Muss Mieter Schadensersatz zahlen, weil andere die Miete mindern?

25.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Schadensersatz,Mietminderung,Störung,Hausfrieden Hartnäckige Störungen des Hausfriedens können teuer werden. © - freepik

Eine Mietminderung kann auch vorgenommen werden, wenn ein anderer Mieter für das Problem sorgt. Kann nun der Vermieter von diesem Mieter Schadensersatz verlangen, weil die anderen die Miete mindern?

Wenn eine Mietwohnung einen erheblichen Mangel hat, der ihre Nutzbarkeit zum Wohnen beeinträchtigt, ist der Mieter zu einer Minderung der Miete berechtigt. Er kann die Miete für den gesamten Zeitraum mindern, in dem der Mangel besteht. Dabei erfüllt die Mietminderung in erster Linie die Funktion eines Druckmittels. Sie soll nämlich den Vermieter dazu bewegen, dem Mangel zügig abzuhelfen.
Wenn es sich zum Beispiel um eine defekte Heizung handelt, kann der Vermieter einen Handwerker holen. Wird das Problem jedoch durch einen anderen Mieter verursacht - etwa durch dauernden Lärm, üble Gerüche, unangemessene Tierhaltung oder aggressives Verhalten - wird es kompliziert.

Mietminderung wegen störendem Nachbarn


Auch in einem solchen Fall muss sich der Vermieter die Mietminderung der anderen Mieter gefallen lassen, die sich zum Beispiel am Lärm stören. Dass der Vermieter dafür nichts kann, ändert nichts. In aller Regel kann er einen störenden Mieter auch nicht sofort hinauswerfen – stattdessen muss er ihn zuvor abmahnen und ihm eine Chance zur Besserung geben. Reagiert dieser nicht, vergeht selbst bei einer erfolgreichen Kündigung noch einiges an Zeit bis zum Auszug. Damit kann die Wohnqualität für die anderen Mieter im Haus so sehr beeinträchtigt sein, dass eine Mietminderung erlaubt ist.

Fall: Wann berechtigt Dauerlärm zur Mietminderung?


Mit einem solchen Fall beschäftigte sich das Amtsgericht Bremen. Ein Mieter in einem Mehrfamilienhaus hatte seine Nachbarn immer wieder durch sehr laute Musik gestört, die er auch während der Ruhezeiten laufen ließ. Bei Tag und Nacht knallte er mit den Zimmertüren, randalierte in seiner Wohnung und schrie laut herum. Wenn er um mehr Rücksicht gebeten wurde, reagierte er aggressiv. Die anderen Mieter fühlten sich durch ihn bedroht. Nach einiger Zeit trauten sie sich nur noch auf den Flur, wenn sie zuerst an ihrer Wohnungstür gelauscht hatten, um sicherzustellen, dass sie dem Störenfried nicht begegnen würden.

Nachdem dieser Zustand etwa ein halbes Jahr lang angedauert hatte, kündigte der Vermieter dem Mann außerordentlich wegen permanenter Störung des Hausfriedens. Vor Gericht wurde ein Räumungsvergleich abgeschlossen, in dem sich beide Seiten auf eine Räumungsfrist einigten.

Allerdings hatten während der monatelangen Belästigungen drei andere Mieter Mietminderungen in Höhe von jeweils 20 Prozent geltend gemacht. Daher verlangte der Vermieter vom gekündigten Mieter Schadensersatz in Höhe des Mietausfalls.

War die Mietminderung berechtigt?


Das Gericht hörte sich die Zeugenaussagen der drei anderen Mieter an. Es kam zu dem Schluss, dass deren Mietminderungen berechtigt gewesen waren. Lautes Geschrei, umfallende Möbel und Klopfen auf Heizungsrohre waren in dem Haus nachts offenbar absolut üblich gewesen. Tatsächlich hatten sich die Störungen sogar über einen viel längeren Zeitraum erstreckt, als den, für den sie die Miete gemindert hatten. Die anderen Mieter hatten sich nicht einmal mehr getraut, Besuch zu empfangen, und waren bereits auf Wohnungssuche gegangen.

Waren ruhige Tage zu berücksichtigen?


Das Gericht hielt es für irrelevant, dass es zwischendurch auch immer wieder Tage ohne Lärmbelästigung gegeben hatte. Bei der Vielzahl nachgewiesener Vorkommnisse müsse man von einer dauerhaften Beeinträchtigung der anderen Mieter ausgehen. Die Höhe ihrer Mietminderungen habe sich mit 20 Prozent durchaus noch in einem angemessenem Rahmen bewegt. Nach Meinung des Gerichts musste sich der Vermieter daher die Mietminderungen gefallen lassen. Er habe durch den Mietausfall einen Schaden in der von ihm angegebenen Höhe erlitten.

Welche Pflichten hat der störende Mieter verletzt?


Aus dem Mietvertrag habe der beklagte Mieter die Nebenpflicht gehabt, nicht den Hausfrieden zu stören. Er habe diese Verpflichtung schuldhaft verletzt. Sein Verhalten habe zu dem Mietausfall-Schaden des Vermieters geführt. Der Mieter habe keine Beweise zu seiner Entlastung vorgebracht. Das Gericht erklärte, dass er bei Anwendung normaler Sorgfalt auch hätte erkennen müssen, dass sein Verhalten nicht in Ordnung sei und Folgen haben werde. Der Vermieter trage kein Mitverschulden an dem entstandenen Schaden.

Was muss der Mieter dem Vermieter ersetzen?


In diesem Fall musste der störende Mieter daher dem Vermieter den Betrag der Mietminderungen aller drei Mieter ersetzen. Sein allzu störendes Verhalten hatte daher nicht nur die Kündigung seines Mietvertrages zur Folge, sondern auch eine erfolgreiche Schadensersatzklage des Vermieters (plus Prozesskosten).
Voraussetzung für eine solche Klage auf Schadensersatz ist jedoch, dass es zu sehr erheblichen Störungen gekommen ist und dass sich die Störungen wie auch der entstandene Schaden zweifelsfrei nachweisen lassen (AG Bremen, Az. 17 C 105/10, Urteil vom 9.3.2011).

Praxistipp


Es kommt nicht selten vor, dass Störungen des Hausfriedens für Streit in einem Mehrfamilienhaus sorgen. Vermieter haben unter Umständen die Möglichkeit, bei Mietminderungen Schadensersatz vom Verantwortlichen zu verlangen. Ob im konkreten Fall ein Anspruch besteht oder eine Klage Aussicht auf Erfolg hat, sollte man durch einen Fachanwalt für Mietrecht überprüfen lassen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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