mietminderung ein Druckmittel gegen den Vermieter, um bestehende Mängel der Wohnung zügig beseitigen zu lassen. Sie hat nicht den Sinn, den Mieter auf Dauer von Kosten zu entlasten.

Was sind die Voraussetzungen für eine Mietminderung?


Es muss ein erheblicher Sachmangel der Mietwohnung vorliegen - wie etwa ein Ausfall der Heizung oder eine zu starke Reduzierung der Raumtemperaturen.

Vor einer Mietminderung muss der Mieter dem Vermieter den fraglichen Mangel melden, damit der Vermieter die Möglichkeit hat, dagegen einzuschreiten und eine Lösung zu finden. Ohne diese Mängelanzeige gibt es keine Mietminderung. Obendrein kann der Mieter auch schadensersatzpflichtig sein, wenn zum Beispiel durch Frost ein Heizungsrohr platzt.
Der Mangel (zum Beispiel die defekte Heizung) darf dem Mieter auch nicht beim Einzug schon bekannt gewesen sein.

Praxistipp zur Mietminderung wegen herunter geregelter Heizung


Bei geringfügigen Verringerungen der Raumtemperatur ist in der Regel keine Mietminderung möglich. Werden die in früheren Gerichtsurteilen genannten Grenzen jedoch deutlich unterschritten, sieht dies schon anders aus. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann am besten beurteilen, ob in Ihrem konkreten Fall eine Mietminderung berechtigt ist und in welcher Höhe.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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