Darf das Jobcenter die Miete direkt an den Vermieter überweisen?

11.06.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Bürgergeld,Jobcenter,Miete,Unterkunft,Direktzahlung Direkte Mietzahlung vom Jobcenter: Oft nicht so einfach, wie gedacht. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Keine automatische Direktzahlung: Bürgergeldempfänger können beim Jobcenter beantragen, dass die Miete direkt an den Vermieter gezahlt wird. Das soll Mietrückstände vermeiden.

2. Zwangsweise Direktzahlung: Wenn ein Bürgergeldempfänger Mietschulden hat oder die Miete zweckwidrig verwendet, kann das Jobcenter die Direktzahlung auch ohne Zustimmung anordnen.

3. Vermieter hat keinen Anspruch: Vermieter haben keinen eigenen Anspruch, die Direktzahlung der Miete vom Jobcenter zu verlangen.
Im Normalfall werden die Sozialleistungen für Wohn- und Heizkosten direkt an die Empfänger von Bürgergeld überwiesen. Das Gesetz ermöglicht jedoch in bestimmten Fällen auch eine Direktüberweisung an den Vermieter. Wann dies der Fall ist, hängt von den unterschiedlichen Ausführungsvorschriften der Bundesländer ab. Dahinter steht der Grundgedanke, dass die Geldbeträge tatsächlich für Miete und Heizkosten verwendet und nicht anderweitig verbraucht werden.

Wann ist die Direktzahlung an den Vermieter per Gesetz zulässig?


§ 22 Absatz 7 des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) enthält einige Grundregeln. Danach wird der "Bedarf für Unterkunft und Heizung" in zwei Fällen direkt an den Vermieter gezahlt:

1. Auf Antrag des Leistungsempfängers.
2. Wenn das Jobcenter daran zweifelt, dass dieser die Beträge wirklich an den Vermieter weitergibt.

Solche Zweifel bestehen laut Gesetz insbesondere bei

- Mietrückständen, die den Vermieter zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
- Energiekostenrückständen, die den Energieversorger zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
- konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die leistungsberechtigte Person infolge einer Sucht oder Krankheit das Geld nicht zweckentsprechend verwenden wird oder
- konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.

Das Jobcenter ist dazu verpflichtet, die Bürgergeldempfänger schriftlich darüber zu informieren, dass es künftig die Beträge für Unterkunft und Heizung direkt an den Vermieter überweist.

Was passiert bei einer Mietminderung durch den Mieter?


Laut Landessozialgericht Baden-Württemberg darf das Jobcenter eine Direktzahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung an den Vermieter anordnen, wenn der Mieter ohne Wissen des Jobcenters wegen Mängeln der Wohnung die Miete mindert.

In diesem Fall hatte der Mieter die Miete gemindert, aber einfach weiter seine Leistungen bezogen. Seine Mietminderung hatte er mit Schimmelbefall begründet sowie damit, dass ihm der Stromversorger den Strom gesperrt hatte. Der Mieter machte dafür den Vermieter verantwortlich. Dieser entgegnete, dass der Mieter 16.000 Euro Stromschulden habe. In diesem Fall war laut Gericht eine Anordnung der Direktzahlung an den Vermieter berechtigt (Urteil vom 21.10.2011, Az. L 12 AS 2016/11).

Das Gericht hat jedoch betont, dass die entsprechenden Regelungen streng auszulegen sind. Eine Direktzahlung an den Vermieter soll der Ausnahmefall bleiben. Denn: Bürgergeld-Empfänger sollen nicht entmündigt werden.

Besteht zwischen Vermieter und Jobcenter ein Vertragsverhältnis?


Nein. Es gibt grundsätzlich keine Vertragsbeziehung zwischen dem Jobcenter bzw. Arbeitsamt und dem Vermieter eines Leistungsempfängers. Der Vermieter kann also nicht verlangen, dass ihm die Kosten für Unterkunft und Heizung direkt ausgezahlt werden. Der Vermieter hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Behörde ihm irgendwelche Auskünfte erteilt. Allerdings kann er das Jobcenter auf Mietrückstände hinweisen. Dazu sollte er Angaben machen, seit wann und in welchem Umfang die Zahlungsrückstände bestehen. Das Jobcenter wird in einem solchen Fall in der Regel Kontakt zum Mieter aufnehmen. Wenn es dann tatsächlich Zweifel an der korrekten Verwendung der gezahlten Wohnkosten hat, wird es die Direktzahlung an den Vermieter veranlassen.

Kann eine Direktzahlung im Mietvertrag vereinbart werden?


Manche Vermieter legen gleich im Mietvertrag fest, dass der Mieter ihnen im Fall der Fälle seine Ansprüche auf Sozialleistungen für Wohnkosten und Heizung abtritt. Ein solcher Fall ging bereits bis vor das Bundessozialgericht. Der Vermieter hatte das Jobcenter verklagt, weil er der Meinung war, einen Anspruch auf Direktzahlung der Miete eines Leistungsempfängers und Begleichung aufgelaufener Mietschulden zu haben.

Das Gericht wies die Klage ab. Es erklärte, dass die Abtretung von Ansprüchen auf Sozialleistungen nicht ohne Zustimmung des Leistungsträgers, also des Jobcenters, erfolgen könne. Dadurch solle der Leistungsempfänger geschützt werden. Voraussetzung sei also immer ein formeller Verwaltungsakt der Behörde. Der Vermieter habe mit dem rechtlichen Verhältnis von Jobcenter und Leistungsbezieher nichts zu tun. Auch dann, wenn sich die Behörde zur Direktzahlung entschließe, habe er deswegen noch keinen einklagbaren Anspruch gegen das Jobcenter.

Der Vermieter habe auch rein zivilrechtlich keinen Anspruch auf Direktzahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung. Ein solcher Anspruch könne allenfalls dann entstehen, wenn das Jobcenter eine Schuldübernahmeerklärung gegenüber dem Vermieter abgeben würde. Dies sei jedoch vollkommen unüblich und hier auch nicht der Fall gewesen (Urteil vom 9.8.2018, Az. B 14 AS 38/17 R).

Fazit: Eine Direktzahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung kann nicht wirksam im Mietvertrag vereinbart werden.

Kann der Vermieter eine Direktzahlung verlangen, weil diese auch beim Stromanbieter erfolgt?


Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen befasste sich 2022 mit einem Fall, in dem ein Vermieter Nebenkosten und Miete von den Sozialbehörden einklagen wollte. Seine Mieterin war Empfängerin von ALG II und hatte der Direktzahlung der Miete durch das Jobcenter an den Vermieter zugestimmt. Nachdem die Mieterin zwei Jahre lang die Nebenkosten nicht bezahlen konnte, forderte der Vermieter diesen Betrag vom Jobcenter. Dieses lehnte ab: Der Vermieter habe keine eigenen Ansprüche, die er geltend machen könne.

Daraufhin argumentierte der Vermieter damit, dass die Behörde die Kosten des Energieversorgers direkt bezahle, seine Mietnebenkosten aber nicht. Dies sei eine Ungleichbehandlung und ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Inzwischen seien auch Mietschulden aufgelaufen. Er versuchte, das Jobcenter aus Amtshaftung auf Zahlung von insgesamt 4.000 Euro in Anspruch zu nehmen.

Das Landessozialgericht wies seine Klage ab: Der Vermieter habe trotz Direktzahlung keinerlei eigene Ansprüche gegen das Jobcenter. Die Direktzahlung solle nur gewährleisten, dass Leistungsempfänger das Geld für Unterkunft und Heizung nicht anderweitig ausgeben könnten. Der Zweck sei nicht die leichtere Geltendmachung von Mietforderungen durch den Vermieter.

Dieser verlor also den Prozess und musste die Prozesskosten tragen. Hier ist für Vermieter Vorsicht geboten, denn: Im Gegensatz zum Leistungsempfänger sind sie im Prozess vor dem Sozialgericht nicht von den Gerichtskosten befreit. Leichtfertige Verfahren können daher teuer werden (Urteil vom 3.2.2022, Az. L 11 AS 578/20).

Hat der Vermieter einen Anspruch auf pünktliche Zahlung der Miete durch das Jobcenter?


Vermieter und Mieter sollten wissen, dass die Direktzahlung durch das Jobcenter an den Vermieter keine Garantie dafür ist, dass die Miete nun immer pünktlich gezahlt wird.

Zum Beispiel können langwierige Entscheidungs- und Arbeitsprozesse der Behörde immer wieder zu Verzögerungen bei den Zahlungen führen. Eine pünktliche Zahlung der Miete "am dritten Werktag des Monats" findet häufig wegen der internen Abläufe der Behörde nicht statt. Der Vermieter kann auch keine pünktliche Zahlung verlangen, da er keinerlei eigenen Anspruch gegen das Jobcenter hat.

Findet der Bürgergeldempfänger wieder eine Arbeit und endet sein Leistungsbezug, fließt auch kein Geld mehr an den Vermieter. Dieser hat keinen Anspruch auf Auskunft gegenüber der Behörde, warum kein Geld mehr fließt. Bleiben also die Zahlungen der Behörde aus, muss sich der Vermieter an seinen Mieter wenden, um zu erfahren, woran dies liegt und um das weitere Vorgehen zu vereinbaren.

Darf der Vermieter dem Mieter kündigen, weil das Jobcenter unpünktlich zahlt?


Eine Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlung ist laut Bundesgerichtshof grundsätzlich möglich. Allerdings gilt dies nicht in jedem Fall. Dafür muss entweder ein Verschulden des Mieters vorliegen (zu spät Sozialleistungen beantragt) oder der Vermieter muss nachweisen, dass er auf pünktlichen Zahlungseingang angewiesen ist. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, weil es ihm selbst finanziell schlecht geht oder er pünktlich Kredite bedienen muss. Dann ist ihm ein unpünktlicher Zahlungseingang nicht zumutbar. Dabei wird auch berücksichtigt, wie oft und um wie viel Zeit sich die Mietzahlungen verspätet haben (Urteil vom 29.6.2016, Az. VIII ZR 173/15).

Praxistipp zur Direktzahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung


Empfänger von Bürgergeld können durchaus ein Interesse an einer Direktzahlung von Miete und Heizkosten an den Vermieter haben. Nicht selten kann auf diese Weise eine Kündigung wegen Mietschulden vermieden werden. Dies können Bürgergeldempfänger selbst beantragen. Wenn sie sich als unzuverlässig erweisen, kann es auch von der Behörde angeordnet werden. Bei Unstimmigkeiten mit dem Jobcenter empfiehlt sich eine Beratung durch einen Fachanwalt für Sozialrecht.

(Wk)


 Günter Warkowski
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion