Besuchsrecht nach Scheidung: Wann dürfen Eltern ihr Kind sehen?

14.06.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Kind,Vater,Haustür,Umgangsrecht Umgangsrecht: Kein einfaches Thema nach einer Trennung © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Wohl des Kindes: Das Umgangsrecht wird grundsätzlich im besten Interesse des Kindes geregelt. Beide Elternteile haben das Recht und die Pflicht, Kontakt zu ihrem Kind zu halten, sofern dies dem Wohl des Kindes dient.

2. Flexible Gestaltung: Die Umgangsregelung kann variieren und ist oft flexibel gestaltet, um den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht zu werden. Sie kann regelmäßige Besuche, Ferienaufenthalte oder auch nur telefonischen Kontakt umfassen.

3. Gerichtliche Regelung: Wenn sich die Eltern nicht einigen können, kann das Familiengericht eine Umgangsregelung festlegen. Hierbei werden Faktoren wie das Alter des Kindes, die Bindung zu den Eltern und die bisherige Betreuungsstruktur berücksichtigt.
Heute werden viele Ehen geschieden. Haben die Partner Kinder, taucht schnell die Frage auf, bei wem diese nun bleiben sollen. Derjenige Partner, bei dem die Kinder nicht wohnen, darf laut Gesetz mit seinen Kindern Zeit verbringen. Einzelheiten regeln oft Vereinbarungen der Eheleute oder - im Streitfall - das Familiengericht. Und: Streit gibt es häufig, da viele Eltern ihre Probleme untereinander auf das Kind übertragen. Auch kommt es vor, dass das Kind als Druckmittel gegen den (Ex-) Partner eingesetzt wird - leider oft zum Nachteil des Kindes.

Was ist das Besuchsrecht bzw. Umgangsrecht?


Das Besuchsrecht bezeichnet man rechtlich korrekt als das Umgangsrecht. Gesetzlich geregelt ist das Umgangsrecht in § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Aber: Das Umgangsrecht ist nicht in erster Linie ein Recht eines Elternteiles. Stattdessen ist es eher ein Recht des Kindes. Es gibt dem Kind nämlich das Recht zum Umgang mit seinen beiden Elternteilen.

Laut Gesetz ist jeder Elternteil zum Umgang mit seinem Kind sowohl berechtigt als auch verpflichtet. Hierbei ist es vollkommen egal, ob die Eltern verheiratet, getrennt oder geschieden sind.

Bedauerlicherweise kommt es oft zum Streit über die nähere Ausgestaltung des Umgangsrechts: Wie oft darf der andere Elternteil das Kind sehen? Was gilt an Feiertagen? Was gilt an Weihnachten und Ostern? Darf man das Kind an dessen Geburtstag oder an seinem eigenen Geburtstag mal außer der Reihe sehen? Was ist, wenn man mit dem Kind zu einer besonderen Veranstaltung will, die nicht in den vereinbarten Zeitrahmen fällt? In einem solchen Streitfall muss man sich entweder einigen, oder das Familiengericht muss über die nähere Ausgestaltung des Umgangsrechts entscheiden. Generell gilt: Die Eltern müssen alles unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung des Kindes erschwert.

Was ist der Sinn und Zweck des Umgangsrechtes?


Das Umgangsrecht hat den Sinn und Zweck, einer Entfremdung zwischen dem Kind und dem Elternteil vorzubeugen, bei dem es nicht wohnt. Tatsächlich hat der Gesetzgeber ganz bewusst nicht den Begriff "Besuchsrecht" benutzt, weil es nicht nur um gelegentliche Besuche geht. Schließlich soll der andere Elternteil, meist der Vater, die Möglichkeit haben, eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Und zwar durchaus auch gegen den Willen des anderen Elternteils. Sowohl die Gerichte als auch der Gesetzgeber gehen nämlich davon aus, dass ein Kind für eine normale Entwicklung beide Elternteile braucht.

Das Umgangsrecht gibt es nicht nur für leibliche Eltern. Auch ein sogenannter "sozialer Vater" kann ein Umgangsrecht haben. So bezeichnet man einen nicht leiblichen Vater, der bis zur Trennung mit dem Kind zusammen in einem Haushalt gelebt hat, der es erzogen und für das Kind im täglichen Leben Verantwortung übernommen hat. Und: Das Umgangsrecht hängt nicht davon ab, ob der betreffende Elternteil Unterhalt zahlen muss.

Was unterscheidet Umgangsrecht und Sorgerecht?


Das Umgangsrecht ermöglicht es dem jeweiligen Elternteil, das Kind an bestimmten Tagen zu sich zu holen, mit ihm etwas zu unternehmen oder es an Feiertagen zu besuchen. Die Einzelheiten werden durch eine besondere Umgangsregelung zwischen den Eltern geregelt.

Viel umfassender ist das Sorgerecht. Es gibt einem Elternteil das Recht, über die Angelegenheiten des Kindes zu entscheiden. Dies umfasst persönliche Angelegenheiten (Personensorge) und finanzielle Dinge (Vermögenssorge). Treffen die Eltern oder das Gericht keine besondere Regelung, durch die ein Elternteil das Sorgerecht ganz oder zum Teil alleine ausübt, haben beide das Sorgerecht für ihr Kind gemeinsam inne. Dies gilt auch nach der Scheidung. Das heißt: Der Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt, muss an wichtigen Entscheidungen etwa über Auslandsreisen oder Operationen des Kindes beteiligt werden.

Wann darf das Umgangsrecht verweigert werden?


Das Umgangsrecht selbst hängt nicht davon ab, dass besondere Voraussetzungen erfüllt werden. Allerdings gibt es viele Rechtsstreitigkeiten, weil ein Elternteil dem anderen den Umgang mit dem Kind nicht erlauben will. Unterbunden werden kann dieser jedoch nur in bestimmten Ausnahmefällen, wenn (objektiv betrachtet!) das Wohl des Kindes in Gefahr ist.

Ausgesetzt werden darf das Umgangsrecht nur durch das Familiengericht. Die Gründe für eine solche Entscheidung können zum Beispiel körperliche Misshandlungen des Kindes durch den Elternteil sein. In aller Regel reicht es nicht aus, eine Gefahr des sexuellen Missbrauchs zu behaupten. Denn: Dieses Argument hören Gerichte allzu oft. Auch eine Entführungsgefahr muss schon glaubhaft begründet werden. Dass der Vater aus einem muslimischen Land stammt, reicht als Begründung nicht aus. Ebenso stellen Alkohol- oder Drogensucht für sich genommen noch keinen ausreichenden Grund dar, einem Elternteil den Umgang mit seinem Kind zu untersagen.

In bestimmten Fällen ist es möglich, den Umgang eines Elternteils mit dem Kind stufenweise einzuschränken. Das Familiengericht kann zum Beispiel festlegen, dass der Kontakt nur noch im Beisein einer Begleit- oder Betreuungsperson stattfindet.

Ansteckende Krankheiten können nur dann als Grund für eine Einschränkung des Umgangsrechts herhalten, wenn es nicht möglich ist, das Kind davor zu schützen. Auch hier kann eine Begleitung als Lösung in Frage kommen.

Wie gestaltet man das Umgangsrecht sinnvoll?


Das Familiengericht regelt das Umgangsrecht nur dann im Detail, wenn sich die Eltern selbst nicht einigen können. Eine typische Umgangsregelung ist etwa, dass der Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt, dieses an jedem zweiten Wochenende von Freitag 18 Uhr bis Sonntag 18 Uhr zu sich holen darf. Auch darf er sich mit dem Kind an den zweiten Feiertagen zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten und an seinem Geburtstag treffen und mit ihm einmal jährlich eine Ferienreise von drei Wochen Dauer unternehmen.

Einige Vereinbarungen geben beiden Elternteilen auch die Möglichkeit, außer jedem zweiten Wochenende die Hälfte der Schulferien und die Hälfte der gesetzlichen Feiertage mit dem Kind zusammen zu verbringen. Dies wird das "Hamburger Modell" genannt.

Das Problem der "großen" Feiertage wie Weihnachten oder Ostern kann so gelöst werden, dass das Kind diese abwechselnd bei dem einen oder dem anderen Elternteil verbringt. Wichtig ist, dass der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, nicht einseitig über das Umgangsrecht und dessen Umfang entscheidet. Hier müssen beide Elternteile ein Einvernehmen erzielen. Ansonsten handelt es sich um einen Fall für das Gericht. Ein Prozess um das Umgangsrecht belastet dann jedoch meist die Beziehung der Eltern und die Psyche des Kindes noch mehr. Wohnen die Eltern weit auseinander, können besondere Regelungen nötig sein. Der persönliche Kontakt zum Kind kann und soll zusätzlich durch Kontakte per Telefon oder Internet ergänzt werden.

Was ist das paritätische Wechselmodell?


Bei dieser Umgangsregelung verbringen beide Elternteile je die Hälfte der Umgangszeit mit dem Kind. Das Kind lebt also zu 50 Prozent bei dem einen und zu 50 Prozent bei dem anderen Elternteil. Natürlich setzt ein solches Modell eine hohe Kooperationsfähigkeit zwischen den Elternteilen voraus. Trotzdem kann laut Bundesgerichtshof das paritätische Wechselmodell sogar gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden, wenn es im konkreten Fall dem Kindeswohl am besten entspricht. Vor einer Entscheidung muss das Gericht grundsätzlich auch das Kind anhören. Dies ist jedoch in Verfahren dieser Art ohnehin üblich (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1.2.2017, Az. XII ZB 601/15).

Kann man einem Elternteil vorschreiben, wo er sich mit den Kindern trifft?


Gesetzlich geregelt ist diese Frage nicht. Meist geht man davon aus, dass das Umgangsrecht überwiegend in der Wohnung des Elternteils ausgeübt wird, der es wahrnimmt. Hier besucht also das Kind den Elternteil. Das Kind kann so die Lebensumstände des anderen Elternteils kennenlernen und Zeit mit diesem verbringen, ohne dass der Elternteil, bei dem es wohnt, diesen Kontakt kontrollieren oder beeinflussen kann. Einschränkungen sind möglich bei sehr kleinen Kindern, beispielsweise, wenn diesen keine langen Autofahrten zumutbar sind. Abhängig von der Jahreszeit kann das Umgangsrecht aber auch durch Ausflüge wie etwa Zoobesuche ausgeübt werden.

Was passiert, wenn sich die Eltern nicht einigen können?


Können sich die Eltern beim Umgangsrecht nicht einigen, muss das Familiengericht den Umgang mit dem Kind regeln. Verbindliche Regelungen oder Einschränkungen des Umgangsrechts kann nur das Gericht beschließen. Bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt, kann zuerst der Versuch gemacht werden, das Jugendamt oder einen Mediator zwischen den Eltern vermitteln zu lassen.

Bei einem Gerichtsverfahren um das Umgangsrecht wird das Jugendamt generell beteiligt. Es führt zuvor Gespräche mit den Eltern und gibt gegenüber dem Familiengericht eine Stellungnahme ab. Das Gericht strebt zunächst eine einvernehmliche Lösung an. Ist diese nicht möglich, entscheidet es selbst über eine Umgangsregelung. Dabei kann es auch den Umfang oder die Zeiten des Umgangs bestimmen oder festlegen, dass immer eine Begleitperson dabei sein muss.

Wann kann das Umgangsrecht ausgeschlossen sein?


Ein kompletter Ausschluss des Umgangsrechts ist höchstens bei einer nachgewiesenen konkreten Gefährdung des Kindeswohls möglich. Nur im Ausnahmefall wird das Familiengericht einem Elternteil ganz den Umgang mit seinem Kind versagen. Zuvor wird meist ein kinderpsychologisches Gutachten eingeholt. Häufig wird der Umgang nur befristet untersagt.

Praxistipp zum Umgangs- und Besuchsrecht


Alles, was mit dem Umgangsrecht mit den Kindern nach der Trennung der Eltern zu tun hat, weckt meist viele Emotionen - und das bei Menschen, die sich gerade trennen, weil sie den Umgang miteinander nicht mehr ertragen. Eine einverständliche Regelung per Vereinbarung ist die beste Lösung. Dabei kann eine Beratung bei einem Anwalt, der sich auf das Familienrecht spezialisiert hat, helfen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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