Kann ich zuviel gezahlten Unterhalt zurück verlangen?

16.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Geldübergabe,Literatur Die Rückforderung von Unterhalt ist nicht einfach. © Rh - Anwalt-Suchservice

Unterhaltspflichtige bezahlen oft zu viel Unterhalt – zum Beispiel aufgrund von Rechenfehlern oder später korrigierten einstweiligen Anordnungen. Manchmal ist jedoch eine Rückforderung möglich.

Es kommt immer wieder vor, dass ein Unterhaltsanspruch falsch berechnet wird. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn die Beteiligten selbst den Trennungsunterhalt berechnen, ohne sich fachkundig beraten zu lassen. Aber: Auch ein aufgrund von einstweiligen Anordnungen eines Familiengerichts gezahlter Unterhalt stellt sich gelegentlich als überhöht heraus. Immerhin folgt die eigentliche Gerichtsverhandlung, in der der Anspruch fachkundig ermittelt und vom Gericht festgestellt wird, ja erst später. Ebenso kommt es vor, dass ein Ex-Partner stillschweigend den Wunsch verspürt, dem anderen helfen zu wollen oder sich nicht allzu geizig zu zeigen. Verhärten sich dann später im eskalierenden Rechtsstreit die Fronten, ändert mancher seine Meinung.

Ist eine Rückforderung von gezahltem Unterhalt möglich?


Man kann geforderten Unterhalt prinzipiell durchaus zurückverlangen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält mit § 812 eine Vorschrift über die sogenannte "ungerechtfertigte Bereicherung": Wer etwas ohne Rechtsgrund erhalten hat, muss es dem anderen zurückgeben. Hat also jemand etwas bezahlt, ohne dass der andere überhaupt darauf Anspruch hatte, besitzt er einen Rückforderungsanspruch.

Welche unterschiedlichen Fallkonstellationen gibt es?


Hier steckt der Teufel im Detail: Eine ungerechtfertigte Bereicherung liegt ohne Zweifel vor, wenn die Gerichtsverhandlung ergibt, dass in der vorangehenden einstweiligen Anordnung vom Ex-Partner ein zu hoher Betrag gefordert und auch bezahlt worden ist. Dann wäre eine Rückforderung des zu viel gezahlten Unterhalts möglich.

Wenn der zu viel gezahlte Unterhalt jedoch auf einem vollstreckbaren Titel beruht – etwa einem Gerichtsurteil oder einem gerichtlichen Vergleich – verhält es sich anders. Ein solcher Titel ist zunächst einmal rechtskräftig. Eine Rückforderung des Geldes ist erst möglich, wenn das Gericht ihn ändert. Erst dann entfällt die rechtliche Grundlage für den zu viel gezahlten Betrag.

§ 323 der Zivilprozessordnung erlaubt eine solche Abänderung des Titels, wenn ein Gerichtsurteil jemanden zu künftig immer wiederkehrenden Leistungen verpflichtet. Der Unterhaltsschuldner kann auf Abänderung klagen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass er zu viel bezahlt hat.

Was, wenn der gezahlte Unterhalt schon ausgegeben wurde?


Gegen eine Rückforderung von Unterhaltszahlungen wegen ungerechtfertigter Bereicherung kann der Empfänger oder die Empfängerin einwenden, dass das Geld schon verbraucht ist. Dann liegt nämlich eine sogenannte "Entreicherung" vor. Dann ist eine Rückgabe gesetzlich ausgeschlossen. Dies ist bei Unterhaltszahlungen schnell der Fall. Aber: Wer sich auf "Verbrauch" beruft, muss dies auch beweisen können.

Das Argument "alles schon weg" nützt allerdings dem oder der Betreffenden gar nichts, wenn er oder sie mit der Rückforderung rechnen musste. Dies ergibt sich aus § 818 Absatz 3 und § 819 Absatz 1 BGB. Wenn der Unterhalt allerdings durch ein Gerichtsurteil festgestellt wurde, geht man meist davon aus, dass der gezahlte Unterhalt in gutem Glauben für den Lebensunterhalt ausgegeben wurde.

Was gilt für freiwillig gezahlten Trennungsunterhalt?


Wird freiwillig Trennungsunterhalt gezahlt – also Unterhalt für die Zeit nach der Trennung und vor der eigentlichen Scheidung – ist eine weitere Besonderheit zu beachten. Das Gesetz legt nämlich für diesen Fall in § 1360b BGB fest, dass im Zweifel davon auszugehen ist, dass der Zahler keine Rückforderung beabsichtigt. Der Empfänger müsste dann also nicht mit einer Rückforderung rechnen und kann sich erfolgreich darauf berufen, das Geld schon ausgegeben zu haben.

Wann kann sich der Unterhaltsempfänger nicht auf "alles ausgegeben" berufen?


Der Einwand der Entreicherung greift ins Leere, wenn der Betreffende tatsächlich weiß, dass er keinen Anspruch auf Zahlungen in dieser Höhe hat. Dies muss er oder sie aber genau wissen. Nicht ausreichend ist es, wenn derjenige nur die Berechnungsgrundlagen des überhöhten Unterhaltsanspruchs kennt. So etwas zu beweisen, ist für die Gegenseite oft nicht einfach.

Eine bei Gericht eingereichte Klage auf Rückzahlung führt ebenfalls dazu, dass man sich nicht mehr auf "ich habe alles ausgegeben" berufen kann. Dies gilt jedoch erst von dem Tag an, an dem die Klage eingereicht wurde. Daher ist es für den Unterhaltsschuldner wichtig, möglichst schnell Klage auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Unterhaltszahlungen einzureichen.

Ist eine Aufrechnung erlaubt?


Mancher Unterhaltsschuldner denkt nun vielleicht, dass er doch einfach den Rückzahlungsanspruch mit den laufenden Unterhaltszahlungen verrechnen kann. Lässt sich so vielleicht ein gerichtliches Vorgehen vermeiden? Nein – dies ist nicht möglich. Der Grund dafür ist die beschränkte Pfändbarkeit von Unterhalt. Mit etwas, das nicht pfändbar ist, kann man in der Regel auch nicht aufrechnen (§ 394 BGB).

Zahlung des Unterhalts unter Vorbehalt oder als Darlehen?


Dem Unterhaltsverpflichteten nützt auch eine Zahlung unter Vorbehalt nichts. Sie löst nicht automatisch einen Rückforderungsanspruch aus oder lässt den Entreicherungseinwand wegfallen. Teilweise wird jedoch empfohlen, dem oder der Unterhaltsberechigten die Unterhaltszahlung von Anfang an als zins- und tilgungsfreies Darlehen anzubieten. Dabei verpflichtet sich der Unterhaltspflichtige, auf eine Rückforderung des Betrages zu verzichten, wenn das Gericht in der Hauptverhandlung bestätigt, dass die Höhe des Unterhaltsanspruchs richtig berechnet war.

Praxistipp zur Rückforderung von Unterhalt


Die Rückforderung von zu viel gezahltem Unterhalt gestaltet sich oft problematisch. Hier ist kompetente Beratung zu empfehlen – am besten bei einem erfahrenen Fachanwalt für Familienrecht.

(Wk)


 Günter Warkowski
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