Handwerker vor der Tür – welche Pflichten hat der Mieter?

24.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Artikel kommentieren
Mietwohnung,Handwerker,Duldungspflicht,Modernisierung Handwerker stehen bei einer Mietwohnung meist nicht grundlos vor der Tür. © - freepik

Zwischen Mietern und Vermietern gibt es immer wieder Streit um das Thema „Handwerkerbesuche“. Lassen Mieter die Handwerker nicht in die Wohnung, kann dies drastische Folgen haben.

Steht ein Handwerkerbesuch an, wittern manche Mieter eine Modernisierung, die ihre Miete verteuert. Andere wollen schlicht nicht durch Fremde in ihrem Zuhause gestört werden. Auf das Mietverhältnis kann es sich allerdings deutlich negativ auswirken, wenn man die Handwerker nicht in die Wohnung lässt.

Wer hat das Hausrecht?


In einer Mietwohnung liegt das Hausrecht beim Mieter. Er allein kann entscheiden, wen er einlässt und wer draußen bleiben muss. Der Vermieter hat also nicht das Recht, die Wohnung gegen den Willen des Mieters beliebig zu betreten. Allerdings gibt es ein einige Ausnahmen.

Was gilt bei Schäden und Mängeln in der Wohnung?


Wenn an der Wohnung Mängel auftreten, die ihre Benutzbarkeit einschränken oder gar den Bestand von Wohnung oder Haus gefährden, muss der Vermieter diese beseitigen. Beispiele sind etwa ein undichter Heizkörper, ein defekter Heißwasserboiler oder Schimmelbefall. Der Mieter darf unter bestimmten Voraussetzungen seine Miete für die Zeit mindern, also reduzieren, in der der Mangel besteht. Allerdings ist er auch zur Mitwirkung verpflichtet. Das heißt:

- Der Mieter hat einen Mangel unverzüglich dem Vermieter anzuzeigen.
- Er muss die Feststellung des Schadens ermöglichen. Dazu muss er ggf. den Vermieter oder Handwerker in die Wohnung lassen.
- Er muss die Beseitigung des Mangels dulden, indem er die Handwerker in die Wohnung lässt.

Wenn er diese Mitwirkung verweigert, kann zunächst eine Abmahnung die Folge sein. Bei weiterer Weigerung kann ihn der Vermieter verklagen. Mit der Klage wird die Duldung der Arbeiten gefordert. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Mieter zu tragen, wenn er verliert. Weigert er sich auch nach einer Gerichtsentscheidung zugunsten des Vermieters immer noch, den Handwerkern die Tür zu öffnen, riskiert er die Kündigung des Mietvertrages.

Wo sind die Grenzen der Mitwirkungspflicht?


Der Vermieter kann vom Mieter nicht verlangen, dass dieser

- Personen ohne vorherige Terminabsprache oder zu unüblichen Tages- und Nachtzeiten in die Wohnung lässt (dies gilt nicht bei akuter Gefahr im Verzug!),
- die betreffenden Räume der Wohnung leer räumt, um freien Zugang zur „Baustelle“ zu schaffen,
- dass er dem Vermieter oder dessen Beauftragten Zugang zu Räumen gewährt, die nichts mit dem Mangel zu tun haben.

Muss der Mieter “Baufreiheit schaffen?“


Der Mieter ist nicht dazu verpflichtet, „Baufreiheit“ zu schaffen, indem er Möbel aus der Wohnung schafft oder umstellt. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Berlin hervor (Az. 65 S 62/08). Allerdings kann es im eigenen Interesse des Mieters sein, das betreffende Zimmer leerzuräumen. So kann er vermeiden, dass sein Eigentum von den Handwerkern beschädigt wird. Zwar hätte er in einem solchen Fall Anspruch auf Schadensersatz. Es ist jedoch oft nicht einfach zu beweisen, wer den Schaden verursacht hat.

Wann besteht eine Duldungspflicht bei Erhaltungsmaßnahmen?


Mieter haben bei bestimmten Arbeiten an ihrer Wohnung eindeutige gesetzliche Duldungspflichten. Dabei muss man unterscheiden zwischen einer reinen Erhaltungsmaßnahme und einer Modernisierung. Arbeiten, die zur Erhaltung des Mietobjekts nötig sind - also Instandhaltung und Instandsetzung - hat der Mieter gemäß § 555a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu dulden – ohne „wenn und aber“. Solche Maßnahmen muss ihm der Vermieter allerdings vorher ankündigen, sofern sie sich nicht nur ganz unwesentlich auf die Mietwohnung auswirken.

Welche Duldungspflicht besteht bei Modernisierungsmaßnahmen?


In § 555b BGB findet sich eine Auflistung von Arbeiten, die als Modernisierungsmaßnahmen gelten. Grob gesagt ist damit alles gemeint, was dazu dient, Energie oder Wasser einzusparen, die Wohnqualität zu verbessern oder zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Dazu gehören auch sogenannte energetische Sanierungen, zum Beispiel die Verbesserung von Wärmedämmung und Heizanlage. Auch solche Maßnahmen muss der Vermieter vorher ankündigen. Der Mieter wiederum kann von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Wenn er dies unterlässt, muss er konsequenterweise auch die Handwerker in die Wohnung lassen und die Arbeiten dulden.

Der Mieter hat jedoch keine Duldungspflicht, wenn ein für ihn unzumutbarer Härtefall vorliegt. Dabei muss es sich aber um einen echten, objektiven Härtefall handeln und nicht nur um einen "gefühlten". Beispiel: Es sind Modernisierungsarbeiten mit viel Staub und Dreck geplant, in der Wohnung befindet sich jedoch ein bettlägeriger Schwerkranker. Hier würde ein Härtefall vorliegen.
Darüber muss der Mieter den Vermieter bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, unterrichten – und zwar in Textform, also zum Beispiel per E-Mail.

Die zu erwartende Erhöhung von Miete oder Betriebskosten nach einer Modernisierung ist kein Härtefall.

Extremfall: Strafanzeige gegen den Vermieter


Mit einem extremen Fall beschäftigte sich das Landgericht Düsseldorf. Ein Mieter hatte sich beim Vermieter über erhebliche Mängel der Wohnung beschwert und auch die Miete gemindert. Die vom Vermieter geschickten Handwerker ließ er jedoch immer wieder nicht in die Wohnung. Er betrachtete das wiederholte Kommen von Handwerkern sogar als Belästigung. Deswegen machte er dem Vermieter massive Vorwürfe – unter anderem sollte dieser am Tod der Ehefrau des Mieters mitschuldig sein. Am Ende zeigte er den Vermieter wegen der Handwerkerbesuche auch noch wegen Nötigung an. Das Gericht bestätigte die daraufhin erfolgte fristlose Kündigung des Mietvertrages: Der Vermieter müsse sich keine grundlosen Strafanzeigen gefallen lassen (Urteil vom 6.11.2014, Az. 21 S 48/14).

Was sagt der Bundesgerichtshof zu dringenden Erhaltungsmaßnahmen?


Dem Bundesgerichtshof zufolge darf der Vermieter einem Mieter im Notfall auch fristlos kündigen, wenn dieser dringende Erhaltungsmaßnahmen am Mietobjekt nicht zulassen will. Konkret ging es hier um ein Gebäude, dessen Dachstuhl mit echtem Hausschwamm befallen war - einem Pilz, der sich von Holz ernährt und es dabei zerstört. Das Gebäude war einsturzgefährdet. Der BGH erklärte, dass der Vermieter hier vor einer Kündigung nicht erst vergeblich auf eine Duldung der Arbeiten klagen müsse. Bis zu einer endgültigen Entscheidung über vielleicht mehrere Gerichtsinstanzen hinweg sei das Haus womöglich längst eingestürzt. Daher sei hier eine fristlose Kündigung des Mieters möglich (Urteil vom 15. April 2015, Az. VIII ZR 281/13).

Praxistipp


Mietern ist zu empfehlen, erforderliche Arbeiten an ihrer Wohnung grundsätzlich zu dulden. Sie müssen sich aber auch nicht alles gefallen lassen. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann im Zweifelsfall prüfen, ob die betreffende Maßnahme tatsächlich vom Mieter geduldet werden muss.

(Ma)


Sie benötigen Hilfe bei Ihrer Suche nach dem richtigen Anwalt? Dann schreiben Sie uns über unser Kontaktformular. Wir helfen Ihnen kostenlos und unverbindlich.


 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion
 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion