Verstößt das Streaming von illegalen Videos gegen das Urheberrecht?

04.01.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Streaming,illegal,Urheberrecht,Abmahnung Wann kann das Streaming von Filmen zu einer Abmahnung führen? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Illegales Streaming: Nicht nur das Anbieten von Streams, deren Rechte man nicht besitzt, sondern auch das Streamen als Nutzer solcher Inhalte ist illegal.

2. Verschulden: Eine strafbare Urheberrechtsverletzung des streamenden Nutzers setzt voraus, dass dieser von der Rechtswidrigkeit des Streams Kenntnis hatte oder hätte haben müssen.

3. Erkennung illegaler Inhalte: Die Website oder Plattform ist bekannt dafür, unrechtmäßig Inhalte anzubieten; es werden aktuelle Kinofilme zum Streamen angeboten, die Bildqualität ist schlecht; es fehlen Hinweise auf eine Lizens zum Abspielen; die Bezahloptionen sind ungewöhnlich
Streaming (egal ob Video oder Musik) galt lange Zeit als rechtlich unproblematisch. Die Wahrscheinlichkeit von Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen war eher gering. Denn immerhin wurde auf dem Gerät des Nutzers keine Kopie gespeichert, sodass von einer illegalen Vervielfältigung oder Weiterverbreitung nicht die Rede sein konnte. Argumente, dass im Cache-Speicher eines Computers beim bloßen Anschauen aus technischen Gründen womöglich reproduzierbare Kopien entstehen könnten, wurden wenig beachtet – denn schließlich waren diese nur mit Methoden nutzbar, die Otto Normalverbraucher gar nicht zur Verfügung stehen. Allerdings hat sich dies 2017 mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes geändert.

Wie war die frühere Rechtslage zum Streaming von Videos?


Bis zum Urteil des EuGH galt lediglich die illegale Verbreitung des Streams als unzulässig. Wenn also der Betreiber eines Streaming-Portals einen Film oder eine Serie zum Anschauen per Streaming zur Verfügung stellte, ohne daran die entsprechenden Rechte zu besitzen, handelte er illegal und beging eine Urheberrechtsverletzung. Kam es zu zivilrechtlichen Forderungen etwa nach Schadensersatz und zu strafrechtlichen Folgen, erstreckten sich diese weitgehend auf die Portalbetreiber. Die reine Nutzung durch das Anschauen der Streams war nach überwiegender Ansicht keine Urheberrechtsverletzung und wurde nicht verfolgt. Das Streaming urheberrechtlich geschützter Videos ging – zum Missvergnügen der Rechteinhaber – weiter. Die Betreiber waren von Ländern aus tätig, in denen kaum Handhabe gegen ihr Vorgehen bestand.

Worum ging es vor dem Europäischen Gerichtshof?


Der EuGH befasste sich mit der niederländischen Webseite "Filmspeler". Diese hatte eine Multimedia-Box für den Fernseher angeboten, über die man mit Hilfe von im Internet frei erhältlichen und vorinstallierten Add-ons Streaming Portale aufrufen konnte. Diese boten kostenlos und urheberrechtswidrig Filme und Serien an. Eine niederländische Stiftung zum Schutz der Urheberrechte namens Brein klagte auf Unterlassung. Das niederländische Gericht legte den Fall dem EuGH vor.

Wie entschied der EuGH zum Streaming nicht lizensierter Filme?


Aus Sicht des EuGH war bereits der Verkauf derartiger Media-Player eine "öffentliche Wiedergabe geschützter Werke" (Urteil vom 26.4.2017, Az. C-527/15). Diese sei jedoch ausschließlich dem Inhaber der entsprechenden Urheberrechte vorbehalten. Auch sei das Abspielen der Filme über einen solchen Player ein Rechtsverstoß. Das kurze Zwischenspeichern auf dem Rechner des Endnutzers stelle eine vorübergehende Vervielfältigung dar. Ohne entsprechende Berechtigung sei dies ein Urheberrechtsverstoß. Voraussetzung für eine strafbare Urheberrechtsverletzung sei dabei, dass der Nutzer von der Rechtswidrigkeit des Streams Kenntnis hatte oder hätte haben müssen.

Was gilt beim Streaming für Nutzer von Browsern und Media-Playern?


Da man nun einmal auch mit jedem normalen PC oder mobilem Endgerät über den herkömmlichen Browser illegale Inhalte streamen kann, ist das Urteil auch auf alle Geräte anwendbar. Es gilt also nicht nur für die vorprogrammierten TV-Zusatzboxen des niederländischen Anbieters. Für Nutzer ist nun entscheidend, ob sie die Illegalität erkennen konnten oder "hätte erkennen müssen".

Wie erkenne ich, ob ein Stream illegal ist?


Ruft ein Nutzer Streaming-Inhalte von Seiten auf, die bekanntermaßen keinen Wert auf das Urheberrecht legen, kann ihm durchaus ein Wissen und damit der Vorsatz einer illegalen Handlung unterstellt werden. Die Seite kinox.to ist ein gutes Beispiel. Werden brandneue Kinofilme, Serien oder Top-Sportereignisse irgendwo kostenlos gestreamt, ist dies ebenfalls ein Anzeichen dafür, dass hier illegales Streaming stattfindet. Weitere Hinweise auf ein illegales Streaming-Angebot sind eine schlechte Bildqualität, fehlende Hinweise auf eine Lizens zum Abspielen und ungewöhnliche Bezahloptionen. Nutzer müssen sich bei offensichtlichen Rechtsverletzungen darüber im Klaren sein, dass sie fremde Rechte verletzen und ggf. die Folgen zu tragen haben - in Form von teuren Abmahnungen und Schadensersatzforderungen.

Droht Streaming-Nutzern eine Abmahnwelle?


Zu einer regelrechten Abmahnwelle ist es infolge des EuGH-Urteils nicht gekommen, und auch derzeit ist dies nicht absehbar. Allerdings kommt es durchaus auch zu Abmahnungen wegen illegalem Streaming.

Abmahnungen von Streaming-Nutzern werden dadurch erschwert, dass der Nachweis eines illegalen Streamings nur über die IP-Adresse des Rechners erfolgen kann, auf den gestreamt wurde. Diese besitzt aber nur der illegale Streaming-Anbieter, der im Ausland sitzt und sie kaum herausgeben wird. Allerdings können solche Daten auch manchmal an die Abmahner gelangen: etwa durch behördliche Durchsuchungen, Leaks und Hacker. Die Abmahnindustrie ist ausgesprochen finanzstark und hat ein hohes Interesse daran, an solche Daten zu kommen.

So ist es bei Abmahnungen wegen der Nutzung von ausländischen Filesharing-Portalen längst Standard, dass spezialisierte Ermittlungsfirmen mit einer besonderen Ermittlungssoftware die IP-Adressen von Nutzern feststellen, welche illegale Tauschaktionen durchgeführt haben. Ein erhöhtes Risiko für eine Abmahnung besteht, wenn Nutzer sich auf der Streaming-Seite registriert haben.

Was kosten Abmahnungen wegen illegalen Streamings?


Beim Streaming geht es nur um eine einzige Urheberrechtsverletzung – nicht gleich eine ganze Anzahl auf einen Schlag wie beim Filesharing, bei dem ein Film einer Vielzahl von anderen Nutzern zugänglich gemacht wird. Die Folge: Der Kuchen für den Abmahner ist hier deutlich kleiner. Der mögliche Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung hängt von den Kosten für die entsprechende legale Nutzung ab. Die Abmahnkosten des beteiligten Rechtsanwalts sind auf 150 Euro gedeckelt.

Wer jedoch regelmäßig Streaming-Angebote nutzt und erwischt wird, muss mit mehrfachen Abmahnungen rechnen. Dadurch erhöhen sich natürlich die Kosten. Obendrein können durchaus auch mehrere Rechteinhaber den gleichen Verstoß abmahnen. Dadurch werden dann jedes Mal Abmahnkosten und Schadensersatz fällig. Nutzer illegaler Streamingdienste müssen zusätzlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterschreiben und sich verpflichten, diesen Verstoß nicht wieder zu begehen. Tun sie es doch, wird eine hohe Vertragsstrafe fällig.

Welche weiteren Risiken bestehen bei illegalem Streaming von Videos?


Manche illegalen Streamingangebote sind gar kein echtes Streaming, sondern nennen sich nur so. In Wahrheit handelt es sich um Filesharing, bei dem das heruntergeladene Video gleich anderen Nutzern angeboten wird. Hier besteht für Nutzer eine erhöhte Abmahngefahr und das Risiko höherer Schadensersatzforderungen gegenüber dem herkömmlichen Streaming.
Ein weiteres Problem kann die Verseuchung der Streamingseiten mit Viren und Malware sein. Diese können sich auf dem Endgerät des Nutzers festsetzen und für böse Überraschungen verschiedenster Art sorgen.

Praxistipp zum illegalen Streaming von Videos


Eine regelrechte Abmahnwelle ist wegen illegalem Streaming nicht zu verzeichnen. Grund sind einerseits die Beweisprobleme, andererseits aber auch die größeren Gewinnspannen bei Filesharing-Abmahnungen. Auch hat sich das Angebot an preisgünstigen, legalen Streaming-Inhalten in den letzten Jahren immer weiter verbessert. Streaming-Nutzer sollten sich trotzdem darüber im Klaren sein, dass sie durch das Streamen illegaler Inhalte nach heutigem Stand der Dinge eine Urheberrechtsverletzung begehen, die teuer werden kann. Im Falle einer Abmahnung sollte schnellstmöglich Rat bei einem Fachanwalt für Urheberrecht gesucht werden, denn die Reaktionsfristen sind kurz.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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