Was zahlt die Rechtsschutzversicherung – und was nicht?

15.09.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (4847 mal gelesen)
Mann,Frau,Büro Eine Rechtsschutzversicherung sollte auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sein. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Deckung und Wartezeiten: Eine Rechtsschutzversicherung zahlt nur für solche Rechtsfälle, die im Versicherungsvertrag explizit als gedeckt aufgeführt sind und nach Ablauf einer bestimmten Wartezeit eintreten.

2. Ausschlussgründe: Viele Rechtsschutzversicherungen schließen bestimmte Bereiche aus, wie beispielsweise strafrechtliche Verteidigung bei vorsätzlich begangener Tat oder spezielle Streitfälle, wie z.B. die Bauherren-Rechtsschutz.

3. Erfolgsaussichten: Die Versicherung übernimmt üblicherweise nur dann die Kosten, wenn der Rechtsfall hinreichende Erfolgsaussichten bietet. Das heißt, die Versicherung prüft im Vorfeld die Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang des Rechtsstreits.
Ganz allgemein gesprochen schützt eine Rechtsschutzversicherung vor den Kosten, die jedem von uns durch die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen entstehen können. Bei Rechtsstreitigkeiten entstehen Kosten für Gericht und Rechtsanwalt. Deren Höhe hängt unter anderem vom Streitwert des Verfahrens ab und kann schnell einen hohen Betrag ausmachen. Wird der Versicherungsnehmer zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, ist der Schadensersatz selbst nicht im Versicherungsumfang enthalten. Ebenso sind Bußgelder oder Geldstrafen nicht versichert. Die meisten Rechtsschutzversicherer bieten Privatpersonen eine Standard-Versicherung an, die viele Risiken abdeckt. Daneben gibt es jedoch verschiedene spezielle Rechtsschutzversicherungen oder Versicherungsbausteine, die man zusätzlich gegen Aufpreis abschließen kann.

Was deckt eine Rechtsschutzversicherung ab?


Der Umfang einer Rechtsschutzversicherung ergibt sich aus dem jeweiligen Versicherungsvertrag. Viele Infos finden sich auch bereits auf der Homepage des in die engere Wahl gezogenen Anbieters.

Üblich ist, dass die Rechtsschutzversicherung sowohl Klagen abdeckt, die gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden, als auch solche, die er selbst erhebt. Eine private Rechtsschutzversicherung hat in der Regel folgende Bausteine:

- Vertragsstreitigkeiten (Streitigkeiten aus privaten Verträgen des Alltags, etwa Onlineauktion, Darlehensvertrag),
- Schadensersatzklagen (nur für den Kläger, der Beklagte ist oft über Haftpflichtversicherungen abgesichert),
- Strafsachen (Verfahren wegen fahrlässiger Verletzung von Strafgesetzen, Bußgeldverfahren),
- Arbeitsrecht (zum Beispiel Kündigungsschutzprozess),
- Verkehrsrecht: Etwa Streit mit der Verkehrsbehörde um den Führerschein. Aber meist keine rechtlichen Schritte gegen Parktickets.
- Sozialrecht (Klage, weil dem Versicherungsnehmer zum Beispiel kein Arbeitslosengeld gezahlt wird oder die Krankenversicherung nicht zahlt). Häufig ist keine Erstberatung, sondern nur der Prozess versichert.
- Steuern (Prozess wegen Steuern oder kommunalen Abgaben vor deutschem Finanzgericht oder Verwaltungsgericht).
- Außergerichtliche Beratung: Viele Versicherungen bezahlen auch die Kosten für eine außergerichtliche Beratung beim Rechtsanwalt. Hier lohnt jedoch ein Blick in die Police.
- Disziplinar- und Standesrecht: Zum Beispiel Dienstvergehen von Beamten.

Bei manchen Rechtsschutzversicherungen können sich die Versicherungsnehmer Bausteine nach Wahl zusammenstellen.

Was zahlt eine Rechtsschutzversicherung?


Meist deckt eine Rechtsschutzversicherung die Rechtsanwaltskosten nach der gesetzlichen Gebührenordnung ab. Auch übernimmt sie die Gerichtskosten sowie die Kosten für den Gerichtsvollzieher. Abgedeckt sind zusätzlich in der Regel die vom Gericht erhobenen Auslagen für Sachverständige und Zeugen sowie die Gerichts- und Anwaltskosten des Prozessgegners, sofern der Versicherungsnehmer dazu verurteilt wird, diese zu tragen. Häufig zahlt die Versicherung sogar die Kaution in einem Strafverfahren. Dies ist dann jedoch meist ein Darlehen, und die Höhe der Kautionssumme ist vertraglich begrenzt.

Was deckt die Rechtsschutzversicherung nicht ab?


Vom Versicherungsschutz sind schon aus Kostengründen üblicherweise einige Bereiche ausgeschlossen, in denen besonders viel und teuer prozessiert wird. Dazu zählen zum Beispiel:

- Bauprozesse (Rechtsstreit wegen Baumängeln, Kauf von Bauland, Streitigkeiten mit dem Architekten).
- Gerichtsverfahren im Familienrecht und Erbrecht (Scheidung, Sorgerecht, Unterhalt, Testament). Zum Teil wird eine Erstberatung bezahlt, wenn diese tatsächlich unbedingt nötig ist.
- Kollektives Arbeitsrecht: Streit um Mitbestimmung im Betrieb oder betriebliche Regelungen des Arbeitgebers.
- Strafverfahren wegen einer vorsätzlichen Straftat.
- Verfahren vor ganz bestimmten Gerichten (Bundesverfassungsgericht, internationale Gerichtshöfe).

Welche Rolle spielt das Abschlussdatum der Rechtsschutzversicherung?


Wichtig zu wissen: Eine Rechtsschutzversicherung deckt nur Rechtsstreitigkeiten ab, die nach Abschluss der Versicherung begonnen haben. Wenn also zum Beispiel ein Nachbarschaftsstreit schon länger läuft, nützt den Beteiligten eine nach Beginn des Streits abgeschlossene Rechtsschutzversicherung gar nichts. Manche Rechtsschutzversicherer verlangen auch, dass bei bestimmten Verfahren eine dreimonatige Wartezeit zwischen Versicherungsabschluss und dem Beginn der jeweiligen Streitigkeit liegt.

Welche Rechtsstreitigkeiten müssen gesondert versichert werden?


Manche Arten von Streitigkeiten sind in einer Standard-Rechtsschutzversicherung nicht enthalten. Sie müssen über gesonderte Vertragsbausteine zusätzlich versichert werden. Dazu gehören zum Beispiel:

- Streitigkeiten rund um Wohnung und Haus. Je nachdem, wie eine Immobilie genutzt wird, benötigt man eine besondere Versicherung. Dies kann zum Beispiel Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter um eine Mietminderung oder unter Nachbarn um Lärmbelästigung betreffen.
- Mietrechtliche Streitigkeiten für Mieter, etwa über Kündigung, Mietminderung oder Mieterhöhung.
- Auseinandersetzungen um Kapitalanlagen.

VW-Abgasskandal: Von der Rechtsschutzversicherung abgedeckt?


2017 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass eine Rechtsschutzversicherung ihrem Versicherungsnehmer eine Deckungszusage erteilen muss, wenn dieser die Volkswagen AG auf Rückabwicklung seines Autokaufvertrages wegen des Abgasskandals verklagen will.

Die Rechtsschutzversicherung hatte sich hier zuerst geweigert, vor dem Prozess eine Zusage für die Deckung der Prozesskosten zu erteilen. Der Grund: Das Verfahren habe zu wenig Aussicht auf Erfolg. Das Auto sei vollkommen funktionsfähig und nicht mangelhaft. Es sei keine genaue Bezifferung des Schadens möglich.

Das OLG war anderer Meinung: Zu diesem Zeitpunkt hatten schon mehrere Landgerichte Klägern Ansprüche gegen die Volkswagen AG zugestanden. Es seien daher ausreichende Erfolgsaussichten vorhanden. Der Versicherungsnehmer müsse sich auch nicht darauf verweisen lassen, irgendwann später wegen einer möglichen Wertminderung seines Fahrzeugs auf Schadensersatz zu klagen (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 21.9.2017, Az. I-4 U 87/17).

Praxistipp zur Rechtsschutzversicherung


Meist bieten Rechtsschutzversicherungen bestimmte Leistungspakete an, die sich von Gesellschaft zu Gesellschaft deutlich unterscheiden können. Hier sollten Versicherungskunden genau vergleichen und eine Versicherung aussuchen, die auf ihre besondere Situation und ihre individuellen Risiken zugeschnitten ist. Wenn es zum Streit mit der Versicherung kommen sollte, kann ein Fachanwalt für Versicherungsrecht helfen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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