Streik am Flughafen: Welche Rechte haben Fluggäste?
23.07.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Anspruch auf Betreuung: Auch bei Streiks haben Flugpassagiere ab bestimmten Wartezeiten Anspruch auf Betreuungsleistungen – z. B. Getränke, Mahlzeiten, ggf. Hotelübernachtung und Transfers.
2. Grundsätzlich keine Entschädigung: Streiks gelten meist als außergewöhnlicher Umstand. Deshalb entfällt der Ausgleichsanspruch oft, wenn die Airline den Streik nicht selbst verschuldet hat.
3. Reisealternative oder Rückerstattung: Passagiere dürfen bei Flugausfall oder erheblicher Verspätung wählen zwischen anderer Beförderung zum Ziel (z. B. Umbuchung) oder Rückerstattung des Ticketpreises.
1. Anspruch auf Betreuung: Auch bei Streiks haben Flugpassagiere ab bestimmten Wartezeiten Anspruch auf Betreuungsleistungen – z. B. Getränke, Mahlzeiten, ggf. Hotelübernachtung und Transfers.
2. Grundsätzlich keine Entschädigung: Streiks gelten meist als außergewöhnlicher Umstand. Deshalb entfällt der Ausgleichsanspruch oft, wenn die Airline den Streik nicht selbst verschuldet hat.
3. Reisealternative oder Rückerstattung: Passagiere dürfen bei Flugausfall oder erheblicher Verspätung wählen zwischen anderer Beförderung zum Ziel (z. B. Umbuchung) oder Rückerstattung des Ticketpreises.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Rechte haben Flugpassagiere? Wann muss die Fluggesellschaft keine Entschädigung zahlen? Welche Rechte haben Fluggäste bei einem Streik des Flughafenpersonals? Gilt ein Fluglotsenstreik als außergewöhnlicher Umstand? Ist ein Streik oder Warnstreik des Personals der Fluggesellschaft ein außergewöhnlicher Umstand? Entschädigung wegen Flugausfall durch "wilden Streik" Praxistipp zu Streiks am Flughafen Welche Rechte haben Flugpassagiere?
Die Europäische Verordnung für Fluggastrechte gibt Flugpassagieren im Fall von Verspätungen oder Flugausfällen direkte Ansprüche gegen die Fluggesellschaft.
Annulliert die Fluggesellschaft einen Flug, haben Fluggäste grundsätzlich folgende Rechte:
Wahlweise:
- Anspruch auf Erstattung der Ticketkosten für nicht zurückgelegte Reiseetappen oder auch für bereits zurückgelegte, wenn die Reise durch die Annullierung einer Teilstrecke sinnlos geworden ist, ggf. in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort (nicht bei Pauschalreisenden),
- anderweitige Beförderung zu vergleichbaren Konditionen zum Reiseziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
- anderweitige Beförderung zu vergleichbaren Konditionen zum Reiseziel zu einem späteren Zeitpunkt, vorbehaltlich freier Plätze.
Zusätzlich Betreuungsleistungen der Fluggesellschaft direkt am Flughafen:
- kostenfreie Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit (meist Gutscheine für Snacks oder Mahlzeiten im nächsten Flughafenrestaurant oder -imbiss).
- zwei kostenlose Anrufe oder Versand von zwei Telefaxen oder E-Mails, um Familie, Arbeitgeber oder Geschäftspartner über den Flugausfall zu informieren.
Wenn Fluggäste eine anderweitige Beförderung wählen und dieser Flug erst am nächsten Tag startet, Anspruch auf Hotelübernachtung und Transfer zum Hotel.
Geldentschädigung
Hinzu kommt ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen, also auf eine Geldentschädigung. Diese ist nach der Flugstrecke bzw. Entfernung zum Ziel gestaffelt. Sie entfällt, wenn die Fluggesellschaft den Flug rechtzeitig vorher absagt und einen Ersatzflug anbietet. Die Höhe der Entschädigung beträgt:
- 250 Euro bei allen Flügen über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger,
- 400 Euro bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km
und 3.500 km,
- 600 Euro bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Ähnliche Rechte bestehen bei Flugverspätungen. Hier finden Sie die Einzelheiten:
Flugverspätung: Welche Rechte haben Flugreisende?
Die Regelung gilt für Flüge,
- die in der EU angetreten werden oder
- die eine Fluggesellschaft mit Sitz in der EU (oder Island, Norwegen oder der Schweiz) durchführt und die ein EU-Land als Ziel haben.
Sie gilt nicht für Flüge aus Drittländern mit in Drittländern registrierten Airlines. Ebenfalls nicht für Flüge, die kostenlos sind oder die zu einem vergünstigten Tarif angeboten werden, der öffentlich nicht zur Verfügung steht. Hiermit sind keine Kundenbindungsprogramme gemeint.
Wann muss die Fluggesellschaft keine Entschädigung zahlen?
Fluggesellschaften dürfen Ausgleichszahlungen bei Verspätungen oder Annullierungen verweigern, wenn diese auf außergewöhnlichen Umständen beruhen, die außerhalb von ihrem Einflussbereich liegen. Beweisen muss dies die Fluggesellschaft.
Technische Mängel sind keine außergewöhnlichen Umstände und normales schlechtes Wetter auch nicht. Stürme und Naturkatastrophen zählen jedoch dazu. Bei Streiks muss man verschiedene Fälle unterscheiden.
Welche Rechte haben Fluggäste bei einem Streik des Flughafenpersonals?
Beim oben erwähnten Streik im März 2025 handelte es sich um einen Streik von Flughafenbeschäftigten im öffentlichen Dienst – zum Beispiel bei der Sicherheitskontrolle und bei der Abfertigung der Flugzeuge. Da es sich hier nicht um Personal der Fluggesellschaften handelt, können Fluggäste in solchen Fällen in der Regel keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung für einen Flugausfall nach der EU-Fluggastrechteverordnung geltend machen. Es handelt sich für die Fluggesellschaft sehr wahrscheinlich um einen "außergewöhnlichen Umstand".
Trotzdem können Fluggäste in einem solchen Fall eine Ersatzbeförderung notfalls per Bahn und Bus verlangen. Wenn sich die Fluggesellschaft nicht darum kümmert, können sie diese selbst organisieren und die Kosten zurückfordern. Sie sollten jedoch die Mehrkosten so gering wie möglich halten, da diese nicht unbegrenzt ersetzt werden.
Ebenso haben Fluggäste das Recht auf Betreuungsleistungen am Flughafen, etwa Verpflegung oder Unterbringung am Flughafen während der Wartezeit auf die Ersatzbeförderung. Es empfiehlt sich, Belege für die Ausgaben zu sammeln. Unnötiger Luxus wird nicht erstattet.
Wer die Reise nicht mehr antreten möchte, kann den Ticketpreis zurückverlangen.
Gilt ein Fluglotsenstreik als außergewöhnlicher Umstand?
Eine Flugreisende hatte einen Flug gebucht, der um 8:30 Uhr starten und um 10:25 sein Ziel erreichen sollte. Allerdings verspätete sich der vorherige Flug der Maschine durch einen Fluglotsenstreik. Obendrein erschien ein Fluggast nicht pünktlich, sodass dessen Gepäck wieder ausgeladen werden musste. Der zweite Flug der Maschine an diesem Tag startete daher verspätet und die Reisende erreichte ihr Ziel erst um 14:26 Uhr. Da es sich aus ihrer Sicht um eine erhebliche Verspätung, also eine Verspätung über drei Stunden, handelte, verlangte sie eine Entschädigung von 250 Euro nach der Fluggastrechteverordnung.
Das Landgericht Saarbrücken rechnete jedoch genau nach. Dem Gericht zufolge ist ein Fluglotsenstreik ein außergewöhnlicher Umstand, der sich auch dann nicht vermeiden lässt, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen werden. Daher müsse hier genau ausgerechnet werden, welcher Anteil der Verspätung auf dem Fluglotsenstreik und welcher auf anderen, vermeidbaren Faktoren beruhte. Der Fluglotsenstreik habe hier zu einer Verspätung von 1 Stunde 49 Minuten geführt. Rechne man diese Zeit aus der Gesamtverspätung von 3 Stunden 59 Minuten heraus, würden noch 2 Stunden 10 Minuten übrig bleiben. Dies sei dann aber keine "große Verspätung" mehr, die laut Fluggastrechteverordnung zu einer Ausgleichszahlung führe. Die Klage wurde daher abgewiesen (Urteil vom 10.10.2024, Az. 13 S 20/24).
Ist ein Streik oder Warnstreik des Personals der Fluggesellschaft ein außergewöhnlicher Umstand?
Ein Streik kann als außergewöhnlicher Umstand gelten, der eine Entschädigung verhindert. Dies ist der Fall, wenn der Streik für die Fluggesellschaft nicht vorhersehbar war und die Folgen auch nicht durch geeignete Maßnahmen wie Ersatzpersonal abgewendet werden konnten (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.8.2012, Az. X ZR 138/11). Zusätzlich verlangen die Gerichte oft von der Fluggesellschaft den Nachweis, dass diese alle ihr möglichen Maßnahmen durchgeführt hat, um eine Verspätung zu vermeiden (AG Frankfurt a. M., Az. 32 C 2371/12).
Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, muss die Fluggesellschaft bei Flugausfällen oder Verspätungen durch einen Streik Entschädigung zahlen. Warnstreiks finden manchmal sehr kurzfristig statt und sind nicht rechtzeitig vorhersehbar. Von vielen Streiks weiß jedoch die Fluggesellschaft vorher. Und oft kann sie nicht nachweisen, dass sie alles Erdenkliche getan hat, um Verspätungen zu verhindern.
In vielen Fällen bestehen daher bei Streiks Chancen auf eine Entschädigung!
Entschädigung wegen Flugausfall durch "wilden Streik"
2016 machten massenhafte kurzfristige Krankmeldungen von Mitarbeitern einer Fluggesellschaft Schlagzeilen. Diese berief sich auf einen außergewöhnlichen Umstand – man ging davon aus, dass es sich um einen wilden Streik handelte.
Normalerweise gelten Erkrankungen des Personals nicht als außergewöhnlicher Umstand (Landgericht Darmstadt, Az. 7 S 122/10). Bei nicht angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen verhält sich dies jedoch oft anders. Hier kam es durch die Flugverspätungen zu einer Klagewelle, in der die Passagiere zum Teil erfolgreich waren, zum Teil nicht (etwa AG Hannover, Urteil vom 9.2.2017, Az. 509 C 12714/16).
Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasste sich damit. Die Richter betrachteten eine Massenerkrankung nicht als außergewöhnlichen Umstand, wenn sie eine Reaktion auf die Ankündigung einer betrieblichen Umstrukturierung sei. Dann handle es sich um die Folge einer unternehmerischen Entscheidung der Airline und das Problem beruhe nicht auf äußeren Umständen, die außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft lägen. Kommt es also nach Umstrukturierungen aus Protest zu wilden Streiks, darf die Fluggesellschaft nicht die Entschädigungszahlungen verweigern (EuGH, Urteil vom 17.4.2018, Az. C-195/17).
Praxistipp zu Streiks am Flughafen
Bei größeren Verspätungen und Flugannullierungen durch Streiks am Flughafen können sich Fluggäste zwecks Entschädigung direkt an die Fluggesellschaft wenden. Beweise wie das Flugticket sind wichtig. Einige Fluggesellschaften zahlen die Entschädigung problemlos. Fluggäste können den Fall jedoch auch einem der im Internet werbenden Dienstleister übergeben, welche den Fluggast auszahlen und den Anspruch dann selbst geltend machen. Bei komplizierteren Fällen lohnt es sich, einen Rechtsanwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Reiserecht mit dem Fall zu beauftragen.
(Ma)