Verkehrsrecht: Wer darf in der Fußgängerzone fahren?

04.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (44536 mal gelesen)
Segway-Fahrer In der Fußgängerzone gelten strenge Regeln - zugunsten der Fußgänger. © Bu - Anwalt-Suchservice

Eigentlich sind Fußgängerzonen den Fußgängern vorbehalten. Aber: Manchmal fahren dort auch Autos, öfter auch Radfahrer und gelegentlich Segways oder andere Exoten. Dürfen die das überhaupt?

Fahrzeuge, die sich mitten unter Fußgängern bewegen, sind immer eine Gefahrenquelle. Deswegen haben Autos und andere Fahrzeuge im Normalfall nichts in einer Fußgängerzone verloren. Es gibt jedoch Ausnahmen. Unsicherheit herrscht allerdings oft bei der Frage, ob auch Radfahrer durch die Fußgängerzone fahren dürfen.

Was ist überhaupt eine Fußgängerzone?


Unter einer Fußgängerzone versteht man ein Gebiet, das sich meist in der Innenstadt befindet und in erster Linie durch Fußgänger genutzt werden darf. Die betreffenden Straßen sind mit dem Verkehrszeichen Nr. 242 aus der Straßenverkehrsordnung ausgeschildert – einem weißen Quadrat mit blauem Kreis, darin das Symbol Frau mit Kind an der Hand, darunter der Schriftzug „Zone“. Am Ende des jeweiligen Bereiches findet man ein entsprechendes Schild in grau und durchgestrichen, welches die Fußgängerzone aufhebt.

Grundsatz: Nur für Fußgänger


Nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) bedeutet eine solche Beschilderung, dass anderer als Fußgängerverkehr diese Zone nicht nutzen darf. Die Ausnahme bilden Fahrzeuge, für die das Befahren der Zone durch besondere Schilder freigegeben ist. Fußgänger haben jedoch auch gegenüber diesen Fahrzeugen Vorrang. So dürfen Fußgänger nicht durch Fahrzeuge behindert oder gefährdet werden. Wenn nötig, müssen die Fahrzeuge eben warten. Grundsätzlich ist für Fahrzeuge außerdem Schrittgeschwindigkeit angesagt.

Welche Autos dürfen in die Fußgängerzone?


Unter dem Schild "Fußgängerzone" ist oft ein Zusatzschild „Lieferverkehr frei“ angebracht, manchmal in Verbindung mit bestimmten Uhrzeiten. Dann dürfen Lieferfahrzeuge zu den genannten Stunden die Geschäfte in der Fußgängerzone anfahren, um Waren zu liefern. Dies müssen sie jedoch in Schrittgeschwindigkeit tun und dabei besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen. Auch das Be- und Entladen ist zulässig. Lieferfahrzeuge müssen sich jedoch außerhalb der ausgeschilderten Zeiten an die allgemeinen Regeln halten. Das heißt: Sie dürfen in die Fußgängerzone nur mit einer Ausnahmegenehmigung hineinfahren.

Was gilt für Anwohner mit Auto?


Es gibt natürlich auch Menschen, die in einer Fußgängerzone wohnen. Für diese könnte man natürlich ein Schild „Anlieger frei“ aufstellen. Allerdings wäre die sofortige Folge, dass die gesamte Fußgängerzone von Autofahrern verstopft wird, die das dringende Anliegen haben, dort einen Burger zu essen oder ein paar Socken zu kaufen. Daher verwenden die Gemeinden lieber das Zusatzschild „Bewohner frei“.

Dieses Schild erlaubt den Bewohnern von Häusern in der Fußgängerzone, in diese hineinzufahren und darin zu parken. Das Verwaltungsgericht Göttingen hat dies in einem Urteil bestätigt (Urteil vom 25.2.2014, Az. 1 A 267/12).
In vielen Städten gibt es außerdem Ausnahmeregeln für Taxis, die Patienten oder Personen mit eingeschränkter Mobilität zu Arztpraxen in der Fußgängerzone fahren. Natürlich dürfen auch Polizei- und Rettungsfahrzeuge in der Fußgängerzone unterwegs sein.

Welche Bußgelder gelten für Kraftfahrzeuge?


Fährt man unrechtmäßig mit einem Kraftfahrzeug bis 3,5 Tonnen in der Fußgängerzone herum, muss man mit einem Bußgeld von 20 Euro rechnen; oberhalb dieser Grenze werden es 75 Euro. Wer beim rechtmäßigen Befahren einer Fußgängerzone einen Fußgänger gefährdet, ist mit 60 Euro und einem Punkt in Flensburg dabei, beim unrechtmäßigen Befahren sind es 70 Euro und ein Punkt.
Das unrechtmäßige Parken in einer Fußgängerzone wird mit einem Bußgeld von 30 Euro geahndet, 35 Euro sind es bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer.

Was gilt für Radfahrer?


Radfahrer dürfen grundsätzlich nicht in die Fußgängerzone hineinfahren. In dieser ist schließlich wirklich nur Fußgängerverkehr erlaubt. Allerdings dürfen Radler ihr Fahrrad schieben. Eine Ausnahme bilden Fußgängerzonen, in denen der Fahrradverkehr durch Zusatzschilder erlaubt ist. Manchmal ist dann das Zusatzschild „Radfahrer frei“ unter dem Fußgängerzonen-Schild angebracht, zum Teil auch das bekannte runde, blaue Schild für den gemeinsamen Fuß- und Radweg. Trotzdem ist für Radler hier Vorsicht geboten: Radfahrer und Fußgänger sind in der Fußgängerzone nicht gleichberechtigt. Vorrang haben die Fußgänger, Radfahrer müssen ihnen gegenüber also besondere Rücksicht und Vorsicht walten lassen und wenn nötig für sie anhalten und sie vorbeilassen - auch, wenn es schwerfällt. Zur Rücksichtnahme gehört auch die Schrittgeschwindigkeit, denn die Fußgängerzone ist keine Rennradpiste.

Wie hoch sind die Bußgelder für Radfahrer?


Mit einem Bußgeld von 15 Euro kann unerlaubtes Radfahren in der Fußgängerzone geahndet werden. Werden Fußgänger behindert, sind es 20 Euro, bei Gefährdung 25 Euro, bei Unfall 30 Euro. Auch bei erlaubtem Befahren der Fußgängerzone kann zu schnelles Fahren (über Schrittgeschwindigkeit) ein Bußgeld von 15 Euro auslösen. Ein Parkverbot für Radfahrer gibt es indes in der Fußgängerzone nicht. Dies hat sogar das Verwaltungsgericht Braunschweig bestätigt (Urteil vom 25.1.2005, Az. 5 A 216/03).

Was gilt für Inlineskates?


Inlineskates zählen nicht zu den Fahrzeugen, sondern sind "besondere Fortbewegungsmittel" nach § 24 StVO. Daher gelten für sie die Regeln über den Fußgängerverkehr. Die Folge: Man darf mit ihnen in der Fußgängerzone fahren. Auch Fans von Inlineskates müssen jedoch Fußgängern Vorrang gewähren und besondere Rücksicht auf diese nehmen. Gleiches gilt für Skateboards. Die Schrittgeschwindigkeit müssen beide einhalten.

Rollern mit Tretroller und Fahrrad


Keine Fahrzeuge sind Tretroller für Erwachsene - so hat es das OLG Oldenburg entschieden (21.6.1996, Az. SS 186/96, § 24 Abs. 1 StVO). Sie dürfen daher als Fortbewegungsmittel auf Gehwegen und in Fußgängerzonen verwendet werden. Was gilt jedoch, wenn man sein Fahrrad wie einen Tretroller benutzt: Man steht mit einem Fuß auf einem Pedal, hat beide Hände am Lenkrad und stößt sich mit dem anderen Fuß ab?

Das Berliner Kammergericht hat diese Fortbewegungsart dem Fußgängerverkehr zugeordnet (Urteil vom 3.6.2004, Az. 12 U 68/03). Damals war eine Frau über einen Zebrastreifen "gerollert". Dem Gericht zufolge handelte es sich nicht um einen Verstoß gegen das Verbot, den Fußgängerüberweg mit dem Fahrrad zu befahren. Auch andere Gerichte haben inzwischen bezüglich Zebrastreifen ähnlich geurteilt. Und das Oberlandesgericht Stuttgart stellte das Verfahren gegen einen Mann ein, der mit seinem Fahrrad durch eine Fußgängerzone "gerollert" war (Az. 4 Ss 482/15). Will man auf der sicheren Seite sein, empfiehlt es sich, ganz langsam zu rollern - oder das Fahrrad einfach zu schieben, ohne andere zu gefährden.

Was gilt für Segways?


Auch Segways sind gelegentlich in Fußgängerzonen anzutreffen. Dabei handelt es sich um einachsige elektrisch angetriebene Transportmittel für eine Person mit zwei parallel angeordneten Rädern und einer Haltestange. Zu steuern sind sie über Gewichtsverlagerung und Balance. Rechtlich gilt für sie die sogenannte „Mobilitätshilfen-Verordnung“. Nach § 7 Abs. 5 dieser Regelung müssen die Balanceroller in der Fußgängerzone eine angepasste Geschwindigkeit einhalten. Ihre Fahrer haben Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen und diesen Vorrang zu gewähren.

Praxistipp


Ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid kann sich in manchen Fällen lohnen. Sollen Sie wegen unzulässigen Fahrens in der Fußgängerzone belangt werden, kann Sie ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kompetent beraten. Dieser kann am besten beurteilen, ob ein Vorgehen gegen das Bußgeld in Ihrem Fall erfolgversprechend ist.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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