In welchen Fällen ist ein Nebenjob unzulässig?

08.11.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Nebenjob,Nebentätigkeit,Arbeitgeber,Erlaubnis,Urlaub Nicht jeder Nebenjob löst beim Hauptarbeitgeber Begeisterung aus. © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Ideelle Interessen: Ideelle Interessen des Arbeitgebers können dazu führen, dass er einen Nebenjob untersagen darf.

2. Nebenjob im Urlaub: Einen Nebenjob, der dem Urlaubszweck, nämlich der Erholung, zuwider läuft, muss der Arbeitgeber in der Regel nicht genehmigen.

3. Erwerbstätigkeit im Urlaub: Ein bezahlter Nebenjob widerspricht dem Urlaubszweck, wenn dieser dazu genutzt werden soll, um die Einnahmen aus der eigenen Arbeitskraft durch Eingehung eines weiteren Erwerbsverhältnisses in doppelter Weise auszunutzen.
In Teil I dieses Beitrags haben wir erklärt, dass der Hauptarbeitgeber einen Nebenjob untersagen darf, wenn dieser die Haupttätigkeit beeinträchtigt, ihm Konkurrenz macht oder gegen gesetzliche Arbeitszeitregelungen verstößt. Eine Nebentätigkeit kann vom Arbeitgeber aber auch aus anderen Gründen untersagt werden.

Teil I finden Sie hier:
Wann darf mein Chef mir einen Nebenjob verbieten?

Wann verletzt ein Nebenjob die ideellen Interessen des Arbeitgebers?


Auch ideelle Interessen des Hauptarbeitgebers können diesen dazu berechtigen, gegen eine Nebenbeschäftigung eines Mitarbeiters einzuschreiten. Was aber sind ideelle Interessen? Ein Beispiel: Ein Krankenpfleger arbeitet nebenher als Bestatter. Dazu entschied das Bundesarbeitsgericht, dass eine Tätigkeit als Krankenpfleger der Rettung und Erhaltung von Leben und Gesundheit der dem Betreffenden anvertrauten Patienten diene. Die Nebentätigkeit als Bestatter setze dagegen das Ableben von Menschen voraus. Mit dem Pflegeberuf sei diese Nebentätigkeit nicht zu vereinbaren. Sie könne außerdem für Irritationen bei den Patienten sorgen. Das Krankenhaus als sein Arbeitgeber trage die Verantwortung für deren Genesung und brauche einen solchen Nebenjob nicht zu dulden (Urteil vom 28.2.2002, Az. 6 AZR 357/01).

Ist ein Nebenjob während der Urlaubszeit erlaubt?


Ein Erholungsurlaub soll der Erholung dienen. Daher schreibt auch § 8 des Bundesurlaubsgesetzes vor, dass während des Erholungsurlaubs keine Erwerbstätigkeit stattfinden darf, die dem Urlaubszweck widerspricht.

Hier sind also zwei Aspekte wichtig: "Dem Urlaubszweck widersprechend" und "Erwerbstätigkeit". Zuerst einmal darf also eine Nebentätigkeit während des Urlaubs den Urlaubszweck – die Erholung – nicht gefährden. Davon muss man in aller Regel ausgehen, wenn der Beschäftigte im Urlaub die gleiche Tätigkeit ausübt, wie sonst auch.

Ein Beispiel: Eine angestellte Buchhalterin erstellt während ihres Jahresurlaubs die Jahresbilanz für einen anderen Gewerbetreibenden. Bei diesem arbeitet sie nebenher in Teilzeit. Dies würde dem Urlaubszweck widersprechen. Allerdings muss dies nicht bei jeder Tätigkeit im Urlaub der Fall sein. Wenn zum Beispiel ein Bankangestellter in seinem Urlaub gegen Bezahlung einige Stunden lang Surfstunden oder Golfunterricht gibt, dürfte dies seiner Erholung nicht im Wege stehen.

Nebenjob: Darf man im Urlaub auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen?


Das Landesarbeitsgericht Köln befasste sich mit der Entgeltfrage im Fall einer Bürokauffrau. Deren Mann stellte selbst Gipsbilder und Keramikfiguren her und verkaufte diese auf Märkten und auch auf einem Weihnachtsmarkt. Seine Frau hatte sich von 1.12. bis 23.12. Urlaub genommen. Während ihres Urlaubs wurde sie mehrmals dabei beobachtet, wie sie auf dem Weihnachtsmarkt am Stand ihres Mannes dessen Waren verkaufte. Daraufhin mahnte ihr Arbeitgeber sie zweimal ab. Als sie trotzdem erneut als Standverkäuferin gesichtet wurde, kündigte er ihren Arbeitsvertrag. Denn: Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass die Verkaufstätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt dem Erholungszweck des Urlaubs widerspreche. Die Bürokauffrau widersprach: Sie helfe doch nur ihrem Mann. Sie sei nicht dessen Angestellte und erziele aus der Nebentätigkeit auch keine finanziellen Vorteile.

Tatsächlich gab das Gericht der Bürokauffrau recht. Der Urlaubszweck nach § 8 Bundesurlaubsgesetz bestehe nicht darin, sich nicht anzustrengen, sondern, Freizeit zu haben, die nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliege und die man selbst frei gestalten könne. Aktivitäten in der Freizeit widersprächen dem Urlaubszweck nur dann, wenn "die bezahlte Freizeit genutzt werden solle, um die Einnahmen aus der eigenen Arbeitskraft durch Eingehung eines weiteren Erwerbsverhältnisses in doppelter Weise auszunutzen."

Eine unentgeltliche Mithilfe im Familienbetrieb, in einer Nebenerwerbslandwirtschaft oder einer gemeinnützigen Organisation ist demnach kein Kündigungsgrund. Hier scheiterte die Kündigung hauptsächlich daran, dass die Frau ohne Bezahlung im Betrieb ihres Mannes half.

Auch einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz sah das Gericht hier nicht. Die 37-Stunden-Woche lasse der Angestellten genug Zeit, um nebenher zu arbeiten – insgesamt 23 Stunden pro Woche bei unregelmäßiger Arbeitszeitverteilung (LAG Köln, Urteil vom 21.9.2009, Az. 2 Sa 674/09).

Darf der Chef wegen eines Nebenjobs das Urlaubsentgelt kürzen?


Natürlich ist nicht jede Nebentätigkeit erlaubt. Aber: Eine unzulässige Nebentätigkeit hat nicht zur Folge, dass der Arbeitgeber der Haupttätigkeit einfach dem Arbeitnehmer die für den gesetzlichen Mindesturlaub gezahlte Vergütung oder die Urlaubstage kürzen darf. So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 25.02.1988, Az. 8 AZR 596/85).

Was gilt, wenn Beamte und öffentlich Bedienstete einen Nebenjob ausüben wollen?


Möchten Beamte eine Nebentätigkeit ausüben, ist dies genehmigungspflichtig nach § 99 Bundesbeamtengesetz (BBG). Einen Nebenjob müssen Beamte schriftlich bei der zuständigen Dienstbehörde beantragen. Diese erteilt dann eine Genehmigung für höchstens fünf Jahre.

Es gibt jedoch Ausnahmen. § 100 BBG zählt Nebentätigkeiten auf, die für Beamte genehmigungsfrei sind. Dazu gehören zum Beispiel eine Tätigkeit als Schriftsteller oder das Halten von Vorträgen. Keine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ist auch die Wahrnehmung von öffentlichen Ehrenämtern oder eine unentgeltliche Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft (§ 97 Abs. 4 BBG).

Sobald sich bei der Nebentätigkeit eines Beamten etwas ändert - etwa bei der Tätigkeit selbst oder der Bezahlung - muss dies unverzüglich der Dienstbehörde angezeigt werden. Die Dienstbehörde des Beamten kann dann die Nebentätigkeit ablehnen, wenn eine Beeinträchtigung der Haupttätigkeit zu erwarten ist. Dies gilt auch, wenn sie behördeninterne Angelegenheiten berührt oder dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung schadet.

Für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes gilt deren Tarifvertrag (TvÖD). Dieser sieht Nebentätigkeiten nicht als zustimmungspflichtig an. Allerdings müssen sie, wenn sie gegen Entgelt durchgeführt werden, vorher schriftlich angemeldet werden. Der Arbeitgeber darf sie verbieten, wenn zu erwarten ist, dass sie die Haupttätigkeit beeinträchtigen.

Darf ein Rechtsreferendar im Nebenjob Steuerberater sein?


Rechtsreferendare im juristischen Vorbereitungsdienst sind Beamte auf Widerruf. Sie dürfen dabei nicht nebenberuflich als Steuerberater in einer Steuerkanzlei arbeiten. Dies entschied das Finanzgericht Münster. Dabei ging es jedoch nicht um ein Verbot des Nebenjobs durch den Arbeitgeber. Im verhandelten Fall hatte die Steuerberaterkammer einem Steuerberater, der Partner einer Steuerkanzlei war und den Dienst als Rechtsreferendar antreten wollte, die Zulassung als Steuerberater entzogen. Das Gericht bestätigte diese Entscheidung: Der juristische Vorbereitungsdienst sei zu umfangreich und zu reglementiert, um im Nebenjob noch als Steuerberater zu arbeiten und Mandanten ordnungsgemäß zu beraten (Urteil vom 20.7.2011, Az. 7 K 77/11 StB).

Sind ehrenamtliche Nebentätigkeiten als Nebenjob erlaubt?


Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit kann als Nebentätigkeit ausgeübt werden. Natürlich ist es denkbar, dass der Nebenjob die Haupttätigkeit oder die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt. Für den Arbeitgeber ist es in diesem Fall jedoch deutlich schwerer, sie zu untersagen. So verpflichten zum Beispiel verschiedene Landesgesetze Arbeitgeber dazu, ihre Mitarbeiter für bestimmte Ehrenämter von der Arbeit freizustellen – etwa für Einsätze und Übungen der Freiwilligen Feuerwehr oder des Katastrophenschutzes.

Sehr ähnlich ist es bei Schöffen und ehrenamtlichen Richtern und bei Gemeinderatsmitgliedern und ehrenamtlich Engagierten in Jugendverbänden. Auch über eine unbezahlte Tätigkeit in Prüfungsausschüssen von Kammern und Verbänden oder eine Betriebsratstätigkeit muss der Arbeitgeber hinwegsehen. Arbeitgeber dürfen ihre Beschäftigten für Ehrenämter in privaten Vereinen freistellen. Sie sind dazu jedoch nicht verpflichtet.

Praxistipp zu unzulässigen Nebenjobs


Eine Nebentätigkeit kann schnell zum Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen. Dann empfiehlt sich eine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dieser kennt die einschlägigen aktuellen Gerichtsurteile und kann Ihren Fall am besten beurteilen.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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Juristische Redaktion
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