Winter, Schnee und Eis: Wer muss räumen und streuen?
25.11.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Nicht bei jedem Glätteunfall droht eine Haftung. © Bu - Anwalt-Suchservice Das Wichtigste in Kürze
1. Zuständigkeit des Vermieters: Der Vermieter ist grundsätzlich für die Sicherung der Zugangswege und Gehwege verantwortlich. Er kann die Räum- und Streupflicht im Mietvertrag wirksam auf den bzw. die Mieter übertragen.
2. Zuständigkeit der Mieter: Wenn der Mietvertrag die Räum- und Streupflicht auf die Mieter überträgt, müssen diese zu den üblichen Zeiten (in der Regel werktags 7–20 Uhr, sonn- und feiertags ab 9 Uhr) Schnee räumen und streuen.
3. Kontrollpflicht des Vermieters: Auch bei Übertragung auf die Mieter bleibt der Vermieter zur regelmäßigen Kontrolle verpflichtet, ob die Mieter ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen.
1. Zuständigkeit des Vermieters: Der Vermieter ist grundsätzlich für die Sicherung der Zugangswege und Gehwege verantwortlich. Er kann die Räum- und Streupflicht im Mietvertrag wirksam auf den bzw. die Mieter übertragen.
2. Zuständigkeit der Mieter: Wenn der Mietvertrag die Räum- und Streupflicht auf die Mieter überträgt, müssen diese zu den üblichen Zeiten (in der Regel werktags 7–20 Uhr, sonn- und feiertags ab 9 Uhr) Schnee räumen und streuen.
3. Kontrollpflicht des Vermieters: Auch bei Übertragung auf die Mieter bleibt der Vermieter zur regelmäßigen Kontrolle verpflichtet, ob die Mieter ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was beinhaltet die Verkehrssicherungspflicht für das Eis- und Schneeräumen? Wo und wann muss die Gemeinde Schnee räumen und gegen Eisglätte streuen? Wer muss auf dem Gehweg Schnee räumen: Vermieter oder Mieter? Wann und wie oft muss Schnee geräumt und gegen Eisglätte gestreut werden? Auf welcher Breite muss der Schnee vom Gehweg geräumt werden? Muss der Vermieter das Schneeräumen des Mieters kontrollieren? Wer muss im Mehrfamilienhaus Schneeräumen? Müssen auch Senioren und Kranke Schnee räumen? Welche Ansprüche haben Passanten nach einem Sturz auf Eis und Schnee? Urteil: Sturz auf Betriebsgelände wegen Glatteis Was streut man am besten bei Eisglätte? Schützt der Hinweis "Betreten auf eigene Gefahr" vor der Haftung? Gilt die Räumpflicht auch für Gehwege auf der anderen Straßenseite Schadensersatz wegen Sturz auf vereister Fläche auch bei Umgehungsmöglichkeit? Befreit eine erkennbare Eisglätte von der Haftung? Muss der Winterdienst bezahlt werden, wenn er schlecht räumt und streut? Praxistipp zum Räumen und Streuen im Winter Was beinhaltet die Verkehrssicherungspflicht für das Eis- und Schneeräumen?
Verkehrssicherungspflicht bedeutet generell: Wer eine mögliche Gefahrenquelle schafft oder betreibt, muss dafür sorgen, dass durch diese niemand anders zu Schaden kommt – zumindest, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist. Dies gilt auf öffentlichen Verkehrswegen, aber auch überall, wo andere Personen berechtigterweise unterwegs sind. Generell gilt die Verkehrssicherungspflicht auch auf allen Gehwegen auf einem Privatgrundstück, die Personen nutzen – zum Beispiel Postboten, Paketboten, Pizzaboten und natürlich Mieter.
Wo und wann muss die Gemeinde Schnee räumen und gegen Eisglätte streuen?
Die Gemeinden haben auf öffentlichen Straßen und Wegen die Räum- und Streupflicht. Auch die Gerichte wissen jedoch, dass es praktisch vollkommen unmöglich ist, alle Straßen und Wege gleichzeitig um sieben Uhr morgens perfekt schnee- und eisfrei geräumt zu haben. Die Gemeinde muss (und darf) daher morgens zuerst die Hauptverkehrsstraßen räumen. Die Bürger dürfen nicht erwarten, dass zum Beispiel der Parkplatz des städtischen Schwimmbads permanent eis- und schneefrei gehalten wird. Dies zeigt ein Urteil des Landgerichts Coburg: Dort war eine Frau auf dem Parkplatz des städtischen Hallenbads auf dem Weg zu ihrem Auto gestürzt und hatte sich das Handgelenk gebrochen. Das Gericht wies ihre Schadensersatzklage ab (Az. 13 O 678/10). Auf Nebenstraßen mit geringem Verkehrsaufkommen dürfen die Gemeinden den Winterdienst generell einschränken.
Wer muss auf dem Gehweg Schnee räumen: Vermieter oder Mieter?
Die Gemeinden übertragen ihre Räum- und Streupflicht bei Schnee und Eis auf den öffentlichen Gehwegen vor privaten Grundstücken üblicherweise per Gemeindesatzung auf die Anlieger. Gibt es keine Gehwege, muss in der Regel ein Streifen am Straßenrand geräumt werden. Hier wären also die Grundstückseigentümer in der Pflicht. Vermieter dürfen die Räum- und Streupflicht jedoch im Mietvertrag ihren Mietern übertragen. Dies gilt auch für die Wege und Zugänge auf dem Grundstück selbst.
Mieter sind wegen Krankheit, Arbeit oder Urlaub nicht automatisch von ihrer vertraglich übernommenen Schneeräumpflicht befreit. Sie müssen grundsätzlich bei Verhinderung für eine Ersatzperson sorgen, welche die Arbeit übernimmt.
Wann und wie oft muss Schnee geräumt und gegen Eisglätte gestreut werden?
Wann Schnee geräumt werden muss, ist nicht allgemein gesetzlich geregelt. Die Schneeräumzeiten ergeben sich meist aus einer Gemeindesatzung. In manchen Gemeinden muss werktags bis sieben Uhr morgens, in anderen bis acht Uhr oder acht Uhr dreißig geräumt und gestreut sein. Schneit es tagsüber wieder neu, muss der Gehweg meist bis 20 Uhr abends in regelmäßigen Abständen immer wieder geräumt werden. Auch an Sonn- und Feiertagen dürfen Räumpflichtige nicht viel länger schlafen: Oft muss der Weg dann bis acht Uhr, zum Teil bis neun Uhr oder neun Uhr dreißig geräumt sein.
Schneit es längere Zeit besonders stark, müssen Räumpflichtige meist erst nach Ende des Schneefalls aktiv werden. Dann müssen sie also erst wieder zur Kehrschaufel greifen, wenn eine Wiederholung nicht vollkommen sinnlos erscheint. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits 1984 entschieden (Az. VI ZR 49/83). Einige Gerichte meinen auch, dass man nach Ende des Schneefalls noch eine halbe Stunde abwarten darf, ob es wieder zu schneien anfängt. Dies ist jedoch keine allgemein gültige Faustregel.
Bei Glatteis gelten strengere Maßstäbe. Schließlich droht hier besondere Unfallgefahr. Wer bei Glatteis stundenlang mit dem Streuen wartet, setzt sich schnell einer Haftung aus. Räumpflichtige dürfen auch Bereiche wie Eingangstreppen nicht für längere Zeit sich selbst überlassen, nur weil es immer wieder darauf regnet und sich erneut Glatteis bildet.
Auf welcher Breite muss der Schnee vom Gehweg geräumt werden?
Wie breit der geräumte Streifen auf dem öffentlichen Gehweg sein muss, ist meist in einer Straßenreinigungssatzung der Gemeinde geregelt. Häufig sind es ein bis 1,50 Meter. Bei seltener benutzten Wegen auf dem Grundstück (etwa zur Mülltonnenbox) kann ein schmalerer Streifen ausreichend sein. Dem Oberlandesgericht Frankfurt zufolge sind zum Beispiel 50 cm Breite bei einem solchen Weg genug. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Solche Urteile beziehen sich immer auf den einzelnen Fall. Dabei sind die besonderen Verhältnisse vor Ort ausschlaggebend (Az. 23 U 195/00).
Private Wege oder Plätze, die Passanten oder Mieter nur nutzen, um einen anderen Weg abzukürzen, muss der Eigentümer im Normalfall nicht räumen oder streuen (OLG Hamm, Urteil vom 16.5.2013, Az. 6 U 178/12). Dies gilt insbesondere, wenn der Hauptweg geräumt ist.
Muss der Vermieter das Schneeräumen des Mieters kontrollieren?
Der Vermieter behält trotz Übertragung des Winterdienstes auf die Mieter immer eine Kontrollpflicht. Er muss überprüfen, ob seine Mieter tatsächlich den Winterdienst ordnungsgemäß ausführen. Wenn er bei stichprobenartigen Kontrollen feststellt, dass die Mieter der Räumpflicht nicht nachkommen, kann der Vermieter diese abmahnen. Stürzt ein Passant auf dem ungeräumten Gehweg, weil ein Mieter nicht geräumt hat, muss dieser mit Schadensersatz und -Schmerzensgeldforderungen rechnen.
Sowohl Mieter als auch Vermieter können auch einen gewerblichen Räumdienst beauftragen. Der jeweilige Auftraggeber behält eine Aufsichts- und Kontrollpflicht und ist nicht völlig vor einer Haftung geschützt. Gerade in Mehrfamilienhäusern kann die Beauftragung eines Räumdienstes helfen, Streit um Räumpflichten zu vermeiden.
Wer muss im Mehrfamilienhaus Schneeräumen?
Bei einem Mehrfamilienhaus ist der Inhalt des einzelnen Mietvertrages maßgeblich. Nicht entscheidend ist, ob die Pflichten unter den Mietparteien gerecht verteilt sind. Eine ungerechte Verteilung von Pflichten ist kein Grund, der Räumpflicht nicht nachzukommen. Allerdings kann eine gerechte Aufteilung der Arbeiten vor Gericht durchgesetzt werden. Zum Beispiel hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden, dass es kein Gewohnheitsrecht gibt, nach dem im Mehrfamilienhaus immer ausschließlich der Erdgeschossmieter Schnee schippen muss (Az. 16 U 123/87). Nach einem Urteil des Amtsgerichts Köln darf bei einem Haus mit 24 Parteien nicht einfach der komplette Winterdienst auf die drei Erdgeschossmieter übertragen werden. Hier war die entsprechende Klausel in der Hausordnung unwirksam (Urteil vom 14.9.2011, Az. 221 C 170/11).
Als Hilfsmittel für eine gerechte Verteilung der Pflichten unter mehreren Mietern kann eine sogenannte Schneeräumkarte dienen. Diese wird immer nach dem Schneeräumen an den nächsten Mieter weitergegeben. Für Mieter empfiehlt sich eine private Haftpflichtversicherung. Diese trägt den Schaden, wenn doch einmal ein Passant wegen nicht geräumter Wege stürzt.
Müssen auch Senioren und Kranke Schnee räumen?
Wenn Senioren körperlich ihrer mietvertraglichen Räumpflicht nicht mehr nachkommen können, kann der Vermieter dies auch nicht verlangen. Einige Gerichtsurteile besagen, dass die Senioren dann von der Schneeräumpflicht befreit sind. Sie müssen auch keinen Räumdienst beauftragen (Landgericht Köln, Urteil vom 30.8.2012, Az. 1 S 52/11).
Natürlich können auch jüngere Menschen manchmal aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht Schnee räumen. Dann müssen sie nach einigen Gerichtsurteilen zumindest versuchen, einen Vertreter im Bekanntenkreis zu finden – oder nachweisen, dass kein Räumdienst zu vernünftigen Bedingungen verfügbar war (Landgericht Münster, Az. 8 S 263/05).
Übertragen Hauseigentümer ihre Schneeräumpflicht auf andere, müssen sie bei der Auswahl des Betreffenden darauf achten, dass diese Person der Aufgabe tatsächlich gewachsen ist. Eine Eigentümergemeinschaft hatte einen 82-jährigen Rentner damit beauftragt, alle Wege einer großen Wohnanlage zu räumen. Dieser schaffte die Arbeit jedoch einfach nicht. Dem Oberlandesgericht Oldenburg zufolge haftete in diesem Fall die Eigentümergemeinschaft für die Folgen eines daraus resultierenden Sturzes (Urteil vom 14.2.2014, Az. 4 O 2716/12).
Welche Ansprüche haben Passanten nach einem Sturz auf Eis und Schnee?
Verletzt sich ein Passant bei einem Sturz auf Schnee oder Glatteis, weil der Verpflichtete nicht geräumt oder gestreut hat, kann der Geschädigte in der Regel Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht fordern. Dies besagt § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Aber: Auch als Passant hat man im Winter Pflichten. Schließlich weiß jeder, dass es im Winter oft glatt ist. Daher muss jeder sein Verhalten anpassen und sich vorsichtig bewegen. Die Gerichte achten sehr genau auf ein mögliches Mitverschulden des Verletzten.
Urteil: Sturz auf Betriebsgelände wegen Glatteis
Eine Arbeitnehmerin war morgens auf dem Hof ihres Arbeitgebers auf Glatteis gestürzt und hatte sich mehrere Knochenbrüche zugezogen. Danach war sie sechs Monate arbeitsunfähig und litt auch später an den Folgen. Ihr Arbeitgeber hatte den Winterdienst einem Dienstleister übertragen. Von diesem verlangte die Frau 10.000 Euro Schmerzensgeld. Der Winterdienst behauptete aber, am Unfalltag gegen 5.30 Uhr geräumt und gestreut zu haben. Zwar hatte ein Arbeitskollege den Sturz der Frau um neun Uhr beobachtet. Er sagte jedoch aus, dass die Hoffläche zu diesem Zeitpunkt großflächig geräumt und gestreut gewesen sei. Nur in der Nähe eines einzelnen Lkw-Anhängers habe es eine Schnee- oder Eisschicht mit einem Durchmesser von etwa einem Meter gegeben.
Dem Gericht zufolge war die Räum- und Streupflicht hier ausreichend erfüllt worden. Der Winterdienst müsse nur einen Zustand herstellen, der es Personen erlaube, bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt die Hoffläche gefahrlos zu befahren und zu begehen. Daher müsse nicht der ganze Platz geräumt werden, sondern genügend breite Wege zum Gehen und Fahren seien ausreichend. Gerade bei Tageslicht sei der Eis- und Schneerest leicht zu erkennen und zu umgehen gewesen.
Die Streupflicht gelte selbst auf öffentlichen und stark frequentierten Parkplätzen nur auf Gehwegen, aber nicht zwischen den geparkten Autos. Man könne den Benutzern zumuten, die geräumten Zuwege zu nutzen und in den anderen Bereichen vorsichtig zu sein. Dies gelte gerade auf einem nicht öffentlichen Betriebshof (Az. 21 O 380/11).
Was streut man am besten bei Eisglätte?
Heute untersagen fast alle Gemeinden ausdrücklich den Einsatz von Streusalz durch Privatleute. Der Grund: Streusalz schädigt die Umwelt, Autos und Bauten und belastet die Gewässer. Daher stehen auf seine private Nutzung hohe Bußgelder. Angesagt sind stattdessen Sand, Splitt oder Granulat zum Streuen bei Glatteis. Weniger zu empfehlen sind sehr saugfähige Streumittel wie Holzspäne. Saugen sich diese mit Wasser voll, das dann gefriert, wird das Streugut selbst zur Gefahr. Dann droht eine Haftung (OLG Hamm, Urteil vom 24.11.2014, Az. 6 U 92/12).
Schützt der Hinweis "Betreten auf eigene Gefahr" vor der Haftung?
Ein Schild „Betreten auf eigene Gefahr“ schützt Eigentümer eines Privatweges nicht vor einer Haftung bei Verletzung ihrer Räum- und Streupflicht. Dies gilt insbesondere bei einer Privatstraße mit mehreren Anliegern, die sie regulär nutzen (OLG Saarbrücken, Az. 4 U 466/03). Sobald ein Platz oder eine Straße von anderen Leuten benutzt werden darf, können Privateigentümer durch eine Beschilderung keinen Haftungsausschluss vornehmen. Dies sieht bei Gemeinden anders aus.
Immerhin kann ein Schild, das auf eine konkrete Gefahr hinweist, dazu beitragen, vor Gericht den Mitverschuldensanteil des Verletzten zu erhöhen. Dieser hätte dann womöglich besser aufpassen müssen.
Gilt die Räumpflicht auch für Gehwege auf der anderen Straßenseite
Dem Verwaltungsgericht Berlin zufolge gilt die Räumpflicht nur für den Gehweg vor dem eigenen Grundstück (Az. VG 1 K 366.11). Das Grundstück der Klägerin lag in einer Straße, die im Straßenreinigungsverzeichnis C des Landes Berlin eingetragen war. Dort galt also eine Pflicht zur Schnee- und Eisbeseitigung. Nur gab es vor dem Grundstück keinen Gehweg, sondern einen zum Parken genutzten, unbefestigten Randstreifen. Ein Gehweg befand sich gegenüber auf der anderen Fahrbahnseite. Nun hatte die Stadt gegen die Frau ein Bußgeld verhängt, da sie diesen gegenüberliegenden Gehweg nicht geräumt hatte. Die Anliegerin wollte vom Gericht festgestellt haben, dass sie dort gar nicht zum Räumen von Schnee verpflichtet sei.
Das Verwaltungsgericht Berlin gab ihr Recht. Nach dem Berliner Straßenreinigungsgesetz müssten Anlieger zwar den Winterdienst auf den nächstgelegenen Gehwegen vor ihren Grundstücken durchführen. Allerdings könne man den Begriff des nächstgelegenen Gehwegs nicht so weit ausdehnen, dass davon auch noch der Gehweg vor den Grundstücken auf der gegenüberliegenden Straßenseite umfasst sei. Die natürliche Grenze für Reinigungs- bzw. Winterdienstpflichten sei die Straßenmitte.
Schadensersatz wegen Sturz auf vereister Fläche auch bei Umgehungsmöglichkeit?
An einem 24. Dezember hatte ein Ehepaar sein Auto auf dem Kundenparkplatz einer Bäckerei geparkt. Bis zur Eingangstür waren es fünf Meter. Dort gab es jedoch eine etwa drei Meter große Eisfläche, auf der die Frau stürzte. Dabei brach sie sich das Schien- und Wadenbein und musste für eine Woche ins Krankenhaus. Sie verklagte den Bäcker, weil dieser ihrer Meinung nach seinen Parkplatz komplett von Schnee und Eis hätte befreien müssen. Die Kundin verlangte Schadensersatz sowie Verdienstausfall in Höhe von 12.500 Euro und ein Schmerzensgeld von mindestens 15.000 Euro.
Schon das Landgericht Koblenz wies ihre Klage ab: Der Bäcker habe nicht die Pflicht gehabt, seinen Parkplatz lückenlos von Eis zu befreien. Die Klägerin sei in erheblichem Maße selbst schuld. Das Oberlandesgericht Koblenz wies in der nächsten Instanz die Klägerin darauf hin, dass ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts keinen Erfolg verspreche. Die Parkfläche sei zehn Meter breit gewesen. Sie hätte den vereisten Bereich jederzeit umgehen können. Kein anderer Kunde sei an diesem Tag auf Glatteis gestürzt (Az. 5 U 582/12).
Befreit eine erkennbare Eisglätte von der Haftung?
Bis vor den Bundesgerichtshof ging der Rechtsstreit um den Sturz einer älteren Dame vor einem Privatgrundstück. Auch ihr jüngerer Begleiter war auf dem glatten Gehweg gestürzt, hatte sich aber im Gegensatz zu ihr nicht verletzt. Aus seiner Sicht war der Weg seit Tagen nicht gestreut worden. Dies zeigte schon die unberührte Schneedecke. Die Klage wurde jedoch zunächst abgewiesen: Das Oberlandesgericht vermisste genauere Äußerungen zur Wetterlage und hielt einige Einlassungen der Klägerin für verspätet. Hauptsächlich wies es die Klage aber deshalb ab, weil die Gefahr deutlich zu sehen gewesen sei – Stichwort unberührte Schneedecke. Die Klägerin hätte laut Gericht ja den geräumten Weg auf der anderen Straßenseite nutzen können.
Der BGH sah das anders. Immerhin hatte sie die Gefahr erst bemerkt, als es zu spät gewesen war: Sie wollte gerade die Straßpenseite wechseln, als sie stürzte. Die Klägerin habe bereits vor dem Landgericht vorgetragen, dass am Unfalltag eine Glättebildung bei einer Temperatur um 0 Grad vorgelegen habe und die Einholung eines meteorologischen Sachverständigengutachtens angeboten. Dies reiche aus. Der BGH sah hier sogar eine Verletzung des Rechtes auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz. Die Bundesrichter betonten: Dass eine ungeräumte Stelle erkennbar sei, befreie den Hauseigentümer noch lange nicht von seiner Räumpflicht oder einer Haftung (Beschluss vom 1.7.2025, Az. VI ZR 357/24).
Muss der Winterdienst bezahlt werden, wenn er schlecht räumt und streut?
Vor einiger Zeit hat sich der Bundesgerichtshof mit Winterdienstverträgen beschäftigt. Es ging dabei um einen Grundstückseigentümer, der einen gewerblichen Winterdienst beauftragt hatte. Da er mit dessen Arbeit unzufrieden gewesen war, hatte er einen Teil der Vergütung nicht bezahlt. Das zunächst damit befasste Gericht gab dem Winterdienst recht: Es handle sich um einen Dienstvertrag (entsprechend einem Arbeitsvertrag). Daher sei kein bestimmter Erfolg geschuldet gewesen. Eine Preisminderung wegen mangelhafter Leistung sei nicht möglich.
Der Bundesgerichtshof betrachtete den Winterdienstvertrag jedoch als einen Werkvertrag. Damit schuldete der Auftragnehmer dem Kunden nicht nur Arbeit, sondern einen konkreten Erfolg – nämlich einen schneefreien Gehweg. Wenn er dies nicht schaffe, so das Gericht, könne der Kunde den vereinbarten Betrag mindern. Dies sei bei Werkmängeln gesetzlich vorgesehen. Die in solchen Fällen häufig notwendige Fristsetzung zur Nachbesserung sei hier überflüssig (Az. VII ZR 355/12).
Praxistipp zum Räumen und Streuen im Winter
Wohnt man in einem eigenen Haus, kann man sich gegen Haftungsrisiken aufgrund vernachlässigten Winterdienstes durch eine Privathaftpflichtversicherung absichern. Dies können auch Mieter, die zum Schneeräumen verpflichtet sind. Für Vermieter empfiehlt sich eine Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung. Kommt es nach einem Sturz auf Schnee oder Eis zu einem Rechtsstreit um Schadensersatz, kann Sie ein auf das Zivilrecht spezialisierter Rechtsanwalt kompetent beraten.
(Ma)