Wie können sich Mobbingopfer wehren und welche Hilfen gibt es?

21.02.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (1020 mal gelesen)
Mobbing,Arbeitsplatz,Schule,online,Diskriminierung Mobbing kann vieles zerstören. Es gibt Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Begriff: Mobbing ist jedes systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren zwischen mindestens zwei Personen. Es kann bspw. am Arbeitsplatz, in der Schule und im Internet auftreten.

2. Nachweis: Mobbing-Opfer sollten ein Tagebuch führen, in dem sie die Vorfälle mit Datum und Uhrzeit auflisten. So kann beim Arbeitgeber, dem Lehrer oder auch vor Gericht glaubhaft gemacht werden, dass das Mobbing systematisch und über einen längeren Zeitraum stattgefunden hat.

3. Rechte / Hilfe: Mobbing-Opfer können die Täter auf Unterlassung und Schmerzensgeld verklagen. Auch ein Kontaktverbot ist möglich. Ebenso kann das Löschen von Inhalten im Internet erreicht werden. Überschreitet das Mobbing die Grenze zur Strafbarkeit, kann Strafanzeige erstattet werden, um Ermittlungen einzuleiten und ein Strafverfahren anzustrengen.
Unter Mobbing versteht man das dauerhafte und regelmäßige Schikanieren, Verletzen und Ausgrenzen eines anderen Menschen. Dies kann im Arbeitsleben zum Beispiel durch die Zuweisung sinnloser Aufgaben stattfinden, durch den Ausschluss von wichtigen Informationen, das Verbreiten falscher Behauptungen und Gerüchte, dauernde unsachliche Kritik, aber auch durch Drohungen mit Kündigung oder gar mit Gewalt. Mobbing führt oft zur Isolation des Betroffenen in seinem sozialen Umfeld. Allerdings findet Mobbing nicht nur im Arbeitsverhältnis sowohl unter Kollegen als auch durch Vorgesetzte statt, sondern häufig auch in der Schule und im Internet. Für letzteres verwendet man den Begriff Cybermobbing.

Welche Folgen hat Mobbing?


Für die Betroffenen hat Mobbing erhebliche negative Folgen. Mit der Motivation für Schule, Ausbildung oder Arbeit ist es bald vorbei, ihre Leistungsfähigkeit lässt nach, und am Arbeitsplatz kommt es immer wieder zu teuren Fehlern und Konflikten. Häufige psychische Folgen sind Angstzustände, Depressionen und diverse ernsthafte Erkrankungen. Mobbing kann auch zu einer erhöhten Aggressivität des Betroffenen führen, die sich manchmal in Gewaltakten entlädt.

Wo fängt Mobbing am Arbeitsplatz rechtlich an?


Das Bundesarbeitsgericht hat Mobbing am Arbeitsplatz einmal als jedes systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte beschrieben. Andererseits kann nicht jeder auch längere Konflikt oder Streit am Arbeitsplatz gleich als Mobbing betrachtet werden. Auch eine Abmahnung oder Kündigung sind nicht automatisch Mobbing – ebenso wenig, wie häufige schlechte Laune des Chefs und dadurch bedingte Unhöflichkeiten. Für Mobbing am Arbeitsplatz muss der Arbeitnehmer schon zielgerichtet schikaniert werden, womöglich mit der Absicht, ihn oder sie aus dem Betrieb oder der jeweiligen Abteilung zu vergraulen.

Wann spricht man von Mobbing in der Schule?


Wenn Schüler von Mitschülern systematisch gehänselt, bedroht, beschimpft, herabgesetzt, bloßgestellt oder schikaniert werden, spricht man von Mobbing in der Schule. Oft gehören dazu auch Rufschädigungen durch unwahre Behauptungen, das Verbreiten von Lügen, das Beschädigen von Eigentum des Schülers oder der Schülerin oder das Verbreiten von herabwürdigenden Inhalten im Internet bzw. in Sozialen Netzwerken. Mobbing in der Schule kann jedoch auch von Lehrern ausgehen. In diesem Fall richtet es sich gegen bestimmte Schüler. Und nicht zuletzt können Lehrer selbst natürlich wie andere Arbeitnehmer gemobbt werden.

Näheres dazu finden Sie hier:
Mobbing in der Schule – was kann man dagegen tun?

Wann spricht man von Cybermobbing?


Cybermobbing findet online statt. Oft kommt es dazu auf Sozialen Netzwerken, aber auch Messenger-Dienste oder Video-Plattformen werden dafür zweckentfremdet. Auch hier werden Personen herabgesetzt, beleidigt und bedroht, es werden Lügen verbreitet und herabwürdigende Fotos und Videos veröffentlicht.
Letztere dann wieder aus dem Internet zu entfernen, ist in vielen Fällen praktisch unmöglich. Gerade Fotos und Videos werden in vielfältiger Weise geteilt, heruntergeladen und weitergesendet.

Häufig wird den Tätern ihr Tun dadurch erleichtert, dass die Betroffenen allzu leichtsinnig Informationen über sich online gestellt haben, die man nun gegen sie verwenden kann. So können echte oder verfälschte herabsetzende Informationen an das persönliche Umfeld der Betroffenen verbreitet werden, etwa an Mitschüler, Sportkollegen oder Arbeitskollegen. Eine Folge davon ist oft soziale Isolation. Unter Umständen hilft dann – wie im bekannten Fall der 15-jährigen Kanadierin Amanda Todd – nicht einmal mehr ein Umzug oder ein mehrfacher Wechsel der Schule, um dem ständigen Psychoterror zu entgehen. Die kanadische Schülerin hat sich 2012 umgebracht.

Wie kann man Mobbing beweisen?


Wenn man rechtlich gegen Mobbing vorgehen will, muss man zuerst einmal beweisen können, dass man gemobbt wird. Die Anforderungen der Gerichte an die vorgelegten Beweise sind im Arbeitsrecht etwa recht hoch. Ziel der Klage kann es dann zum Beispiel sein, einen Anspruch auf Schmerzensgeld einzuklagen. Generell wird Mobbing-Betroffenen geraten, eine Art Tagebuch zu führen, in dem sie die Vorfälle mit Datum und Uhrzeit auflisten. Dies ist zwar unangenehm, hilft aber dabei, vor Gericht glaubhaft zu machen, dass die Vorfälle systematisch und über einen längeren Zeitraum stattgefunden haben.

Bei Mobbing am Arbeitsplatz, sollte man auch darauf achten, ob andere Kollegen aus ähnlichen Gründen den Betrieb wechseln. Es ist empfehlenswert, deren Kontaktdaten aufzubewahren. Unter Umständen sind sie bereit, als Zeugen auszusagen – schließlich müssen sie nun keine eigenen Nachteile am Arbeitsplatz mehr fürchten.
Bei Cybermobbing kann man Nachrichten und Posts als Beweise sammeln und kopieren sowie Screenshots anfertigen.

Bekommt man wegen Mobbing Schmerzensgeld?


Die Arbeitsgerichte haben schon mehrfach von Mobbing betroffen Arbeitnehmern Schmerzensgeld zugesprochen. So zum Beispiel im Fall eines Industriekaufmanns:
Dieser war unter anderem zum Sortieren von Elektronik-Schrott eingesetzt worden. Die Bitten des Mannes um mehr und bessere Aufgaben hatte der Arbeitgeber ignoriert, seine Urlaubsanträge abgelehnt. Er musste unsinnige Tagesberichte schreiben. Bei seiner Rückkehr nach einer Erkrankung stellte er fest, dass sein Arbeitsplatz durch einen Azubi besetzt war. Er selbst landete am Tisch für die Kaffeekannen mit einem Computer ohne Maus. Das Arbeitsgericht Siegburg sprach dem Industriekaufmann 7.000 Euro Schmerzensgeld zu (Az. 1 Ca 1310/12).

Einer Beamtin sprach das Verwaltungsgericht Halle in einem ähnlichen Fall 23.000 Euro Schmerzensgeld zu. Unter anderem war ihr als Fachbereichsleiterin einer Behörde ihr Büro weggenommen worden. Sie musste in einem Raum arbeiten, der nur über eine Leiter zu erreichen war (Urteil vom 27.3.2019, Az. 5 A 519/16).

Was können Betroffene gegen Mobbing tun?


Häufig überschreitet Mobbing die Grenze zur Strafbarkeit. Dabei kommen die Straftatbestände Beleidigung, Bedrohung, Nötigung, Verleumdung, üble Nachrede sowie die auch online mögliche Nachstellung in Betracht (Stalking, § 238 Strafgesetzbuch). Betroffene können bei der Polizei Strafanzeige stellen. Wenn vom Täter konkrete Drohungen ausgesprochen wurden ("auflauern", "kalt machen") kann ein Gericht ein Kontaktverbot nach dem Gewaltschutzgesetz aussprechen (Oberlandesgericht Hamm, Az. 2 UF 254/12).

Werden durch Äußerungen und Fotos auf Sozialen Netzwerken Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzt, kann dieser vom Betreiber der Plattform die Löschung der Inhalte verlangen. Mittlerweile haben die Sozialen Netzwerke dazu eigene Seiten mit entsprechenden Hinweisen eingerichtet. Denn: Ehrverletzende Äußerungen verstoßen auch gegen deren Nutzungsbedingungen. Natürlich kann man Nachrichten von bestimmten Nutzern auch blockieren.
Schnelles Reagieren ist erforderlich, wenn Fotos oder Videos gepostet werden. Diese lassen sich nur schwer wieder löschen, wenn sie erst einmal online in Umlauf geraten.

Kontaktadressen von Beratungsstellen


Kontaktadressen von Beratungsstellen für Mobbing-Betroffene gibt es zum Beispiel hier: https://www.malteser.de/aware/hilfreich/mobbing-hilfe-fuer-betroffene.html
oder hier: https://zeichen-gegen-mobbing.de/hilfe

Praxistipp zum Mobbing


Auch Mobbing und Identitätsdiebstahl kann man vorbeugen. Dazu ist es wichtig, nachzudenken, bevor man Informationen über sich ins Netz stellt oder Freundschaftsanfragen beantwortet. Von Mobbing Betroffene können sich von einem auf das Zivilrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen. Bei Mobbing im Arbeitsverhältnis ist ein Fachanwalt für Arbeitsrecht der beste Ansprechpartner. In manchen Fällen kommt ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht.

(Bu)


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 Stephan Buch
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