Abgemeldetes Auto am Straßenrand: Ist das Abschleppen rechtens?

15.05.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (153012 mal gelesen)
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Das Wichtigste in Kürze

1. Parken nicht erlaubt: Abgemeldete Autos, die kein gültiges Kennzeichen besitzen, dürfen nicht am Straßenrand geparkt werden.

2. Abschleppen droht: Wird das abgemeldete Kfz trotzdem auf einer öffentlichen Straße geparkt, ordnet das Ordnungsamt dessen Beseitigung an. Wird dem nicht Folge geleistet, erfolgt das kostenpflichtige Abschleppen.

3. Kein Versicherungsschutz: Ein abgemeldetes und nicht mehr versichertes Auto hat laut OLG Düsseldorf keinerlei Versicherungsschutz. Auch die Privathaftpflichtversicherung des Halters zahlt also bei einem Schaden nicht.
Autos ohne Kennzeichen gehören in vielen Städten fest zum Straßenbild. Oft sind dies abgemeldete Fahrzeuge, deren künftiges Schicksal noch nicht fest steht. Vielleicht läuft die Suche nach einem Käufer noch, oder das Auto wurde gerade erst gekauft, auf einem Trailer herangeschafft und bisher noch nicht angemeldet. Es kann sich auch um einen Campingbus handeln, der nur im Sommer genutzt wird, oder um einen Oldtimer, der auf seine Restaurierung wartet. Meist werden solche Fahrzeuge jedoch abseits der Straßen eingelagert. Viele an öffentlichen Straßen aufzufindende Fahrzeuge werden einfach entsorgt, indem sie der Eigentümer ohne Kennzeichen stehen lässt. Vielleicht konnte oder wollte er sich auch Steuer und Versicherung oder die für den TÜV notwendigen Reparaturen nicht mehr leisten.

Darf man ein abgemeldetes Auto an der Straße parken?


Die Antwort ist ein klares "Nein". Ein nicht angemeldetes Fahrzeug darf im öffentlichen Verkehrsraum weder bewegt noch abgestellt werden. Ein Grund dafür ist, dass es in der Regel auch nicht über die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung verfügt. Ohne diese darf man es nämlich nicht im öffentlichen Verkehrsraum verwenden (§ 1 Pflichtversicherungsgesetz). Unter "verwenden" fällt auch das Abstellen im öffentlichen Verkehrsraum. Dies hat zum Beispiel das OLG München im Jahr 2020 entschieden (Az. 25 U 3566/20). Ohne Versicherung macht sich der Halter sogar strafbar. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen ein Auto zwar nicht regulär angemeldet, trotzdem aber versichert ist – zum Beispiel bei einer Probefahrt mit roten Händlerkennzeichen oder einer Überführungsfahrt mit Kurzzeitkennzeichen.

Auch kommt hinzu: Öffentliche Straßen dienen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr, also dem Parken. Das dauerhafte Abstellen von Fahrzeugen, die an beidem nicht mehr teilnehmen können oder dürfen, ist nicht vom sogenannten Gemeingebrauch abgedeckt. Damit stellt es eine Sondernutzung des öffentlichen Verkehrsraumes dar. Diese muss aber nach den jeweiligen Landesgesetzen behördlich genehmigt werden, andernfalls droht ein Bußgeld.

Was ist der öffentliche Verkehrsraum?


Dazu zählen öffentliche Straßen und Plätze sowie grundsätzlich alle Parkplätze, die nicht zu einem Privatgrundstück gehören.
Was viele nicht wissen: Zum öffentlichen Verkehrsraum gehören auch private Straßen und Wege, die von der Allgemeinheit mit Zustimmung oder Duldung des Eigentümers genutzt werden dürfen. Dies sind zum Beispiel Parkplätze von Geschäften und auch private Straßen, die mit "Anlieger frei" ausgeschildert sind.
Nicht dazu gehören andererseits private Grundstücke, die nur einem eng begrenzten Personenkreis zugänglich sind. Nur auf einem solchen Privatgrundstück darf man sein abgemeldetes Auto also legal abstellen.

Wo darf ein abgemeldetes Auto abgestellt werden?


Stehen darf ein abgemeldetes Auto ohne weiteres auf Grundstücken von Freunden und Verwandten oder in einer privaten Garage. Es gibt für Oldtimer, Saisonfahrzeuge oder Wohnmobile im Winter besondere Unterstellhallen mit Mietstellplätzen. Problematisch sind jedoch herkömmliche gemietete Stellplätze und gemietete Garagen: Hier entscheidet der Eigentümer und Vermieter darüber, was auf seinem Grund und Boden stehen darf. Die üblichen Mietverträge über Stellplätze und Garagen enthalten oft eine Klausel, nach der dort nur angemeldete Fahrzeuge parken dürfen.

Kfz ohne Kennzeichen: Wann schreitet das Ordnungsamt ein?


In rechtlicher Hinsicht gilt das Abstellen eines abgemeldeten Fahrzeugs an einer öffentlichen Straße als unerlaubte Sondernutzung öffentlicher Verkehrsflächen. Wird ein abgemeldetes Auto im öffentlichen Verkehrsraum entdeckt, wird das Ordnungsamt zuerst eine Aufforderung an der Scheibe anbringen, das Auto innerhalb einer bestimmten Frist zu entfernen. Passiert nichts, kann ein Bußgeld verhängt werden. Die Behörde kann durchaus den Halter des abgemeldeten Autos feststellen, auch wenn die Kennzeichen fehlen – mit Hilfe der Fahrzeug-Ident-Nummer.

Wann darf ein abgemeldetes Auto abgeschleppt werden?


Wenn der Fahrzeughalter der Aufforderung der Gemeinde nicht nachkommt, sein Auto zu entfernen, kann diese es abschleppen und danach versteigern oder entsorgen lassen. Das gilt nicht nur für Schrottautos, sondern generell für alle abgemeldet am Straßenrand stehenden Fahrzeuge. Aber: Dies geht andererseits auch nicht so einfach, wie manche Gemeinde es sich vorstellt. Eine solche Maßnahme muss rechtlich korrekt ablaufen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat dazu ein interessantes Urteil gefällt.

Abgemeldetes Auto: Abschleppen ohne Ordnungsverfügung zulässig?


Im Düsseldorfer Fall war die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs erloschen. Das Auto wurde daraufhin von Amts wegen abgemeldet, aber vom Besitzer im öffentlichen Verkehrsraum geparkt - und zwar noch mit den nicht mehr gültigen Kennzeichen. Die Behörde klebte daraufhin an die Scheibe des PKW einen amtlichen Aufkleber mit der Aufforderung, das abgemeldete Fahrzeug innerhalb von fünf Tagen zu entfernen. Ansonsten wurde mit dem Halter kein Kontakt aufgenommen. Nach elf Tagen rückte der Abschleppwagen an. Dafür bekam der Eigentümer eine Rechnung über 175 Euro. Er zahlte jedoch nicht, weil er das Abschleppen für unrechtmäßig hielt.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab ihm recht: Der PKW sei ordnungsgemäß geparkt gewesen und habe niemanden behindert. Ein sofortiges Abschleppen sei nicht erforderlich gewesen. Laut Gericht hätte die Stadt stattdessen erst den Halter ermitteln und diesem eine ordnungsgemäße schriftliche Verfügung zukommen lassen müssen, verbunden mit einer Fristsetzung zur Beseitigung des Autos. Der aufgeklebte Zettel an der Windschutzscheibe allein habe nicht ausgereicht. Denn: Es sei vollständig vom Zufall abhängig, ob der Fahrzeughalter diesen rechtzeitig bemerke oder nicht (VG Düsseldorf, Urteil vom 21.6.2016, Az. 14 K 6661/15). Der Mann musste daher die Abschleppkosten für das ohne Kennzeichen am Straßenrand geparkte Auto nicht bezahlen.

Wie hat das OVG Nordrhein-Westfalen in diesem Abschleppfall entschieden


Das Urteil wurde vom OVG Nordrhein-Westfalen bestätigt. Damit kippte das Gericht die übliche Abschlepppraxis der Stadt Düsseldorf. Es erläuterte: Für die Stadt sei es zumutbar gewesen, den Fahrzeughalter über die noch befestigten Kennzeichen zu ermitteln und ihn brieflich zur Beseitigung des Fahrzeugs aufzufordern.
Ein sofortiger Vollzug, also das Abschleppen ohne weitere Vorwarnung, sei nur im Ausnahmefall bei besonderer Dringlichkeit, etwa bei Gefährdung des Straßenverkehrs, zulässig. Die Stadt Düsseldorf habe jedoch den Ausnahmefall zum Normalfall gemacht (24.11.2017, Az. 5 A 1467/16).

Hat ein abgemeldetes Auto noch Versicherungsschutz?


Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf besteht für ein abgemeldetes und nicht mehr haftpflichtversichertes Auto keinerlei Versicherungsschutz. Die Privathaftpflichtversicherung des Halters zahlt also bei einem Schaden nicht.

In diesem Fall hatte ein Autobastler in einer Hobbywerkstatt ein abgemeldetes Auto zu starten versucht. Dieses ging in Flammen auf und das Gebäude wurde beschädigt. Daraufhin forderte der Gebäudeeigentümer Schadensersatz. Die Privathaftpflichtversicherung verwies auf die übliche "Benzinklausel" im Vertrag: Schäden durch Kraftfahrzeuge sind nicht versichert. Denn dafür ist die KfZ-Haftpflichtversicherung zuständig. Läuft diese nicht mehr, ist das Fahrzeug eben nicht versichert (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.6.2008, Az. I-4 U 191/07).

Wichtig zu wissen: Viele KfZ-Versicherungen bieten für den Fall einer Abmeldung eines Kfz eine sogenannte Ruheversicherung an. Diese zahlt auch für Schäden, die durch ein abgemeldetes Auto verursacht werden.

Praxistipp zum Abschleppen von abgemeldeten Autos


Natürlich erscheint es wünschenswert, dass keine abgemeldeten Kfz am Straßenrand verrotten. Trotzdem müssen für ein schnelles Abschleppen von ohne Kennzeichen am Straßenrand geparkten Autos ohne formellen Bescheid und schriftliche Fristsetzung triftige Gründe vorliegen. Fehlen diese Voraussetzungen haben Fahrzeughalter durchaus Chancen, gegen behördliche Abschleppaktionen oder Kostenforderungen vorzugehen. Beraten kann Sie in solchen Fällen ein Fachanwalt für Verkehrsrecht.

(Bu)


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 Stephan Buch
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