Patchworkfamilien: Rechtliche Besonderheiten von Adoption bis Erbrecht

22.09.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Patchworkfamilie Welche rechtlichen Besonderheiten gibt es bei Patchworkfamilien? © - freepik

In Patchworkfamilien gibt es einige rechtlichen Besonderheiten hinsichtlich Erbrecht, Sorgerecht, Namensänderung und Adoption. Was es konkret damit auf sich hat, lesen Sie in diesem Rechtstipp.

Die Anzahl der Patchworkfamilien steigt. Denn: Immer mehr Menschen finden einen neuen Partner, der schon Kinder aus einer früheren Beziehung hat. Häufig bringen sogar beide Partner Kinder in die neue Verbindung mit. Natürlich treten dabei auch rechtliche Fragen auf, um die man sich kümmern sollte, damit das Zusammenleben reibungslos läuft.

Was bedeutet der Begriff Patchworkfamilie?


Circa 14 Prozent der deutschen Haushalte sind Patchworkfamilien. Zum Beispiel kann es vorkommen, dass eine Frau nach der Scheidung die Kinder behält, sich mit einem alleinerziehenden Vater zusammentut und beide dann auch ein gemeinsames Kind bekommen. Dann spricht man von einer Patchworkfamilie. Aber auch Pflegefamilien, Familien mit Adoptivkindern und gleichgeschlechtliche Paare mit adoptierten Kindern werden zum Teil zu den Patchworkfamilien gezählt.

Welche rechtlichen Fragen sind besonders relevant?


Rechtliche Fragen kann eine Patchworkfamilie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Erbrecht aufwerfen. Ein Grund dafür: Stiefkinder und Stiefeltern gelten nur als verschwägert. Sie sind rechtlich gesehen keine Verwandten und damit nicht erbberechtigt. Die Themen Unterhalt und Sorgerecht halten weitere Fallstricke bereit. So gibt es keinen Unterhaltsanspruch von Kindern gegen ihre Stiefeltern. Das gemeinsame Sorgerecht der leiblichen Eltern besteht in der Regel nach der Trennung weiter. Das bedeutet: Die beiden leiblichen Elternteile müssen sich bei allen wichtigen Entscheidungen ihr Kind betreffend einigen, etwa über die Teilnahme an Klassenfahrten, das Beantragen eines Ausweises oder eine größere medizinische Behandlung oder eine Fernreise. Der neue Partner bzw. die neue Partnerin, die täglich mit dem Kind zu tun hat, hat nichts zu sagen. Nicht zuletzt kann sogar der Familienname Probleme machen. Auch, wenn die neuen Partner heiraten und den Namen von einem der Partner als Familiennamen verwenden, behalten die Kinder des anderen Partners nämlich ihren Geburtsnamen.

Was gilt für Patchworkfamilien hinsichtlich des Erbrechts?


Das erbrechtliche Problem kann man mithilfe eines Testaments angehen. So kann man auch den Kindern des Partners etwas vererben, ohne mit ihnen verwandt zu sein. Allerdings kann Verwandtschaft auch mit Hilfe einer Adoption hergestellt werden. Adoptivkinder sind gesetzliche Erben wie leibliche Kinder. Aber: Je komplizierter die Familienverhältnisse sind, desto mehr empfiehlt es sich, sich nicht auf die gesetzliche Erbfolge zu verlassen und – am besten mit fachkundiger Beratung – ein Testament aufzusetzen.

Wie verhält es sich mit dem Sorgerecht?


Wenn die leiblichen Eltern eines Kindes das gemeinsame Sorgerecht haben, ändern daran eine Scheidung und neue Eheschließung erst einmal nichts. Es muss also bei jeder Entscheidung der Expartner hinzugezogen werden. Der Stiefelternteil darf keine Entscheidungen treffen – nicht einmal unwichtige. Immerhin besteht die Möglichkeit, dass die leiblichen Eltern dem Stiefelternteil eine Vollmacht geben. Diese kann auch auf Alltagsentscheidungen beschränkt sein. Dies kann das alltägliche Zusammenleben in der Patchworkfamilie sehr erleichtern. Wenn der leibliche Elternteil des Kindes, der eine neue Beziehung eingeht, das alleinige Sorgerecht hat, ist die Lage einfacher. Hier gewährt das Gesetz dessen neuem Ehepartner (oder eingetragenem Lebenspartner) das "kleine Sorgerecht".

Patchworkfamilien: Was ist das kleine Sorgerecht?


Beim kleinen Sorgerecht hat der neue Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner im Einvernehmen mit dem allein sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis, in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes mitzuentscheiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 LPartG, § 1687b BGB). Dies gilt jedoch nur, wenn der neue Lebenspartner im gleichen Haushalt lebt, wie das Kind. Bei Angelegenheiten des kleinen Sorgerechts muss Einvernehmen zwischen den Partnern der Patchworkfamilie herrschen. Der neue Partner kann zwar in alltäglichen Angelegenheiten das Kind allein vertreten. Er oder sie ist jedoch vom Einvernehmen des leiblichen Elternteils abhängig, welches jederzeit widerrufen werden kann.

Es gibt jedoch daneben auch ein Notsorgerecht: Im Notfall darf der neue Partner alle Rechtshandlungen vornehmen, die zum Wohl des Kindes nötig sind. Er hat jedoch den allein sorgeberechtigten Elternteil unverzüglich zu informieren. Dieses Notsorgerecht besteht allein bei Gefahr im Verzug, zum Beispiel bei einer dringend notwendigen ärztlichen Behandlung.

Patchworkfamilie und Namensänderung?


Das oben genannte Problem des Familiennamens in Patchworkfamilien kann man lösen, indem man eine sogenannte Einbenennung nach § 1618 des Bürgerlichen Gesetzbuches vornimmt. Dabei geben der leibliche Elternteil und der neue Ehepartner dem Kind durch eine Erklärung vor dem Standesamt ihren Ehenamen oder fügen diesen dem Geburtsnamen des Kindes hinzu.

Welche Folgen hat die Adoption eines Stiefkindes?


Wer in einer Patchworkfamilie ein Stiefkind adoptieren möchte, benötigt dafür auch die Zustimmung des leiblichen Elternteils, der mit dem Kind nicht mehr zusammenlebt. Bei einer solchen Adoption wird das Stiefkind rechtlich zum Kind des neuen Ehepaares. Alle rechtlichen Beziehungen zum leiblichen Elternteil, von dem sich Vater oder Mutter getrennt haben, erlöschen. Dies gilt auch für dessen Familie, also zum Beispiel die Großeltern und betrifft auch Erbansprüche.

Praxistipp zur Patchworkfamilie


Das Leben in einer Patchworkfamilie hält einige rechtliche Besonderheiten bereit, die gut durchdacht sein sollten. Dabei geht es insbesondere um das Erbrecht, das Sorgerecht, die Namensänderung und die Adoption. Ein auf das Familienrecht spezialisierter Anwalt kann Ihnen dabei helfen, Ihre Rechtsverhältnisse in die gewünschte Richtung zu ordnen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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