Mietschulden: Wann darf der Vermieter dem Mieter kündigen?

12.06.2019, Redaktion Anwalt-Suchservice
Artikel kommentieren
Mietschulden: Wann darf der Vermieter dem Mieter kündigen? © Rh - Anwalt-Suchservice

Mietschulden sind einer der häufigsten Kündigungsgründe. Aber nicht jede verspätete Zahlung rechtfertigt gleich die Kündigung des Mietvertrages. Wann ist diese also gesetzlich erlaubt?

Der Mietrückstand ist ein Fall der Vertragsverletzung des Mietvertrages. Grundsätzlich kann der Vermieter wegen ausstehender Mietzahlungen ordentlich (= mit Frist) oder außerordentlich (= in der Regel fristlos) kündigen.

Wann kann der Vermieter wegen Mietschulden fristlos kündigen?


Für die fristlose Kündigung macht das Gesetz in § 543 BGB genaue Vorgaben. Demnach darf der Vermieter außerordentlich kündigen, wenn der Mieter

- für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist, oder
- in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

“Nicht unerheblich” bedeutet in diesem Zusammenhang mehr als eine Monatsmiete.

Bei einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges ist keine vorherige Abmahnung erforderlich. Zu empfehlen ist eine Abmahnung allerdings trotzdem, da sie die Chancen vor Gericht verbessert.

Allerdings kann der Vermieter wegen der gleichen Mietschulden durchaus zusätzlich auch ordentlich, also mit Frist kündigen – oder beides gleichzeitig. Warum sollte er das tun?

Eine fristlose Kündigung wegen Mietrückständen kann der Mieter nachträglich abwenden, indem er den ausstehenden Betrag doch noch zahlt oder mit eigenen Gegenforderungen aufrechnet. Diese sogenannte “Schonfrist” für eine Zahlung in letzter Minute läuft bis zum Ende des zweiten Monats nach Zugang der Räumungsklage.

Hilfsweise ordentlich gekündigt?


Wichtig zu wissen: Liegt ein Zahlungsrückstand vor, der den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, wird der Mietvertrag heute oft fristlos (= außerordentlich) und zudem hilfsweise fristgerecht (= ordentlich) gekündigt. Der Sinn: Bei der ordentlichen Kündigung hat der Mieter NICHT die Möglichkeit, bis zu zwei Monate nach Zugang der Räumungsklage seine Mietschulden zu bezahlen und die Kündigung damit zu beseitigen. Die Formulierung "der Mietvertrag wird hilfsweise ordentlich gekündigt" führt vielmehr dazu, dass das Mietverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist endet. Der Bundesgerichtshof hat dieses Vorgehen grundsätzlich für wirksam erklärt (Urteil vom 19.9.2018, Az. VIII ZR
231/17).

Wann kann der Vermieter wegen Mietrückständen ordentlich kündigen?


Wie schon erwähnt, können Vermieter grundsätzlich wegen des gleichen Zahlungsrückstandes, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, auch ordentlich kündigen.

Was viele Mieter und Vermieter nicht wissen: Vermieter können den Mietvertrag auch schon wegen eines Zahlungsverzuges in Höhe von mehr als einer Monatsmiete um mehr als einen Monat ordentlich, also unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, kündigen. Dies besagt ein Urteil des Bundesgerichtshofes (10.10.2012, Az. VIII ZR 107/12).

Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlung?


Eine Kündigung kann auch wegen ständiger unpünktlicher Mietzahlung ausgesprochen werden. Der Bundesgerichtshof ist 2011 davon ausgegangen, dass bei siebenmaliger unpünktlicher Zahlung und mehrfacher Abmahnung eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist (1.6.2011, Az. VIII ZR 91/10).
Die Rechtsprechung ist hier nicht einheitlich. Einige Oberlandesgerichte erlauben eine Kündigung bereits bei vier unpünktlichen Zahlungen. Das Landgericht München I ging 2008 davon aus, dass sechs deutlich, also um mindestens eine Woche, verspätete Mietzahlungen für eine fristlose Kündigung ausreichen (LG München I, Urteil vom 27.06.2008, Az. 14 S 15785/07).
Hier ist eine erfolglose Abmahnung erforderlich; mehrere Abmahnungen verbessern die Chancen auf eine wirksame Kündigung.

Einbezogen wird auch, wie lange das Mietverhältnis zuvor störungsfrei gelaufen ist und ob der Vermieter von den Geldproblemen des Mieters wusste. Je nach Fall kann eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung zulässig sein – hier ist Beratung erforderlich.

Wann ist eine Mietzahlung pünktlich?


Viele Mieter und Vermieter glauben, dass die Miete am „dritten Werktag“ eines Monats auf dem Konto des Vermieters sein muss. Dies stimmt aber nicht. Das Gesetz (§ 556b Abs. 1 BGB) spricht von einer Zahlung am dritten Werktag. Es reicht dafür vollkommen aus, wenn der Mieter den Überweisungsauftrag bis zum dritten Werktag erteilt und sein Konto ausreichend gedeckt ist. Auf den Zahlungseingang beim Vermieter kommt es nicht wirklich an. Vertragsklauseln, nach denen es darauf ankommen soll, sind laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes unwirksam (BGH, Urteil v. 5.10.2016, VIII ZR 222/15).

Übrigens: Samstage zählen hier nicht als Werktage, weil sie keine Bankarbeitstage sind.

Nach der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) dürfen Geldinstitute für eine Überweisung folgende Zeiträume benötigen:
- Einen Tag für Überweisungen in Euro innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR),
- zwei Tage für Überweisungen, die mittels eines Überweisungsvordrucks (d.h. beleghaft) in Auftrag gegeben werden.
Auch hier zählen Samstage nicht mit.

Praxistipp


Viele Kündigungen sind unwirksam, weil in der Hitze der Erregung über Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern Kündigungsgründe falsch eingeschätzt werden. Eine Beratung durch einen Fachanwalt für Mietrecht schafft insoweit Rechtssicherheit. Mietern kann sie helfen, eine Kündigung vielleicht doch noch erfolgreich abzuwenden.

(Wk)


Sie benötigen Hilfe bei Ihrer Suche nach dem richtigen Anwalt? Dann schreiben Sie uns über unser Kontaktformular. Wir helfen Ihnen kostenlos und unverbindlich.


 Günter Warkowski
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion
 Günter Warkowski
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion