Toilettenverbot für Schüler und Studenten?
26.05.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Verstoß gegen Schulrecht: Ein pauschales Toilettenverbot kann gegen die schulrechtliche Fürsorgepflicht verstoßen. Schulen sind verpflichtet, das körperliche Wohl der Schüler zu schützen.
2. strafrechtliche Relevanz: Wird der Toilettengang verweigert und führt dies zu gesundheitlichen Schäden, kann im Einzelfall der Tatbestand der Körperverletzung oder auch Nötigung in Betracht kommen.
3. Erziehungsmaßnahme: Pädagogisch motivierte Einschränkungen (z. B. bei Störungen) sind nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig sind und individuelle Bedürfnisse berücksichtigt werden.
1. Verstoß gegen Schulrecht: Ein pauschales Toilettenverbot kann gegen die schulrechtliche Fürsorgepflicht verstoßen. Schulen sind verpflichtet, das körperliche Wohl der Schüler zu schützen.
2. strafrechtliche Relevanz: Wird der Toilettengang verweigert und führt dies zu gesundheitlichen Schäden, kann im Einzelfall der Tatbestand der Körperverletzung oder auch Nötigung in Betracht kommen.
3. Erziehungsmaßnahme: Pädagogisch motivierte Einschränkungen (z. B. bei Störungen) sind nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig sind und individuelle Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Warum ein Toilettenverbot für Schüler oder Studenten? Sind Toilettenverbote mit Menschenrechten und Grundgesetz vereinbar? Welche Straftatbestände kommen in Betracht? Was ist eine Misshandlung Schutzbefohlener? Was versteht man unter einer Körperverletzung im Amt? Wann spricht man von einer Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht? Wann handelt es sich um Nötigung? Verweigerter Toilettengang: Wie hoch ist das Strafbarkeitsrisiko? Darf eine Schule oder Uni den Toilettenbesuch per Hausordnung verbieten? Praxistipp zum Toilettenverbot für Schüler und Studenten Warum ein Toilettenverbot für Schüler oder Studenten?
Immer wieder einmal befassen sich Presseberichte mit Fällen, in denen Schülern oder Studenten vom Lehrer oder Professor während des Unterrichts der Gang zur Toilette verweigert wurde. Dies führt meist zu Diskussionen in Internetforen. Die Schulgesetze der Bundesländer regeln dieses Thema nicht.
Natürlich werden der Unterricht oder die Prüfungen gestört, wenn sich Schüler oder Studenten ständig aus dem Unterrichtsraum entfernen, um die Toilette aufzusuchen. Mancher Lehrer hat dann den – im Einzelfall sicher gelegentlich begründeten – Verdacht, dass die Toilettenpause zum Telefonieren, Mitteilungen verschicken, Rauchen oder einfach als zusätzliche Freizeit verwendet wird. Trotzdem hat die aufsichtsführende Person nicht das Recht, ein Verbot auszusprechen.
Insbesondere an Hochschulen kommt es immer häufiger vor, dass der Gang zur Toilette während einer schriftlichen Prüfung untersagt oder erst bei endgültiger Abgabe der Arbeit erlaubt wird, weil man darin eine Möglichkeit für Täuschungsmanöver sieht. Das Problem: Klausuren an Hochschulen dauern regelmäßig mehrere Stunden.
Sind Toilettenverbote mit Menschenrechten und Grundgesetz vereinbar?
Ein Toilettenverbot gilt wegen der damit verbundenen möglichen Schmerzen und der mit einer möglichen Beschmutzung durch entsprechende unfreiwillige Ausscheidungen verbundenen Demütigung als eine Art der Folter. Diese soll auch schon angewendet worden sein, um zum Beispiel in Argentinien Gefangene nach einer Gefängnisrevolte zu bestrafen. Hier liegt auf jeden Fall ein Verstoß gegen Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK vor (Verbot der Folter und unangemessenen Behandlung) sowie auch gegen Art. 1 und 2 des Grundgesetzes (Menschenwürde, Recht auf körperliche Unversehrtheit). Jeder, auch Schüler und Studenten, hat das Recht auf ungehinderten Zugang zu einer Toilette. Solche Verbote sind also ein Verstoß gegen Grundrechte und Menschenrechte.
Welche Straftatbestände kommen in Betracht?
Ein Verbot, die Toilette zu benutzen, stellt keine Bagatelle dar. Außer den schon erwähnten massiven Grundrechtsverstößen macht sich der Betreffende unter Umständen sogar strafbar. In Betracht kommen mehrere Straftatbestände:
- Misshandlung Schutzbefohlener, § 225 StGB,
- Körperverletzung im Amt, § 340 StGB,
- Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht, § 171 StGB,
- Nötigung, § 240 I StGB.
Was ist eine Misshandlung Schutzbefohlener?
Diese Regelung betrifft das Quälen oder rohe Misshandeln einer Person unter achtzehn Jahren oder einer wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlosen Person, die unter der Fürsorge oder Obhut des Täters steht. Dafür droht eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und bis zu zehn Jahren. Man versteht unter Quälen in diesem Zusammenhang das Verursachen eines länger dauernden Leidens. Das erzwungene Einhalten von Notdurft oder Harndrang verursacht Schmerzen und kann als "Quälen" angesehen werden. Hinsichtlich des Vorsatzes des Täters reicht ein "billigendes Inkaufnehmen" der Schmerzen aus.
Was versteht man unter einer Körperverletzung im Amt?
Eine körperliche Misshandlung stellt auch eine Körperverletzung dar. Von dieser spricht man, wenn das Opfer auf eine Art behandelt wird, die es in seinem körperlichen Wohlbefinden oder in seiner körperlichen Unversehrtheit verletzt. Sobald eine Person Schmerzen erleidet, wäre letzteres der Fall.
Eine Körperverletzung im Amt kann ein Amtsträger während der Ausübung seines Dienstes begehen oder zumindest in Bezug auf seinen Dienst. Das erzwungene Einhalten führt zu körperlichem Schmerz. Hier reicht für die Strafbarkeit wieder ein bedingter Vorsatz und damit ein "Inkaufnehmen" aus. Dieses Delikt wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet. In minder schweren Fällen ist eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe möglich.
Wann spricht man von einer Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht?
Strafbar macht man sich auch, wenn man seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren grob verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden. Wird in der heutigen Zeit der Smartphones und des Mobbings in Sozialen Netzwerken einem Schüler der Toilettengang verweigert – womöglich mit der Folge, dass er sich vor versammelter Klasse in die Hose macht – sind solche Folgen durchaus wahrscheinlich. Lehrer können sich auch hier strafbar machen. Eine solche Tat wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.
Wann handelt es sich um Nötigung?
Um eine Nötigung handelt es sich, wenn jemand rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel – dies können auch schulische Disziplinarmaßnahmen oder die Bewertung einer Hochschulprüfung mit "nicht bestanden" sein – zu einem Handeln oder Unterlassen gezwungen wird. Dies kann bei einem Toilettenverbot der Fall sein. Hier beruht die Rechtswidrigkeit auf dem geschilderten Verstoß gegen das Grundgesetz und die Menschenrechte. Die Strafe für eine Nötigung ist eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Verweigerter Toilettengang: Wie hoch ist das Strafbarkeitsrisiko?
Lehrkräfte sollten wissen, dass sie möglicherweise eine Straftat begehen, die nicht nur mit einer Geldstrafe geahndet werden kann, sondern für die sogar Mindest-Freiheitsstrafen vorgesehen sind. Um realistisch zu bleiben, muss man allerdings auch darauf hinweisen, dass entsprechende Verurteilungen zurzeit nicht bekannt sind.
Darf eine Schule oder Uni den Toilettenbesuch per Hausordnung verbieten?
Da es sich um einen Verstoß gegen Grund- und Menschenrechte handelt, kann die Schule oder Hochschule einen Toilettenbesuch außerhalb der Pausen nicht wirksam per Hausordnung verbieten.
Zulässig sind allenfalls allgemeine Regeln, dass dieser nach Möglichkeit während der Pausen durchgeführt werden sollte, oder dass nach Möglichkeit nur ein Schüler zur Zeit dazu den Klassenraum verlassen soll, oder dass dabei das Handy im Klassenraum bleiben muss. Trotzdem dürfen Lehrkräfte im konkreten Fall kein Verbot des Toilettengangs aussprechen. Auch, wenn ein zweiter Schüler dringend zur Toilette muss, obwohl ein anderer bereits dort ist, darf dies nicht untersagt werden.
Praxistipp zum Toilettenverbot für Schüler und Studenten
Eltern ist hier Besonnenheit zu empfehlen. Kommt es zu einem Verbot, auf die Toilette zu gehen, muss es sich nicht unbedingt um eine Schikane handeln. Herrscht in der Klasse ein ständiges Kommen und Gehen und sucht der gleiche Schüler womöglich mehrfach in einer Stunde das WC auf, ist kaum noch ein sinnvoller Unterricht möglich. Zuerst sollten Eltern daher das Gespräch mit der Lehrkraft suchen, um zu klären, wie die Problematik genau aussieht. Ist dadurch kein Weiterkommen möglich, kann im nächsten Schritt auch der Schulleiter angesprochen werden. Eine Strafanzeige sollte das allerletzte Mittel sein. Fachgerechte Beratung finden Eltern bei einem Rechtsanwalt. Einige Anwälte haben sich auf das Schulrecht spezialisiert.
(Wk)