Kirchenmitgliedschaft als Einstellungskriterium – wann erlaubt?

13.11.2025, Autor: Herr Dirk M. Richter / Lesedauer ca. 2 Min. (12 mal gelesen)
Das Bundesverfassungsgericht betont in einem aktuellen Beschluss den hohen Stellenwert des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bei Einstellungen – doch ob Kirchenmitgliedschaft verlangt werden darf, hängt immer vom konkreten Jobprofil ab. Bewerber sollten Diskriminierung nicht hinnehmen.

Darf ein Arbeitgeber Kirchenzugehörigkeit verlangen?
Religiöse Träger wie Kirchen oder ihre Wohlfahrtsverbände dürfen bei der Besetzung von Arbeitsstellen in bestimmten Fällen die Mitgliedschaft in einer Kirche verlangen. Doch das ist kein Freifahrtschein: Ob das rechtlich zulässig ist, hängt stark von der konkreten Tätigkeit ab. Je näher die Aufgabe mit der religiösen Identität der Kirche verknüpft ist, desto eher kann eine Kirchenmitgliedschaft verlangt werden.

Was hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?
In einem aktuellen Fall (Beschluss vom 29.09.2025 – 2 BvR 934/19) hat das Bundesverfassungsgericht das Urteil des Bundesarbeitsgerichts aufgehoben. Dieses hatte einem Bewerber eine Entschädigung zugesprochen, weil er wegen fehlender Kirchenmitgliedschaft abgelehnt worden war. Die Verfassungsrichter betonten, dass das Selbstbestimmungsrecht der Kirche in solchen Fällen besonders zu beachten sei – auch im Lichte europarechtlicher Vorgaben.

Welche Anforderungen gelten?
Zunächst muss die Kirche plausibel darlegen, warum für die konkrete Stelle eine Kirchenzugehörigkeit notwendig ist. Dies bedeutet: Die Anforderungen müssen nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei sein. Es braucht also eine Einzelfallprüfung – pauschale Anforderungen genügen nicht. Bei Tätigkeiten mit starker Außenwirkung oder engem Bezug zur Verkündigung oder Seelsorge wiegt das Interesse der Kirche schwerer.

Wie läuft die rechtliche Prüfung ab?
Die Gerichte prüfen zweistufig:
Erste Stufe: Die Darlegung der Kirche wird auf Plausibilität geprüft.
Zweite Stufe: Die Interessen beider Seiten werden abgewogen – das Selbstbestimmungsrecht der Kirche gegen den Diskriminierungsschutz des Bewerbers.

Hier spielen drei Kriterien eine zentrale Rolle:

Geeignetheit – Die Anforderung muss einen Bezug zur religiösen Identität haben.
Erforderlichkeit – Es darf kein milderes Mittel geben.
Angemessenheit – Die kirchlichen Interessen müssen schwerer wiegen als der Diskriminierungsschutz.
Was bedeutet das für Bewerber?
Nicht jede Stelle bei der Kirche darf nur mit Kirchenmitgliedern besetzt werden. Vor allem bei Tätigkeiten ohne direkten Bezug zu religiösen Inhalten (z.B. Verwaltung, Technik, IT) dürfte eine solche Forderung oft unzulässig sein. Wer sich diskriminiert fühlt, sollte sich beraten lassen – der Ausgang hängt stark vom Einzelfall ab.

Wie sollten kirchliche Arbeitgeber vorgehen?
Wer Kirchenmitgliedschaft als Einstellungskriterium verlangt, muss sich gut vorbereiten. Die Gründe sollten konkret und dokumentierbar sein. Sonst drohen rechtliche Risiken – bis hin zu Entschädigungszahlungen.

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