Beratungshilfe: Wie funktioniert Rechtsberatung bei geringem Einkommen?

02.09.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Beratungshilfe,Rechtsberatung,Einkommen,Hilfe Beratungshilfe sorgt für Rechtsberatung auch bei leerer Brieftasche. © Bu - Anwalt-Suchservice

Die Beratungshilfe macht es Menschen mit geringem Einkommen möglich, außerhalb eines Gerichtsprozesses rechtlichen Rat zu bekommen. Was man wissen muss, um sie zu beantragten, erklären wir hier.

Hat man kein Geld, muss aber einen Gerichtsprozess führen, kann man Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen. So kann man die Kosten des eigentlichen Gerichtsverfahrens finanzieren.
Allerdings kommt es häufig vor, dass jemand rechtlichen Rat braucht, ohne dass, oder bevor ein Gerichtsverfahren ansteht. Womöglich geht es zunächst einmal darum, die Chancen für einen Rechtsstreit vor Gericht festzustellen. Vielleicht möchte der Betreffende auch einfach nur wissen, welche Rechte er in einer bestimmten Situation hat. In diesem Fall können Menschen, deren Geld nicht für einen Anwalt reicht, die staatliche Beratungshilfe beanspruchen.

Wofür gibt es die Beratungshilfe?


Beratungshilfe gibt es für eine Rechtsberatung in allen Rechtsangelegenheiten außerhalb eines Gerichtsverfahrens. Dies kann zum Beispiel das Zivilrecht betreffen (etwa Kaufverträge, Mietrecht, Verkehrsunfälle, Nachbarschaftsstreitigkeiten, Scheidungs- und Unterhaltsstreitigkeiten, Erbrecht, Versicherungsansprüche), oder das Arbeitsrecht (z. B. Kündigung, Mobbing, Diskriminierung), oder das Sozialrecht (ALG II, Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) sowie das Strafrecht.

Die Beratungshilfe besteht in der Beratung durch einen Rechtsanwalt und, wenn erforderlich, auch in der (außergerichtlichen) Vertretung. Denn: Manchmal muss ein Anwalt auch ohne Prozess für seinen Mandanten tätig werden. Da kann es zum Beispiel darum gehen, Forderungen geltend zu machen. Oder es muss mit Arbeitgebern oder Behörden verhandelt werden. Wichtig: Im Strafrecht und im Ordnungswidrigkeitenrecht bekommt man Beratungshilfe nur für die Beratung und nicht für eine Vertretung.

Die Rechtsgrundlage ist hier das Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz). Beratungshilfe kann auch für ein sogenanntes obligatorisches Güteverfahren, eine in manchen Fällen vorgeschriebene außergerichtliche Streitschlichtung, gewährt werden.

Wer bekommt Beratungshilfe?


Diese Unterstützung erhält die oder der Betreffende auf Antrag, wenn er
- die nötigen Geldmittel nach seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen nicht selbst aufbringen kann,
- keine anderen, zumutbaren Möglichkeiten hat, um an Rechtsrat zu kommen (zum Beispiel eine Mitgliedschaft in einem Mieterverein),
- die Wahrnehmung seiner Rechte nicht mutwillig ist.

Wer für einen Prozess Prozesskostenhilfe ohne eigene Beiträge erhalten würde, kann nach dem Beratungshilfegesetz auch vorher die Beratungshilfe in Anspruch nehmen.

Wann bekommt man keine Beratungshilfe?


Man muss schon tatsächlich ein rechtliches Problem haben, um staatliche Hilfe bei dessen Lösung beanspruchen zu können. Ein sogenannter Mutwille führt dazu, dass der Antrag abgelehnt wird. Als mutwillig gelten Rechtsfragen, mit denen der Betreffende selbst nicht zum Anwalt gehen würde, wenn er Geld hätte und die Beratung selbst bezahlen müsste.

Beratungshilfe erhält man außerdem nicht, wenn
- der Antragsteller wegen der gleichen Angelegenheit schon einmal Beratungshilfe erhalten hat,
- wenn er sich problem- und kostenlos auch woanders beraten lassen könnte: Auch Mietervereine und Gewerkschaften geben ihren Mitgliedern Rechtsberatung. Und auch Sozialämter, Arbeitsagenturen und Jugendämter erteilen Auskünfte mit rechtlichem Bezug.
- Natürlich gibt es Beratungshilfe auch nur, wenn keine Rechtsschutzversicherung zahlt.

Wer berät?


Die Beratung findet durch Rechtsanwälte statt. Es können jedoch auch Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Rentenberater in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen Beratungshilfe leisten, soweit sie dazu ermächtigt sind, Rechtsberatung zu erteilen.

Wo und wie beantragt man Beratungshilfe?


Beantragen kann man die Beratungshilfe schriftlich oder mündlich beim Amtsgericht am eigenen Wohnort. Man muss angeben, wofür man die Beratungshilfe braucht.

Beizufügen sind dem Antrag:

- eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere Angaben zu Familienstand, Beruf, Vermögen, Einkommen und Zahllasten, mit entsprechenden Belegen und
- eine Versicherung des Rechtsuchenden, dass ihm in derselben Angelegenheit Beratungshilfe bisher weder gewährt noch verweigert wurde, und dass in dieser Sache auch noch kein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder anhängig war.

Bei einem erfolgreichen Antrag bekommt der Antragsteller einen Beratungshilfeschein. Damit kann er oder sie zum Anwalt seiner Wahl gehen. Der Rechtsanwalt rechnet dann direkt mit dem Gericht ab.

Welche Besonderheiten gibt es in einigen Bundesländern?


In den Bundesländern Bremen und Hamburg gibt es anstelle der Beratungshilfe eine öffentliche Rechtsberatung. Dort können Ratsuchende also eine besondere, öffentliche Rechtsberatungsstelle aufsuchen. Auch Streitschlichtung und Mediation werden angeboten. Im Bundesland Berlin können Rechtsuchende zwischen der öffentlichen Rechtsberatung und der Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz wählen.

Praxistipp zur Beratungshilfe


Für Menschen mit geringem Einkommen ist die Beratungshilfe eine wertvolle Möglichkeit, um eine Rechtsberatung bei einem Rechtsanwalt zu erhalten. Wenn es dagegen um die Kosten für einen Rechtsstreit geht, kann Prozesskostenhilfe beantragt werden. Darauf wird Sie dann aber auch Ihr beratender Anwalt hinweisen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
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