Grillen im Garten und auf dem Balkon: Was ist erlaubt?

03.05.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 8 Min. (14344 mal gelesen)
Grillen,Lärmbelästigung,Nachbarn,Vermieter Das Sommerwetter lädt zum Grillen ein. Was sollte man beachten? © Rh - Anwalt-Suchservice

Ob Mieter oder Hauseigentümer: Der Sommer naht, und viele Menschen packen wieder ihren Grill aus. Aber: Beim Grillen im Garten oder auf dem Balkon kommt es oft zum Streit mit Nachbarn oder Vermieter.

14 Prozent der Deutschen grillen laut Statistischem Bundesamt zumindest einmal im Monat, 5,9 Prozent mehrmals im Monat und 0,35 Prozent sogar mehrfach in der Woche. Die Fleischwirtschaft freut es. Stolze Verkaufszahlen schreiben auch die Hersteller von Grills und Zubehör in ihre Bücher. Jeder Baumarkt präsentiert an prominenter Stelle Grillgerät vom einfachen Wegwerf-Grill bis hin zum lokomotivenähnlichen gusseisernen "Smoker". Grillfans müssen sich jedoch durchaus auch an ein paar rechtliche Regeln halten - damit es keinen Streit mit Nachbarn oder Vermieter gibt.

Warum ist Rücksichtnahme beim Grillen wichtig?


Gelegentliches Grillen ist ohne Weiteres zulässig. Allerdings gibt es kein allgemeines Recht auf tägliches Dauergrillen. Nachbarn müssen sich ständige Belästigungen durch Rauch und Lärm nicht unbedingt gefallen lassen.
Etwas Rücksichtnahme auf die Nachbarn ist daher zu empfehlen. So sollte der Grill zum Beispiel nicht direkt unter oder vor dem nachbarlichen Schlafzimmerfenster aufgestellt werden. Kann zum Fenster des Nachbarn nur ein geringer Abstand eingehalten werden oder möchte man auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses grillen, empfiehlt sich ein Elektrogrill. Dann gibt es weniger Rauch. Geringfügige Geruchsbelästigungen müssen die Nachbarn hinnehmen. Allerdings gibt es dabei viel Raum für Rechtsstreitigkeiten – zum Beispiel darüber, was "gelegentlich" oder "geringfügig" eigentlich heißt. Hier sind sich weder die Grillfans und ihre Nachbarn einig, noch die Gerichte.

Wann liegen beim Grillen unzulässige Immissionen vor?


Ob Wohnungseigentümer oder Mieter - beide müssen Immissionen wie Rauch und Qualm nicht hinnehmen, wenn diese eine normale Nutzung ihrer Wohnungen erheblich einschränken. Dazu enthält das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) besondere Regelungen, die unter dem Begriff "Nachbarschutz" zusammenfasst werden.
Wenn die Wohnung eines Nachbarn durch Gestank, Lärm oder andere Einflüsse von außen beeinträchtigt wird, hat dieser gegen den Verursacher, den sogenannten Störer, einen Unterlassungsanspruch nach §§ 906, 1004 (BGB).

Wie groß muss der Abstand zum Nachbarn beim Grillen sein?


Lässt die Rücksicht zu wünschen übrig, besteht das Risiko, dass diese gerichtlich verordnet wird. So entschied das Landgericht München I, dass in einem Fall ein Grill mit so großem Abstand wie möglich zur Nachbarwohnung platziert werden musste, damit der Qualm nicht mehr in die Wohnung des Nachbarn zog (Az. 15 S 22735/03). In einem anderen Fall forderte das Bayerische Oberste Landesgericht, dass der Grill in einer Wohnanlage in der äußersten Ecke des Gartens aufzubauen sei – also 25 Meter vom Nachbarn entfernt (Az. 2 Z BR 6/99).

Ab wann gilt Grillen als Ordnungswidrigkeit?


Auch Behördenärger kann drohen: Allzu rauchintensives Grillen kann eine Ordnungswidrigkeit sein. Dies entschied jedenfalls das Oberlandesgericht Düsseldorf. Dort hatte eine Grillparty in einem Garten stundenlang für heftige Rauchentwicklung und Lärm gesorgt. Die Griller hatten auf die Beschwerden der Nachbarn nicht reagiert. Schließlich kam es zu einer Anzeige wegen Verstoßes gegen das Immissionsschutzgesetz.
Dem Gericht zufolge verbietet das dortige Landesimmissionsschutzgesetz das Verbrennen oder Abbrennen von Gegenständen im Freien, wenn die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit dadurch gefährdet oder erheblich belästigt werden können. Genau dies war hier der Fall gewesen. Daher musste der Gastgeber eine Geldbuße von 200 DM zahlen (Beschluss vom 26.05.1995, Az. 5 Ss (OWi) 149/95). Die Vorschriften zum Immissionsschutz können sich in den einzelnen Bundesländern unterscheiden.

Was gilt für das Grillen in Park und Natur?


Viele Menschen möchten gern grillen, haben aber keinen Garten oder Balkon. Dann bietet es sich an, dafür in den Stadtpark zu gehen oder in die "freie Natur". Grillen ist aber nicht überall erlaubt. Immerhin gibt es in vielen Stadtparks besondere Plätze oder Grünflächen, die extra für das Grillen ausgewiesen und ausgeschildert sind. Oft gibt es dort auch Abfallbehälter für Aschereste.
Problematischer ist es in der "freien Natur": Die Landschaftsschutz- und Naturschutzgesetze und auch die Waldgesetze der Bundesländer verbieten offenes Feuer und damit auch das Grillen etwa in Wäldern, Naturschutzgebieten, Gebieten, in denen gejagt wird oder auf landwirtschaftlichen Flächen. Die Bußgelder nach diesen Gesetzen können durchaus ein paar tausend Euro erreichen. Auch, wenn man dies vielleicht übertrieben findet: Wer möchte schon einen riesigen Waldbrand wie im Sommer 2019 in Mecklenburg-Vorpommern verursachen?

Wann kann das Grillen verboten werden?


Vor dem Landgericht München I wurde um die Frage gestritten, wann man jemandem das Grillen verbieten kann. Nachbarn hatten gegen den Mieter eines Einfamilienhauses geklagt. Dieser in seinem Garten einen großen Grillofen aufgebaut. Damit hatte er von Mai bis August 16-mal gegrillt. Die Nachbarn fühlten sich durch die in ihre Wohn- und Schlafzimmer eindringenden Rauchgase belästigt und fürchteten um ihre Gesundheit. Sie erhoben Unterlassungsklage.

Das Gericht erklärte, dass das Grillen auch komplett untersagt werden könne, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung der Nachbarn nachgewiesen sei. Aber: Hier hätten die Nachbarn einen solchen Nachweis nicht erbracht. Es gab keine Zeugen für die Zahl und das Ausmaß der Geruchsbelästigungen. Im Verfahren zweiter Instanz hatten die Kläger auch eingeräumt, dass ihr Nachbar im darauffolgenden Jahr nur noch viermal gegrillt habe. Darin sah das Gericht keine wesentliche Beeinträchtigung mehr. Die Klage scheiterte (Beschluss vom 12.1.2004, Az. 15 S 22735/03).

Wie oft darf man grillen?


Wie erwähnt, müssen Nachbarn unwesentliche Beeinträchtigungen dulden. Umgekehrt gibt es jedoch kein verbrieftes Recht, jeden Abend den Grill anzufeuern. Zu der Frage, wie oft man denn nun pro Jahr grillen darf, haben die deutschen Gerichte ganz unterschiedliche Ansichten. Hier ein paar Beispiele:

- Amtsgericht Bonn: Auf Balkonen und Terrassen darf nur einmal im Monat gegrillt werden – dies muss man den Nachbarn 48 Stunden vorher ankündigen (Az. 6 C 545/96).
- Landgericht Aachen: Zweimal im Monat ist Grillen erlaubt (Az. 6 S 2/02).
- Landgericht Stuttgart: Dreimal zwei Stunden im Jahr müssen reichen (Az. 10 T 359/96). Nach dem Urteil stellt das Grillen in einer "multikulturellen Freizeitgesellschaft" durchaus eine "gebräuchliche Zubereitung von Speisen jeglicher Art dar". Dies sei aber kein Freibrief für "Dauergriller".
- Amtsgericht Schöneberg: Die Nachbarn einer Jugendeinrichtung müssen Grillen bis 21 Uhr 25 Mal im Jahr für jeweils zwei Stunden dulden (Az. 3 C 14/07).

Ein aktuelles Urteil gibt es vom Landgericht München I: Dieses entschied im März 2023, dass ein Wohnungseigentümer auf der Terrasse seiner Erdgeschosswohnung in einer Wohnanlage maximal viermal im Monat grillen darf. Auch darf er nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen am Wochenende - Samstag und Sonntag - oder an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen grillen. Greift er öfter zu Bratwurst und Grillzange, droht ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro.

In diesem Fall handelte es sich um einen Elektrogrill. Ein Dutzend Zeugen aus der Wohnungseigentümergemeinschaft mussten in zwei Gerichtsinstanzen aussagen - und ihre Aussagen über den Umfang der Belästigung waren äußerst unterschiedlich. Zumindest das friedliche Zusammenleben der Eigentümergemeinschaft dürfte sich damit wohl auf absehbare Zeit erledigt haben (Urteil vom 1.3.2023, Az. 1 S 7620/22 WEG).

Natürlich sind all dies Einzelfallentscheidungen, bei denen Faktoren wie etwa die Nähe zum jeweiligen Nachbarn eine wichtige Rolle spielen.

Lärm beim Grillen: Was ist zu beachten?


Grillfreunde sollten sich unbedingt an die nächtlichen Ruhezeiten halten. Ab 22 Uhr muss in der Regel Ruhe herrschen. Oft sind die Ruhezeiten in einer Satzung der jeweiligen Gemeinde geregelt oder auch in der Hausordnung des Mehrfamilienhauses zu finden.

Darf die Eigentümerversammlung das Grillen erlauben?


Die Eigentümerversammlung hat in einer Wohnungseigentümergemeinschaft über viele wichtige Fragen zu entscheiden. So hatte eine Düsseldorfer Eigentümerversammlung per Mehrheitsbeschluss das Grillen auf den Balkonen ihres Mehrfamilienhauses ohne Einschränkungen erlaubt. Nur war einer der Miteigentümer kein Grillfan. Er klagte gegen den Beschluss und bekam Recht. Das Landgericht Düsseldorf entschied, dass die Eigentümerversammlung gar keinen solchen Beschluss hätte fassen dürfen. Jeder Eigentümer dürfe sein Eigentum nur in einer Weise nutzen, durch die andere Eigentümer nicht beeinträchtigt würden. Das Grillen mit Holzkohle auf Balkonen könne jedoch eine solche Beeinträchtigung darstellen. Daher sei der Beschluss der Versammlung unwirksam (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 9.11.1990, Az. 25 T 435/90).

Was gilt für nächtliches Grillen?


Das Landgericht Oldenburg beschäftigte sich mit dem "Spätgrillen". Nach dem Gericht sind dem Grillen auch ohne Lärm zeitliche Grenzen gesetzt. So dürften Grillabende über 22 Uhr hinaus maximal viermal im Jahr stattfinden und auch dann nur bis Mitternacht (Az. 13 U 53/02). Natürlich können andere Gerichte auch anders entscheiden. Grundsätzlich ist ab 22 Uhr Nachtruhe – und die gilt das ganze Jahr über.

Darf der Vermieter das Grillen verbieten?


Vermieter dürfen das Grillen im Voraus verbieten. Dies kann zum Beispiel in einem Mietvertrag vereinbart werden. An eine solche unterschriebene Vereinbarung muss sich der Mieter halten. Sonst riskiert er eine Abmahnung und bei weiterem Grillen auch die Kündigung (Landgericht Essen, Az. 10 S 438/01).

Grillen: Was, wenn die Wohnung brennt?


Auch die Feuergefahr sollte man beim Grillen nicht außer Acht lassen. Ein Mann hatte den Papiersack mit der Grillkohle direkt neben den Grill gestellt. Nach dem Grillen stellte er den Kohlensack in eine Abstellkammer. Nur hatte die Kohle Funken abbekommen und geriet in Brand. Als der Bewohner dies merkte, begann das Feuer schon, auf die Dachisolierung überzugreifen. Zwar konnte der Mann den Brand selbst löschen. Er rief aber zur Sicherheit trotzdem die Feuerwehr. Diese hörte "Dachstuhlbrand im Wohnhaus" und rückte mit vier Fahrzeugen und 18 Mann an. Nach erfolgreicher Kontrolle, dass das Feuer aus war, rückte sie wieder ab und schickte dem Grillfan eine Rechnung über rund 1.100 Euro.
Daran änderte auch ein Gerichtsprozess nichts: Der Mann musste zahlen. Dem Gericht zufolge hatte er grob fahrlässig gehandelt - insbesondere durch das Abstellen des Papiersacks in der Abstellkammer (VG Gießen, Urteil vom 19. Juni 2013, Az. 8 K 1163/12).

Wer haftet bei Brandverletzungen im Zuge des Grillens?


Wer zum Anfeuern Brennspiritus benutzt, bringt sich und andere unnötig in Gefahr. Dieser Brandbeschleuniger entzündet sich so schnell, dass es zu erheblichen Stichflammen am Grill kommt. Möglich ist auch eine Durchzündung des Spiritus-Strahls bis zurück in die Flasche.

Das Oberlandesgericht Hamm beschäftigte sich mit einem Fall, in dem sich ein Nachbar als "Grillmeister" bei einer Gartenparty betätigt hatte. Er spritze zum Anfeuern des Grills Brennspiritus direkt aus der Flasche auf die glimmende Kohle. Es kam zu einer meterhohen Stichflamme und der Spiritus-Strahl entzündete sich.

Zwar standen Hausherrin und Kinder weit genug abseits, um nicht in Gefahr zu geraten. Der sechsjährige Sohn geriet jedoch in Panik und lief Richtung Garten – und damit genau in den Feuerstrahl, den der "Grillmeister" gerade dorthin lenkte, um eine Explosion der Flasche zu verhindern. Der Junge erlitt erhebliche Brandverletzungen.

Die private Haftpflichtversicherung des "Grillmeisters" zahlte zwar 47.000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld. Sie wollte jedoch die Hälfte dieses Betrages von der Mutter zurück haben, da sie diese als mitschuldig ansah. Das Gericht war anderer Ansicht: Die Mutter habe für einen ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen ihren Kindern und dem Grill gesorgt. Sie habe mit dem Loslaufen ihres Sohnes nicht rechnen können (OLG Hamm, Urteil vom 4.4.2014, Az. 9 U 145/13).

Praxistipp zum Grillen im Garten und auf dem Balkon


Ständiger Kohlenrauch und Grillgeruch können für Ärger mit den Nachbarn sorgen. Etwas Rücksicht hilft dabei, Dauerstreit im Sommer zu vermeiden. Wichtig ist ein ausreichender Abstand zu den Nachbarn und die Einhaltung der Ruhezeiten. Im Mehrfamilienhaus empfiehlt sich ein Elektrogrill für den Balkon. Gibt es dann trotzdem Streit, kann ihnen ein im Zivilrecht tätiger und auf das Nachbarrecht spezialisierter Rechtsanwalt helfen. Und: Nutzen Sie normale Grillanzünder anstatt Brennspiritus!

(Wk)


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 Günter Warkowski
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