Hund bei Hitze und in der Arbeitszeit im Auto: Tierquälerei?

18.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Hund,Auto,Hitze,Tierquälerei Hunde gehören bei Hitze nicht ins Auto. © Kl - Anwalt-Suchservice

Immer wieder lassen Menschen ihren Hund bei sommerlicher Hitze allein im Auto warten. Da geraten Tierfreunde schnell in Versuchung, einzugreifen. Wie kann man reagieren und was ist erlaubt?

Im Sommer wird es in einem geschlossenen Auto sehr schnell sehr heiß. Die Außentemperatur muss dazu noch nicht einmal wirklich hoch sein. Dies macht sich jedoch nicht jeder Hundebesitzer klar. Manche Menschen lassen ihren Hund trotz sommerlicher Temperaturen im Auto zurück, um einkaufen zu gehen oder etwas zu erledigen. Für den Hund kann dies allerdings lebensgefährlich werden.

Wie heiß wird es im Auto?


Nicht einmal das Parken im Schatten hilft: Die Sonne wandert, und oft dauern die Erledigungen des Hundebesitzers länger, als ursprünglich geplant. Und schon sitzt der Hund in einem Blech-Backofen.

Was viele nicht wissen: Ein geparkter PKW erhitzt sich bereits nach zehn Minuten bei 28 Grad Celsius Außentemperatur auf eine Innentemperatur von 35 Grad. Nach Ablauf von 30 Minuten sind es bereits 44 Grad, nach 60 Minuten 54 Grad. Herrschen draußen 38 Grad Außentemperatur, misst man im PKW nach einer halben Stunde schon 54 Grad.

Nun sind Hunde jedoch viel hitzeempfindlicher als Menschen. Sie können nur an den Pfoten und an der Zunge schwitzen. Ihr Hitzeausgleich funktioniert über schnelles Hecheln. Temperaturen von etwa 40 Grad können für einen Hund schon tödlich sein. Hundehalter sind oft der Meinung, dass ein spaltweit geöffnetes Autofenster ausreicht, damit ihr Hund bei Hitze keinen Schaden erleidet. Dies ist jedoch falsch.

Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich einen Hund bei Hitze in einem Auto sehe?


Zuerst sollte man sich den Zustand des Hundes anschauen, um abschätzen zu können, ob ein Eingreifen wirklich dringend notwendig ist. Unbedingt sollte man dann nach dem Hundehalter Ausschau halten. Wenn dieser nach einigen Minuten nicht erscheint und auch nicht auffindbar ist – auch nicht durch Ausrufen-Lassen im nächsten Supermarkt oder Klingeln an den nächstgelegenen Haustüren – kann man die Polizei rufen. Unter Umständen wird diese dann das Fahrzeug öffnen und den Hund befreien. Selbst die Scheibe einzuschlagen, sollte das letzte Mittel sein. Dies wäre eine Zerstörung von fremdem Eigentum, durch die man eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und eine Forderung nach Schadensersatz riskiert. Obendrein gibt es noch das Risiko, dass sowohl der Hund als auch der Helfer Verletzungen durch Glasscherben erleiden.

Wann darf man selbst die Autoscheibe einschlagen?


Das Einschlagen der Autoscheibe ist als letzte Möglichkeit zulässig, wenn es also keine andere Möglichkeit gibt und der Hund bereits deutliche Anzeichen einer Hitzegefährdung oder -Schädigung aufweist. Einen generellen Freifahrtschein für die Zerstörung fremden Eigentums gibt es nicht. Das Einschlagen einer fremden Autoscheibe ist eine Sachbeschädigung und damit eine Straftat. Außerdem führt es zu einem Anspruch auf Schadensersatz. Aber: Sowohl im strafrechtlichen als auch im zivilrechtlichen Bereich kann die Beschädigung fremden Eigentums durch die Umstände gerechtfertigt sein und ohne Folgen bleiben.

Hund gerettet: Wann bleibt eine Sachbeschädigung straflos?


Grundsätzlich ist das Einschlagen einer Autoscheibe eine Sachbeschädigung nach § 303 des Strafgesetzbuches (StGB). Manchmal macht sich der Betreffende trotzdem nicht strafbar. Der Grund ist der sogenannte rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB): Wenn jemand ”in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden”, handelt er oder sie nicht rechtswidrig.

Voraussetzung dafür ist aber, dass das, was durch die Tat geschützt oder gerettet werden soll, deutlich wertvoller ist als das, was man bei der Rettungsaktion zerstört. Auch muss die Tat zur Abwendung der jeweiligen Gefahr angemessen sein. Im Klartext: Man darf nicht mehr zerstören, als unbedingt nötig.

Geht es um einen im Auto eingesperrten Hund, würde man damit argumentieren, dass der freundliche Helfer die Scheibe nicht eingeschlagen hat, um einem leidenden Tier zu helfen. Stattdessen hat der Helfer versucht, das Eigentum des Hundehalters - nämlich den Hund - vor Schaden zu bewahren.

Dies kann man so zusammenfassen:
- Der Hund muss sich in akuter Lebensgefahr befunden haben,
- es gab keine andere Lösungsmöglichkeit (Hundehalter war nicht auffindbar),
- es darf kein größerer Schaden als nötig verursacht werden (nur die Seitenscheibe).

Nicht gerechtfertigt ist das Einschlagen der Scheibe, wenn der Hund noch putzmunter war und der Halter nur schnell einen Parkschein ziehen oder in der zehn Meter entfernten Bäckerei eine Tüte Brötchen kaufen war. In solchen Fällen macht sich der Helfer in aller Regel strafbar. Eine Sachbeschädigung kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Üblich sind hier Geldstrafen. Wie hoch diese ausfallen, hängt unter anderem vom Einkommen des Betroffenen ab.

Hitze im Auto: Wie erkenne ich, ob es dem Hund bereits schlecht geht?


Oft ist es schwer festzustellen, ob es einem fremden Hund in einem Auto schon schlecht geht. Hecheln wird zwar oft als Anzeichen dafür angesehen. Nur hecheln alle Hunde bei Hitze. So gleichen sie überhöhte Temperaturen aus. Liegt das Tier jedoch schon apathisch auf der Seite und reagiert nicht mehr, ist schnelles Handeln erforderlich. Ein Hitzschlag bei einem Hund ist an einem glasigen Blick zu erkennen, oft kombiniert mit Hecheln mit gestrecktem Hals, Erbrechen, Gleichgewichtsstörungen und Bewusstlosigkeit.

Autoscheibe eingeschlagen: Wann muss ich bezahlen?


Grundsätzlich kann der Autobesitzer wegen einer eingeschlagenen Scheibe zivilrechtlich einen Schadensersatzanspruch gegen den einschreitenden Tierfreund geltend machen. Dieser beruht auf § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dessen Handeln kann jedoch auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch durch einen Notstand gerechtfertigt sein. Wer einen Gegenstand beschädigt oder zerstört, um eine dadurch drohende Gefahr von anderen abzuwenden, muss keinen Schadensersatz bezahlen.

Auch hier gilt: Die Sachbeschädigung an der Seitenscheibe muss zur Abwendung der Gefahr erforderlich sein. Es darf also keine andere Möglichkeit geben. Auch darf der entstandene Schaden nicht außer Verhältnis zur abgewendeten Gefahr stehen (§ 228 BGB).

Wie kann ich beweisen, dass eine Notlage vorlag?


Vor einem tatkräftigen Eingreifen sollten Helfer Beweise sichern, zum Beispiel Passanten als Zeugen ansprechen und mit dem Handy Fotos vom Zustand des Hundes machen. Wer eine Autoscheibe einschlagen will, sollte beweisen können, dass wirklich ein akuter Notfall vorlag. Wenn möglich, sollte also die Polizei gerufen werden.

Riskiert der Hundebesitzer eine Anzeige wegen Tierquälerei?


Ja. Auch Tierquälerei ist eine Straftat. Belässt der Hundebesitzer seinen Hund bei Hitze im Auto, kommt ein Verstoß gegen § 17 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) in Betracht. Dafür ist Voraussetzung, dass der Hund länger anhaltende Schmerzen und Leiden erduldet. Dem Hundehalter droht dann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Häufig wird ein solcher Fall jedoch als Ordungswidrigkeit nach dem Tierschutzgesetz mit einem Bußgeld geahndet.

200 Euro Geldbuße für Münchner Hundehalterin


Vom Amtsgericht München wurde 2017 eine Münchnerin zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt. Sie hatte ihren Doggen-Rottweiler-Mischling an einem warmen Septembertag ab 11 Uhr vormittags im warmen Auto gelassen. Zwar war die Scheibe einen Spalt weit offen. Trotzdem hatte der Hund beim Eintreffen der von einer Zeugin alarmierten Polizei schon Schaum vor dem Maul und hechelte stark. Laut Polizei lief ihm schon Eiter aus den Augen und er habe hyperventiliert. Der Polizist vor Ort war selbst Hundebesitzer und schätzte die Lage als ernst ein. Seine Ansicht wurde später vom Amtstierarzt bestätigt.

Hier lag die Außentemperatur bei 25 Grad im Schatten. Die Polizei öffnete das Auto, nahm den Hund mit und brachte ihn ins Tierheim. Erst fünf Stunden später tauchte die Halterin auf der nahen Polizeiwache auf. Dort bekam sie eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.

Das Gericht behandelte den Fall als Ordnungswidrigkeit nach § 18 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes. Das niedrige Bußgeld von 200 Euro begründete es damit, dass die Frau die Tat fahrlässig und nicht vorsätzlich begangen habe. Wiederholungsgefahr bestünde nicht: Die Frau habe ihren Hund im Tierheim gelassen (AG München, Urteil vom 29.11.17, Az. 1115 OWi 236 Js 193231/17).

600 Euro Bußgeld in Düsseldorf


Eine Geldbuße von 600 Euro wurde einem 82-jährigen Mann vom Ordnungsamt Düsseldorf auferlegt. Dieser hatte seinen Hund bei 27 Grad Außentemperatur in sein Auto gesperrt. Das Auto stand in der Sonne, der Hund wirkte auf die herbeigerufene Polizei apathisch und war nach tierärztlichem Gutachten kurz vor dem Hitzekollaps. Die Polizei hatte den Hund befreit. Dessen Halter war zuerst uneinsichtig. Er nahm jedoch seinen Einspruch gegen das Bußgeld am 17.10.2018 zurück, nachdem das Amtsgericht Düsseldorf sich auf die Seite des Ordnungsamtes gestellt hatte.

Hund halbtot: Gemeinnützige Arbeit


Nach einer Meldung der Hannoverschen Allgemeinen hat das Amtsgericht Hannover 2013 einen 19-Jährigen zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Er hatte auf den Pinscher-Mischlingswelpen eines Bekannten aufpassen sollen und hatte diesen 45 Minuten lang bei 28 Grad Außentemperatur in seinem Auto gelassen. In dem Fahrzeug herrschten über 40 Grad. Zeugen sahen den Hund apathisch auf der Seite liegen und riefen die Polizei. Diese schlug die Scheibe ein und schaffte den Hund ins Tierheim (HAZ vom 9.3.2013).

Hund durch Hitze tot: 4.000 Euro Bußgeld


Auch das Amtsgericht Düsseldorf musste sich mit einer Hundehalterin beschäftigen, die ihren älteren Dalmatiner im Juli über eine Stunde lang im Auto gelassen hatte. Ein Geschäftstermin hatte länger gedauert, als erwartet. Die von Passanten gerufene Feuerwehr befreite den Hund, der kaum noch den Kopf heben konnte. Zwar brachte man den Hund sofort in eine Tierklinik, dort konnte man jedoch nichts mehr tun: Der Hund konnte nur noch eingeschläfert werden. Die Hundehalterin wollte nicht einsehen, dass sie ihrem Tier unnötiges Leid zugefügt hatte. Allerdings zeigte ein Video der Passanten den Hund im Todeskampf. Das Amtsgericht bestätigte das behördliche Bußgeld gegen die Frau in Höhe von 4.000 Euro plus 303 Euro Gebühren (RP online vom 29. Mai 2019).

Welche Konsequenzen hat der Hundehalter zusätzlich zu erwarten?


Wenn die Polizei den Hund aus dem heißen Auto befreit, muss der Hundehalter damit rechnen, dass sie ihm die Einsatzkosten in Rechnung stellt. Dies ergibt sich beispielsweise aus einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Az. 12 A 10619/05). Dort hatten die Beamten einen Hund bei einer Außentemperatur von 31 Grad von dessen Aussehen her als akut gefährdet eingeschätzt. Sie zertrümmerten die Seitenscheibe des PKW mit einem Beil und stellten dem Hundehalter Einsatzkosten von 83 Euro in Rechnung. Das Gericht bestätigte: Bürgern könnten Einsatzkosten auferlegt werden, wenn diese durch ihr Verhalten einen Einsatz verursachten. Die Hundehalterin wollte dies nicht glauben. Daher musste sie schließlich auch noch die Kosten für zwei weitere Gerichtsinstanzen bezahlen.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass dem Hundehalter für die Zukunft das Halten eines Hundes verboten wird.

Herrchen auf Arbeit, Hund im Auto - ist das erlaubt?


Auch ohne Hitze gilt: Ein Auto ist kein Dauer-Aufenthaltsort für einen Hund. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Hier ging es um einen Mann, der seine Weimaraner-Hündin an vier Tagen in der Woche jeweils acht Stunden lang in seinem Auto eingesperrt hatte, während dieses vor seiner Arbeitsstelle parkte. Da sein Wohnsitz weit entfernt von der Arbeit war, kamen die Fahrtzeiten noch hinzu. Die längeren Ausführungen des Gerichts über das Tierschutzgesetz und die artgerechte Haltung sparen wir uns an dieser Stelle. Ergebnis war jedenfalls, dass der Hund hier praktisch im Auto "gehalten" wurde - und das war absolut unzulässig. Dem Mann wurde sein Tun bei Zwangsgeldandrohung mit sofortiger Wirkung verboten. Auch die Prozesskosten gingen zu seinen Lasten (18.9.2013, Az. 4 K 2822/13).

Praxistipp zum Hund im Auto bei Hitze


Sieht man einen Hund, der bei Hitze im Auto eingeschlossen ist und einen apathischen oder kranken Eindruck macht, sollte man im Zweifel besser die Polizei rufen. Diese wird die nötigen Maßnahmen ergreifen und danach auch gegen den Hundehalter vorgehen. Die Urteile der letzten Jahre zeigen, dass die Bußgelder in solchen Fällen deutlich ansteigen. Werden Sie selbst belangt, weil Sie schließlich doch eine Autoscheibe eingeschlagen haben, hilft Ihnen bei einer Strafanzeige ein Fachanwalt für Strafrecht und bei einer Schadensersatzforderung ein Rechtsanwalt für Zivilrecht.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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