Wann darf der Vermieter die Vorauszahlungen für Nebenkosten erhöhen?

14.10.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Heizkosten,Nebenkosten,Vorauszahlung,Erhöhung,Schreiben Dürfen die Vorauszahlungen für Betriebskosten © - Anwalt-Suchservice

Überall ist von steigenden Heizkosten die Rede. Mietern wird empfohlen, die Vorauszahlungen freiwillig zu erhöhen. Aber darf der Vermieter die Vorauszahlungen auch einfach "zwischendurch", also ohne die Betriebskostenabrechnung als Grundlage, erhöhen?

Die hohen Gaspreise schüren in vielen Mietern die Furcht, in Zahlungsschwierigkeiten zu kommen. Schon für das Jahr 2022 drohen hohe Nachzahlungen. Auch für Vermieter stellt die Preisexplosion ein Problem dar: Sie müssen nämlich die hohen Kosten in der Regel erst einmal vorfinanzieren. Hier können erhebliche Beträge zusammenkommen. Da liegt es nahe, die monatlichen Vorauszahlungen der Mieter für die Betriebskosten zu erhöhen. Nur: Wie und wann ist das zulässig? Und was plant die Politik?

Wann darf der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen erhöhen?


Diese Frage ist eindeutig in § 560 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt: Sind im Mietvertrag monatliche Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart, darf der Vermieter diese im Anschluss an die jährliche Nebenkostenabrechnung erhöhen. In der Praxis wird dabei meist die Summe der Nachzahlung durch zwölf geteilt und zum bisherigen Vorauszahlungsbetrag hinzugerechnet. Die Nebenkostenabrechnung muss bis zum Ende des Jahres stattfinden, das auf den Abrechnungszeitraum folgt. Das bedeutet: Die Abrechnung für das Jahr 2022 erfolgt erst im Laufe des Jahres 2023 - meist im Herbst, weil dann erst die Versorgungsbetriebe ihrerseits mit dem Vermieter abgerechnet haben.

Übrigens erlaubt § 560 Abs. 4 BGB dem Mieter ihrerseits, eine Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen nach unten vorzunehmen, wenn die Betriebskosten gesunken sind, die Abrechnung ein Guthaben ausweist und der Vermieter nicht ganz konkret belegen kann, dass die Betriebskosten steigen werden.

Für beide Mietvertragsparteien gilt: Die Anpassung der Vorauszahlungen muss angemessen sein. Das heißt: Sie muss auf den Zahlen der Abrechnung des vergangenen Abrechnungszeitraumes basieren.

Darf der Vermieter die Vorauszahlungen auch "zwischendurch" erhöhen?


§ 560 Abs. 4 BGB lässt keine Missverständnisse zu: Eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen darf nur im Zuge einer Betriebskostenabrechnung erfolgen aus der hervorgeht, dass die Betriebskosten gestiegen sind und es deshalb zu einer Nachzahlung gekommen ist. Die Erklärung muss dem Mieter in Textform zugehen. Eine einseitige Erhöhung mitten im laufenden Abrechnungszeitraum ist damit unzulässig.

Einzige Ausnahme: Der Vermieter einigt sich im Einvernehmen mit dem Mieter über eine Erhöhung der Vorauszahlungen, wie es z.B. in Anbetracht der derzeitigen Kostensteigerungen für Gas Sinn macht. Diese freiwillige Erhöhung hat für beide Seiten Vorteile: Der Vermieter muss keine hohen Beträge aus den eigenen Mitteln vorfinanzieren. Der Mieter muss zwar höhere monatliche Vorauszahlungen entrichten, vermeidet damit aber die schlagartige Belastung durch eine vielleicht vierstellige Heizkostennachzahlung im kommenden Jahr. Denn zahlen muss er seine Heizkosten auf jeden Fall. Die Frage ist nur wann. Eine solche freiwillige Vereinbarung kann auch während einer laufenden Abrechnungsperiode getroffen werden. Sie sollte aus Beweisgründen schriftlich vorgenommen und unterschrieben werden. Mieter sollten bei der nächsten Betriebskostenabrechnung dann genau darauf achten, dass in der Jahresabrechnung für den betreffenden Zeitraum dann auch wirklich die erhöhten Vorauszahlungen berücksichtigt werden.

Was gilt, wenn eine Heizkostenpauschale vereinbart ist?


Ist im Mietvertrag eine Heizkostenvorauszahlung vereinbart, leistet der Mieter jeden Monat einen Abschlag auf die zu erwartenden Heizkosten. In der Betriebskostenabrechnung wird dann konkret abgerechnet: entweder gibt es ein Guthaben oder eine Nachzahlung. Eine Betriebskostenpauschale ist jedoch etwas anderes. Ist eine solche Pauschale vereinbart, sind damit alle Kosten abgegolten. Eine Abrechnung nach konkretem Verbrauch gibt es nicht.

Bei einer Betriebskostenpauschale. ist nach § 560 Abs. 1 BGB eine Erhöhung zulässig, wenn dies im Mietvertrag so vereinbart wurde.

Es gibt nur einen Haken: Für die Heizkosten darf gar keine Pauschale vereinbart werden. Heizkosten sind per Gesetz zwingend verbrauchsabhängig abzurechnen. Eine Heizkostenpauschale ist also von Gesetzes wegen nicht zulässig. Eine Pauschale kann nur bei nicht verbrauchsabhängigen Betriebskosten vereinbart werden. Natürlich macht es meist wenig Sinn, verbrauchsabhängige und nicht verbrauchsabhängige Kostenarten unterschiedlich zu behandeln. Deswegen ist die Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale ein seltener Fall.

Ist ein Sicherheitszuschlag auf die regulären Vorauszahlungen zulässig?


Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mit dem folgenden Fall befassen: Ein Vermieter hatte für eine Mietwohnung eine Jahresabrechnung über die Nebenkosten des Vorjahres erstellt. Dabei ergab sich eine Nachzahlung. Der Vermieter setzte daraufhin die monatliche Betriebskostenvorauszahlung hinauf. Dabei teilte er die Nachzahlung durch 12 Monate und schlug diesen Betrag auf die monatlich Vorauszahlung auf. Soweit hatte alles seine Richtigkeit. Zusätzlich addierte er allerdings noch einen Sicherheitszuschlag von zehn Prozent auf die gesamten kalten und warmen Betriebskosten hinzu, da er mit steigenden Kosten rechnete. Gegen diesen pauschalen Sicherheitsaufschlag klagten die Mieter.

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil klar: Eine Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen gelte nur dann als angemessen im Sinne von § 560 Abs. 4 BGB, wenn sie auf den voraussichtlich tatsächlich entstehenden Kosten im laufenden Abrechnungsjahr basiere. Als Grundlage für die Anpassung der Vorauszahlungen müsse dabei die letzte Betriebskostenabrechnung dienen.

Allerdings könne eine Anpassung der Vorauszahlungen auch eine zu erwartende Kostensteigerung berücksichtigen. Die Anpassung dürfe also auch Faktoren außerhalb der Nebenkostenabrechnung berücksichtigen. Diese Anpassungsmöglichkeit stünde beiden Vertragspartnern zu.

Das bedeute aber noch lange nicht, dass der Vermieter einfach einen pauschalen Sicherheitszuschlag in beliebiger Höhe auf die Vorauszahlungen aufschlagen dürfe, weil er mit Kostensteigerungen rechne.

Ein zusätzlicher Aufschlag sei nur dann möglich, wenn hinsichtlich bestimmter Betriebskosten - etwa der Heizkosten - erhebliche Preissteigerungen konkret zu erwarten seien. Allerdings sei dann bei der Erhöhung das Verhältnis der betreffenden Betriebskosten zu den gesamten Betriebskosten zu berücksichtigen. Eine von der Betriebskostenabrechnung losgelöste Erhöhung der Vorauszahlungen sei zudem genau zu begründen. Nicht ausreichend sei ein Hinweis auf "die bekannte massive Steigerung der Energiekosten".

Auch müsse die Erhöhung der energieabhängigen Betriebskosten dann entweder auf die Vorauszahlungen für diese Betriebskosten beschränkt oder nur anteilig in die Berechnung der Vorauszahlungen für die Betriebskosten insgesamt einbezogen werden. Im verhandelten Fall habe der Vermieter aber einfach die gesamten kalten und warmen Betriebskosten pauschal um zehn Prozent erhöht. Eine Beschränkung auf die Betriebskostenposition, für die der Vermieter eine konkrete Kostensteigerung erwartete, habe also gerade nicht stattgefunden.

Der zehnprozentige Sicherheitszuschlag war damit unzulässig und musste von den Mietern nicht bezahlt werden (BGH, Urteil vom 28.9.2011, Az. VIII ZR 294/10).

Fazit des BGH-Urteils: Im Zuge der Nebenkostenabrechnung ist auch eine zusätzliche Erhöhung (= Sicherheitszuschlag) der Vorauszahlungen möglich, um steigenden Kosten Rechnung zu tragen. Aber nur auf Basis von konkretem Zahlenmaterial und mit detaillierter Begründung. Auch ist der Anteil dieser Kostenposition an den Gesamtkosten zu berücksichtigen. Erhöhungen "auf Verdacht" sind nicht erlaubt.

Hohe Gaspreise: Was hat die Politik geplant?


Dass der Gaspreisdeckel kommen soll, ist offenbar beschlossene Sache - nur die genaue Ausgestaltung noch nicht. Und womöglich werden auch noch Entwicklungen auf EU-Ebene Neues bringen. Die Vorschläge der deutschen Expertenkommission jedenfalls lauten:

Die Entlastung soll in zwei Stufen erfolgen. In der ersten Stufe soll der Staat die Abschlagszahlungen für Dezember übernehmen. So soll eine schnelle Entlastung der Verbraucher erreicht werden.

Der eigentliche Gaspreisdeckel folgt in der zweiten Stufe. Diese tritt für die Industrie im Januar und für Privathaushalte im März 2023 in Kraft (wenn der Winter vorbei ist).

Privathaushalte erhalten dann 14 Monate lang 80 Prozent ihres Vorjahres-Verbrauchs an Gas zu einem gedeckelten Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde. Als Berechnungsbasis für dieses Grundkontingent an Gas dient die Abschlagszahlung vom September 2022.

Erhöhung der Vorauszahlungen: Halten wir fest


1. Einseitig darf der Vermieter die Vorauszahlungen nur im Anschluss an eine Nebenkostenabrechnung erhöhen, wenn sich aus dieser eine Nachzahlung ergeben hat.
2. Während einer Abrechnungsperiode, also ohne vorausgegangene Abrechnung, darf der Vermieter nicht einseitig erhöhen. Dann geht es nur mit Zustimmung des Mieters.
3. Will der Vermieter einen Sicherheitszuschlag auf die Betriebskostenvorauszahlungen aufschlagen, muss er dies detailliert mit Zahlen zu den von ihm erwarteten Kostensteigerungen begründen.

Praxistipp zur Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung


Sind Sie als Mieter der Meinung, dass die Vorauszahlungen auf Ihre Nebenkosten zu Unrecht erhöht wurden? Oder sind Sie sich als Vermieter nicht sicher, ob eine von Ihnen geplante Erhöhung der Vorauszahlungen rechtens ist? Ein auf das Mietrecht spezialisierter Anwalt unterstützt Sie in beiden Fällen. Für die aktuelle Abrechnungsjahre 2022 und 2023 gilt aber schon jetzt: Eine Erhöhung der Heizkostenvorauszahlung reduziert Ihre Nachzahlung in den entsprechenden Betriebskostenabrechnungen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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