Mietvertrag: Wann darf der Vermieter dem Mieter fristlos kündigen?

04.10.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Fristlose Kündigung Die fristlose Kündigung eines Mietvertrages ist nicht immer zulässig. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Erhebliche Pflichtverletzung: Eine fristlose Kündigung des Mietvertrags droht, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten erheblich verletzt, z.B. durch wiederholten Zahlungsverzug oder erhebliche Schäden an der Mietwohnung.

2. Störung des Hausfriedens: Der Vermieter kann dem Mieter fristlos kündigen, wenn dieser den Hausfrieden nachhaltig stört, z.B. durch wiederholte, extreme Lärmbelästigung oder aggressives Verhalten gegenüber Nachbarn.

3. Unzulässige Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung: Vermietet der Mieter die Wohnung ohne Erlaubnis des Vermieters unter oder überlässt sie Dritten komplett, ist der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt.
Mieter profitieren in Deutschland von einem sehr starken gesetzlichen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ihres Mietvertrages kann ordentlich (mit gesetzlicher Frist) oder außerordentlich (in der Regel fristlos) erfolgen. Beides ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die außerordentliche Kündigung ist als letztes Mittel vorgesehen, wenn nichts anderes mehr hilft. In besonderen Fällen kann sie jedoch auch sehr schnell möglich werden. In diesem Rechtstipp erklären wir, wann dies der Fall ist.

Wann ist eine fristlose Kündigung des Mietvertrages möglich?


Das Gesetz erlaubt in mehreren ganz bestimmten Fällen ausdrücklich eine fristlose Kündigung. Dazu gehören zum Beispiel bestimmte Mietrückstände. Andererseits ist eine fristlose Kündigung generell immer erlaubt, wenn der Vermieter einen wichtigen Grund dafür hat. Dabei muss es für ihn – unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall – nicht zumutbar sein, das Mietverhältnis auch nur noch während der Laufzeit der gesetzlichen Kündigungsfrist weiter fortzusetzen.

Kündigung: Welche konkreten Fälle nennt das Gesetz?


§ 543 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) listet insbesondere drei Fälle auf, in denen der Vermieter fristlos kündigen darf:

1. der Mieter vernachlässigt seine Sorgfaltspflichten so stark, dass die Mietwohnung erheblich gefährdet wird,
2. der Mieter überlässt seine Mietwohnung unbefugt einem Dritten,
3. bei folgenden Mietrückständen:
a) Der Mieter ist für zwei aufeinander folgende Termine mit der Miete oder einem nicht unerheblichen Teil der Miete (mehr als eine Monatsmiete) in Verzug oder
b) der Mieter ist in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Was bedeutet "Vernachlässigung von Sorgfaltspflichten"?


Auch ohne besondere Absprache im Mietvertrag sind Mieter dazu verpflichtet, sorgsam mit der Wohnung umzugehen und Schäden daran nach Möglichkeit zu vermeiden. Dies bezeichnet man auch als eine mietvertragliche Nebenpflicht.

Beispiel: Das Landgericht Nürnberg-Fürth bestätigte die außerordentliche Kündigung durch einen Vermieter. Dessen Mieter hatte seine Wohnung stark verwahrlosen lassen. Die komplette Wohnung war verschmutzt, das Bad unbenutzbar, ein Zimmer durch Gerümpel nicht mehr zu betreten und geheizt wurde nur noch in der Küche per Elektroheizer (Az. 1 C 321/15).

Bei sogenannten Messie-Wohnungen gibt es einige Besonderheiten. Hier reichen Unordnung oder das Sammeln von trockenen alten Zeitungen allein nicht aus, um das Mietverhältnis zu kündigen. Schließlich hat der Mieter allein in der Wohnung das Hausrecht und kann entscheiden, wie ordentlich er es haben möchte. Für eine Kündigung muss schon eine Gefährdung der Mietsache oder eine massive Störung anderer Hausbewohner vorliegen. Dazu kann es zum Beispiel durch Lagerung von Feuchtabfällen in der Wohnung kommen, durch Befall mit Ungeziefer, Gestank oder Feuchtigkeitsschäden.

Wann liegt eine unbefugte Gebrauchsüberlassung vor?


Eine außerordentliche, fristlose Kündigung kann auch im Fall einer unbefugten Gebrauchsüberlassung an Dritte oder einer Untervermietung ohne Erlaubnis des Vermieters gerechtfertigt sein.

Dazu muss man wissen: Für eine Untervermietung auch einzelner Zimmer benötigen Mieter immer die Erlaubnis des Vermieters. Der Vermieter ist zwar in bestimmten Fällen verpflichtet, diese zu erteilen. Das heißt aber nicht, dass man ihn gar nicht erst fragen müsste. Von einer Gebrauchsüberlassung an Dritte geht man meist dann aus, wenn ein Mieter seine Wohnung einer anderen Person auf Dauer zur alleinigen Nutzung überlässt, die dann dort ihren Lebensmittelpunkt hat.

Komplizierter wird es bei der Aufnahme zusätzlicher Personen. Denn: Mieter dürfen auch ohne Erlaubnis des Vermieters Besuch empfangen, und zwar grundsätzlich für etwa sechs Wochen. Besucher dürfen auch einen Schlüssel bekommen und sich in Abwesenheit des Mieters in der Wohnung aufhalten. Bleibt ein Besucher über diese Zeitspanne hinaus in der Wohnung, hängt es vom Verwandtschaftsgrad ab, ob dies noch unter "Besuch" fällt. Jedenfalls hat der Vermieter nach sechs Wochen das Recht, nachzufragen, ob jemand auf Dauer eingezogen ist.

Der Vermieter muss informiert werden, wenn der Mieter nächste Angehörige (etwa Eltern, Kinder, Ehegatten) mit einziehen lässt. Untersagen kann er dies jedoch nicht - außer, die Wohnung wird überbelegt. Es ist jedoch möglich, dass der oder die neuen Mitbewohner in die Betriebskostenumlage einbezogen werden müssen, wenn einzelne Kostenpositionen nach der Personenzahl abgerechnet werden. Andere Personen als engste Angehörige dürfen ohne Erlaubnis des Vermieters nicht dauerhaft mit einziehen.

In Großstädten ist die Vermietung an wechselnde Feriengäste ein wichtiges Thema. Auch sie kann eine unbefugte Gebrauchsüberlassung oder eine unbefugte Untervermietung darstellen. Eine vom Vermieter erteilte allgemeine Erlaubnis zur Untervermietung deckt eine Nutzung als Ferienwohnung nicht ab. Die Erlaubnis des Vermieters muss sich auf genau das beziehen, was auch tatsächlich stattfindet.

Wann kann der Vermieter wegen Mietrückständen kündigen?


Bei den oben genannten Mietrückständen darf der Vermieter eine fristlose Kündigung aussprechen. Wichtig: Der Vermieter muss den Mieter in diesem Fall nicht vorher abmahnen. Auch kann eine fristlose Kündigung bei mehrfach unpünktlicher Mietzahlung erlaubt sein. Dann allerdings darf der Vermieter nicht kündigen, ohne dass er den Mieter zuvor - erfolglos - abgemahnt und zur pünktlichen Zahlung aufgefordert hat.

Übrigens: Der Vermieter eines Hartz-IV-Empfängers darf diesem NICHT kündigen, weil das Jobcenter ihm die Miete auf direktem Wege jedes Mal mit Verspätung überweist. Schließlich ist daran nicht der Mieter schuld (Bundesgerichtshof, 21.10.2009, Az. VIII ZR 64/09).

Wann ist eine fristlose Kündigung wegen Vertragsverletzung möglich?


Es geht jedoch nicht immer um Geld. Vermieter dürfen ggf. auch dann fristlos kündigen, wenn der Mieter andere mietvertragliche Pflichten verletzt.

Beispiele:

- Verstöße gegen den Hausfrieden (Streit, Beleidigungen, Drohungen, Tätlichkeiten),
- massive und wiederholte Verstöße gegen die Hausordnung (Lärm, Ruhezeiten),
- übermäßige oder unzulässige Tierhaltung (Kampfhundehaltung trotz Verbot, 50 Katzen),
- vertragswidrige Nutzung der Wohnung für Gewerbe (unzulässig nur Gewerbe mit Wirkung nach außen, Kundenbesuch, Mitarbeiter).

In derartigen Fällen hängt es von der Schwere der Pflichtverletzung ab, ob eine fristlose Kündigung zulässig ist oder ob nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden darf. In der Regel ist bei solchen Vertragsverstößen durch ein Verhalten des Mieters allerdings eine vorherige Abmahnung des Mieters mit Fristsetzung zum Abstellen des jeweiligen Zustandes nötig. Erst, wenn der Mieter auf eine oder sogar mehrere Abmahnungen nicht reagiert hat, darf der Vermieter ihm kündigen.

Anders verhält es sich bei Straftaten gegen den Vermieter oder andere Hausbewohner oder in Fällen grober Beleidigungen oder körperlicher Angriffe. Dann erlauben die Gerichte regelmäßig eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung.

Sprengmittel gegen Rattenplage: fristlose Kündigung?


Ein Mieter hatte sich über Ratten im Garten des Mehrfamilienhauses geärgert. Seine Lösung: Er besorgte sich sogenannte Polenböller und ummantelte diese zusätzlich mit Glasscherben. Bis zum Einsatz lagerte er die Böller in seiner Wohnung. Sein Plan wurde jedoch bekannt. Dies führte zu einer Strafanzeige und einer Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. Als der Vermieter davon erfuhr, kündigte er ihm fristlos. Der Mieter weigerte sich jedoch, auszuziehen. Er verstand die ganze Aufregung nicht - seine Methode werde doch allgemein zur Rattenbekämpfung angewandt.

Das Amtsgericht Hannover war da anderer Meinung. Die Lagerung und der geplante Einsatz der Sprengkörper hätten die Bausubstanz des Gebäudes bedroht und die Gesundheit der anderen Mieter ernsthaft gefährdet. Die Ummantelung mit Glasscherben zeige, dass der Mieter sich keine Gedanken darüber gemacht habe, welche Gefahren er für andere verursache. Das Gericht bestätigte die fristlose Kündigung ohne Abmahnung. Auch erinnerte es daran, dass der Mieter sich wegen einer Bekämpfung der Rattenplage an den Vermieter hätte wenden müssen (Urteil vom 4.5.2020, Az. 474 C 13200/19).

Wann findet eine außerordentliche Kündigung mit Frist statt?


Eine außerordentliche Kündigung ist nicht immer fristlos. In bestimmten Fällen kann sie auch befristet sein. Man nennt sie trotzdem "außerordentlich", weil dies Sonderfälle betrifft. Die Frist beträgt dann standardmäßig drei Monate und verlängert sich für den Vermieter nicht abhängig von der Mietdauer. Dies regelt § 573d des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Beispiele für Fälle der außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist:

- Mietverträge über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren können nach 30 Jahren außerordentlich mit Frist gekündigt werden,
- beim Tod eines Mieters treten Angehörige oder auch andere Personen, die mit ihm einen gemeinsamen Haushalt geführt haben, in den Mietvertrag ein (§ 563 BGB). Wenn jedoch niemand mit im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, treten die Erben in das Mietverhältnis ein. Hat der Vermieter konkrete Einwände gegen die eintretende Person, kann er das Mietverhältnis außerordentlich mit Frist kündigen.

Praxistipp zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages


Der Vermieter darf seinen Mieter auch bei einer außerordentlichen (meist fristlosen) Kündigung nicht einfach sofort vor die Tür setzen. Er braucht ein gerichtliches Räumungsurteil, muss also zunächst auf Räumung klagen. Ist seine Klage erfolgreich, räumt das Gericht dem Mieter auf Antrag in der Regel eine Räumungsfrist ein. Nach deren Ende kann der Vermieter den Gerichtsvollzieher mit der Räumung beauftragen. Der Mieter kann in Härtefällen der Räumung widersprechen. Haben Sie Zweifel an der Zulässigkeit der Kündigung ihres Mietvertrages? Dann sollten Sie sich baldmöglichst von einem Fachanwalt für Mietrecht beraten lassen!

(Wk)


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