Arbeitsschutzkleidung / Berufskleidung: Was gilt für Arbeitnehmer?

25.01.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (1247 mal gelesen)
Arbeitschutzbekleidung,Berufsbekleidung Welche Regeln gelten für Berufs- und Arbeitsschutzbekleidung? © - freepik

Gründe für Bekleidungsregeln am Arbeitsplatz sind oft der Arbeitsschutz oder ein einheitliches Äußeres der Arbeitnehmer. Was müssen Arbeitnehmer diesbezüglich beachten?

In vielen Berufen schreiben Arbeitgeber eine besondere Berufskleidung vor. Häufig erfordern aber auch gesetzliche Arbeitsschutzvorschriften eine besondere Schutzkleidung. Diese soll Arbeitnehmer vor Verletzungen und berufsbedingten Erkrankungen schützen.

Was zählt zur Arbeitsschutzkleidung?


In vielen Berufen ist es wichtig, sich durch Schutzkleidung vor möglichen Gefahren zu schützen. Von Schutzkleidung spricht man zum Beispiel bei auf die jeweilige Situation abgestimmten Arbeitshandschuhen, Sicherheitsschuhen, Schutzbrillen, Gehörschutz, Atemschutzmasken, Helmen, Laborkitteln oder Schutzanzügen.

Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es zur Schutzkleidung?


Arbeitgeber müssen nach § 3 des Arbeitsschutzgesetzes alle erforderlichen Maßnahmen treffen, damit ihre Mitarbeiter bei ihrer Tätigkeit nicht verletzt werden oder berufsbedingt erkranken. Man unterscheidet zwischen technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen. Schutzkleidung gehört zu den persönlichen Schutzmaßnahmen. Allerdings gehen die beiden anderen Maßnahmenarten vor. Erst, wenn hier alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann das Problem durch Schutzkleidung angegangen werden. Die Kosten für vorgeschriebene Schutzkleidung muss der Arbeitgeber übernehmen.

Welche vertraglichen Pflichten bestehen?


Auch aus dem Arbeitsvertrag hat der Arbeitgeber eine allgemeine Fürsorgepflicht für seine Arbeitnehmer. Dazu gehört der Schutz der Arbeitnehmer vor Gefahren und Unfällen durch geeignete Schutzmaßnahmen. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen enthalten oft ebenfalls Regelungen über Schutzkleidung am Arbeitsplatz.

Gibt es konkrete Regeln für einzelne Berufe?


Jeder Beruf hat seine eigenen Anforderungen hinsichtlich der Arbeitsschutzbekleidung. Es gibt für mehrere Berufe oder Branchen Normen, die regeln, welche Schutzkleidung im Einzelnen bei welcher Arbeit zu tragen ist. Zwar sind europäische oder DIN-Normen kein Gesetz. Gibt es jedoch keine konkreteren gesetzlichen Vorschriften dazu, ziehen Gerichte auch diese Regelungen als Maßstab dessen heran, was im jeweiligen Fall sinnvoll und erforderlich ist.

Ein Beispiel ist die Norm EN 13034 Typ 6. Bei ihr geht es um den begrenzten Schutz bei Arbeiten mit flüssigen Chemikalien. Auch die Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung veröffentlichen Informationen für die einzelnen Branchen, in denen bestimmte Schutzmaßnahmen empfohlen werden.

Welche Folgen drohen bei Nichtbeachtung?


Wenn aufgrund der Nichtbeachtung von erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen ein Unfall passiert, kann die Berufsgenossenschaft den Arbeitgeber wie auch den direkten Vorgesetzten des Mitarbeiters für die von ihr gezahlten Behandlungskosten in Regress nehmen. Auch Bußgelder können verhängt werden. Unter Umständen kann der Arbeitnehmer mit einer Schadensersatzklage erfolgreich sein.

Bei Körperverletzungen und Todesfällen kann sich der Verantwortliche strafbar gemacht haben. Verzichten Arbeitnehmer selbst auf Schutzkleidung, riskieren sie unter dem Aspekt des Mitverschuldens anteilige Regressforderungen der Berufsgenossenschaft. Auch eine Streichung von Leistungen, wie etwa einer Berufsunfähigkeitsrente, ist möglich. Nicht zuletzt drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Hier kommt es auf arbeitsvertragliche Regelungen und die im Einzelfall erteilten Weisungen an.

Was gilt hinsichtlich Berufskleidung?


Unterscheiden muss man Schutzkleidung und reine Berufskleidung. Einige Branchen haben einen klaren "Dresscode" – zum Beispiel den dunklen Anzug für Banker. In anderen wird üblicherweise ein uniformierter Arbeits-Outfit vorgeschrieben (Sicherheitsdienst-Uniform, einheitliche Arbeitskleidung im Schnellrestaurant). Der Arbeitsvertrag kann entsprechende Regelungen treffen. Auch kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes eine bestimmte Kleidung vorschreiben. Beim Thema Arbeitskleidung hat jedoch auch der Betriebsrat ein Wort mitzureden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz). Und: Die Kleidung muss den Arbeitnehmern auch zumutbar sein.

Wer trägt die Anschaffungskosten für Berufskleidung?


Grundsätzlich trägt der Arbeitnehmer die Anschaffungskosten für Arbeitskleidung. Wenn es sich um typische Berufskleidung handelt, die man im privaten Bereich nicht tragen kann, lassen sich diese Kosten auch als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Zum Teil können Arbeitnehmer jedoch vom Arbeitgeber die Übernahme der Kosten für die Berufs- bzw. Arbeitskleidung fordern. Dies kann arbeits- oder tarifvertraglich festgelegt sein. Auch trägt der Arbeitgeber die Kosten, wenn gesetzliche Regeln das Tragen von Arbeitsschutzbekleidung vorschreiben oder eine entsprechende betriebliche Übung besteht, also ein Gewohnheitsrecht aus jahrelanger Praxis.

Arbeitskleidung: Wer zahlt die Reinigungskosten?


Wenn der Arbeitgeber mit der Reinigung der Berufskleidung einer gesetzlichen Pflicht nachkommt, trägt er die Reinigungskosten und kann diese nicht vom Arbeitnehmer erstattet verlangen. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG). In diesem Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der im Schlachtbereich eines Schlachthofes tätig war. Dort stellte der Arbeitgeber den Arbeitnehmern weiße Hygienekleidung zur Verfügung. Es gab keine besondere Vereinbarung über das Thema Arbeitskleidung. Der Chef zahlte zwar die Anschaffung der Kleidung, zog den Mitarbeitern jedoch monatlich 10,23 Euro als Reinigungskosten vom Nettolohn ab.

Dies sei unzulässig, entschied das BAG. Bei seiner Entscheidung orientierte sich das Gericht an § 670 BGB. Die Reinigungskosten seien von demjenigen zu tragen, in dessen Interesse eine Tätigkeit oder Handlung stattgefunden habe. Hier habe der Arbeitgeber die Kosten für die Reinigung nicht im Interesse des Arbeitnehmers bezahlt, sondern in seinem eigenen Interesse. Sowohl EU-weit als auch in Deutschland existieren nämlich Verordnungen über Lebensmittelhygiene (VO (EG) Nr. 852/2004 vom 29. April 2004, AVV Lebensmittelhygiene). Diese schreiben für Menschen, die in lebensmittelverarbeitenden Bereichen arbeiten, saubere und geeignete Hygienekleidung vor. Geeignet bedeutet: Die Hygienekleidung muss hell, leicht waschbar und sauber sein und die persönliche Kleidung vollständig bedecken. (Urteil vom 14. Juni 2016, Az. 9 AZR 181/15)

Zählt das Umziehen zur Arbeitszeit?


Dem Bundesarbeitsgericht zufolge ist Umkleidezeit bezahlte Arbeitszeit – zumindest dann, wenn der Arbeitgeber vorschreibt, dass Berufskleidung getragen werden muss und dass man sich im Betrieb umzuziehen hat. Der verhandelte Fall betraf eine Krankenschwester (Az. 5 AZR 678/11). Diese musste erst bei Eintreffen im Krankenhaus die blaue Schwesternkleidung anziehen. Bei Antritt ihres OP-Dienstes im Operationsbereich des Krankenhauses musste sie dann erneut in die OP-Kleidung wechseln – ein Zeitaufwand von 30 Minuten täglich.

Praxistipp zu Arbeitsschutz- und Berufsbekleidung


Sie sind sich nicht sicher, ob die von Ihrem Arbeitgeber vorgegebenen Regeln zur Berufs- oder Arbeitsschutzbekleidung rechtlich in Ordnung sind? Oder Sie streiten sich mit dem Chef darum, wer Kosten für Berufskleidung zu tragen hat oder ob Umkleidezeiten zu vergüten sind? Ein Anwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht kann Sie dazu beraten und Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte helfen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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