Darf sich ein Rechtsanwalt, der nicht als Fachanwalt zugelassen ist, als "ausgebildeter" Fachanwalt bezeichnen?

18.01.2019, Autor: Herr Wolfgang Raithel / Lesedauer ca. 3 Min. (123 mal gelesen)
Es ist irreführend i.S.d. § 5 Abs.1 UWG sich als "ausgebildeter" Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht zu bezeichnen, obwohl man nicht als solcher von der zuständigen Rechtsanwaltskammer zugelassen ist

Auf einer von einem Rechtsanwalt (Antragsgegner) betriebenen Internetseite bezeichnete sich dieser Rechtsanwalt als ausgebildeter Fachanwalt für Bau-und Architektenrecht. Er berate und vertrete bewusst und ausschließlich in Rechtsfragen rund um Bau, Miete und Immobilie. Man erhalte folgerichtig eine Rechtsdienstleistung von höchster Qualität. Er ist deshalb von dem Antragsteller, RA Raithel, einem zugelassenen Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, aufgefordert worden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, die sicherstellt, dass er künftig nicht mehr mit der Bezeichnung „ausgebildeter Fachanwalt für Bau-und Architektenrecht“ werbe. Eine solche Erklärung hat der Antragsgegner nicht abgegeben. Daraufhin hat der Antragsteller den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt und diese wie folgt begründet:

"Die Bezeichnung des Antragsgegners als ausgebildeter Fachanwalt für Bau-Architektenrecht ist sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Marktverhalten der Marktteilnehmer regelnde Vorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG) als auch des Verbots irreführender Werbung (§ 5 UWG) wettbewerbswidrig.
Die Bezeichnung als ausgebildeter Fachanwalt für Bau-Architektenrecht stellt einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BORA dar, so dass ein Fall des § 4 Nr. 11 UWG gegeben ist.
a) Zwar handelt es sich bei den anwaltsrechtlichen Vorschriften der BRAO und der BORA nicht durchweg um Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 4 Nr. 11 UWG (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 26. Aufl., § 4 Nr. 11 UWG Rn. 11.59), bei der Werbebeschränkung des § 43b BRAO und den dieses konkretisierenden Vorschriften der §§ 6 bis 10 BORA ist dies aber der Fall (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn. 1.185). Nachdem es sich bei der BORA um autonomes Satzungsrecht handelt, weist diese auch Rechtsnormcharakter auf; ihre Regelungen sind daher gesetzliche Vorschriften i. S. v. § 4 Nr. 11 UWG (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 11.24).
b) Bei der Bezeichnung - ausgebildeter Fachanwalt für Bau-Architektenrecht - handelt es sich um einen qualifizierenden Zusatz i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 11.100 und Hartung-Römermann, Anwaltliche Berufsordnung, 3. Aufl., § 7 BerufsO Rn. 742). Nach § 7 Abs.2 BORA sind Benennungen nach Absatz 1 aber unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind. Die Bezeichnung des Antragsgegners als ausgebildeter Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht – stellt, solange er nicht von der zuständigen Rechtsanwaltskammer als Fachanwalt für Bau-und Architektenrecht zugelassen ist, eine irreführende Werbung i. S. v. § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG dar. Die Befugnis zur Führung eines Fachanwaltstitels gemäß § 43 Buchst. c BRAO wird lediglich auf Antrag des Rechtsanwalts vom Vorstand der zuständigen Rechtsanwaltskammer erteilt, nachdem ein Ausschuss der Kammer die vom Anwalt vorzulegenden Nachweise geprüft hat.
c) Soweit der Antragsgegner mit seiner Erklärung zum Ausdruck bringen wollte, dass er einen Kuss zu Erlangung der theoretischen Kenntnisse auf dem Gebiet des Bau- und Architektenrechts besucht und dort auch Aufsichtsarbeiten absolviert hat, ist auch dies berufsrechtlich unzulässig (Anwaltsgericht Köln, Urteil vom 03.02.2016, Az. 3 AnwG 14/15 R in NJW Spezial 2016, Seite 478 ff.): „Weil ein hohes Niveau der Kenntnisse eines Fachanwalts verlangt wird und die Glaubwürdigkeit eines Fachhinweises gewahrt werden soll, besteht eine Irreführungsgefahr gerade auch durch Hinweise auf Zertifizierungen. Beim rechtsuchenden Publikum entsteht der Eindruck, dass bei der Erstellung der geprüften Standards die betroffenen Fachkreise mitgewirkt haben, zumindest aber die Prüfungskriterien von diesen als Standards akzeptiert werden. Gerade im Bereich der freien Berufe ist das Verständnis der Rechtsuchenden geprägt durch die Bezeichnungen „Fachanwalt“ oder „Facharzt“, die ihrerseits darauf verweisen, dass der so auftretende Berufsträger vorgegebene Anforderungen an einem bestimmten Kenntnis-und Erfahrungsstand erfüllt, die von diesen Fachkreisen bestimmt worden sind und allgemein akzeptiert werden.“

Das Landgericht München II hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen und entschieden, dass es der Antragsgegner bei Meidung eines OrdnungsgeldesZu unterlassen hat, sich als „ausgebildeter Fachanwalt für Bau-und Architektenrecht“ zu bezeichnen. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.


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