Aufhebungsvertrag: Wann droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?

19.05.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Aufhebungsvertrag,Arbeitslosengeld,Sperrzeit,Jobcenter Aufhebungsvertrag: Wer nicht auf Details achtet, kassiert eine Sperrzeit. © - freepik

Das Jobcenter betrachtet einen Aufhebungsvertrag oft als selbstverschuldete Beendigung des Arbeitsverhältnisses und verhängt deshalb eine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld. Wie kann man das vermeiden?

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die den Arbeitsvertrag einverständlich beendet. Beide Seiten einigen sich dabei auf einen Endtermin. Häufig wird auch eine Abfindung ausgehandelt. Eine Kündigung mit all ihren Einschränkungen durch den gesetzlichen Kündigungsschutz findet nicht statt. Allerdings kann ein Aufhebungsvertrag für Arbeitnehmer nachteilige Folgen haben, wenn sich kein neues Arbeitsverhältnis direkt anschließt. Denn dann droht wegen Verschuldens des Arbeitnehmers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Wann verhängt das Jobcenter eine Sperrzeit?


Zur Verhängung einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld kommt es, wenn Beschäftigte selbst gekündigt haben oder von der Arbeitgeberseite verhaltensbedingt gekündigt wurden. Also generell dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf ein Verhalten des Arbeitnehmers zurückgeht. Andererseits entfällt die Sperrzeit, wenn zum Beispiel ein Arbeitnehmer aus einem wichtigen Grund selbst gekündigt hat. Endet das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag, ohne dass der Beschäftigte einen wichtigen Grund hatte, diesen zu unterschreiben, ist mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu rechnen.

Was bedeutet die Sperrzeit für den Arbeitnehmer?


Wird vom Jobcenter eine Sperrzeit verhängt, bekommt der oder die Betroffene in der Regel drei Monate lang kein Arbeitslosengeld I. Außerdem wird meist die Gesamtdauer der Bezugszeit von ALG I gekürzt, häufig um ein Viertel. Infolge des undurchdachten Abschlusses eine Aufhebungsvertrages drohen dem Arbeitnehmer also empfindliche finanzielle Einbußen.

Was sind „wichtige Gründe“ für den Aufhebungsvertrag?


Können Sie aber einen wichtigen Grund vorweisen, warum Sie den Aufhebungsvertrag unterschrieben haben, verhängt das Jobcenter keine Sperrzeit. Ein auch vor Gericht anerkannter wichtiger Grund ist die Androhung einer nicht verhaltensbedingten Kündigung (also aus anderweitigen in der Person des Arbeitnehmers liegenden oder betrieblichen Gründen) durch den Arbeitgeber, falls Sie nicht unterschreiben. Aber: Dabei darf es sich nicht nur um eine leere Drohung handeln. So müsste die angedrohte Kündigung also auch rechtmäßig sein. Im Zweifelsfall muss dies der Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitsagentur nachweisen können. Wenn also der Chef behauptet, dass eine angedrohte Kündigung rechtmäßig wäre, sollte man dies unbedingt nachprüfen (lassen).

Sperrzeit trotz drohender betriebsbedingter Kündigung zulässig?


Das Bundessozialgericht hat 2006 eine wichtige Entscheidung zum Aufhebungsvertrag getroffen. Es ging dabei um einen Lagerarbeiter, dessen Arbeitsplatz im Rahmen einer Umstrukturierung gestrichen worden war. Der Arbeitgeber hatte dem Mann einen Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung angeboten. Andernfalls wurde ihm die betriebsbedingte Kündigung in Aussicht gestellt. Diese wäre durchaus auch sozial gerechtfertigt und damit zulässig gewesen. Trotzdem verhängte das Arbeitsamt eine Sperrzeit.

Dem Gericht zufolge jedoch zu Unrecht. Die drohende Kündigung sei ein ausreichender Grund für den Arbeitnehmer gewesen, den Aufhebungsvertrag abzuschließen. Er sei auch dazu berechtigt gewesen, sich die Abfindung zu sichern (Urteil vom 12.7.2006, Az. B 11a AL 47/05 R). Nach Ansicht des Gerichts ist kein zusätzlicher Nachweis des Arbeitslosen nötig, dass dieser ein besonderes Interesse am Abschluss des Aufhebungsvertrages hatte, etwa um besondere berufliche Nachteile zu vermeiden.

Was ist hinsichtlich des Arbeitsendes im Aufhebungsvertrag zu beachten?


Um eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu vermeiden, muss dem Arbeitnehmer nicht nur die rechtmäßige Kündigung des Arbeitsvertrages drohen. Zusätzlich muss bei Abschluss des Aufhebungsvertrages unbedingt auch darauf geachtet werden, dass sich das Arbeitsende laut Aufhebungsvertrag mit dem Ende der regulären Kündigungsfrist bei einer ordentlichen Kündigung deckt. Das bedeutet: Das Arbeitsverhältnis muss zum gleichen Zeitpunkt enden, zu dem es auch bei einer regulären Kündigung durch den Arbeitgeber beendet sein würde.

Sperrzeit: Wann ist die Höhe der Abfindung entscheidend?


Oft wird eine überhöhte Abfindung als Indiz dafür angesehen, dass der Arbeitnehmer gerade nicht gezwungen war, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, sondern nur auf das Geld aus war. Auch dann kann das Jobcenter eine Sperrzeit verhängen. Daher ist grundsätzlich anzuraten, dass die Höhe der Abfindung nicht über den gesetzlichen Grenzen laut § 1a Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz liegen sollte. Dies wären dann 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.

Allerdings gibt es dazu eine abweichende Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts. In diesem Fall hatte ein ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer einen Änderungsvertrag mit seinem Arbeitgeber geschlossen. Dieser besagte, dass er für zwei Jahre in eine Transfergesellschaft wechseln und anschließend mit einer Abfindung ausscheiden sollte. Das Gericht erkannte hier einen wichtigen Grund für einen Aufhebungsvertrag an. Dem Beschäftigten hätte nämlich bei Nichtunterzeichnung eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung gedroht. Das Gericht betonte, dass dies sogar gelte, wenn die Abfindung erheblich über den gesetzlichen Grenzen liege (Urteil vom 28.2.2013, Az. L 9 AL 42/10).

Praxistipp zur Sperrzeit beim Arbeitslosengeld wegen Aufhebunsvertrags


Die Entscheidung zwischen Aufhebungsvertrag und Inkaufnahme einer Kündigung sollte gut überlegt sein. Fällt die Entscheidung pro Aufhebungsvertrag, sind einige wichtige Aspekte zu beachten, um eine Kürzung oder Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu vermeiden. Eine fachkundige Beratung bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht empfiehlt sich wegen der drohenden finanziellen Einbußen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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