Welche Regeln gelten für das Carsharing?

19.06.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Carsharing,Auto,Mietwagen,Gebühren Beim Carsharing lauert so mache Kostenfalle. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Versicherung / Haftung: Carsharing-Fahrzeuge sind in der Regel versichert (Haftpflicht, oft mit Vollkasko), aber der Nutzer haftet bei Schäden meist mit einer Selbstbeteiligung, besonders bei grober Fahrlässigkeit.

2. Nutzungsbedingungen: Nur der registrierte Nutzer darf fahren. Weitergabe an Dritte ist meist verboten und kann den Versicherungsschutz und das Vertragsverhältnis mit dem Anbieter gefährden.

3. Parken & Verkehrsverstöße: Falschparken oder Ordnungswidrigkeiten werden dem Nutzer weiterbelastet, oft mit zusätzlicher Bearbeitungsgebühr durch den Anbieter.
Laut Bundesverband Carsharing gibt es in Deutschland im Jahr 2025 insgesamt 297 Anbieter und 45.400 Carsharing-Fahrzeuge. Die Dienstleistung ist in 1.393 Gemeinden verfügbar – mit steigender Tendenz. Politik und Presse loben diese Entwicklung meist. Das "Teilen" von Autos wird als soziale Verhaltensweise angepriesen und viele Gemeinden weisen besondere Parkplätze allein für Carsharing-Autos aus. Auch ist es einfach: Der Vertragsabschluss erfolgt per Smartphone und langweilige AGBs liest niemand. Das rächt sich oft genug: In Bewertungsportalen beschweren sich viele Nutzer über unerwartet hohe Gebühren, überraschende Geldabbuchungen, hohe Zusatzkosten und schlechten Kundenservice. Wie sieht die Rechtslage aus?

Welche unterschiedlichen Carsharing-Varianten gibt es?


Beim stationsbasierten Carsharing müssen Kunden das Fahrzeug von einer Station bzw. einem festgelegten Stellplatz abholen und nach der Fahrt wieder dorthin zurückbringen. Beim "Free-Floating"-Carsharing stehen die Fahrzeuge nicht an einem festen Platz, sondern sind innerhalb eines festgelegten Geschäftsgebietes verteilt und beliebig geparkt. Sie dürfen nach der Fahrt auch einfach wieder abgestellt werden, ohne dass der Kunde dazu einen besonderen Ort aufsuchen muss. Beide Modelle können auch kombiniert werden. Manche Unternehmen bieten darüber hinaus auch Fahrzeuge als Dauermietwagen für nach Monaten berechnete Zeiträume an.

Es gibt auch Carsharing-Anbieter, bei denen Privatpersonen ihre Fahrzeuge anderen zur Verfügung stellen. In diesem Rechtstipp geht es jedoch um gewerbliches Carsharing mit vom Anbieter gestellten Autos.

Wie sind Carsharing-Autos versichert?


Zunächst einmal haben sie eine Haftpflichtversicherung wie jedes andere Fahrzeug auch. Diese deckt Schäden bei anderen Verkehrsteilnehmern ab. Zusätzlich gibt es noch eine Vollkaskoversicherung. Diese deckt Schäden ab, welche der Nutzer am Carsharing-Fahrzeug verursacht. Hier gibt es aber einen Haken: die Selbstbeteiligung. Diese kann je nach Anbieter und Tarif unterschiedlich hoch sein. Nutzer gehen meist selbstverständlich davon aus, dass sie bei einem kleinen Schaden auch nur diesen Schaden bezahlen müssen. Die Realität sieht anders aus: Nutzer berichten in Bewertungsportalen, dass ihnen auch bei einer Reifenpanne oder einem kleinen Kratzer pauschal der komplette Betrag der Selbstbeteiligung von z. B. 1.400 Euro abgebucht wurde. Hier irgendwelches Geld wiederzubekommen oder eine korrekte Abrechnung über Schaden und Reparatur zu erhalten, erweist sich dann ohne Anwalt unter Umständen als schwierig.

Wer zahlt nach einem Unfall mit dem Carsharing-Auto den Schaden?


Verursacht ein Fremder den Unfall, zahlt seine Haftpflichtversicherung. Verursacht der Carsharing-Nutzer den Unfall, bezahlt die Haftpflichtversicherung des Carsharing-PKW den Fremdschaden. Den Schaden am Sharingfahrzeug selbst zahlt in diesem Fall der Nutzer, dem jedoch die über den Anbieter abgeschlossene Vollkaskoversicherung zugutekommt. Hier ist mit einer vierstelligen Selbstbeteiligung zu rechnen. Bei grober Fahrlässigkeit – zum Beispiel Alkohol- oder Drogeneinfluss, Rotlichtverstoß – kann die Leistung der Versicherung reduziert werden oder ganz entfallen. Viele moderne Versicherungen verzichten auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit. Dies hängt jedoch vom Vertrag ab und man sollte sich darauf nicht verlassen.

Welche zusätzlichen Gebühren sehen die AGB von Carsharing-Anbietern vor?


Carsharing-Nutzer beschweren sich oft über Gebühren, mit denen sie nicht gerechnet haben. Dies beginnt bei einigen Anbietern mit einer Registrierungsgebühr von 20 Euro, von der sie vorher nichts wussten, und endet nicht bei Bearbeitungsgebühren für Strafzettel und Schadensfälle.

Ein Blick in die AGB eines der drei größten Anbieter zeigt, dass es diese nur auf Englisch gibt. Dort werden in englischer Rechtsfachsprache ausführlich viele Punkte abgehandelt, etwa der Download der App, Rechte an geistigem Eigentum oder das Verbot, das Fahrzeug für Straftaten oder Kindesmissbrauch zu nutzen. Zusätzliche Gebühren sucht man hier vergebens.

Diese findet man nach längerem Suchen in einer eigenen Liste. Hier einige Auszüge:

- Flughafenzuschlag: Höhe unbekannt, Anzeige bei Buchung,
- Verlust einer Lade-/Tank- oder Parkkarte: 50 Euro,
- Bearbeitungsgebühr Fahrzeugschäden / Abschleppfälle / Schlüsselverlust: 50 Euro,
- Serviceanfahrt zum Auto wegen Kundenverschulden: 100 Euro,
- Abstellen des Autos außerhalb des Geschäftsgebietes: 500 Euro,
- Abstellen des E-Fahrzeugs mit weniger als 10 % Batterieleistung oder - auch bei Verbrenner - unter 15 km Restreichweite: 50 Euro (ggf. zuzüglich Abschleppkosten),
- Bearbeitung von Verkehrsverstößen oder Verstößen gegen die AGB: 20 Euro,
- Sonderreinigung: 50 Euro,
- Verstoß gegen AGB: 50 Euro,
- unerlaubte Fahrt ins Ausland: 250 Euro,
- unerlaubtes Fahrenlassen einer anderen Person: 500 Euro.

Bei einem anderen Anbieter wird zum Beispiel eine eigene Bearbeitungsgebühr fällig, wenn ein Schaden erst nach Beendigung der Fahrt gemeldet wird.

Einige Anbieter schreiben vor, dass bei einem Unfall verpflichtend die Polizei hinzugezogen werden muss. Dies kann problematisch sein, weil die deutsche Polizei nicht mehr bei jedem kleinen Blechschaden eine Unfallaufnahme durchführt.

Wie kann man sich gegen überraschende Gebühren beim Carsharing wehren?


Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Werden diese nicht eingehalten, ist die jeweilige Klausel unwirksam. Dazu gehört auch, dass eine Klausel nicht überraschend und nicht unverständlich sein darf. Unklarheiten gehen zu Lasten des Anbieters.

Beispiel:
Der Bundesgerichtshof hat sich vor einigen Jahren mit einer Carsharing-AGB-Klausel befasst, die lautete:

"Wird ein Fahrzeug während der Nutzungszeit des Teilnehmers beschädigt oder verursacht der Teilnehmer einen Schaden, haftet er hierfür im Rahmen der Selbstbeteiligung, deren Höhe der Tarifordnung zu entnehmen ist."

Diese Klausel erklärte der BGH wegen Unverständlichkeit für unwirksam. Man könne daraus nicht erkennen, ob Schäden am eigenen oder an einem fremden Fahrzeug gemeint seien. Auch sei nicht klar, ob sich die Selbstbeteiligung auf die Haftpflichtversicherung, die Vollkaskoversicherung oder auf beide beziehen sollte. Die Folge: Der Kunde musste den geltend gemachten Schadensersatz in Höhe der Selbstbeteiligung nicht bezahlen (Urteil vom 23.2.2011, Az. XII ZR 101/09).

Unter Umständen können mit anwaltlicher Hilfe in manchen Fällen Geldforderungen abgewiesen oder gezahlte Beträge zurückverlangt werden. Grundsätzlich sollten sich Carsharing-Nutzer allerdings vor der Nutzung der Angebote mit den Geschäftsbedingungen der Anbieter vertraut machen.

Was sind die Folgen, wenn ich das Auto am falschen Ort abstelle?


Wer bei Ende der Nutzung ein Carsharing-Auto außerhalb des "Geschäftsbereichs" des Anbieters abstellt, muss eine Strafgebühr zahlen. Diese beträgt in der Regel 500 Euro. Bearbeitungsgebühren oder Strafen für den AGB-Verstoß können noch hinzukommen. Daher sollte man sich vor Fahrtantritt genau darüber informieren, wie weit sich der Geschäftsbereich erstreckt.

Auch hier finden sich in Bewertungsportalen kritische Posts von Nutzern, die erlebt haben, dass der in der App ausgewiesene Geschäftsbereich nicht stimmte und dass der Vertrag daher am Zielort nicht beendet werden konnte.

Beispiel:
Wer außerhalb des Geschäftsbereichs mit leerem E-Auto-Akku liegenbleibt, muss mit vierstelligen Kosten rechnen: 500 Euro Strafgebühr für Abstellen außerhalb des Geschäftsbereichs plus Abschleppkosten (500 Euro aufwärts) plus Bearbeitungsgebühren.

Was passiert, wenn ich ein Carsharing-Auto falsch parke?


Verwarnungs- und Bußgelder sind beim Carsharing vom Kunden zu bezahlen. Dies gilt auch für das Falschparken. In jedem Fall kommt noch eine Bearbeitungsgebühr des Anbieters in Höhe von 20 bis 50 Euro hinzu. Dies gilt ebenso für Abschleppkosten.

Muss ich mit dem Carsharing-PKW tanken?


Während das Tanken beim stationsgebundenen Carsharing meist von Mitarbeitern erledigt wird, ist es beim "Free-Floating" Sache des Kunden. Allerdings sind Benzin oder Strom meist im Preis inbegriffen. Dies funktioniert über eine Tankkarte, die jedoch zum Teil nur bei bestimmten Tankstellen gilt, bzw. über eine App. Wer diese nicht benutzt, zahlt den Sprit selbst.

Weitere Einschränkungen sind möglich. So kann bei einem großen Anbieter erst getankt werden, wenn der Füllstand unter 25 % liegt. Bei unter 5 % wird Tanken zur Pflicht. Das heißt: Der Mietvertrag lässt sich ohne Tanken nicht beenden. Bei anderen Anbietern werden zusätzliche Gebühren fällig, wenn das Auto mit zu geringer Restreichweite abgestellt wird. Muss ein Fahrzeug abgeschleppt werden, weil es der Kunde mit leerem Tank oder Akku geparkt hat, wird es teuer: Dann werden ihm die Abschleppkosten und zusätzliche Bearbeitungsgebühren in Rechnung gestellt.

Was sollte man vor der Abfahrt beachten?


Carsharing-Nutzer sollten vor der Abfahrt unbedingt eine Kontrolle auf Schäden vornehmen und sich das Auto in Ruhe von innen und außen ansehen. Wer sicher gehen will, kann Fotos machen, um im Streitfall einen Beweis zu haben. Manche Anbieter listen vorhandene Schäden in ihrer App oder in einem Bordbuch auf. Damit sollte man den tatsächlichen Zustand vergleichen. Neue Schäden sollte man vor Fahrtantritt dem Anbieter melden. Zum Teil wird all dies sogar per AGB zur Pflicht des Kunden gemacht.

Wer erst nach der Fahrt neue Schäden meldet, muss damit rechnen, diese bezahlen zu müssen, meist zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr. Hier kann es passieren, dass gleich der komplette Selbstbehalt abgebucht oder in Rechnung gestellt wird. Wer vorhandene Schäden ignoriert, die dem Anbieter noch nicht bekannt waren, muss ebenfalls damit rechnen, für diese aufkommen zu müssen.

Unfall: Wer muss beweisen, wer schuld am Schaden ist?


Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat 2025 ein Urteil zugunsten der Carsharing-Anbieter gefällt. Die Polizei hatte den Smart eines Carsharing-Anbieters angehalten, der erhebliche Dellen und Kratzer und eine defekte Vorderachse aufwies. Der Fahrer hatte 1,35 Promille Alkohol im Blut. Der Anbieter verklagte den Fahrer auf 6.500 Euro Schadenersatz. Der Fahrer berief sich darauf, dass der Schaden schon bei Mietbeginn vorhanden gewesen sei. Nun konnte der Anbieter natürlich nicht beweisen, wer den Schaden verursacht hatte.

Das OLG Düsseldorf entschied: Das ändert nichts. Es reiche aus, dass der Anbieter erklärt habe, dass das Auto bei Übergabe schadensfrei gewesen sei. Der Grund sei das Konzept des "Free-Floating-Carsharing": Der Anbieter habe gar keine Möglichkeit, das Auto vor Fahrtantritt zu überprüfen. Daher könne man von ihm auch keinen Beweis verlangen, dass es in Ordnung gewesen sei. Behaupte er, das Auto sei bei Mietbeginn schadensfrei gewesen, müsse der Kunde das Gegenteil beweisen. Vom Kunden könne man sehr wohl erwarten, dass er sich das Fahrzeug vor der Abfahrt anschaue und ggf. Beweise sammle. Nicht darauf geachtet zu haben (wie im vorliegenden Fall) reiche nicht aus. Hier musste der Kunde daher zahlen, und zwar:

- Reparaturkosten,
- Schadenfeststellungskosten,
- Ausfallschaden,
- Sicherstellungsgebühren der Polizei,
- Unkostenpauschale.

Und dies nicht nur in Höhe der Selbstbeteiligung: Da er alkoholisiert gefahren war, zahlte hier die Vollkaskoversicherung nicht und er musste den ganzen Schaden selbst tragen (Beschluss vom 18.2.2025, Az. 10 U 72/24).

Wer darf das Carsharing-Auto fahren?


Hier sollte man genau auf die Vorgaben des Anbieters achten. Normalerweise darf nur der angemeldete Nutzer selbst das Auto fahren. Abhängig vom Anbieter können auch weitere Fahrer zulässig sein, die jedoch zum Teil per App angemeldet werden müssen. Es kann auch Vorgaben zum Alter oder zur Fahrerfahrung (Dauer der Führerschein-Inhaberschaft) geben.

Wer einfach jemand anderen fahren lässt, etwa weil er selbst Alkohol getrunken hat, riskiert bei den größeren Anbietern schnell eine Vertragsstrafe von 500 Euro.

Praxistipp zum Carsharing


Beim Carsharing gibt es einige Fallen, mit denen viele Nutzer nicht rechnen. Schnell können unerwartet hohe Gebühren anfallen oder Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden. Bei Problemen mit Ihrem Carsharing-Anbieter kann Sie ein Rechtsanwalt für Zivilrecht fachgerecht beraten.

(Ma)


 Ulf Matzen
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