Unfälle auf der Firmenfeier – muss die Unfallversicherung zahlen?

04.12.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Sekt,Verbandskasten Betriebsfeier: Zahlt die Unfallversicherung? © Ma - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Versicherungsschutz: Unfälle auf einer Betriebsfeier sind gesetzlich wie Arbeitsunfälle unfallversichert, wenn die Feier durch die Geschäftsleitung organisiert wurde, mindestens ein Vertreter der Geschäftsführung teilnimmt, die Feier allen Betriebsangehörigen offen steht und Zweck der Veranstaltung die Förderung der Betriebsverbundenheit ist.

2. Umfang des Versicherungsschutzes:Versichert sind alle Tätigkeiten, die sich mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung vereinbaren lassen, also z.B. gemeinsames Essen ein, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling oder Klettern.

3. Alkoholgenuss: Ist übermäßiger Alkoholgenuss Ursache eines Unfalls auf oder nach einer Betriebsfeier, kann der verunfallte Arbeitnehmer seinen Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt auch für Wegeunfälle auf dem Heimweg.
Betriebsfeiern sollen den Zusammenhalt der Mitarbeiter und ihre Identifikation mit dem Betrieb stärken. Anlass ist häufig ein Firmenjubiläum, das jährliche Sommerfest oder die Weihnachtsfeier. In den meisten Betrieben ist die letztere üblich. Allerdings wird auf Firmenfeiern auch zu Weihnachten oft Alkohol konsumiert und die Stimmung ist ausgelassen. Schnell kann etwas passieren: ein Sturz, eine Verstauchung, ein Bruch oder ein Sehnenriss. Für die Betroffenen stellt sich dann schnell die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt und ob der verletzte Arbeitnehmer bei der Betriebsfeier unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Selbstverständlich ist dies nicht.

Wann ist eine Betriebsfeier gesetzlich unfallversichert?


Im Laufe der Zeit hat das Bundessozialgericht Grundsätze dazu entwickelt, wann eine Feier als betriebliche Veranstaltung gilt und damit dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt.

Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:

- Die Feier wird von der Geschäftsleitung organisiert. Es sollte grundsätzlich mindestens ein Vertreter der Geschäftsführung teilnehmen.
- Die Feier muss allen Betriebsangehörigen offenstehen. Bei größeren Unternehmen reicht es aus, wenn nur die Mitarbeiter einer Abteilung eingeladen werden.
- Der Zweck der Veranstaltung muss die Förderung der Betriebsverbundenheit sein.

Zum ersten Punkt:
Die Gerichte verlangten bis vor einigen Jahren noch ausdrücklich die Anwesenheit des Chefs oder eines Mitglieds der engeren Geschäftsführung. Das Bundessozialgericht hat jedoch 2016 entschieden, dass es auch ausreichen kann, wenn die Feier von einem Teamleiter – hier der Sachgebietsleiterin einer Behörde – organisiert wird und diese Person anwesend ist. Dieses Vorgehen muss jedoch mit der Geschäftsleitung abgesprochen sein (Urteil vom 5.7.2016, Az. B 2 U 19/14 R).

Zum zweiten Punkt:
Es reicht nicht aus, wenn nur bestimmte Mitarbeiter angesprochen werden oder eine kleinere Gruppe ihre private Weihnachtsfeier in der Abteilung veranstaltet. Wenn sich die Einladung ausdrücklich an „Fußballfreunde und Kicker“ richtet, ist dies keine Einladung an alle Mitarbeiter. Außerdem spricht es gegen eine betriebliche Veranstaltung, wenn auch betriebsfremde Personen wie Angehörige und Bekannte eingeladen sind und ein Großteil des Teilnehmerkreises aus solchen Personen besteht. Daher waren im konkreten Fall Sehnenverletzungen beim Fußballspielen nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt (Bundessozialgericht, Urteil vom 15.11.2016, Az. B 2 U 12/15 R).

Wenn allerdings die drei genannten Voraussetzungen erfüllt sind, muss die gesetzliche Unfallversicherung nach einem Unfall zahlen. Dies galt auch für den Fall einer Frau, welche sich bei einem Treppensturz auf einer Weihnachtsfeier im Bowling-Center das Bein gebrochen hatte. Das Sozialgericht Berlin betrachtete die Veranstaltung als versicherte Betriebsfeier. Die Abwesenheit der Teamleiterin, die alles organisiert hatte, änderte nichts. Diese hatte kurzfristig abgesagt, weil ihr Kind krank war (Urteil vom 16. Dezember 2010, Az. S 163 U 562/09).

Wann ist die unfallversicherte Betriebsfeier beendet?


Der Unfallversicherungsschutz endet mit dem Ende der Betriebsfeier. Die Frage ist nur: Wann genau ist die Feier beendet? Erst, wenn der letzte Gast gegangen ist? Oder, wenn der Chef nach Hause gegangen ist?

Wenn der Chef das Ende der Veranstaltung allgemein ansagt und sich auf den Heimweg macht, ist die Rechtslage recht klar: Die Feier ist zu Ende. Setzt sich nun eine kleine Gruppe noch in eine gemütliche Kneipe ab und feiert dort weiter, obwohl alle anderen schon nach Hause gegangen sind, besteht bei einem Unfall kein Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Allerdings gibt es Grenzfälle. Zum Beispiel entschied das Hessische Landessozialgericht in einem Fall, in dem von der Feier nur noch der Abteilungsleiter und ein weiterer Mitarbeiter übrig waren. Um 3 Uhr 15 suchte der Arbeitnehmer die Toilette auf. Dabei stürzte er auf der Treppe und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Sein Blutalkoholspiegel lag bei 2,89 Promille.
Diesen Sturz sah das Gericht nicht als Arbeitsunfall an. Die versicherte Betriebsfeier sei längst zu Ende gewesen. Dass der Chef noch anwesend gewesen sei, ändere nichts. Damit sei auch der Gang zur Toilette rein privat erfolgt (Urteil vom 26.2.2008, Az. L 3 U 71/06).

Welche Auswirkungen hat Alkohol auf den Versicherungsschutz?


Ob Weihnachtsfeier oder Sommerfest – fast immer wird auf Betriebsfeiern Alkohol konsumiert. Wenn übermäßiger Alkoholgenuss zu einem Unfall führt, können Beschäftigte ihren Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt auch für Wegeunfälle auf dem Heimweg. Zwar stehen diese im Normalfall auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ist jedoch Alkohol die Unfallursache, entfällt dieser Schutz.

Welche Tätigkeiten auf der Betriebsfeier sind versichert?


Alle Tätigkeiten, die sich mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung vereinbaren lassen, sind gesetzlich unfallversichert. Dazu gehört zum Beispiel gemeinsames Essen, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling. Versichert ist auch das Treppensteigen zum Veranstaltungsraum oder von dort zu den Sanitärräumen. Die Unfallversicherung gilt auch für den Hin- und Rückweg zur Betriebsfeier. Vorsicht geboten ist jedoch bei privaten Umwegen, etwa zum Einkaufen oder Kinder-zum-Sport-bringen. Diese unterliegen nicht dem Schutz der Unfallversicherung, da sie in privatem Interesse erfolgen.

Welche Regeln gelten für Gäste auf der Betriebsfeier?


Nehmen allzu viele externe Personen teil, gefährdet dies den Charakter der Betriebsfeier als versicherte Veranstaltung. Wer nicht im Betrieb arbeitet, ist auf der Betriebsfeier generell nicht gesetzlich unfallversichert. Dies betrifft zum Beispiel ehemalige Mitarbeiter sowie Ehe- und Lebenspartner von Beschäftigten.

Bin ich unfallversichert, wenn ich nach der Betriebsfeier in der Firma übernachte?


Das Landessozialgericht Stuttgart verhandelte den Fall eines Mannes, der auf einer Weihnachtsfeier reichlich Alkohol genossen und dann kurzerhand in der Firma übernachtet hatte. Frühmorgens suchte er die Toilette auf, stürzte im Treppenhaus und zog sich eine Querschnittslähmung zu. Das Gericht entschied, dass dies kein versicherter Arbeitsunfall gewesen sei: Die Weihnachtsfeier sei beendet gewesen und sein eigenmächtiges Verbleiben auf dem Betriebsgelände sei nicht betrieblich veranlasst gewesen (Urteil vom 20.7.2023, Az. L 10 U 2477/20).

Praxistipp zur Unfallversicherung auf der Betriebsfeier


Der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung hat Grenzen. Arbeitnehmer sollten auf der Weihnachtsfeier bzw. auf jeder Betriebsfeier bedenken, dass nach dem offiziellen oder offensichtlichen Ende der Feier der Versicherungsschutz entfällt. Zu viel Alkohol führt zum Entfallen des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung. Kommt es zum Streit mit der Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, empfiehlt sich eine Beratung und Vertretung durch einen Fachanwalt für Sozialrecht.

(Ma)


 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion