Kündigung während der Elternzeit: Ist das erlaubt?

12.08.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Mutter,Kind,auf,Arm In der Elternzeit ist eine Kündigung nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. © Bu - freepik

Auch während der Elternzeit kann es Situationen geben, in denen einer der Vertragspartner das Arbeitsverhältnis beenden will. Arbeitnehmer genießen hier jedoch einigen gesetzlichen Schutz.

Während der Elternzeit gilt ein besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz. Gesetzlich geregelt ist dieser in § 18 Absatz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG). Nach dieser Regelung darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht mehr kündigen, sobald der Arbeitnehmer schriftlich Elternzeit verlangt hat. Für diesen Schutz gibt es allerdings zeitliche Einschränkungen.

Wann gilt der Kündigungsschutz in der Elternzeit?


Der Kündigungsschutz beginnt

- frühestens acht Wochen vor Beginn der Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und
- frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes.

Arbeitnehmer in Elternzeit sind jeweils bis zum Ende der Elternzeit vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt. Dies betrifft alle Arten von Kündigungen, also die ordentliche (fristgemäße) Kündigung, die außerordentliche (fristlose) Kündigung und die Änderungskündigung.

Wenn das Kind noch nicht geboren ist, gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes:
Als Endtermin der achtwöchigen Vorfrist des § 18 Abs. 1 BEEG zählt der Tag der voraussichtlichen Geburt. Dabei bleibt es auch, wenn dieses Datum vor dem Tag der tatsächlichen Geburt liegt (Urteil vom 12.05.2011, Az. 2 AZR 384/10).

Wann darf der Chef ausnahmsweise doch kündigen?


Natürlich gibt es trotz allem eine Ausnahmeregelung für besondere Fälle: Gemäß § 18 Absatz 1 BEEG kann die für den Arbeitsschutz zuständige Behörde auf Antrag des Arbeitgebers in besonderen Fällen eine Kündigung für zulässig erklären. Dies ist meist das Amt für Arbeitsschutz, in vielen Bundesländern Teil der Gewerbeaufsicht.

Gewährt wird eine solche Ausnahmegenehmigung oft dann, wenn der Betrieb oder die Abteilung, in der der Arbeitnehmer beschäftigt ist, stillgelegt wird, wenn das Unternehmen insolvent ist oder eine Weiterbeschäftigung des Betreffenden nach Ende der Elternzeit die wirtschaftliche Existenz des Arbeitgebers in Gefahr bringen würde. Der letzte Punkt kommt besonders bei Kleinbetrieben vor.

Ebenso können schwere Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten eine Ausnahme begründen. In diesem Fall wird der Arbeitgeber eine außerordentliche, fristlose Kündigung vornehmen wollen. Solche Pflichtverstöße können beispielsweise Beleidigungen des Arbeitgebers oder Diebstähle im Betrieb sein. Einen ausreichenden Grund kann aber auch die Aufnahme einer zusätzlichen neuen Beschäftigung bei einem weiteren Arbeitgeber ohne Zustimmung des bisherigen darstellen.

Wie entscheidet die Behörde?


Die Behörde für Arbeitsschutz nimmt Kontakt mit dem Arbeitnehmer auf, um auch seine Sicht der Dinge zu erfahren. Sie wird auch den Betriebsrat um seine Einschätzung bitten. Arbeitnehmer sollten hier unbedingt die Möglichkeit nutzen, ihre Position zu erläutern. Wichtig ist es, von der Behörde gesetzte Antwortfristen einzuhalten. Ihre Entscheidung teilt die Behörde dann schriftlich dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer mit; der Betriebsrat bekommt eine Abschrift.

Wie kann man sich wehren?


Der betroffene Arbeitnehmer kann gegen die Entscheidung der Behörde bei dieser Widerspruch einlegen. Bei der behördlichen Entscheidung handelt es sich um einen sogenannten Verwaltungsakt. Deswegen richtet sich das Vorgehen nach dem Verwaltungsrecht. Wenn die Behörde ihre Entscheidung als richtig ansieht und diese auf den Widerspruch hin nicht ändert, muss der Arbeitnehmer vor dem Verwaltungsgericht klagen. Dabei sind wieder Fristen zu beachten. Diese ergeben sich aus der Rechtsbehelfsbelehrung, die zum Bescheid gehört.
Ein Prozess vor dem Verwaltungsgericht kann eine langwierige Angelegenheit sein. Hat die Kündigung während der Elternzeit auf Grundlage der behördlichen Ausnahmegenehmigung stattgefunden, kann gegen diese Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Auch dafür gibt es eine Frist: Drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer.

Urteil: Aufgabe einer Arztpraxis


Nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster ist die Aufgabe einer Arztpraxis ein ausreichender Grund, bei den Mitarbeitern eine Ausnahme vom Kündigungsschutz in der Elternzeit zu rechtfertigen. Das Gericht erklärte eine entsprechende Entscheidung der Arbeitsschutz-Behörde für wirksam (Beschluss des OVG Münster vom 12.1.2017, Az. 12 E 896/16).

Was gilt bei einer Elternzeit unter Bedingungen?


Manche Beschäftigte beantragen Elternzeit unter der Bedingung, dass sie während der Elternzeit arbeiten können. Hat der Chef einen derartigen Antrag abgelehnt, entfällt der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers in der Elternzeit.
Dies wurde vom Bundesarbeitsgericht bestätigt (Urteil vom 12.05.2011, Az. 2 AZR 384/10). Daher kann Arbeitnehmern nur davon abgeraten werden, ihren Antrag auf Elternzeit an Bedingungen zu knüpfen.

Was gilt bei Teilzeit?


Die Regelung des § 18 BEEG zum Kündigungsschutz in der Elternzeit und der dort genannte zeitliche Rahmen gelten auch, wenn Arbeitnehmer während der Elternzeit beim gleichen Arbeitgeber in Teilzeit beschäftigt sind.

Die Regelung gilt ebenso, wenn sie in Teilzeit arbeiten, ohne Elternzeit beantragt zu haben, in dem Zeitraum, in dem Anspruch auf Elterngeld besteht (§ 18 Abs. 2 BEEG).

Was muss man zur Kündigung durch den Arbeitnehmer wissen?


Arbeitnehmer können während der Elternzeit grundsätzlich mit der Frist kündigen, die ihr jeweiliger Arbeitsvertrag, der Tarifvertrag oder - ohne besondere Vereinbarung - das Gesetz vorsieht. Außerdem gibt es in § 19 BEEG eine Sonderregelung für die Kündigung zum Ende der Elternzeit. Danach können Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

Außer der Kündigung gibt es noch die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber zu schließen. In diesem Fall muss man keine Kündigungsfrist einhalten. Aber: Arbeitnehmer sollten immer bedenken, dass das Arbeitsamt bei einer Kündigung von Arbeitnehmerseite oder einem Aufhebungsvertrag in aller Regel eine Sperrfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld verhängen wird.

Praxistipp


Wer in der Elternzeit eine Kündigung erhält oder selbst kündigt, sollte sich zeitnah von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen. Hier spielen Fristabläufe eine große Rolle. Eine abgelaufene Frist kann dafür sorgen, dass eine Kündigung nicht mehr angreifbar ist.

(Bu)


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 Stephan Buch
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