Wohngemeinschaft: Welche mietrechtlichen Besonderheiten sind zu beachten?

06.05.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Zettel,WG-Zimmer gesucht In einer Wohngemeinschaft sind klare Regelungen wichtig. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Vertragspartner ist entscheidend: Nur wer im Mietvertrag steht, ist offiziell Mieter mit allen Rechten und Pflichten. Andere Mitbewohner sind oft nur Untermieter.

2. Haftung gegenüber dem Vermieter: Bei gemeinsam unterzeichnetem Mietvertrag haften alle WG-Mitglieder gesamtschuldnerisch, also auch für Mietrückstände anderer.

3. Mitbewohnerwechsel: Der Tausch von WG-Mitbewohnern ist ohne Zustimmung des Vermieters meist nicht möglich, es sei denn, im Vertrag wurde ein sogenanntes "Wechselmodell" vereinbart.
Unter einer Wohngemeinschaft versteht man eine Gruppe von Personen, die sich zusammentun, um sich die Kosten für eine Wohnung zu teilen. Jede einzelne Person bewohnt dabei ein einzelnes Zimmer. Die Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Bad und Küche nutzen alle gemeinsam. Es gibt mehrere Varianten: Eine einzelne Person kann als Hauptmieter auftreten und den Mietvertrag unterschreiben. Dann sind die anderen Untermieter. Andererseits können aber auch alle Mitbewohner den Mietvertrag als Mieter unterzeichnen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass jeder mit dem Vermieter einen Einzel-Mietvertrag über sein Zimmer und ein Mitbenutzungsrecht für die Gemeinschaftsräume abschließt. Die rechtlichen Spielregeln unterscheiden sich je nach Variante.

Variante 1: Ein Hauptmieter und mehrere Untermieter


Bei dieser Variante schließt lediglich der Hauptmieter einen Mietvertrag mit dem Wohnungseigentümer ab. Die anderen Mitbewohner unterschreiben jeweils einzeln einen Untermietvertrag mit dem Hauptmieter. Dabei sind für alle Seiten dringend schriftliche Mietverträge zu empfehlen, denn Streitigkeiten sind nicht ungewöhnlich.

Hier ist der einzige Ansprechpartner des Eigentümers und Vermieters der Hauptmieter. Er allein ist für die pünktliche Zahlung der Miete und der Nebenkosten der ganzen Wohnung verantwortlich. Daher liegt es auch in seiner eigenen Verantwortung, regelmäßig die Miete von seinen Untermietern zu kassieren.

Der Hauptmieter ist gegenüber den übrigen WG-Mitgliedern in einer starken Position. Einen Untermietvertrag kann man nämlich schneller und leichter kündigen als einen herkömmlichen Mietvertrag. Sorgt also ein WG-Mitglied als Untermieter ständig für Ärger, lässt sich dieses Problem mit dieser Vertragsvariante relativ schnell lösen.

Ein Nachteil dieser Variante ist, dass die komplette Wohngemeinschaft mit dem Mietverhältnis des Hauptmieters steht und fällt. Wenn dieser den Hauptmietvertrag kündigt, etwa wegen Abbruchs seines Studiums, oder ihm der Vermieter kündigt, endet die Wohngemeinschaft. Die anderen Bewohner stehen schließlich in keiner Vertragsbeziehung zum Vermieter. Und: Kümmert sich der Hauptmieter nicht sorgfältig um Kleinigkeiten wie die pünktliche Zahlung von Wasser oder Strom, steht bald der Sperrkassierer des Versorgungsbetriebs vor der Tür. Dann leiden alle Bewohner unter den Folgen.

Näheres zum Untermietvertrag finden Sie hier:
Untermietvertrag: Welche Rechte hat der Untermieter?

Was sind die Besonderheiten der Untermiete?


Für die Untervermietung ihrer Wohnung brauchen Mieter die Erlaubnis des Vermieters. Wenn Mieter nur einen Teil ihrer Wohnung untervermieten möchten – etwa einzelne Zimmer – muss der Vermieter dies erlauben, wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hat. Dies ist beispielsweise der Fall bei Geldmangel durch Arbeitsplatzverlust, bei einer Ehescheidung oder bei einer Verkleinerung der Familie. Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses kann der Vermieter die Untervermietung nur ablehnen, wenn er

- ernsthafte Bedenken gegen diesen bestimmten Untermieter hat,
- die Wohnung überbelegt würde oder
- ein anderer besonderer Grund dagegen spricht.

Das Gesetz geht hier jedoch nicht von einer geplanten Wohngemeinschaft aus, sondern eher von dem Fall, dass der Hauptmieter während des laufenden Mietverhältnisses in finanzielle Not gerät und ein Zimmer untervermieten muss. Eine Wohngemeinschaft stellt eher eine von Anfang an geplante Zweckgemeinschaft dar.

Tipp: Wer die Gründung einer Wohngemeinschaft plant, sollte vorher mit dem Vermieter darüber sprechen und dessen Zustimmung einholen. Diese sollte auch im Mietvertrag festgehalten bzw. dort ergänzt werden.

Übrigens: Verursacht ein Untermieter Schäden in der Wohnung, haftet der Hauptmieter gegenüber dem Vermieter. Das heißt: Der Hauptmieter muss den Schaden bezahlen und dann sehen, wie er vom Untermieter sein Geld zurückerhält.

Wie kündigt man einen Untermietvertrag?


Bei kompletten Wohnungen zur Untermiete gilt für beide Seiten eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Für den Hauptmieter gilt nach fünf und acht Jahren jeweils eine um weitere drei Monate verlängerte Kündigungsfrist. Der Hauptmieter benötigt ein "berechtigtes Interesse", also einen gesetzlich zulässigen Kündigungsgrund wie Eigenbedarf, um dem Untermieter zu kündigen. Wurde die Wohnung nur zum vorübergehenden Gebrauch untervermietet – etwa für ein Praktikum – kann auch eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden (§ 573c BGB).

Bei einem unmöblierten Zimmer braucht der Hauptmieter keinen besonderen Kündigungsgrund mehr, um dem Untermieter zu kündigen. Dann muss er jedoch eine um drei Monate auf sechs Monate verlängerte Kündigungsfrist einhalten.

Die Kündigung eines Untermietvertrages ist bei der Untervermietung eines möblierten Zimmers einfacher. In diesem Fall ist keine Begründung notwendig. Beide Vertragspartner dürfen bis zum 15. eines Monats zum Ende des gleichen Monats kündigen.

Variante 2: Alle WG-Mitglieder sind gleichberechtigte Mieter


Die zweite Möglichkeit, eine WG zu gründen, ist, dass alle Mitbewohner ein und denselben Mietvertrag mit dem Eigentümer gemeinsam als Mieter unterschreiben. Dann entsteht kein Untermietverhältnis. Alle sind gleichberechtigte Mieter und haften als sogenannte Gesamtschuldner gegenüber dem Vermieter für Miete, Nebenkosten und Schäden an der Wohnung. Dies bedeutet, dass sich der Vermieter im Notfall den Zahlungskräftigsten heraussuchen und von ihm den ganzen Betrag fordern kann. Dann kann der Betreffende jedoch seinerseits von den anderen Mitbewohnern ihre jeweiligen Anteile einfordern.

Auch diese Variante hat einen Nachteil: Wenn alle Bewohner Mieter des gleichen Mietvertrages sind, können sie auch nur alle gemeinsam kündigen. Auch der Vermieter kann den Mietvertrag nur beenden, indem er die Kündigung an jede einzelne Person adressiert, deren Name unter dem Vertrag steht. Dies gilt auch für alle anderen wichtigen Erklärungen, wie eine mieterseitige Mietminderung oder eine Mieterhöhung durch den Vermieter. Alles muss von allen Mietern unterschrieben oder vom Vermieter an alle adressiert werden.

Will einer der Bewohner ausziehen, ist Streit vorprogrammiert. Zwar gibt es durchaus Gerichtsurteile, die den Mitbewohnern gegenüber dem Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel gewähren (siehe unten). Klar gesetzlich geregelt ist dies jedoch nicht. Ein Gericht muss daher nicht zwingend in diesem Sinne entscheiden.

Variante 3: Wohngemeinschaft mit separaten Mietverträgen


Die dritte Möglichkeit ist, zwischen dem Eigentümer der Wohnung und jedem WG-Mitglied einzeln einen eigenen Mietvertrag abzuschließen. Hier mietet also jeder Mitbewohner sein jeweiliges Zimmer direkt vom Eigentümer und erhält das Recht, die Gemeinschaftsräume mitzunutzen.

Dies hat den Vorteil, dass die Mitbewohner relativ flexibel ein- und ausziehen können. Allerdings bestimmt in erster Linie der Eigentümer und Vermieter, wer ein- und auszieht, und nicht die anderen WG-Mitglieder.

Tipp: Im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens sollte der Vermieter den Mitbewohnern im Mietvertrag ein Mitspracherecht bei Neuzugängen einräumen.

Was bringen spezielle WG-Mietverträge?


Es gibt spezielle Mietverträge, die auf die Wohngemeinschaft abgestimmt sind. Entsprechende Vertragsmuster kann man im Internet finden. Diese sollte man aber kritisch vergleichen. Häufig beruhen sie auf einer Abwandlung der obigen Variante Zwei: Ein einziger Mietvertrag mit allen Mitbewohnern als gleichberechtigte Mieter. In einen solchen Vertrag lassen sich ggf. zusätzliche sinnvolle Regelungen einbauen, die zum Beispiel einen flexiblen Auszug einzelner Mitbewohner erlauben. Auch kann die Wohngemeinschaft bei der Auswahl neuer Mitmieter ein Mitspracherecht bekommen. Oft wird auch die gesetzliche dreimonatige Kündigungsfrist vereinbart.

Es liegt in der Natur einer Wohngemeinschaft, dass diese oft von Menschen genutzt wird, die nach relativ kurzer Zeit wieder ausziehen. Gerade bei Studenten kommt dies häufig vor, ebenso bei Menschen mit befristeten Arbeitsverträgen. Daher ist beiden Seiten unbedingt abzuraten von Zeitmietverträgen mit fester Mietdauer ohne reguläre Kündigungsmöglichkeit. Bei einer WG sind solche Verträge nicht sachgerecht und führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu unnötigen Streitigkeiten.

Wie entscheiden die Gerichte zur Wohngemeinschaft?



Das Landgericht Berlin befasste sich mit dem Fall eines Vermieters, der mit allen Mitgliedern einer Wohngemeinschaft einen einzigen Mietvertrag abgeschlossen hatte. Die WG forderte seine Zustimmung zum Auszug von zwei Mitbewohnern und zum Einzug von zwei neuen. Der Vermieter weigerte sich. Dem Urteil zufolge hat in diesem Fall die Wohngemeinschaft grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters zum Mieterwechsel. Ein Vermieter müsse sich beim Abschluss eines Mietvertrages mit einer WG darüber im Klaren sein, dass dies keine auf Dauer angelegte Wohnform sei (Hinweisbeschluss vom 19.4.2013, Az. 65 S 377/12).

Vor dem Bundesgerichtshof ging es in einem anderen Verfahren darum, ob eine WG nach der obigen Variante 2 ein Recht dazu hat, die Mieter auszuwechseln. Das Landgericht Berlin hat ein solches Recht abgelehnt: Dies würde darauf hinauslaufen, dass der Vermieter einer "WG-Wohnung" niemals das Mietverhältnis beenden könne, da die Mieter einfach frei die Vertragspartner austauschen könnten. Die Mieter seien nach derzeitigem Stand dadurch geschützt, dass sie das Recht zur Untervermietung hätten (LG Berlin, Urteil vom 18.08.2021, Az. 64 S 261/20).

Der Bundesgerichtshof war anderer Ansicht. Zwar könne man nur aus dem Vorhandensein eines solchen WG-Mietvertrages nicht automatisch schließen, dass die Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter hätten, einem Austausch ihrer Mitmieter zuzustimmen. Zumindest nicht, wenn dies nicht ausdrücklich geregelt sei. Es könne aber aus den Gesamtumständen hervorgehen, dass alle Beteiligten bei Vertragsabschluss von einem kurzfristigen Mietverhältnis mit häufigen Mieterwechseln ausgegangen wären. Dies könne insbesondere bei Studenten der Fall sein. Dann müsse der Vermieter einem Mieterwechsel zustimmen (Urteil vom 27.4.2022, Az. VIII ZR 304/21).

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz verhandelte einen Fall, in dem der Nachbar einer WG geklagt hatte. Dieser war der Ansicht, dass eine studentische Wohngemeinschaft mit 11 Personen in einem reinen Wohngebiet mit vorwiegend Einfamilienhäusern nichts zu suchen habe. Er betrachtete die WG als eine Art Beherbergungsbetrieb und forderte die Baubehörde zur Untersagung dieser Gebäudenutzung auf. Vor Gericht blieb der Nachbar jedoch erfolglos: Das OVG entschied, dass eine Studenten-WG in einem Einfamilienhaus kein Beherbergungsbetrieb sei. Daher könne der Nachbar auch keine Untersagung dieses Betriebes verlangen (Beschluss vom 8.12.2016, Az. 8 A 10680/16).

Vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es um den Fall einer renitenten Mutter. Deren Sohn wohnte in einer Studenten-WG. Er hatte seine Mutter gebeten, während seines Urlaubs seine Haustiere zu versorgen. Dazu zog die Mutter in sein Zimmer ein – ohne Absprache mit dem Rest der WG. Schnell gab es Streit mit einem anderen Bewohner. Themen waren zum Beispiel die Nutzung des gemeinsamen Wohnzimmers, das Fernsehprogramm und laute Musik (der Mutter). Die herbeigerufene Polizei stellte fest, dass die Mutter nicht in der Wohnung gemeldet war. Deswegen setzten die Beamten diese gegen deren körperlichen Widerstand vor die Tür. Anschließend verlangte die erboste Mutter Schmerzensgeld vom Land.
Das Gericht stellte sich jedoch auf die Seite des WG-Mitbewohners und erklärte, dass dieser das Hausrecht innehabe. Ihr Sohn habe nicht das Recht gehabt, dort ohne Zustimmung der anderen Bewohner einfach seine Mutter einzuquartieren. Die Polizei habe rechtmäßig einen Platzverweis ausgesprochen und durchsetzen dürfen. Die Mutter habe ihre blauen Flecken selbst verschuldet, weil sie sich den Polizisten widersetzt habe (Urteil vom 22.1.2016, Az. 11 U 67/15).

Praxistipp zur Wohngemeinschaft


Bei einer Wohngemeinschaft ist eine klare vertragliche Vereinbarung wichtig, die auch den Fall des Mieterwechsels regelt. Die Mitbewohner sollten klipp und klar vereinbaren, wer welche Rechte und Pflichten hat. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann Sie im Streitfall kompetent zur WG beraten.

(Bu)


 Stephan Buch
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion