Kein Erbe, keine Kündigung?

18.04.2016, Autor: Frau Kerstin Prange / Lesedauer ca. 2 Min. (282 mal gelesen)
Schlagen die Erben die Erbschaft wegen Überschuldung aus, können Vermieter eine Nachlasspflegschaft beantragen um gegenüber dem Nachlasspfleger das Mietverhältnis zu kündigen.

Ein Mieter ist mit mehreren Mieten im Rückstand und verstirbt. Eine traurige Situation für die Angehörigen, die für die Angehörigen und den Vermieter zu erheblichen Problemen führen kann.

Schuldet der Mieter seinem Vermieter mehrere Monatsmieten, so hinterlässt er seinen Erben meist auch noch eine Reihe anderer Verbindlichkeiten. Der Nachlass wird in diesen Fällen meist überschuldet sein. Da die Schulden des Verstorbenen auf die Erben übergeben, wegen der Überschuldung aber nicht aus dem Nachlass gezahlt werden können, werden die infrage kommenden Erben nach und nach die Erbschaft ausschlagen, um die Schulden nicht aus ihrem eigenen Vermögen begleichen zu müssen.

Eine sehr missliche Situation für den Vermieter. Dieser kann letztlich nur abwarten und darauf hoffen, dass ein Erbe die Ausschlagungsfrist versäumt, damit Erbe wird und der Vermieter das Mietverhältnis sodann gegenüber diesem Erben kündigen und die Wohnung räumen kann. Bis es so weit ist, können aber Monate, wenn nicht Jahre vergehen. Wie kann dem Vermieter geholfen werden?

Nachlasspflegschaft auch bei überschuldetem Nachlass

Das OLG Zweibrücken hat in seiner Entscheidung vom 7.5.2015 (8 W 49/15) klargestellt, dass der Vermieter auch bei einem vermögenslosen Mieter eine sogenannte Nachlasspflegschaft gemäß § 1961 BGB beantragen kann. Diese Möglichkeit bestehe auch dann, wenn der Nachlass überschuldet und voraussichtlich dürftig ist.

Denn in den allermeisten Fällen stellen sich die Nachlassgerichte bei einem überschuldeten Nachlass auf den Standpunkt, dass eine Nachlasspflegschaft nicht eingerichtet werde, da mangels Nachlassmasse ein Sicherungsbedürfnis nicht bestehe. Mit den Oberlandesgerichten Dresden (FamRZ 2010, 1114) und OLG München (FamRZ 2012, 1420) hat das OLG Zweibrücken nun klargestellt, dass nach § 1961 BGB eine Nachlasspflegschaft eingerichtet werden muss, wenn Ansprüche gegen den Nachlass geltend gemacht werden sollen. Ein Sicherungsbedürfnis ist damit in diesen Fällen nicht Voraussetzung für die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft.

Unser Tipp für Sie als Vermieter

Verstirbt Ihr Mieter und schlagen die Erben die Erbschaft aus, beantragen Sie mit Hilfe eines auf Erbrecht spezialisierten Anwalts unter Hinweis auf diese Rechtsprechung eine Nachlasspflegschaft. Nach Einrichtung der Nachlasspflegschaft können Sie sodann das Mietverhältnis wegen der Rückstände gegenüber dem Nachlasspfleger fristlos kündigen und den Räumungsanspruch durchsetzen.

Unser Tipp für Sie als Angehörigen des überschuldeten Mieters

Achten Sie darauf, dass Sie die Erbschaft nicht aus Versehen, durch sogenanntes schlüssiges Verhalten annehmen. Räumen Sie zum Beispiel die Wohnung des Verstorbenen, um damit dem Vermieter einen Gefallen zu tun, kann es passieren, dass dieses Verhalten als Annahme der Erbschaft gewertet wird und Sie die Erbschaft nicht mehr ausschlagen können. Sie müssten dann als Erbe unter Umständen sämtliche Schulden des Verstorbenen einschließlich der rückständigen Miete zahlen.

Nehmen Sie daher, wenn Sie erfahren, dass Sie als Erbe eines überschuldeten Nachlasses in Frage kommen, unverzüglich Kontakt zu einem auf das Erbrecht spezialisierten Anwalt auf, um eine voreilige Annahme der Erbschaft zu vermeiden und die Erbschaft rechtzeitig - innerhalb von 6 Wochen - wirksam auszuschlagen.

Kerstin Prange
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