Wie und wann wird Urlaub gewährt - Urlaubsanspruch trotz Krankheit?

15.06.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Urlaub,Meer,tolle,Aussicht,Erholung Was Arbeitnehmer jetzt zur Gewährung von Urlaub wissen sollten © - freepik

Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Urlaubsanspruch. In diesem Rechtstipp erläutern wir, welche gesetzlichen Regelungen es dafür gibt und wie sich die Anzahl der Urlaubstage berechnen lässt.

Seit 1963 haben Arbeitnehmer in Deutschland das Recht auf bezahlten Erholungsurlaub. Geregelt ist dies im Bundesurlaubsgesetz. Dieses gewährt Beschäftigten 24 Tage Urlaub im Jahr. Allerdings gilt in Deutschland heutzutage auch üblicherweise die Fünf-Tage-Woche. Das Gesetz geht nach wie vor davon aus, dass alle Tage außer Sonntagen und Feiertagen Werktage sind. Die 24 Tage Urlaub werden also für eine Sechs-Tage-Woche gewährt. Daher bekommt ein Arbeitnehmer mit Fünf-Tage-Woche in Wirklichkeit nicht 24 Urlaubstage, sondern anteilig weniger, also 20 Tage. Dabei handelt es sich um den gesetzlichen Mindesturlaub. In Arbeits- oder Tarifverträgen kann ein längerer Jahresurlaub vereinbart werden.

Wie lange dauert die Wartezeit bis zum vollen Urlaubsanspruch?


Arbeitnehmer haben nicht sofort nach Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses auch den vollen Anspruch auf Urlaub. Diesen haben sie erst nach Ablauf von sechs Monaten. Immerhin ist es möglich, auch vor Ablauf der Wartezeit schon einen Teilurlaub zu beanspruchen. Dieser beträgt ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (§ 5 Abs. 1 a BUrlG).

Beispiel::

Eine Versicherung stellt zum 1. Mai eine neue Sachbearbeiterin ein. Diese möchte im August Urlaub nehmen. Sie arbeitet in einer Fünf-Tage-Woche, hat also einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 20 Tagen. 20 / 12 ergibt 1,66 Tage Urlaub pro Monat. Also hat sie nach 3 Monaten Anspruch auf 3 x 1,66 = 4,98 Tage Urlaub.

Im August kann sie also fünf Tage Urlaub nehmen.

Die meist im Arbeitsvertrag vorgesehene Probezeit von sechs Monaten hat damit nichts zu tun und bedeutet keine komplette Urlaubssperre. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass diese Zeit für den Arbeitgeber dazu dient, sich das Verhalten neuer Mitarbeiter genau anzusehen. Wer während der Probezeit allzu oft freinimmt, verschlechtert unter Umständen seine Chancen, dort beschäftigt zu bleiben.

Was muss man zum zusätzlichen gewährten Urlaub wissen?


Das Bundesurlaubsgesetz befasst sich nur mit dem gesetzlichen Mindesturlaub. Es ist durchaus üblich, dass Arbeitsverträge oder Tarifverträge darüber hinaus zusätzliche Urlaubstage gewähren. Allerdings können die Regeln für diese dann auch in den Verträgen bestimmt werden, abweichend vom Bundesurlaubsgesetz. Hier lohnt sich ein Blick in den Vertrag.

Welche Besonderheit gibt es bei Schwerbehinderten?


Schwerbehinderten gewährt § 208 SGB IX (neuntes Sozialgesetzbuch) einen Zusatzurlaub von 5 Tagen im Jahr.

Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des ganzen Jahres - weil sie beispielsweise erst am 1. Juni anerkannt wurde - besteht für jeden vollen Monat mit anerkannter Schwerbehinderung Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs. Kommen bei der Berechnung Bruchteile von Urlaubstagen heraus, die mindestens einen halben Tag ergeben, wird auf volle Urlaubstage aufgerundet.

Wann darf der Urlaub stattfinden? Der Urlaubstermin


Bei der Festlegung des Urlaubstermins soll sich der Arbeitgeber grundsätzlich an den Wünschen des Arbeitnehmers orientieren. Dies funktioniert jedoch nicht immer, denn oft wollen besonders viele Mitarbeiter in den Sommerferien Urlaub nehmen.

Nach § 7 Bundesurlaubsgesetz darf der Arbeitgeber einen Urlaubswunsch ablehnen, wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen oder auch Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. So kann ein Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern bevorzugt in den Sommerferien Urlaub bekommen. Allerdings nicht immer, denn auch die Wünsche anderer Arbeitnehmer (und kinderloser Beschäftigter) müssen berücksichtigt werden.

Näheres dazu finden Sie hier:
Chef genehmigt Urlaub nicht – was kann ich tun?

Hilfreich ist es, sich rechtzeitig innerhalb der Abteilung oder des Betriebes untereinander abzustimmen - damit alle mal zu ihrem Recht kommen und der Betrieb trotzdem reibungslos weiterlaufen kann.

Was gilt, wenn ich meinen Urlaub nicht komplett nehmen kann?


Hier ist § 7 Abs. 2 BUrlG maßgeblich: Der Urlaub ist grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren. Wenn das nicht geht, weil dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Aufteilung nötig machen, muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinander folgende Werktage umfassen.

Dringende betriebliche Gründe können zum Beispiel Produktionsspitzen sein, Jahresabschlussarbeiten, aber keine normalen Aufträge. "In der Person des Arbeitnehmers" liegende Gründe sind zum Beispiel Erkrankungen.

Kann der Urlaub im dazugehörigen Kalenderjahr aus solchen Gründen nicht komplett genommen werden, kann man ihn auf das nächste Jahr übertragen. Dann muss der Urlaub im ersten Quartal des Folgejahres gewährt und genommen werden. Sprechen Sie dazu noch im alten Jahr die Personalabteilung an.

Was passiert mit meinem Urlaub, wenn das Arbeitsverhältnis endet?


Ist noch Urlaub übrig, wenn das Arbeitsverhältnis endet, ist dieser Urlaubsanspruch in Geld abzugelten. Man spricht auch von "Urlaubsabgeltung". Dies ist etwas anderes als "Urlaubsgeld". Rechtsgrundlage für die Urlaubsabgeltung ist § 7 Abs. 4 BUrlG. Achtung: Wer eine Klausel unterschreibt, nach der alle gegenseitigen Ansprüche mit dem Ende des Arbeitsvertrages erledigt sind, kann diesen Anspruch verlieren (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.5.2013, Az. 9 AZR 844/11).

Darf ich im Urlaub anderswo arbeiten?


Nein, solange die Urlaubstätigkeit der Erholung entgegensteht oder gar dem Arbeitgeber Konkurrenz macht. Jobbt ein Buchhalter in den Ferien als Surflehrer, dürfte dies noch zulässig sein. Vollzeitbeschäftigungen sind jedoch kritisch.

Was ist, wenn ich im Urlaub krank werde?


Können die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen, dass sie krank und nicht arbeitsfähig waren, werden die entsprechenden Tage nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet. Sie zählen also nicht als Urlaubstage.

Die Erkrankung muss dem Arbeitgeber unverzüglich gemeldet werden. Ansonsten gelten die gleichen Regeln wie bei der Krankschreibung außerhalb des Urlaubs.
Achtung: Der laufende Urlaub verlängert sich nicht. Sie müssen trotz allem wie abgesprochen pünktlich wieder zur Arbeit erscheinen.

Habe ich einen Urlaubsanspruch trotz längerer Krankheit?


Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts kann der Urlaubsanspruch im Krankheitsfall noch bis zu 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres geltend gemacht werden. Auch bei einer längeren Erkrankung verfällt also der Urlaubsanspruch auch ohne entsprechende tarifvertragliche Regelung erst am 31. März des übernächsten Kalenderjahres (Urteil vom 7.8.2012, Az. 9 AZR 353/10).

Praxistipp


Kommt es zum Streit mit dem Arbeitgeber um das Thema Urlaub, kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht helfen, die Rechtslage zu klären und ihren Urlaubsanspruch durchzusetzen. Wichtig: Fahren Sie nicht eigenmächtig in Urlaub, obwohl dieser nicht genehmigt wurde. Dies kann ein Grund für eine fristlose Kündigung sein.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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