OLG Hamm: Unterhalt trotz Jobverlust – Wer weniger verdient, muss sich erklären

23.10.2025, Autor: Herr Bernd Giese / Lesedauer ca. 2 Min. (13 mal gelesen)
Das OLG Hamm entschied, dass Unterhaltspflichtige sich nicht auf ein geringeres Einkommen berufen können, wenn sie nicht nachweisen, dass sie trotz ernsthafter Bemühungen keine gleichwertige Arbeit gefunden haben. Wer diesen Nachweis schuldig bleibt, muss sich ein fiktiv höheres Einkommen zurechnen lassen – mit Folgen für die Unterhaltshöhe.

Wer unterhaltspflichtig ist, kann sich nicht ohne Weiteres auf ein geringeres Einkommen berufen, wenn er den Arbeitsplatz wechselt oder eine schlechter bezahlte Stelle antritt. Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer aktuellen Entscheidung (Beschl. v. 23.6.2025 – 4 UF 125/24) klargestellt: Sinkt das Einkommen nach einer Kündigung deutlich ab, muss der Unterhaltspflichtige konkret darlegen, dass er keine gleichwertige Beschäftigung finden konnte.

Der Fall: Nach Kündigung weniger Lohn – und weniger Unterhalt?

Ein Vater war seinen beiden kleinen Kindern gegenüber barunterhaltspflichtig. Nach einer betriebsbedingten Kündigung hatte er zunächst Arbeitslosengeld bezogen und anschließend eine neue Stelle angenommen – allerdings zu deutlich schlechteren Konditionen. Während er zuvor rund 21 € pro Stunde verdiente, erhielt er nun nur noch 17 €.

Die Kindesmutter verlangte Unterhalt auf Basis des früheren Einkommens. Der Vater argumentierte, er könne sich nur nach seinen tatsächlichen Einkünften richten lassen, da er keine besser bezahlte Arbeit gefunden habe. Das Familiengericht gab der Mutter teilweise Recht – das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung im Wesentlichen.

Die Begründung des Gerichts

Nach Ansicht des OLG gilt: Wer weniger verdient als zuvor, muss substantiiert darlegen, dass er trotz ernsthafter Bemühungen keine gleichwertige Stelle gefunden hat. Fehlt dieser Nachweis, wird ihm ein sogenanntes fiktives Einkommen zugerechnet – also ein Einkommen, das er realistischerweise erzielen könnte.

Der Vater habe weder Bewerbungen noch Ablehnungsschreiben vorgelegt. Auch die Behauptung, sein ehemaliger Arbeitgeber habe die Stelle aus Kostengründen gestrichen, blieb unbewiesen. Deshalb durfte das Gericht auf Grundlage seines früheren Einkommens den Unterhalt berechnen.

Zudem stellte das OLG klar, dass der Selbstbehalt nicht automatisch erhöht wird, nur weil der Unterhaltspflichtige in einer teuren Wohnung bleibt. Er müsse sich aktiv um eine günstigere Unterkunft bemühen, wenn seine finanzielle Lage angespannt ist.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht: Unterhaltspflichtige können sich nicht einfach „arm rechnen“. Wer weniger verdient, muss nachweisen, dass er sich ernsthaft um eine angemessene Beschäftigung bemüht hat. Andernfalls wird das Einkommen fiktiv nach oben korrigiert – mit entsprechenden Folgen für die Unterhaltshöhe.

Gerichte prüfen in solchen Fällen regelmäßig den regionalen Arbeitsmarkt, etwa anhand des Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit. Wer also nach einer Kündigung weniger verdient, sollte Bewerbungsnachweise, Jobangebote und Absagen sorgfältig dokumentieren.

Fazit

Der Kindesunterhalt orientiert sich nicht nur am tatsächlichen, sondern am zumutbar erzielbaren Einkommen. Wer seine Erwerbsobliegenheit verletzt oder nicht belegt, dass er alles Zumutbare getan hat, riskiert, auf Basis eines fiktiv höheren Einkommens verurteilt zu werden.

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