Rücktritt vom Versicherungsvertrag – Falsche Angaben zum Gesundheitszustand

10.08.2018, Autor: Herr Christoph Kleinherne / Lesedauer ca. 2 Min. (92 mal gelesen)
Erklärt der Versicherer wegen fehlerhafter Angaben zum Gesundheitszustand den Rücktritt vom Vertrag, ist neben weiteren Fragen auch zu prüfen, ob die vorgeschriebene Belehrung im Antragsformular ordnungsgemäß war: Sie muss grundsätzlich so ausgestaltet sein, dass sie dem Antragsteller beim Durchgehen des Antrages quasi „ins Auge springt.“

Dem an einer Personenversicherung (also beispielsweise Berufsunfähigkeitsversicherung, Krankenversicherung, Unfallversicherung) interessierten Kunden, werden im Rahmen der Antragstellung insbesondere Fragen zum Gesundheitszustand gestellt.

Vom Fragenkatalog des Versicherers sind dabei sowohl stationäre Krankenhausaufenthalte als auch sonstige Behandlungen innerhalb eines näher bezeichneten Zeitraumes erfasst.
Werden die Fragen verneint, darf und wird der Versicherer davon ausgehen, dass gefahrerhebliche Erkrankungen nicht vorliegen. Der Versicherungsvertrag kommt dann regelmäßig ohne Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge zustande.

Wird in der Folge ein Versicherungsfall gemeldet, tritt der Versicherer in die Leistungsprüfung ein. Gerade bei beantragten Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung wird der Versicherer sodann Auskünfte bei den behandelnden Ärzten des Versicherungsnehmers einholen, auch um seine Eintrittspflicht überhaupt prüfen zu können, siehe auch https://www.anwalt-suchservice.de/rechtstipps/berufsunfaehigkeitsversicherung_die_reaktion_des_versicherers_23600.html. Stellt sich dabei heraus, dass bereits vor Antragstellung im näher bezeichneten Zeitraum die abgefragten – und vom Versicherungsnehmer bei Antragstellung verneinten – Erkrankungen behandelt wurden, kann und wird der Versicherer von seinen im Gesetz verankerten Möglichkeiten Gebrauch machen und in der Regel mindestens vom Vertrag zurücktreten, wenn er meint, dass die Fragen vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch beantwortet wurden.

Für den Versicherungsnehmer hat dies zur Folge, dass er ungeachtet des eingetretenen Versicherungsfalles keine Leistungen beanspruchen kann. Die Angaben zum Gesundheitszustand haben daher eine zentrale Bedeutung.

Nun wird sich niemand davon freisprechen können, selbst einmal beim Ausfüllen von Anträgen oder Formularen dem „Kleingedruckten“ zu wenig Beachtung geschenkt oder Bedeutung beigemessen zu haben. Gerade deshalb wurde vom Gesetzgeber in § 19 Abs. 5 VVG geregelt, dass der Versicherer die weitreichenden Gestaltungsrechte nur dann geltend machen kann, wenn er den Versicherungsnehmer „durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat“. Fehlt es an einer solchen Belehrung, darf der Versicherer trotz objektiv falscher Angaben zum Gesundheitszustand weder vom Vertrag zurücktreten noch ihn kündigen oder anpassen.

Zur Frage, welche Anforderungen an eine solche „gesonderte Mitteilung in Textform“ zu stellen sind, hat es in den vergangenen Jahren zahlreiche gerichtliche Entscheidungen gegeben. In den Leitsätzen seiner aktuellen Entscheidung vom 06.12.2017, IV ZR 16/17, hat der Bundesgerichtshof hierzu ausgeführt:

1. Hat der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht in einer von sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde auf die Folgen einer Anzeigenobliegenheitsverletzung hingewiesen, so sind die Anforderungen des § 19 Abs. 5 S. 1 VVG nur gewahrt, wenn die Belehrung drucktechnisch so gestaltet ist, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann.

2. Eine drucktechnische Hervorhebung des Belehrungstextes liegt nicht vor, wenn auch die übrigen Abschnitte des Formulars dieselben drucktechnischen Merkmale aufweisen.

Rechtstipp:

Im Rahmen der Prüfung, ob der Versicherer wegen fehlerhafter Angaben zum Gesundheitszustand zum Rücktritt vom Vertrag bzw. zu dessen Kündigung oder Anpassung berechtigt ist, ist daher neben weiteren Fragen auch zu klären, ob die Belehrung im Antragsformular denn überhaupt ordnungsgemäß war: Sie muss grundsätzlich so ausgestaltet sein, dass sie dem Antragsteller beim Durchgehen des Antrages quasi „ins Auge springt.“


Autor dieses Rechtstipps

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