Christbaum in Flammen: Wann haften Mieter?

24.12.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Feuerwehr,Drehleiter Wenn es brennt, haftet womöglich der Mieter © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Schadensregulierung: Für den durch einen Weihnachtsbaumbrand entstandenen Schaden an der Wohnung bzw. dem Haus, kommt zunächst die Wohngebäudeversicherung des Vermieters auf.

2. Regress beim Mieter: Hat der Mieter den Brand mindestens grob fahrlässig verschuldet, kann die Gebäudeversicherung Regress beim Mieter nehmen, sich die Schadenssumme also zurückholen.

3. Grobe Fahrlässigkeit: Verletzt jemand die erforderliche Sorgfaltspflicht in besonders schwerem Maße, liegt grobe Fahrlässigkeit vor. Konkret bedeutet das, dass die Person grob unachtsam handelt und das missachtet, was in der konkreten Situation jedem klar einleuchtet, was (nicht) zu tun ist.
Die Feuerwehr hat jedes Jahr aufs Neue in der Weihnachtszeit viel Arbeit. Immer wieder kommt es zu Bränden, die häufig von den Kerzen am Weihnachtsbaum verursacht werden, aber auch vom Adventskranz oder einem Ziergesteck mit Kerze. So manches Deko-Gesteck besteht aus gut brennbaren Tannenzweigen und trockenem Moos. Diese Materialien fangen leicht Feuer. Der Versicherungsverband GDV registriert durchschnittlich 6.000 Brände im Jahr in der Advents- und Weihnachtszeit, zusätzlich zum normalen Durchschnitt. 2023 betrug der Schadensmehraufwand 27 Millionen Euro, 2024 waren es 31 Millionen. Die Gefahr durch offene Flammen in einer weihnachtlich geschmückten Wohnung wird von vielen Menschen unterschätzt. Feuerwehr-Videos im Internet zeigen anschaulich, dass ein trockener brennender Christbaum ein Zimmer in etwa 30 Sekunden vollständig in Brand setzen kann.

Wie ist das Verhältnis Mieter – Vermieter – Versicherung?


Wenn es in einer Mietwohnung gebrannt hat, reguliert zunächst die Wohngebäudeversicherung des Vermieters den Schaden an der Wohnung. Diese bezahlt jedoch nicht die zerstörten Sachen des Mieters. Wenn der Mieter den Brand verschuldet hat, kann der Vermieter von ihm Schadensersatz verlangen. Nach § 86 des Versicherungsvertragsgesetzes gehen seine Ansprüche auf die Versicherung über. Diese verklagt dann oft den Mieter.

Die Versicherung kann sich also auf diesem Weg das gezahlte Geld vom Mieter zurückholen. Nach dem Bundesgerichtshof können solche Ansprüche allerdings nur geltend gemacht werden, wenn der Mieter den Brand vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Bei einer einfachen Fahrlässigkeit kann die Versicherung den Mieter also nicht in Regress nehmen. Für das Bestehen eines Regressanspruches spielt es keine Rolle, ob der Mieter eine Privathaftpflichtversicherung hat. Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof bereits 2001 aufgestellt (Urteil vom 14.2.2001, Az. VIII ZR 292/98).

Die Wohngebäudeversicherung des Vermieters hat mit Schäden am Eigentum des Mieters nichts zu tun. Dessen bewegliche Wohnungseinrichtung wie Möbel, Kleidung oder Elektronik ist über die Hausratsversicherung des Mieters versichert, sofern er eine abgeschlossen hat. Die Hausratsversicherung kann ihre Zahlung verweigern, wenn das Feuer durch grobe Fahrlässigkeit ausgelöst wurde.

Welche Pflichten hat der Vermieter nach einem Brand?


Grundsätzlich muss jeder Vermieter dafür sorgen, dass die Mietwohnung bewohnbar ist. Dies ist eine seiner Grundpflichten aus dem Mietvertrag. Laut Bundesgerichtshof muss der Vermieter sogar dann die Bewohnbarkeit wiederherstellen, wenn der Mieter den Wohnungsbrand selbst verursacht hat (Urteil vom 19.11.2014, Az. VIII ZR 191/13).

Im damaligen Fall vor dem BGH ging es um leichte Fahrlässigkeit: Die kleine Tochter des Mieters hatte auf dem Herd Speiseöl erhitzt und dabei die Küche in Brand gesetzt. Der Vermieter wollte den Schaden nicht seiner Gebäudeversicherung melden, weil er eine Erhöhung seiner Beiträge befürchtete. Er verlangte daher von seinem Mieter, dass dieser den Schaden selbst tragen und die Wohnung auch selbst wieder in Ordnung bringen solle. Der Mieter entgegnete, dass er die Beiträge für die Wohngebäudeversicherung ja selbst bezahlt habe – im Rahmen der Betriebskosten der Wohnung.

Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden:

- Ein Mieter kann vom Vermieter erwarten, dass dieser den Schaden gegenüber seiner vom Mieter bezahlten Wohngebäudeversicherung geltend macht.
- Bei leichter Fahrlässigkeit besteht kein Regressanspruch gegen den Mieter.
- Der Mieter darf für die Zeit bis zur Beseitigung der Schäden die Miete mindern.

Was heißt “grob fahrlässig”?


Wenn Sorgfaltspflichten besonders grob missachtet werden, spricht man von “grober Fahrlässigkeit”. Das bedeutet, dass jemand eine Vorsichtsmaßnahme außer Acht gelassen hat, die unter den gegebenen Umständen jedem hätte einleuchten müssen.

Beispiel: Das Amtsgericht St. Goar sah das Verhalten eines Mieters als grob fahrlässig an. Dieser hatte für zehn Minuten seine Wohnung verlassen, um sich draußen mit jemandem zu unterhalten. Inzwischen brannten in der Wohnung die Kerzen am trockenen Adventskranz. Auch gab es eine verspielte, junge Katze. Diese Zutaten führten zu einem Wohnungsbrand. Danach erwartete der Mieter von seiner Hausratsversicherung Ersatz für seine verbrannte Wohnungseinrichtung. Die Versicherung sah sein Verhalten jedoch als grob fahrlässig an. Laut Gericht durfte sie tatsächlich ihre Leistungen verweigern (Urteil vom 13.11.1997, Az. 3 C 278/97).

Weihnachtsbaum in Flammen


Das Landgericht Oldenburg befasste sich mit dem folgenden Fall: Ein Ehepaar hatte am 9. Januar ein verwandtes Paar zu Gast gehabt. Während das Abendessen vorbereitet wurde, brannten bereits frische Kerzen an der als Weihnachtsbaum aufgestellten Nordmanntanne. Nun fiel entweder eine Kerze oder ein am Baum hängender Ziergegenstand herunter und der Baum fing Feuer. Der im Wohnzimmer anwesende Gast rief sofort um Hilfe, konnte aber keinen Löschversuch unternehmen, da keine Löschmittel bereitstanden. Der Hausherr eilte herbei und riss die Terrassentür auf, um den brennenden Baum nach draußen zu schaffen. Die Frischluftzufuhr fachte das Feuer so sehr an, dass dies misslang. Auch der Versuch der beiden Frauen, das Feuer mit Wasser in Kochtöpfen zu löschen, war erfolglos.

Am Ende entstand am Haus ein Schaden von 155.000 Euro, am Hausrat ein Schaden von rund 100.000 Euro und durch Aufräumarbeiten und behördliche Auflagen ein weiterer Schaden von rund 31.000 Euro. Die Gebäude- und Hausratsversicherung des Hauseigentümers wollte nur 60 % zahlen, da der Schaden grob fahrlässig verursacht worden sei. Der Baum sei am 9. Januar schon zu trocken gewesen, um noch die Kerzen anzuzünden. Es hätten keine Löschmittel bereitgestanden. Die Kerzen seien nicht richtig befestigt gewesen. Der Versuch, den Baum nach draußen zu ziehen, habe alles verschlimmert.

Das Gericht sah dies anders. Es sei nicht nachgewiesen, dass das Feuer durch eine unsachgemäß befestigte Kerze verursacht worden sei. Ein besonderes Maß an Unbesonnenheit beim Befestigen der Kerzen sei nicht feststellbar. Zwar sei der Baum besonders trocken gewesen. Trotzdem sei das Anzünden der Kerzen noch keine grobe Fahrlässigkeit. Es sei nicht unüblich, dass Baumkerzen auch noch 18 Tage nach dem Aufstellen des Baumes angezündet würden. Der Baum sei durchgehend beaufsichtigt worden. Das Fehlen von Löschmitteln sei zwar sorgfaltswidrig, aber noch kein Außerachtlassen aller Sorgfalt im Sinne grober Fahrlässigkeit. Der Versuch, den Baum nach draußen zu schaffen, sei eine reflexartige falsche Schutzmaßnahme gewesen, die man dem Hausherrn nicht vorwerfen könne.

Letztlich musste die Versicherung daher den gesamten Schaden bezahlen (Urteil vom 8.7.2011, Az. 13 O 3296/10).

Ist ein Kind als Aufsichtsperson für offene Flammen geeignet?


Das Amtsgericht Eisenhüttenstadt betonte etwas eigentlich Selbstverständliches: Kinder sind keine geeigneten Aufsichtspersonen für offenes Feuer. Das Gericht betrachtete das Verhalten eines Vaters als grob fahrlässig, der seine sechsjährige Tochter mit der Beaufsichtigung einer brennenden Weihnachtspyramide betraut hatte. Er selbst nahm in der Zwischenzeit in aller Ruhe ein Bad. Das Kind war der Aufgabe offenbar nicht gewachsen: Die Wohnung geriet in Brand. In diesem Fall musste die Versicherung nicht zahlen (Urteil vom 17.06.2002, Az. 6 C 566/01).

Wunderkerze entzündet Weihnachtsbaum


Das OLG Frankfurt beschäftigte sich mit Wunderkerzen. Diese hatte ein Au-pair-Mädchen auf Wunsch der Kinder der Familie angezündet. Die Kinder liefen damit sofort in das Zimmer mit dem Weihnachtsbaum. Als sie diesem mit den Wunderkerzen zu nahe kamen, erfolgte eine explosionsartige Durchzündung des Weihnachtsbaumes und das ganze Haus brannte ab. Das Gericht entschied: Das Au-pair-Mädchen habe nicht damit rechnen müssen, dass eine Wunderkerze derartige Folgen haben könne. Ihr Verhalten sei nicht grob fahrlässig gewesen. Die Versicherung hatte zu zahlen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.5.2006, Az. 3 U 104/05).

Ablenkung durch den Hund


Das Verhalten eines Hundebesitzers wurde jedoch als grob fahrlässig angesehen. Dieser hatte morgens als Erstes die Kerzen am Adventskranz angezündet. Dann hatte er draußen nach seinem Hund gesehen, der sich dort in einem Zwinger befand. Als er Hund und Zwinger großzügig mit Kot verschmutzt vorfand, startete er sofort eine Reinigungsaktion. An den brennenden Adventskranz in der Wohnung dachte er dabei nicht mehr. Die Folge war ein Zimmerbrand mit einem Schaden von 8.600 Euro. Die Hausratsversicherung musste nicht zahlen: Das Gericht betrachtete das Verhalten des Mannes als grob fahrlässig. Den Adventskranz mit brennenden Kerzen hätte er nicht für eine halbe Stunde unbeaufsichtigt lassen dürfen (LG Krefeld, Urteil vom 20.4.2006, Az. 5 O 422/05).

Sexuelle Ablenkung vor dem Frühstück


Das Landgericht Mönchengladbach entschied, dass eine Hausratversicherung für einen Brandschaden aufkommen musste. Der Brand war entstanden, weil der Versicherungsnehmer den Frühstückstisch gedeckt und die Kerzen auf dem Adventskranz angezündet hatte, bevor er seine Partnerin wecken ging. Allerdings erlag er dabei ihren körperlichen Vorzügen. Während beide anderweitig miteinander beschäftigt waren, brannten die Kerzen am Adventskranz herunter. Als die Flammen den Tannenzweigen zu nahe kamen, geriet das Wohnzimmer in Brand. Zwar konnte der Mann mit einem Feuerlöscher einen größeren Brand verhindern. Allein durch den Rußniederschlag entstand jedoch in dem Einfamilienhaus bereits ein hoher fünfstelliger Schaden.

Das Gericht sah das Verhalten des Mannes nicht als grob fahrlässig an. Schließlich habe er nicht geplant, den Adventskranz so lange unbeaufsichtigt zu lassen. Er habe mit der Ablenkung vor dem Frühstück nicht rechnen müssen (Urteil vom 30.7.1998, Az. 10 O 141/98). Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte dies in der nächsten Instanz (Urteil vom 21.9.1999, Az. 4 U 182/98).

Für welche Schäden kommt die private Haftpflichtversicherung auf?


Eine private Haftpflichtversicherung zahlt für Schäden, die man selbst anderen zufügt. Dazu sollte man wissen, dass Schäden an gemieteten oder geliehenen Gegenständen in der Regel nicht versichert sind. Dies gilt grundsätzlich für Schäden an der Mietwohnung, ebenso jedoch für Schäden an einem Mietfahrrad, einem geliehenen Anhänger oder dem vom Nachbarn ausgeliehenen Rasenmäher. Möglicherweise ersetzt die Haftpflichtversicherung eines Mieters auf Basis besonderer Vereinbarungen im Vertrag auch einen Brandschaden am Eigentum des Vermieters. Dies hängt jedoch vom Vertragsinhalt ab. Ein solcher Schutz ist in den Verträgen nicht automatisch enthalten.

Praxistipp zum Wohnungsbrand an Weihnachten


Unter Umständen müssen Mieter für einen grob fahrlässig verursachten Wohnungsbrand haften. Der Versicherungsschutz entfällt immer wieder aus genau diesem Grund. In der Adventszeit sollte man daher bedenken: Kerzen und Adventskränze müssen immer beaufsichtigt werden. Ein Feuerlöscher kann im Ernstfall gute Dienste leisten. Rauchmelder sind eine wichtige Absicherung und gehören nicht abgeschraubt auf das Fensterbrett. So etwas kann den Versicherungsschutz gefährden. Wenn es zwischen Mieter und Vermieter zum Streit um einen Brandschaden kommt, ist ein im Zivilrecht versierter Rechtsanwalt der beste Ansprechpartner. Fragen rund um Versicherungen kann Ihnen ein Fachanwalt für Versicherungsrecht am besten beantworten.

(Wk)


 Günter Warkowski
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