Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung

23.09.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 7 Min. (10996 mal gelesen)
Widerspruch,nebenkostenabrechnung,Schreiben Bei Nebenkostenabrechnungen machen Vermieter oft Fehler. © Bu - Anwalt-Suchservice

Über die Nebenkosten einer Mietwohnung müssen Vermieter einmal im Jahr abrechnen. Massive Steigerungen der Heizkosten werden sich auswirken. Mieter können eine fehlerhafte Abrechnung anfechten.

Die Mietnebenkosten bezeichnet man auch als Betriebskosten. Häufig werden sie auch "zweite Miete" genannt. Dies hat seine Gründe, denn sie werden zu einer immer größeren Kostenbelastung für die Haushalte. Insbesondere die Energiepreise sind infolge einer verfehlten Energiepolitik zuletzt massiv gestiegen. Für das Abrechnungsjahr 2022 werden die Nebenkostenabrechnungen deshalb in vielen Fällen doppelt so hoch sein, wie zuvor.

Die Mietnebenkosten werden meist über den Vermieter abgerechnet. Der Mieter leistet jeden Monat einen pauschalen Betrag als Vorauszahlung. Nach Ablauf des Jahres erstellt der Vermieter eine Jahresabrechnung, aus der sich ein Guthaben oder eine Nachzahlung ergibt. Wenn der Mieter Zweifel daran hat, dass die Abrechnung korrekt ist, kann er dagegen Widerspruch einlegen.

Welche Abrechnungsfrist muss der Vermieter einhalten?


Die Jahresabrechnung über die Nebenkosten einer Immobilie muss der Vermieter dem Mieter innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraumes zukommen lassen. Beispiel: Über das Kalenderjahr 2022 muss der Vermieter bis zum 31.12.2023 abrechnen.
Das bedeutet: Im Jahr 2022 erhalten Mieter die Jahresabrechnung für das Jahr 2021. Die massive Erhöhung der Energiepreise im Jahr 2022 wird bei Einhaltung des normalen Ablaufs bei vielen Mietern erst im Jahr 2023 abgerechnet. Hier droht eine erhebliche und in vielen Fällen wohl vierstellige Nachzahlung durch massiv gestiegene Heiz- und Warmwasserkosten.

Gaskrise: Wann darf der Vermieter die Nebenkostenvorauszahlungen erhöhen?


Diese Frage hat mit dem Widerspruch gegen die Nebenkostenabrechnung nichts zu tun. Lesen Sie zu dazu ausführlich in unserem Rechtstipp Wann darf der Vermieter die Vorauszahlungen für Nebenkosten erhöhen?

Wann tritt die Verjährung ein?


Die 12-monatige Abrechnungsfrist ist nicht mit einer Verjährungsfrist zu verwechseln. Ihr Ablauf lässt nicht die Pflicht des Vermieters zur Abrechnung erlöschen. Der Mieter kann wegen Ablaufs der Frist keine Nebenkostenzahlungen zurückfordern. Ein Versäumen der Frist durch den Vermieter hat nur die Folge, dass dieser keine Betriebskostennachzahlung mehr verlangen kann. Der Mieter kann immer noch eine Abrechnung und ggf. auch die Auszahlung eines Guthabens fordern. Die Verjährung des Anspruches auf Abrechnung tritt innerhalb von drei Jahren ein.

Was versteht man unter dem Prüfungsrecht und der Prüfungsfrist?


Der Mieter hat das Recht, die Betriebskostenabrechnung zu prüfen. § 556 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gibt ihm dafür eine Einwendungsfrist von 12 Monaten. Der Mieter kann also innerhalb der ersten 12 Monate nach Erhalt der Abrechnung Einwände vorbringen - danach nicht mehr. Diese Ausschlussfrist soll im Interesse aller Beteiligten dafür sorgen, dass nicht noch Jahre später Streit über alte Abrechnungen entsteht. Kann der Mieter beweisen, dass er für die Fristversäumnis nichts konnte, kann er trotzdem noch Einwände vorbringen.

Die Frist führt nicht dazu, dass der Mieter sich mit der Prüfung der Abrechnung oder der Überweisung der Nachzahlung 12 Monate Zeit lassen kann. Die Gerichte gehen davon aus, dass der Mieter die Abrechnung innerhalb von ungefähr vier Wochen ausreichend prüfen kann, um sie zu bezahlen. Zahlt er ohne Vorbehalte den verlangten Betrag, erklärt er damit sein Einverständnis. Sind die etwa vier Wochen um, kann der Mieter Fehler in der Abrechnung nur noch reklamieren, wenn sie für einen Laien nicht ohne Weiteres feststellbar waren.

Anders verhält es sich, wenn die Nebenkostenabrechnung formell nicht wirksam ist. Dann fängt die Einwendungsfrist erst gar nicht zu laufen an. So hat der Bundesgerichtshof entschieden. Ein Vermieter hatte die Umlageschlüssel für einige Kostenpositionen nicht genannt. Auch hatte er bei der Umlage einiger Kosten nach der Wohnfläche widersprüchliche Angaben zur Wohnfläche gemacht (Az. VIII ZR 27/10). Daher war die Abrechnung unwirksam.

Was sagt der BGH zur Einsicht in die Belege?


2018 befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Abrechnung der Heizkosten einer 94-Quadratmeter-Wohnung. Die Mieter hatten 200 Euro im Monat für Heizkosten bezahlt. Bei der Jahresabrechnung der Betriebskosten ergab sich dann eine Heizkosten-Nachzahlung von über 5.000 Euro. Die Mieter wandten ein, dass dies gar nicht sein könne: Der Betrag entspreche 47 Prozent der gemessenen Verbrauchseinheiten für das ganze Haus mit einer Wohnfläche von 720 qm.

Der Vermieter weigerte sich, den Mietern die Abrechnungsbelege der anderen Wohnungen im Haus zur Überprüfung vorzulegen. Zwei Gerichtsinstanzen verurteilten die Mieter zur Zahlung, weil diese nicht beweisen konnten, wo der Fehler lag. Der Bundesgerichtshof entschied: Wenn der Vermieter eine Nachzahlung verlange, müsse er das Bestehen der Forderung beweisen können. Die Mieter seien nicht beweispflichtig. Auch hätten diese ein Einsichtsrecht in die Belege des Vermieters, welche der Abrechnung zugrunde lägen. Dieses Recht gelte auch für die Verbrauchsdaten der anderen Nutzer. Der BGH wies die Klage des Vermieters ab (Urteil vom 7.2.2018, Az. VIII ZR 189/17).

2020 entschied der BGH erneut zur Einsichtnahme in die Belege. Demnach gilt: Solange der Vermieter dem Mieter keine Einsicht in die Belege gewährt, die der Abrechnung zugrunde liegen, hat der Mieter ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Nachzahlung und muss diese vorläufig nicht leisten.
Zu den Belegen gehören außer den Rechnungen auch die dazugehörigen Zahlungsbelege über die in der Abrechnung auf die Mieter umgelegten Betriebskosten. Mit Hilfe dieser Belege kann der Mieter die Berechtigung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge überprüfen (Urteil vom 9.12.2020, Az. VIII ZR 118/19).

Immerhin ist es denkbar, dass der Vermieter Rechnungen gekürzt oder Preisnachlässe gewährt bekommen hat. In solchen Fällen kann sich bei Einsicht in die Zahlungsbelege tatsächlich ein anderes Bild ergeben, als bei reiner Vorlage der Rechnungen.

Welche Nebenkosten muss ich zahlen?


Im Mietvertrag muss eine Regelung stehen, nach welcher der Mieter die Nebenkosten der Wohnung zu tragen hat. Welche dies im Einzelnen sein dürfen, ergibt sich aus § 2 der Betriebskostenverordnung. Als umlagefähige Kosten gelten etwa Müllabfuhr, Straßenreinigung, Heizung und Warmwasser sowie Stromkosten für Gemeinschaftsräume.

Welche Nebenkosten darf der Vermieter nicht umlegen?


Es gibt mehrere Kostenpositionen, die der Vermieter nicht auf seine Mieter verteilen darf. Dazu gehört erst einmal alles, was nur einmalig und nicht in Form laufender Kosten anfällt.

Nicht abrechnen darf der Vermieter auch Verwaltungskosten, die ihm seine Hausverwaltung berechnet. Auch die Kosten für Reparaturen oder für die Instandhaltung der Immobilie sind keine umlagefähigen Betriebskosten.

Weitere Beispiele für unzulässige Kostenpositionen sind:
- Kontoführungsgebühren,
- Mietausfallversicherung,
- Gebühren für Porto oder die Erstellung der Abrechnung,
- Aufzugreparaturen,
- erhöhte Wasserkosten infolge eines Rohrbruchs.

Welche Fehlerquellen gibt es bei der Nebenkostenabrechnung?


Unterscheiden muss man materielle, also inhaltliche, und formelle Fehler in der Jahresabrechnung. Materielle Fehler sind alle, die mit dem Ansatz von Kostenpositionen und deren Beträgen zu tun haben. Formelle Fehler sind Verstöße gegen die Regeln darüber, wie eine Nebenkostenabrechnung aussehen muss.

Die Folgen einer formell unwirksamen Abrechnung sind:

1. Der Mieter darf eine korrekte Abrechnung verlangen.
2. Bis zur Übergabe einer korrekten Abrechnung kann der Vermieter keine Nachzahlung fordern.
3. Bis zur Erteilung der korrekten Abrechnung kann der Mieter seine Vorauszahlungen auf die Nebenkosten vorläufig zurückhalten. Sobald er eine korrekte Abrechnung erhält, muss er die ausstehenden Beträge begleichen.

Die Folgen einer materiell fehlerhaften Abrechnung hängen davon ab, wie gravierend der Fehler war. Manchmal hat der Mieter nur einen Anspruch auf die Berichtigung einer bestimmten Kostenposition. Liegt ein größerer Fehler vor, kann der Mieter auch hier bis zur Erteilung der korrekten Abrechnung ein vorläufiges Zurückbehaltungsrecht an den erhöhten Vorauszahlungen haben (BGH, Az. VIII ZR 245/11).

Wichtig: Der Mieter darf nicht wegen einfacher Rechenfehler, die jeder Laie selbst korrigieren kann, eine verlangte Nachzahlung verweigern. Im Zweifel ist hier fachkundige Beratung zu empfehlen.

Was sind formelle Fehler in der Abrechnung?


Die Nebenkostenabrechnung muss in Textform stattfinden. Also per Brief, E-Mail oder Fax. Die Schriftform mit eigenhändiger Unterschrift ist nicht zwingend erforderlich. Wird die Abrechnung nicht unterschrieben, muss zumindest daraus ersichtlich sein, wer sie ausgestellt hat. Der Mieter muss sie persönlich erhalten – in seinen Briefkasten und nicht nur als Aushang im Treppenhaus.

Die Abrechnung muss auch für Mieter ohne Fachkenntnisse verständlich und nachvollziehbar sein. Der Abrechnungszeitraum muss daraus hervorgehen. Die gesamten Betriebskosten für das gesamte Haus müssen nach den einzelnen Kostenpositionen geordnet aufgeführt sein. Diese Gesamtkosten muss der Vermieter dann auf die jeweilige Wohnung umrechnen und dabei jeweils den benutzten Umlageschlüssel (etwa Quadratmeter) angeben. Die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen sind anzugeben und herauszurechnen. Unverständlichkeit ist ein formeller Fehler – etwa bei unverständlichen Abkürzungen.

Was sind materielle / inhaltliche Fehler?


Materielle Fehler sind zum Beispiel Rechenfehler oder die Abrechnung von Kostenpositionen, die gar nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen (siehe oben).

Besonders viele Fehler machen Vermieter von Eigentumswohnungen. Oft leiten sie einfach die Nebenkostenabrechnung des Hausverwalters der Eigentümergemeinschaft an ihren Mieter weiter ("Hausgeld" oder "Wohngeld"). Aber: Diese ist nur für den Eigentümer bestimmt und enthält immer Positionen, die Mieter nicht bezahlen müssen, zum Beispiel Verwaltungsgebühren oder Instandhaltungsrücklagen.

Seit der Reform des Rechts der Wohnungseigentümer-Gemeinschaften zum 1.12.2020 gilt: Grundsätzlich müssen bei der Nebenkosten-Abrechnung für eine vermietete Eigentumswohnung die gleichen Umlageschlüssel verwendet werden, wie bei der internen Abrechnung der Eigentümergemeinschaft. Etwas Abweichendes kann zwischen Mieter und Vermieter vereinbart werden (§ 556a Abs. 3 BGB).

Ein weiterer Fehler ist das doppelte Ansetzen von Kostenanteilen – etwa den Arbeitslohn des Hausmeisters und die Kosten der Treppenhausreinigung durch den Hausmeister. Und: Die Kostenanteile für leer stehende Wohnungen dürfen nicht mit einfließen.

Im Übrigen muss der Vermieter hinsichtlich der anfallenden Nebenkosten das Gebot der Wirtschaftlichkeit einhalten. Dazu muss er regelmäßig prüfen, ob er gegenüber den Mietern abzurechnende Dienstleistungen auch günstiger einkaufen kann.

Wie widerspreche ich der Nebenkostenabrechnung?


Möchten Sie als Mieter einer Betriebskostenabrechnung widersprechen, empfiehlt es sich, dies schriftlich und vorzugsweise per Einschreiben mit Rückschein zu tun. Sie sollten genau erläutern, warum Sie die Abrechnung für fehlerhaft halten. Bleiben Sie jedoch höflich. Oft sind Fehler keine böse Absicht. Bitten Sie den Vermieter um eine korrigierte Abrechnung. Wenn erforderlich, können Sie von ihm Einsicht in seine Abrechnungsbelege, also etwa Rechnungen von Versorgungsbetrieben, verlangen. Eine Zusendung von Kopien (gegen Unkostenerstattung) können Sie meist nur fordern, wenn der Vermieter in einer weiter entfernten Stadt wohnt – ansonsten darf die Einsicht beim Vermieter oder in dessen Büro stattfinden.

Praxistipp zum Widerspruch gegen die Nebenkostenabrechnung


Wenn Sie als Mieter vor Gericht gegen eine Nebenkostenabrechnung klagen wollen, müssen Sie konkret angeben können, was damit nicht stimmt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass einzelne Kostenpositionen nicht pauschal angefochten werden können. Erforderlich ist eine konkrete Begründung und die vorherige Einsicht in die Abrechnungsunterlagen des Vermieters (Az. I-10 U 164/05). Verklagt der Vermieter Sie auf Nachzahlung, muss wiederum er beweisen, dass seine Forderung in dieser Höhe existiert (BGH, Az. VIII ZR 189/17). Ein Fachanwalt für Mietrecht kann Sie kompetent zur Neben- bzw. Betriebskostenabrechnung beraten und Ihnen zu Ihrem Recht verhelfen.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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