Weihnachtsgeld: Wer hat Anspruch auf ein 13. Gehalt?

08.12.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (510 mal gelesen)
Weihnachtskarte,Geldscheine So mancher bekommt zu Weihnachten Extrageld vom Chef. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Anspruch: Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder aus einer sogenannten betrieblichen Übung ergeben. Das Gesetz selbst gibt für einen solchen Anspruch nichts her.

2. Unwirksame Klauseln: Eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach der das Weihnachtsgeld "freiwillig und jederzeit widerruflich" gezahlt wird, ist unwirksam, da nicht klar und unmissverständlich.

3. Längere Krankheit: Stellt das Weihnachtsgeld eine Gegenleistung für geleistete Arbeit dar, darf der Arbeitgeber dieses bei längerem krankheitsbedingten Ausfall anteilig kürzen oder ganz streichen.
Das Weihnachtsgeld stellt eine Sonderzahlung oder Gratifikation dar, die meist im November oder Dezember zusätzlich zum normalen Arbeitslohn gezahlt wird. Im Jahr 2023 erhalten laut Statistischen Bundesamt knapp 86 Prozent aller Tarifbeschäftigten Weihnachtsgeld in Höhe von durchschnittlich 2.800 Euro brutto. Die Sonderzahlung gibt es sogar in Betrieben ohne Tarifbindung, wenn auch seltener. Ihre Höhe unterscheidet sich von Branche zu Branche stark.

Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf Weihnachtsgeld?


Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf das Weihnachtsgeld. Ein Anspruch darauf kann sich jedoch aus dem Arbeitsvertrag ergeben oder aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder aus einer sogenannten betrieblichen Übung. Von einer solchen ist die Rede, wenn der Arbeitgeber mindestens drei Jahre lang hintereinander Weihnachtsgeld in gleicher Höhe oder nach der gleichen Berechnungsmethode gezahlt und es nicht nur unter Vorbehalt gewährt hat.

Darf der Chef das Weihnachtsgeld einfach streichen?


Wenn eine entsprechende „betriebliche Übung“ besteht, darf das Weihnachtsgeld nicht einfach vom Chef beliebig gestrichen werden. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz. Dabei ging es um einen langjährigen Arbeitnehmer ohne schriftlichen Arbeitsvertrag und einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. In dem Betrieb war seit Jahren Weihnachtsgeld bezahlt worden. Zuletzt hatte der Arbeitgeber dies jedoch mit einem Schreiben als Anlage zur Gehaltsabrechnung verbunden, in dem er das Weihnachtsgeld als freiwillig bezeichnete. Der Betrag war jedes Mal unterschiedlich hoch, wurde allerdings immer nach dem gleichen System berechnet. Die Zahlung wurde schließlich eingestellt. Nach dem Urteil handelte es sich hier um eine vorbehaltlose Zahlung: Der Arbeitgeber könne die langjährige betriebliche Übung nicht einseitig abschaffen (Urteil vom 7.4.2011, Az. 5 Sa 604/10).

Keine betriebliche Übung, wenn das Weihnachtsgeld jeweils in unterschiedlicher Höhe gezahlt wird?


Arbeitgeber konnten bis 2015 ohne Weiteres das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern, wenn sie zwar jedes Jahr Weihnachtsgeld zahlten, aber immer in unterschiedlicher Höhe. Dieses Praxis hat das Bundesarbeitsgericht jedoch eingeschränkt: In seinem Urteil vom 13. Mai 2015 hat es festgestellt, dass eine betriebliche Übung auch bei unterschiedlicher Höhe von vorbehaltslosen Sonderzahlungen entstehen kann (Az. 10 AZR 266/14). Insbesondere soll dies dann gelten, wenn die Sonderzahlung abhängig vom Betriebsergebnis ist, welches natürlich jedes Jahr natürlich verschieden ausfällt. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber also die Zahlung nicht so einfach komplett einstellen. Stattdessen muss er jedes Jahr neu entscheiden, wie hoch der Anspruch genau ist.

Ist die Klausel "freiwillig und jederzeit widerruflich" wirksam?


Lange Zeit wurde in Arbeitsverträgen die Formel verwendet "freiwillig und jederzeit widerruflich". Nach dem Bundesarbeitsgericht ist diese jedoch widersprüchlich und kann heute nicht mehr verwendet werden (Urteil vom 14.9.2011, Az. 10 AZR 526/10).
Der Arbeitgeber muss sich klar für einen Freiwilligkeitsvorbehalt oder einen Widerrufsvorbehalt entscheiden. Er muss seine Wahl entsprechend klar und verständlich formulieren. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt ist es nicht ausreichend, das Weihnachtsgeld im Arbeitsvertrag einfach als "freiwillige Leistung" zu bezeichnen – das ist es ja immer. Vielmehr muss im Vertrag eindeutig festgehalten sein, dass durch die Zahlung kein Anspruch für die Zukunft begründet werden soll. Wenn das Weihnachtsgeld nicht arbeitsvertraglich vereinbart ist, kann dies auch in Form eines Schreibens im Rahmen der jeweiligen Zahlungen passieren.

Bekommen auch kranke Arbeitnehmer Weihnachtsgeld?


Ob bei einer längeren Erkrankung das Weihnachtsgeld gekürzt oder dem Mitarbeiter sogar ganz aberkannt werden kann, ist von der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber abhängig. Wenn dieser das Weihnachtsgeld als Teil der Entlohnung für geleistete Dienste zahlt, hat der kranke Beschäftigte schlechte Karten. Arbeit muss schließlich nur bezahlt werden, wenn sie auch geleistet wurde. Nach dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz darf der Chef die Höhe der Zahlung davon abhängig machen, wie lange der Mitarbeiter im jeweiligen Jahr wirklich gearbeitet hat. Dies gilt jedoch nur, wenn das Weihnachtsgeld eine Gegenleistung für geleistete Arbeit darstellte. Im verhandelten Fall ging es um eine Arzthelferin, die ein halbes Jahr lang krankheitshalber nicht gearbeitet hatte. Laut Gericht war damit das Weihnachtsgeld insgesamt „aufgebraucht“ (Urteil vom 26.3.2010, Az. 6 Sa 723/09).

Wird das Weihnachtsgeld als „echte“ Gratifikation gewährt, liegt der Fall anders. Vielleicht wird es als Bonus für Betriebstreue gezahlt? Derartige Zahlungen kommen heute seltener vor und natürlich muss es eine Regelung durch den Arbeitgeber oder eine Vereinbarung geben, aus der dies hervorgeht. Das Weihnachtsgeld kann dann nicht wegen einer längeren Erkrankung gekürzt oder entzogen werden, denn es stellt keinen Teil der Gegenleistung für geleistete Arbeit dar.

Bekommen auch gekündigte Arbeitnehmer Weihnachtsgeld?


Eine gekündigte Arbeitnehmerin zog mit ihrem Verlangen nach einem Weihnachtsgeld von ihrem früheren Arbeitgeber bis vor das Bundesarbeitsgericht (Aktenzeichen 10 AZR 667/10). Sie forderte die Zahlung von Weihnachtsgeld, dass ihr in den vorherigen Jahren jeweils mit der Vergütung für den Monat November ausgezahlt worden war. Aber: Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld war nach ihrem Arbeitsvertrag ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung bereits gekündigt war. Nun hatte der Arbeitgeber ihr zum 31. Dezember gekündigt.

Das Bundesarbeitsgericht entschied: Ob der Chef die Zahlung des Weihnachtsgeldes von einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung abhängig machen kann, hängt von dem mit der Zuwendung verfolgten Zweck ab. Wenn die Zahlung - wie hier - nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gebunden ist, ist eine entsprechende Klausel wirksam. Es müsse jedoch aufgeklärt werden, ob das Arbeitsverhältnis nur gekündigt wurde, um die Weihnachtsgeldzahlung zu vermeiden. Dies wäre dann treuwidrig gewesen. Hier hatte die Arbeitnehmerin vorgetragen, dass ihr nur deshalb gekündigt worden war, weil sie nicht auf die Zahlung des Weihnachtsgeldes verzichten wollte.

Muss das Weihnachtsgeld versteuert werden?


Ja. Weihnachtsgeld wird steuerrechtlich wie ganz normales Arbeitsentgelt behandelt und entsprechend versteuert.

Dürfen Gläubiger das Weihnachtsgeld pfänden?


Eine Lohnpfändung kann durch Gläubiger des Arbeitnehmers direkt beim Arbeitgeber erfolgen. Aber: Das Weihnachtsgeld gehört nicht zum regulären Arbeitslohn. Eine Pfändung des Weihnachtsgeldes ist daher nur eingeschränkt möglich. Hier setzt § 850a Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) Grenzen. Diese Regelung aus dem Zwangsvollstreckungsrecht besagt, dass eine Weihnachtsvergütung bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, maximal jedoch bis zur Höhe von 500 Euro, nicht gepfändet werden kann.

Ist das Weihnachtsgeld durch Kontopfändung in Gefahr?


Eine Kontopfändung können Gläubiger aber auch beim Schuldner selbst veranlassen. Das Weihnachtsgeld kann davon durchaus betroffen sein, wenn der Arbeitgeber es bereits überwiesen hat. Hier bietet das Pfändungsschutzkonto etwas Schutz. Dieses existiert seit 1.7.2010. Verbraucher haben die Möglichkeit, ihr normales Bankkonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln zu lassen. Die Bank hat die Pflicht, dem nachzukommen (allerdings nur bei schon bestehenden Konten). Dann ist das Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto bis zur Höhe des Pfändungsfreibetrages vor einer Kontenpfändung sicher. Der Grundfreibetrag beträgt derzeit 1.178,59 Euro je Kalendermonat. Ansonsten ergeben sich die pfändbaren Beträge aus dem Arbeitseinkommen und den Pfändungstabellen.

Wie rette ich das Weihnachtsgeld mit dem Pfändungsschutzkonto?


Wenn der herkömmliche Pfändungsfreibetrag das Weihnachtsgeld nicht mit abdeckt, droht trotz Pfändungsschutzkonto ein Zugriff der Gläubiger auf das Weihnachtsgeld. Schuldner können jedoch beim Vollstreckungsgericht beantragen, ihren Freibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto um den pfändungsfreien Teil des Weihnachtsgeldes zu erhöhen – also wiederum gemäß § 850a Nr. 4 ZPO um die Hälfte des Arbeitseinkommens, höchstens aber um 500 Euro. Es gibt weitere Erhöhungsmöglichkeiten, wenn der Schuldner und Kontoinhaber zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet ist oder etwa Kindergeld bekommt.

Praxistipp zum Anspruch auf Weihnachtsgeld


Das Thema Weihnachtsgeld hat oft die Gerichte beschäftigt. Bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber kann Sie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten und auch vor dem Arbeitsgericht vertreten.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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