Wann darf der Vermieter die Wohnung des Mieters besichtigen?

19.04.2017, Autor: Herr Anton Bernhard Hilbert / Lesedauer ca. 3 Min. (455 mal gelesen)
Wann darf der Vermieter die Wohnung des Mieters besichtigen?

Der Wunsch nach Wohnungsbesichtigung kann zu Streit führen
Das Gesetz regelt nicht die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vermieter die vermietete Wohnung besichtigen darf. Nicht selten kommt es deshalb zum - vermeidbaren - Streit. Es hilft, folgende Punkte zu beachten:

Die Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden

Einerseits ist das Interesse des Vermieters zu berücksichtigen, sich vom ordnungsmäßigen Zustand der Wohnung zu überzeugen oder Interessenten die Wohnung präsentieren zu können, andererseits aber auch das Interesse des Mieters, in Ruhe gelassen zu werden.

Daher müssen die beiden Interessen in jedem Einzelfall gegeneinander abgewogen werden, um die Frage zutreffend beantworten zu können.
 

Kein regelmäßiges "anlassloses" Besichtigungsrecht des Vermieters

Unterschiedlich beurteilt wird allerdings schon der Sachverhalt, ob dem Vermieter auch ohne konkreten Anlass das Recht zu einer regelmäßigen Wohnungsbesichtigung zusteht, etwa alle ein oder zwei Jahre. Solche Besichtigungen können einerseits hilfreich sein, um Mängel, die der Mieter nicht gemeldet hat, kontrollieren und frühzeitig beheben zu können. Andererseits werden durch eine Wohnungsbesichtigung grundrechtlich geschützte Positionen des Mieters berührt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (NJW 2014, 2566) ist der Mieter nur dann verpflichtet, dem Vermieter Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt. Zur Duldung turnusmäßiger Besichtigungen ist der Mieter danach nicht verpflichtet.

 
Konkrete Gründe für die Besichtigung

Damit ist allerdings auch ausgesagt, dass der Mieter Besichtigungen des Vermieters dann dulden muss, wenn es dafür einen konkreten Anlass gibt.

Ein solcher besonderer Anlass ist anzunehmen, wenn Anhaltspunkte für eine Beschädigung der Wohnung oder ein Verstoß gegen die vertragliche Obhutspflicht vorliegen. Solche Anhaltspunkte können gegeben sein, wenn wegen eines muffigen Geruchs ein Verdacht auf Schimmelbildung entsteht oder wenn Feuchtigkeitserscheinungen in der Nachbarwohnung den Verdacht begründen, in der Wohnung des Mieters eine Wasserleitung undicht.

Dem Vermieter steht ein Besichtigungsrecht auch dann zu, wenn er bauliche Maßnahmen plant und zu diesem Zweck die Mieträume betreten muss. In diesen Fällen darf der Vermieter auch fachkundige Personen (Architekten, Handwerker) mitbringen der Vermieter kann sich auf ein Besichtigungsrecht auch dann berufen, wenn das Mietverhältnis endet, etwa, um den Anspruch auf Durchführung von Schönheitsreparaturen vorzubereiten und durchzusetzen oder den Umfang eigener Instandsetzungsmaßnahmen prüfen zu können.

Ebenso verhält es sich, wenn der Vermieter die Wohnung Miet- oder Kaufinteressenten zeigen will: Auch dann muss der Mieter die Besichtigung des Vermieters, zusammen mit dem Kauf- oder Mietinteressenten, dulden. Der Mieter darf allerdings die Besichtigungen auf einen Termin pro Woche und auf eine Dauer von max. 45 Minuten beschränken.

Hat der Erwerber vor dem Kauf die Wohnung nicht besichtigt, steht ihm nach dem Kauf, mit dem er als Vermieterin das Mietverhältnis eintritt, das Recht auf eine erstmalige Besichtigung der Wohnung zu.

 

Fotoaufnahmen nur im Einzelfall

Fotografieren darf der Vermieter bei der Besichtigung nur dann fertigen, wenn dies durch den Besichtigungszweck erforderlich ist, etwa zur Dokumentation eines Schadens. Die Inneneinrichtung des Mieters darf der Vermieter nur dann fotografieren und für Verkaufsanzeigen nutzen (ins Netz stellen), wenn der Mieter damit einverstanden ist.



Schuhe aus, wenn der Mieter darauf besteht

Insgesamt gilt, dass das Besichtigungsrecht möglichst schonend auszuüben ist. Der Vermieter muss, soweit möglich und zumutbar, auf die Interessen des Mieters Rücksicht nehmen. Dazu gehört auch, dass er und seine Begleiter die Wohnung nicht mit Straßenschuhen betreten, wenn der Mieter dies nicht wünscht. Zweckmäßig kann es sein, Plastik-Überschuhe gleich mitzubringen. Mancher Handwerker scheut sich noch immer, die Schuhe auszuziehen. Das Anlegen eines Ganzkörperoveralls kann der Mieter allerdings nicht verlangen!

 

Terminvereinbarung für die Besichtigung

Auch bei der Terminvereinbarung ist auf die Interessen des Mieters Rücksicht zu nehmen. Ist die Besichtigung allerdings eilbedürftig, etwa beim Verdacht auf Schäden, muss der Mieter auch eine kurzfristige Besichtigung akzeptieren. Kann er selbst nicht anwesend sein, muss er Dritte damit beauftragen und bevollmächtigen, die Wohnung zugänglich zu machen.

 

Durchsetzung des Besichtigungsrechts und fristlose Kündigung

Eigenmächtig darf der Vermieter sein Besichtigungsrecht nicht durchsetzen. Sonst kann der Mieter die Polizei zu Hilfe holen. Weigert sich der Mieter, die Besichtigung in angemessener Zeit zu akzeptieren, muss der Vermieter seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in Eilfällen zulässig. Die Hürden sind hoch, der Weg ist mühsam, oft zeitraubend und teuer. Dennoch ist Selbstjustiz keine juristisch akzeptable Alternative.
 

Weigert sich der Mieter auch nach einer Verurteilung, steht dem Vermieter nicht nur das Recht zu, die Besichtigung zwangsweise durch Verhängung von Zwangsgeld durchzusetzen, er kann dann das Mietverhältnis wegen erheblicher Vertragspflichtverletzung fristlos kündigen und damit den widerspenstigen Mieter los werden.

 

Das Betretungsrecht

Vom Besichtigungsrecht zu unterscheiden ist das Betretungsrecht. Das Betretungsrecht der Wohnung besteht, um Messgeräte ablesen zu können, technische Einrichtungen zu überprüfen und in vergleichbaren Fällen. Das Betreten der Wohnung zu diesen Zwecken muss der Mieter gestatten, auch wenn das Betretungsrecht nicht vom Vermieter, sondern von den von ihm beauftragten Fachleuten wahrgenommen wird. In Eilfällen kann der Vermieter das Betretungsrecht im Wege der einstweiligen Verfügung gerichtlich durchsetzen.