Schlüssel verloren: Müssen Mieter Schadensersatz zahlen?

12.06.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Schlüsselverlust,Schloss austauschen,Schließanlege,Schadensersatz Mieter müssen nicht immer zahlen, wenn ein Schlüssel verloren geht. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Meldepflicht: Der Schlüsselverlust muss dem Vermieter sofort gemeldet werden - und zwar auch bei einem einzigen Schlüssel.

2. Kostenübernahme: Der Mieter muss für den Ersatz aufkommen. Dies aber nur dann, wenn ein Sicherheitsrisiko besteht (z. B. bei einem Schließanlagenschlüssel)

3. Austausch der Schließanlage: Der Vermieter darf diese nur dann komplett austauschen lassen, wenn ein konkreter Missbrauch oder Gefahr besteht.
Eine unangenehme Situation: Das Mietverhältnis ist beendet, der Mieter zieht aus und der Vermieter möchte die übergebenen Schlüssel für Haus und Wohnung zurückhaben. Nur ist ein Schlüssel beim besten Willen nicht mehr aufzufinden. Verlegt, verliehen, verloren – der Verbleib kann nicht mehr geklärt werden. Nun ist das Problem: Mit dem Schlüssel könnten sich Fremde Zugang zur Wohnung verschaffen. Schlimmer noch: Handelt es sich um eine Schließanlage, gewährt der Schlüssel auch Zugang zum Haus. Muss der Mieter jetzt den Austausch der kompletten Schließanlage bezahlen – also neue Türschlösser und Schlüssel für das gesamte Mietshaus? Oder muss er nur seinen Schlüssel nachfertigen lassen?

Welche Pflichten hat ein Mieter beim Verlust eines Schlüssels?


Mit der Unterzeichnung des Mietvertrages übernehmen Mieter auch eine Obhutspflicht für die Mietwohnung. Das bedeutet: Sie müssen sorgsam mit der Wohnung umgehen. Dazu gehört es, den Vermieter unverzüglich zu informieren, wenn man einen Wohnungs- oder Hausschlüssel verliert. Denn immerhin könnten sich so Fremde Zugang zum Haus verschaffen.

Wann muss der Mieter Schadensersatz für einen Schlüsselverlust leisten?


Mieter müssen grundsätzlich Schadensersatz zahlen, wenn sie den Verlust des Schlüssels selbst verschuldet haben. Davon ist meist auszugehen, wenn sich ein Schlüssel bei Ende des Mietverhältnisses nicht mehr auffinden lässt. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Mieter beweisen können, dass sie nicht schuld sind am Verlust des Schlüssels. Beispielsweise dann, wenn ihnen der Schlüssel bei einem Raubüberfall abgenommen oder bei einem Einbruch in die Wohnung gestohlen wurde.

Dazu ein paar Gerichtsurteile:

Einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Spandau zufolge sind Mieter nicht dazu verpflichtet, bei einem unverschuldeten Schlüsselverlust Schadensersatz zu leisten. Wenn so etwas im Mietvertrag steht, ist diese Klausel unwirksam (Urteil vom 20.12.2012, Az. 6 C 546/12).

Wenn einem Mieter unterwegs der Wohnungsschlüssel aus seinem Rucksack gestohlen wird, ist dies nicht die Schuld des Mieters – so entschied das Amtsgericht Hamburg (Urteil vom 26.8.1999, Az. 47 C 178/99).

Gehen Mieter jedoch allzu leichtfertig mit ihren Schlüsseln um und werden diese dann gestohlen, kann dies als Verschulden der Mieter angesehen werden. Dies gilt zum Beispiel, wenn die Schlüssel sichtbar im geparkten Auto liegen, womöglich noch mit zusätzlichen Diebstahlsanreizen wie einer Laptoptasche daneben und zusammen mit Geschäftspapieren, auf denen die Adresse des Mietobjekts steht (Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.02.2008, Az. 8 U 151/07).

Schlüsselverlust: Was muss der Mieter ersetzen?


Ob der Mieter lediglich die Kosten für die Nachfertigung eines Schlüssels bezahlen muss, oder die für den Austausch der kompletten Schließanlage, hängt davon ab, ob der verschwundene Schlüssel von Fremden missbraucht werden könnte, um ins Haus zu kommen. In manchen Fällen kann man eine solche Gefahr relativ sicher ausschließen – zum Beispiel, wenn der Mieter den Schlüssel bei einer Kanutour auf dem Bodensee verloren hat und dieser jetzt bei den Fischen liegt.

Grundsätzlich gilt jedoch: Sobald die Gefahr besteht, dass Fremde den Schlüssel nutzen, um ins Haus zu kommen, kann der Vermieter den Austausch der kompletten Schließanlage auf Kosten des Mieters fordern.

Darf der Vermieter Schadensersatz für fiktive Kosten fordern?


Nein. Lässt der Vermieter die Schließanlage nicht wirklich austauschen, kann er auch keinen Schadensersatz für die Kosten des Austauschs auf Basis eines Kostenvoranschlags verlangen. Denn: Er schätzt ja offenbar das Sicherheitsrisiko selbst so gering ein, dass kein Austausch erforderlich ist. Also ist kein Schaden entstanden.

Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Fall entschieden, in dem ein Mieter beim Auszug nur einen von zwei Wohnungsschlüsseln zurückgeben konnte. Die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft forderte vom Mieter einen Kostenvorschuss von 1.468 Euro für den Austausch der Schließanlage. Allerdings war die Anlage auch nach Ausschöpfen aller Gerichtsinstanzen immer noch nicht ausgetauscht. Der BGH erklärte: Ein Vermieter könne in einem solchen Fall zwar grundsätzlich die Kosten für den Austausch der kompletten Schließanlage verlangen. Dies gelte aber nur, wenn diese auch wirklich ausgetauscht wurde, also nach dem erfolgten Austausch (Urteil vom 5.3.2014, Az. VIII ZR 205/13).

Was passiert, wenn der Schlüssel auf dem Postweg verschwindet?


Schickt ein Mieter seine Schlüssel dem Vermieter per Post zu, etwa als Einschreiben mit Rückschein, und kommt dann nur ein aufgeschnittener Umschlag an, haftet der Mieter. Ausnahme: Er kann beweisen, dass er den Schlüssel wirklich in den Brief gesteckt und abgeschickt hat und dass der Brief beim Vermieter angekommen ist (AG Brandenburg, Urteil vom 1.9.2014, Az. 31 C 32/14).

Wie lange darf der Vermieter warten, bis er die Schlösser austauschen lässt?


Dafür gibt es keinen festen Zeitraum. Der Vermieter sollte jedoch auch nicht zu lange warten. Schließlich beruht sein Anspruch auf Kostenerstattung ja auf Sicherheitsbedenken. Wenn er sich mit dem Austausch der Schlösser zu viel Zeit lässt, gibt er zu, dass er eigentlich keine großen Sicherheitsbedenken hat.

Aus diesem Grund sprach das Amtsgericht Waren/Müritz einem Vermieter den Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Austausch seiner Schließanlage ab. Eine Mieterin hatte im Juni 2013 ihren Schlüssel verloren. Der Vermieter hatte erst im Oktober 2014 die Schlösser austauschen lassen. Das Gericht entschied, dass er sich nach einem derart langen Zeitraum nicht mehr auf Sicherheitsbedenken berufen könne. Die Mieterin musste daher die Kosten nicht tragen (Amtsgericht Waren/Müritz, Urteil vom 12.10.2017, Az. 106 C 1139/15).

Müssen Mieter auch den Einbau einer provisorischen Schließanlage bezahlen?


Ja – sagt das Oberlandesgericht Dresden. In diesem Fall waren beschriftete Technikschlüssel zu einer Eigentums-Wohnanlage aus einem PKW gestohlen worden. Diese ermöglichten den Zugang zum Haus. Laut Gerichtsurteil konnte die Eigentümergemeinschaft hier sowohl Kostenersatz für den Einbau einer neuen Schließanlage verlangen als auch für den schnelleren Einbau einer provisorischen Schließanlage vor dem endgültigen Einbau. Denn: Hier bestand eine konkrete Gefahr des Missbrauchs der beschrifteten Schlüssel. Immerhin musste bei dem Schadensersatzanspruch ein Abzug "neu für alt" vorgenommen werden. Dieser betrug vier Prozent der Anschaffungskosten pro Jahr der Nutzung (Urteil vom 20.8.2019, Az. 4 U 665/19).

Wann zahlt die Privathaftpflicht des Mieters für Schlüsselverlust?


Eine private Haftpflichtversicherung zahlt für die Kosten eines Schlüsselverlustes, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Dies ist nicht immer der Fall. Oft muss dafür ein besonderer Vertragsbaustein abgeschlossen werden. Zur Grundausstattung einer Privathaftpflichtversicherung gehört ein solcher Schaden nicht. Auch berufliche Schlüssel sind davon nicht umfasst. Gerade Personen, die beruflich mit Schlüsseln für größere Gebäude umgehen, können und sollten daher eine spezielle Versicherung gegen Schlüsselverlust abschließen.

Praxistipp zum Schlüsselverlust


Der Austausch einer Schließanlage kann mehrere tausend Euro kosten. Bei einem Streit zwischen Mieter und Vermieter über verschwundene Schlüssel kann ein Fachanwalt für Mietrecht klären, welche Ansprüche im konkreten Fall bestehen.

(Bu)


 Stephan Buch
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