Ausbildungsunterhalt: Wofür, wie lange und wie viel müssen Eltern zahlen?
04.06.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Erstausbildung: Kinder haben Anspruch auf Unterhalt, solange sie sich in ihrer ersten angemessenen Schul- oder Berufsausbildung befinden. Eine vorhergehende Orientierungsphase und eine einmalige Umorientierung gehören dazu.
2. Keine größeren Lücken: Der Anspruch besteht grundsätzlich nur, wenn die Ausbildung ernsthaft und ohne große Unterbrechungen verfolgt wird.
3. Kindergeld wird angerechnet: Das Kindergeld und ggf. eigene Einkünfte des Kindes (z. B. Ausbildungsvergütung) mindern den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.
1. Erstausbildung: Kinder haben Anspruch auf Unterhalt, solange sie sich in ihrer ersten angemessenen Schul- oder Berufsausbildung befinden. Eine vorhergehende Orientierungsphase und eine einmalige Umorientierung gehören dazu.
2. Keine größeren Lücken: Der Anspruch besteht grundsätzlich nur, wenn die Ausbildung ernsthaft und ohne große Unterbrechungen verfolgt wird.
3. Kindergeld wird angerechnet: Das Kindergeld und ggf. eigene Einkünfte des Kindes (z. B. Ausbildungsvergütung) mindern den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wie ist der Ausbildungsunterhalt gesetzlich geregelt? Wie viel Ausbildung müssen Eltern zahlen? Urteile: Was gilt bei Abbruch des Studiums? Abitur – Lehre – Studium? Wann handelt es sich um eine Zweitausbildung? Was gilt bei Bachelor und Master? Wie hoch ist der Ausbildungsunterhalt? Wird BAföG auf den Ausbildungsunterhalt angerechnet? Praxistipp zum Ausbildungsunterhalt Wie ist der Ausbildungsunterhalt gesetzlich geregelt?
Die gesetzliche Grundlage für den Ausbildungsunterhalt ist § 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Regelung bestimmt, dass der von den Eltern zu leistende Unterhalt den gesamten Lebensbedarf des Kindes umfasst. Dazu gehören auch die Kosten für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf.
Wie viel Ausbildung müssen Eltern zahlen?
Auch Kindern, die schon volljährig sind, steht nach Beendigung der Schule erst einmal eine Orientierungsphase zu. Erst danach erwartet man von ihnen, eine Ausbildung anzufangen. Für die Orientierungsphase setzen die Gerichte etwa ein halbes Jahr an. Dies ist jedoch keine feste Frist. Die Dauer dieses Zeitraumes richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles.
Möchte das Kind erst ein Berufspraktikum oder ein freiwilliges soziales Jahr ableisten, steht dies dem Unterhaltsanspruch nicht entgegen (Oberlandesgericht Celle, Az. 10 WF 300/11).
Hier ist der Begriff "Ausbildung" übrigens nicht wörtlich zu verstehen. Es kann sich auch um ein Studium handeln. Eltern müssen ihren Kindern zwar kein Dauerstudium finanzieren. Die Kinder haben jedoch grundsätzlich das Recht, sich zumindest ein Mal umzuorientieren, also zum Beispiel das Studienfach zu wechseln.
Üblicherweise müssen Eltern während der Regelstudienzeit Ausbildungsunterhalt zahlen. Kommt es zum Rechtsstreit, müssen die studierenden Kinder gegebenenfalls auch Nachweise wie Scheine und Prüfungsergebnisse vorweisen können. Hier gilt das Gegenseitigkeitsprinzip aus § 1618 BGB. Danach sind Eltern und Kinder einander zu gegenseitigem Beistand und Rücksicht verpflichtet. Von den Unterhaltsberechtigten, hier den Kindern, wird erwartet, dass sie ihre Ausbildung fleißig, planmäßig und zielgerichtet betreiben. Tun sie dies nicht, entfällt ihr Unterhaltsanspruch.
Urteile: Was gilt bei Abbruch des Studiums?
Auch Studenten steht diese Orientierungsphase zu. Bricht ein Student sein Studium nach zwei Semestern ab und kann er erst zehn Monate später in eine Banklehre einsteigen, müssen ihm seine Eltern weiter Ausbildungsunterhalt zahlen (OLG Naumburg, Beschluss vom 12.1.2010, Az. 8 WF 274/09).
In einem anderen Fall hatte eine junge Frau ihren Vater auf Ausbildungsunterhalt verklagt. Ihre Eltern hatten sich Jahre zuvor scheiden lassen. Nachdem der Vater eine neue Beziehung begonnen hatte, bestand zu den Kindern nur noch schriftlicher Kontakt. Die Tochter hatte 2008 Abitur gemacht und in den Niederlanden ein Studium im Fach Touristik und Freizeitmanagement begonnen. Dieses hatte sie 2010 abgebrochen. Es folgten ein Praktikum, ein journalistisches Volontariat und ein Aufenthalt in Australien zur Verbesserung ihrer Englischkenntnisse. Im Oktober 2011 begann sie in Deutschland ein Journalismus-Studium. Dieses Studium wollte ihr Vater jedoch nicht mehr finanzieren,
Allerdings verurteilte ihn das Oberlandesgericht Hamm dann doch zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt. Zwar könne ein Kind, welches nach dem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung anfange, auch keinen Ausbildungsunterhalt verlangen. Beginne es jedoch einige Zeit später mit seiner Erstausbildung, müssten die Eltern dafür aufkommen. Jedem Kind stünde eine Orientierungsphase zu (Urteil vom 5.2.2013, Az. 7 UF 166/12).
Abitur – Lehre – Studium?
Der Bundesgerichtshof hat sich 2017 mit der Abfolge Abitur – Lehre – Studium beschäftigt. Dabei ging es um eine junge Frau, die nach dem Abitur zuerst erfolgreich eine Banklehre gemacht hatte. Danach begann sie ein Studium der Wirtschaftspädagogik mit dem Schwerpunktfach katholische Theologie. Ihr Ziel war es, Berufsschullehrerin zu werden.
Der BGH stellte folgende Grundsätze auf:
- Eltern schulden ihrem Kind grundsätzlich eine Ausbildung (nicht mehrere!), die seinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht und die finanziellen Möglichkeiten der Eltern nicht übersteigt.
- Beginnt das Kind nach dem Abi eine Lehre und dann ein Studium, gilt dies als einheitliche Ausbildung. Allerdings muss ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten bestehen. Gleichgültig ist, wann sich das Kind dazu entscheidet, zu studieren. Die einzelnen Ausbildungsabschnitte müssen jedoch sinnvoll zusammenpassen und aufeinander aufbauen.
- Eine Ausnahme ist der Fall, dass nach einem Realschulabschluss erst die Lehre, dann das nachgeholte Abi und dann das Studium folgen. Hier muss schon vor Beginn der Lehre der Entschluss für ein Studium gefallen sein. Sonst ist es keine einheitliche Ausbildung mehr und die Eltern müssen das Studium nicht bezahlen.
- Wenn die Eltern dem Kind eine unpassende, nicht seinen Wünschen oder Begabungen entsprechende Ausbildung aufgezwungen haben, können sie sich nicht darauf berufen, dass sich das Kind nicht rechtzeitig entschieden oder sich umorientiert hat. Dann müssen sie auch die zweite Ausbildung finanzieren.
- Dem Kind kann ein Ausbildungswechsel zuzugestehen sein, wenn es dafür gute sachliche Gründe hat. Außerdem muss dem Unterhaltspflichtigen das weitere Zahlen von Unterhalt wirtschaftlich zumutbar sein.
Im damaligen Fall sah der BGH einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Ausbildungsschritten als möglich an: Das Fach katholische Religion mache im Lehramtsstudium auch als Schwerpunkt nur ein Drittel des Unterrichts aus. Der Rest entfalle überwiegend auf Fächer mit wirtschaftswissenschaftlichem Inhalt. Für diese sei die Banklehre eine gute Grundlage. Die Entscheidung überließ der BGH jedoch der Vorinstanz und verwies das Verfahren zurück (Beschluss vom 8.3.2017, Az. XII ZB 192/16).
Wann handelt es sich um eine Zweitausbildung?
Eltern müssen nur eine Erstausbildung finanzieren. Allerdings können mehrere Ausbildungsschritte wie Schule – Lehre – Studium als einheitliche Erstausbildung gewertet werden. Das OLG Oldenburg hat 2023 entschieden, dass die Aufnahme eines Fachhochschulstudiums im Bereich Mediendesign nach dem Abschluss einer Ausbildung zur kaufmännischen Assistentin eine Zweitausbildung ist. In diesem Fall fehlte es nicht nur an einem engen zeitlichen, sondern auch an einem sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsschritten (Beschluss vom 14.12.2023, Az. 3 UF 127/23).
Was gilt bei Bachelor und Master?
Beginnt das Kind nach dem Abschluss Bachelor ein dazu passendes Masterstudium, handelt es sich ebenfalls um eine einheitliche Ausbildung. Die Eltern müssen dafür Ausbildungsunterhalt bezahlen (Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 2.2.2010, Az. 15 WF 17/10).
Wie hoch ist der Ausbildungsunterhalt?
Ist das Kind noch minderjährig und lebt bei einem Elternteil, muss der andere Unterhalt zahlen. Den Unterhaltsbedarf berechnet man nach der Düsseldorfer Tabelle. Der zu zahlende Unterhalt verringert sich dabei um 50 Prozent des Kindergeldes.
Verdient das Kind selbst Geld (zum Beispiel seine Ausbildungsvergütung), wird dieses auf den Unterhalt angerechnet. Man kürzt jedoch vor der Anrechnung die Ausbildungsvergütung um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 100 Euro im Monat.
Die Ausbildungsvergütung reduziert den Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil mit Anfang des Monats, in dem sie zum ersten Mal bezahlt wird (Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 23.1.2013, Az. II-3 UF 245/12).
Wenn das Kind schon volljährig ist und bei einem Elternteil lebt, müssen grundsätzlich beide Elternteile Barunterhalt im Verhältnis ihrer Einkommen leisten. Das Kindergeld wird voll angerechnet.
Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studenten, der nicht mehr bei seinen Eltern wohnt, beträgt laut Düsseldorfer Tabelle 2025 monatlich 990 Euro. Darin sind bis zu 440 Euro für Unterkunft einschließlich umlagefähiger
Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Von diesem Betrag kann jedoch bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern nach oben abgewichen werden.
Wird BAföG auf den Ausbildungsunterhalt angerechnet?
Ein Kind kann von seinen Eltern keinen Unterhalt fordern, soweit es seinen Unterhaltsbedarf durch BAföG-Leistungen decken kann. Dies gilt auch, wenn es diese Leistungen zum Teil als Darlehen erhält. Das Argument "Ich möchte mich ungern verschulden" zählt nicht. Dem Kind ist es zumutbar, einen Antrag zu stellen (OLG Hamm, Beschluss vom 27.9.2013, Az. 2 WF 161/13).
Das Kind kann unter Umständen sogar dazu verpflichtet sein, gegen einen ablehnenden BAföG-Bescheid Rechtsmittel einzulegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es Anzeichen für einen fehlerhaften Bescheid gibt. Dies entschied das Oberlandesgericht Brandenburg. Hier hatte der Vater eingewandt, dass das BAföG-Amt einen veralteten Einkommenssteuerbescheid von ihm benutzt hatte. Inzwischen sei sein Verdienst deutlich gesunken (Beschluss vom 3.5.2018, Az. 10 UF 101/17).
Praxistipp zum Ausbildungsunterhalt
Es kommt immer wieder vor, dass Eltern und Kinder um das Thema Ausbildungsunterhalt in Streit geraten. Eine gütliche Lösung ist natürlich immer Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Familie vorzuziehen. Gibt es trotzdem rechtlichen Klärungsbedarf, kann ein Fachanwalt für Familienrecht Sie kompetent beraten oder auch vor Gericht vertreten.
(Bu)