Darf man als Arbeitnehmer sein Gehalt mit Kollegen vergleichen?

21.07.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Gehaltsvergleich,Kollegen,Gespräch Kollege und Kollegin sitzen im Gelregen und vergleichen ihr Gehalt © - freepik
Das Wichtigste in Kürze:

1. Gehaltsangaben mitteilen: Gespräche mit Kollegen über das eigene Gehalt sind erlaubt und durch die Meinungsfreiheit geschützt.

2. Vertrauliche Informationen: Interne Gehaltslisten dürfen nicht weitergegeben werden. Das kann gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen und arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.

3. Unwirksame Vertragsklauseln: Die Gerichte erklären Vertragsklauseln, die den Austausch von Informationen über das eigene Gehalt betreffen, oft für unwirksam.
Lisa arbeitet seit zwei Jahren bei der TechTechGmbH. In der Mittagspause spricht sie mit ihrem Kollegen Tom offen über ihr Gehalt.
Kurz darauf lädt die Personalabteilung Lisa zu einem Gespräch und warnt sie, solche Themen seien „nicht gewünscht“. Lisa fragt sich: Hat sie etwas falsch gemacht?

Darf ein Arbeitnehmer über sein eigenes Gehalt sprechen?


Ja. Arbeitnehmer dürfen über ihr eigenes Gehalt sprechen. Dieses Recht wird durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Persönlichkeitsrecht geschützt. Vertragsklauseln oder mündliche Anweisungen, die generell Gehaltsgespräche verbieten, sind unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB) darstellen.

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 26.2.1987 – 6 ABR 46/84) hat diesbezüglich geurteilt, dass Arbeitnehmer sich über ihre Gehälter austauschen dürfen. Ein Verbot solcher Gespräche wäre unwirksam, da Arbeitnehmer ansonsten keine Möglichkeit hätten, Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich ihrer Lohnhöhe zu prüfen und gegebenenfalls gerichtlich geltend zu machen.

Lisa durfte Tom ganz legal sagen, was sie verdient. Die Personalabteilung durfte sie wegen des Gesprächs mit Tom über ihr Gehalt nicht ermahnen.

Sind Gehaltsvergleiche mit Kollegen erlaubt?


Ja, solange sie freiwillig sind, sind sie erlaubt. Der freiwillige Gehaltsvergleich unter Kollegen ist auch durch die in Art. 5 Abs. 1 GG verankerte Meinungsfreiheit geschützt. Gehaltsvergleiche fördern die Transparenz und helfen, mögliche Ungleichbehandlungen zu erkennen (§ 10 EntgTranspG). Bei einem Unternehmen mit mindestens 200 Beschäftigen besteht unter Umständen sogar ein Anspruch auf Auskunft über das Gehalt von vergleichbaren Kollegen.

Im Fall von Lisa und Tom waren beide einverstanden. Ihr Gespräch über das Gehalt war also völlig in Ordnung.

In welchen Situationen darf man nicht über Gehälter sprechen?


Verboten ist es, fremde Gehaltsdaten, also z. B. die Gehälter von Kollegen oder interne Gehaltslisten, weiterzugeben. Solche Infos sind vertraulich und durch das Datenschutzrecht sowie arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflichten (§ 241 Abs. 2 BGB – Rücksichtnahmepflicht) geschützt. Die Weitergabe solcher Informationen könnten dem Arbeitgeber schaden.
Lisa hat nur über ihr eigenes Gehalt gesprochen. Sie hat sich also korrekt verhalten.

Was gilt bei Veröffentlichung in sozialen Medien oder gegenüber Dritten?


Wer sein eigenes Gehalt öffentlich nennt, darf das grundsätzlich tun. Wichtig ist aber, dabei niemanden schlechtzumachen oder falsche Behauptungen aufzustellen. Es drohen dann nicht nur arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sondern man macht sich im Extremfall auch strafbar nach § 187 StGB (Verleumdung), wenn bewusst falsche Tatsachen verbreitet werden oder nach § 185 StGB bei Beleidigungen.

Lisa hat sich nicht öffentlich in einer rufschädigenden Art und Weise über ihren Arbeitgeber geäußert. Sie hat keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten.

Welche Konsequenzen drohen bei der unberechtigten Veröffentlichung von Gehaltsdaten?


Kommt es zu einem echten Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht (z. B. durch Veröffentlichung interner Gehaltslisten), drohen Abmahnung oder sogar die fristlose Kündigung (§ 626 BGB). Zudem kann der Arbeitgeber Schadensersatzforderungen geltend machen, falls ihm dadurch ein Schaden entstanden ist.

In Lisas Fall: Sie sprach nur über ihr eigenes Gehalt – das ist erlaubt. Die Ermahnung durch den Arbeitgeber ist daher nicht rechtens.

Was gilt, wenn der Gehaltsvergleich eine Ungleichbehandlungen aufzeigt?


Die Privatautonomie erlaubt es Arbeitgebern grundsätzlich, Gehälter individuell mit Mitarbeitenden zu verhandeln. Unterschiede in der Bezahlung sind also nicht automatisch verboten.
Aber: Wenn der Unterschied allein am Geschlecht liegt, dann liegt ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz (§ 3 AGG) vor. Betroffene Arbeitnehmer haben dann Anspruch auf Auskunft, gleiche Bezahlung sowie ggf. Entschädigung (§ 15 AGG).

Lisa und Tom können bei vergleichbarer Tätigkeit und ungleichem Lohn eine Diskriminierung prüfen lassen.

Fazit


Arbeitnehmer dürfen offen über ihr eigenes Gehalt sprechen - auch mit Kollegen. Solche Gehaltsvergleiche sind erlaubt und rechtlich geschützt. Wer aber vertrauliche oder fremde Gehaltsdaten weitergibt, riskiert arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Abmahnung, eine Kündigung und Schadenersatzansprüche.

(Wk)


 Günter Warkowski
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
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