Schließanlage und Schlüsselverlust - Ansprüche des Vermieters?

14.03.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (14257 mal gelesen)
Schlüsselverlust,Haustürschlüssel,Schließanlage,Schadensersatz Ein verlorener Schlüssel kann teure Folgen haben - in bestimmten Fällen. © Bu - Anwalt-Suchservice

Ein Schlüsselverlust wird meist erst bei Beendigung des Mietverhältnisses "entdeckt". Wenn der Schlüssel zu einer zentralen Schließanlage gehört, kann das für den Mieter sehr teuer werden.

Eine unangenehme Situation: Das Mietverhältnis ist beendet, der Vermieter möchte die übergebenen Schlüssel für Haus und Wohnung zurück – aber ein Schlüssel ist nicht mehr auffindbar. Verlegt, verliehen, verloren – der Verbleib ist nicht mehr zu klären. Das Problem: Mit dem Schlüssel können sich womöglich Fremde Zugang zur Wohnung verschaffen. Umso schlimmer, wenn es sich um eine Schließanlage handelt – der Schlüssel gewährt auch Zugang zum Haus. Muss der Mieter jetzt den Austausch der Schließanlage bezahlen? Oder muss er nur einen Schlüssel nachfertigen lassen? Macht der Vermieter einen Anspruch auf Schadensersatz geltend, kann es für den Mieter sehr teuer werden.

Welche Pflichten hat der Mieter?


Der Mieter hat die Pflicht, gut auf die Schlüssel aufzupassen, auch auf selbst angefertigte. Man spricht hier von einer Obhutspflicht. Der Mieter muss also die Schlüssel vor Verlust schützen. Denn sonst besteht womöglich Gefahr für das Gebäude und sein Inventar.

Als schuldhafte Verletzung der Obhutspflicht gilt es, wenn der Mieter den Schlüssel unbeaufsichtigt an einem leicht zugänglichen Ort oder sichtbar im Fahrzeuginnern liegen lässt. Dies gilt in verstärktem Maße dann, wenn auch noch eine Laptoptasche als Anreiz und Geschäftspapiere mit der Adresse des Mietobjekts danebenliegen (Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.02.2008, Az. 8 U 151/07). Im Hotel oder im Krankenhaus hat der Mieter den Schlüssel in einem gesicherten Schließfach zu verwahren – und nicht in der Nachttischschublade.

Aber: Wenn ein Taschendieb den Schlüssel aus der Tasche oder aus dem Rucksack stiehlt, wird dies dem Mieter nicht zum Vorwurf gemacht (AG Hamburg, Urteil vom 26.8.1999, Az. 47 C 178/99). Auch das Amtsgericht Berlin-Spandau hat entschieden, dass Mieter nicht verpflichtet sind, bei unverschuldetem Schlüsselverlust Schadensersatz zu leisten. Eine entsprechende Klausel im Mietvertrag ist unwirksam (Urteil vom 20.12.2012, Az. 6 C 546/12).

Allerdings gibt es einen Haken: Bei Verlust oder Diebstahl des Schlüssels muss der Mieter beweisen, dass ihn keine Schuld am Verlust des Schlüssels trifft. Dazu muss er die konkreten Umstände des Verlustes darlegen und beweisen.

Eine weitere Pflicht des Mieters besteht darin, den Vermieter unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er feststellt, dass ein Schlüssel fehlt. Denn: Der Mieter muss natürlich nicht nur mit den Schlüsseln sorgsam umgehen. Er muss auch darauf achten, dass der Mietsache insgesamt durch sein Verhalten kein Schaden entsteht - zum Beispiel, indem sich ein Fremder mit dem Schlüssel Zugang zum Haus verschafft und dort in Wohnungen einbricht oder Schäden anrichtet.

Welchen Schaden kann der Vermieter geltend machen?


Wenn sich der Mieter nicht entlasten kann, muss er dem Vermieter wegen des Schlüsselverlustes Schadensersatz leisten. Nun fragt sich natürlich, ob er den Austausch der gesamten Schließanlage oder nur einen neuen Schlüssel bezahlen muss.

Dies kann der Vermieter verlangen, wenn die Gefahr eines Missbrauchs des verlorenen Schlüssels besteht. Davon geht man aus, wenn der Verbleib des Schlüssels nicht zu klären ist, weil er wegen eines schuldhaften Verhaltens des Mieters verloren gegangen oder gestohlen wurde. Der Vermieter muss sich dabei nicht auf die Angaben des Mieters verlassen. Schließlich ist er für die Sicherheit auch der anderen Mieter im Haus verantwortlich. Kann er sich nicht sicher sein, dass der Schlüssel zerstört wurde, dass eine Zuordnung des Schlüssels zum Gebäude nicht möglich ist oder ein Missbrauch aus anderen Gründen ausscheidet, kann er den Austausch der Schließanlage auf Kosten des Mieters fordern. Das hat zum Beispiel das Landgericht Heidelberg entschieden (Urteil vom 24.06.2013, Az. 5 S 52/12).

Aber: Wenn der Schlüssel während einer Bootsfahrt in den Neckar gefallen ist, darf der Vermieter nicht vom Mieter die Kosten für den Austausch der gesamten Schließanlage verlangen (Landgericht Mannheim, Urteil vom 14.10.1976, Az. 4 S 30/76).

Darf der Vermieter Schadensersatz für fiktive Kosten fordern?


Nein. Der Vermieter darf keinen Schadensersatz für die Kosten des Austauschs der ganzen Schließanlage auf Basis eines Kostenvoranschlags verlangen, wenn er die Anlage in Wahrheit gar nicht austauschen lässt. Denn: In diesem Fall schätzt er selbst ja offensichtlich das Sicherheitsrisiko als so gering ein, dass kein Austausch erforderlich ist.

Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Fall entschieden, in dem ein Mieter beim Auszug nur einen von zwei Wohnungsschlüsseln zurückgegeben hatte. Die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft forderte daraufhin für den Austausch der Schließanlage einen Kostenvorschuss von 1.468 Euro. Allerdings war die Anlage auch nach Ausschöpfen aller Gerichtsinstanzen immer noch nicht ausgetauscht. Der BGH hielt fest: Grundsätzlich kann der Vermieter in einem solchen Fall die Kosten für den Austausch der ganzen Schließanlage verlangen. Aber nur, wenn diese tatsächlich ausgetauscht wurde, also nach dem Austausch (Urteil vom 5.3.2014, Az. VIII ZR 205/13).

Wie lange darf der Vermieter warten, bis er die Schlösser austauschen lässt?


Dafür gibt es keinen festen Zeitraum. Zu lange warten sollte der Vermieter aber nicht. Denn: Der Grund für seinen Anspruch auf Kostenerstattung sind ja Sicherheitsbedenken. Wenn er sich mit dem Austausch der Schlösser zu viel Zeit lässt, gibt er gewissermaßen dadurch zu, dass er eigentlich keine großen Sicherheitsbedenken hat.

So sprach das Amtsgericht Waren/Müritz einem Vermieter den Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Austausch einer Schließanlage ab. Seine Mieterin hatte im Juni 2013 ihren Schlüssel verloren. Er hatte aber erst im Oktober 2014 die Schlösser austauschen lassen. Dem Gericht zufolge könne er sich nach einem so langen Zeitraum nicht mehr auf Sicherheitsbedenken berufen (Amtsgericht Waren/Müritz, Urteil vom 12.10.2017, Az. 106 C 1139/15).

Was passiert, wenn der Schlüssel auf dem Postweg verschwindet?


Schickt der Mieter den Schlüssel dem Vermieter per Post zu, etwa als Einschreiben mit Rückschein, und kommt nur ein aufgeschnittener Umschlag an, haftet der Mieter. Es sei denn, er kann beweisen, dass er den Schlüssel wirklich in den Brief gesteckt und abgeschickt hat und dass der Brief beim Vermieter angekommen ist (AG Brandenburg, Urteil vom 1.9.2014, Az. 31 C 32/14).

Wann liegt ein Mitverschulden des Vermieters vor?


Der Vermieter muss den Mieter grundsätzlich darauf hinweisen, dass eine zentrale Schließanlage installiert ist und dass daher durch den Verlust eines Schlüssels ein hoher Schaden entstehen kann (§ 254 Abs. 2 BGB). Aber: Kann der Mieter die Gefahr eines hohen Schadens selbst erkennen, muss ihn der Vermieter nicht auch noch extra darauf hinweisen.

Praxistipp


In manchen Fällen zahlt die private Haftpflichtversicherung für die Kosten eines Schlüsselverlustes. Dies hängt jedoch vom Vertragsinhalt ab, denn zum Standard-Schutz einer Privathaftpflicht-Versicherung gehört dies nicht. Übrigens sind berufliche Schlüssel generell davon nicht erfasst. Wer beruflich mit Schlüsseln für größere Gebäude umgeht, kann eine spezielle Versicherung gegen Schlüsselverlust abschließen. Üblich ist dies zum Beispiel bei Lehrern.
Wenn Mieter und Vermieter über verschwundene Schlüssel in Streit geraten, kann ein Fachanwalt für Mietrecht klären, welche Ansprüche im Einzelfall bestehen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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