LG Ellwangen: Bevollmächtigter muss Erben Auskunft erteilen – Vollmacht verpflichtet auch nach dem Tod
27.10.2025, Autor: Herr Thorsten Post / Lesedauer ca. 4 Min. (49 mal gelesen)
Das Landgericht Ellwangen entschied, dass ein Bevollmächtigter auch nach dem Tod des Vollmachtgebers verpflichtet bleibt, den Erben Auskunft über alle getätigten Geldverfügungen zu erteilen. Wer im Vertrauen eine Vollmacht erhält, muss nachvollziehbar belegen können, wie er mit dem Vermögen des Verstorbenen umgegangen ist – sonst drohen rechtliche Konsequenzen.
Eine Generalvollmacht innerhalb der Familie ist meist eine Sache des Vertrauens. Meistens bekommt sie das Kind, das sich kümmert – das regelmäßig vorbeischaut, sich um Arzttermine, Bankgeschäfte und den Alltag der Eltern kümmert. Doch wenn der Elternteil stirbt, wird aus Vertrauen schnell Misstrauen. Dann steht die Frage im Raum:
Was genau ist mit dem Geld passiert, das in den letzten Jahren abgehoben wurde?
Genau mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Ellwangen in einer aktuellen Entscheidung vom 31. Juli 2025 (Az. 3 O 284/24) zu befassen. Dort verlangte eine Tochter von ihrem Bruder Auskunft über zahlreiche Abhebungen vom Konto des verstorbenen Vaters. Der Bruder hatte über eine notariell erteilte Generalvollmacht verfügt – und während der letzten Lebensjahre seines Vaters insgesamt mehr als 25.000 Euro abgehoben. Er meinte, darüber keine detaillierte Rechenschaft mehr geben zu müssen. Das Gericht sah das anders.
Eine Vollmacht bedeutet Verantwortung – auch nach dem Tod
Das Gericht stellte klar: Wer aufgrund einer Vollmacht handelt, tut das nicht im eigenen Namen, sondern im Auftrag des Vollmachtgebers. Dieses Vertrauensverhältnis endet nicht automatisch mit dem Tod des Vollmachtgebers. Die Vollmacht wirkt fort – und mit ihr die Pflicht, den Erben Auskunft zu geben und Rechenschaft abzulegen.
Im Klartext: Wer Geld bewegt, Überweisungen tätigt oder Bargeld abhebt, muss später erklären können, wofür das Geld verwendet wurde. Diese Pflicht ergibt sich aus einem einfachen Prinzip: Wer im Namen eines anderen handelt, steht in einer Art „Rechenschaftspflicht“. Er verwaltet fremdes Vermögen und ist daher verpflichtet, über alle Einnahmen und Ausgaben eine nachvollziehbare Übersicht zu führen.
Warum Auskunft so wichtig ist
Die Entscheidung aus Ellwangen zeigt ein häufiges Missverständnis. Viele Bevollmächtigte glauben, sie seien nur ihren Eltern gegenüber verantwortlich – nicht aber den Geschwistern oder der Erbengemeinschaft. Tatsächlich ist es genau umgekehrt: Nach dem Tod treten die Erben in die rechtliche Position des Verstorbenen ein. Sie dürfen dieselben Auskünfte verlangen, die der Elternteil selbst hätte einfordern können.
Für die Praxis bedeutet das: Die Erbengemeinschaft hat das Recht, eine geordnete Aufstellung aller Geldbewegungen zu verlangen, einschließlich Belegen, Quittungen und Kontoauszügen. Eine pauschale Aussage wie „alles war für den Vater“ genügt nicht. Das Gericht betonte ausdrücklich, dass eine nachvollziehbare, in sich schlüssige Darstellung erforderlich ist. Nur so kann überprüft werden, ob das Geld tatsächlich im Sinne des Erblassers verwendet wurde.
Vertrauen ist gut – Dokumentation ist besser
Viele Vollmachtnehmer handeln über Jahre in bester Absicht. Sie bezahlen Pflegekräfte, kaufen Lebensmittel, erledigen Einkäufe oder heben Bargeld ab, um dem Angehörigen zu helfen. Doch wenn später die Geschwister nachfragen, sind viele Belege verschwunden, und niemand kann mehr genau sagen, wofür das Geld geflossen ist. Dann wird aus gutem Willen schnell ein Streit um Zahlen – oft verbunden mit Verletzungen, Misstrauen und emotionaler Überforderung.
Das Urteil aus Ellwangen ist deshalb auch eine Mahnung zur Vorsorge: Wer eine Vollmacht erhält, sollte von Anfang an jede Zahlung dokumentieren, Belege sammeln und regelmäßig eine einfache Übersicht führen. Das schützt nicht nur die Erben, sondern auch den Bevollmächtigten selbst – denn wer nachvollziehbar abrechnet, kann später nichts falsch gemacht haben.
Auch Familien brauchen klare Regeln
Manche empfinden eine solche Forderung nach Auskunft als Misstrauen oder gar Angriff auf ihre Integrität. Dabei ist es etwas anderes: Es ist geordnete Verantwortung.
Eine Vollmacht ist kein Geschenk, sondern ein Auftrag. Wer sie erhält, übernimmt eine rechtliche Pflicht – ähnlich wie ein Anwalt oder Verwalter. Diese Pflicht endet nicht mit der Trauerfeier, sondern erst, wenn alle Fragen über das Vermögen des Verstorbenen beantwortet sind.
Das Landgericht Ellwangen brachte es auf den Punkt: Eine Generalvollmacht „ohne Ausnahme auf alle Rechtsgeschäfte“ ist rechtlich gesehen ein Auftragsverhältnis mit klaren Pflichten. Und zu diesen Pflichten gehört eben auch die Rechenschaft. Wer das ablehnt, riskiert nicht nur Streit in der Familie, sondern auch eine gerichtliche Verurteilung.
Was Erben und Bevollmächtigte daraus lernen können
Für Bevollmächtigte gilt:
Sammeln Sie Belege und führen Sie eine einfache Liste. Notieren Sie Datum, Betrag und Zweck jeder Zahlung.
Heben Sie Kontoauszüge auf. Sie sind der wichtigste Nachweis, falls später Fragen auftauchen.
Nehmen Sie Anfragen ernst. Wenn Geschwister Auskunft wünschen, ist das ihr gutes Recht – kein persönlicher Angriff.
Für Erben gilt:
Scheuen Sie sich nicht, Auskunft zu verlangen. Sie haben Anspruch auf Transparenz.
Bleiben Sie sachlich. Oft lassen sich Missverständnisse klären, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen.
Lassen Sie sich beraten. Ein Anwalt kann helfen, die richtigen Fragen zu stellen und unnötige Konflikte zu vermeiden.
Fazit
Das Urteil des Landgerichts Ellwangen zeigt eindrucksvoll: Eine Vollmacht ist kein Freibrief, sondern ein Vertrauensauftrag mit klaren Pflichten. Wer für andere handelt, muss später erklären können, was er getan und warum er es getan hat.
Transparenz ist nicht Misstrauen – sie ist die Grundlage von Vertrauen. Und gerade in Familien kann sie helfen, Streit zu vermeiden und Frieden zu bewahren – auch über den Tod hinaus.
Thorsten Post, Rechtsanwalt
Eine Generalvollmacht innerhalb der Familie ist meist eine Sache des Vertrauens. Meistens bekommt sie das Kind, das sich kümmert – das regelmäßig vorbeischaut, sich um Arzttermine, Bankgeschäfte und den Alltag der Eltern kümmert. Doch wenn der Elternteil stirbt, wird aus Vertrauen schnell Misstrauen. Dann steht die Frage im Raum:
Was genau ist mit dem Geld passiert, das in den letzten Jahren abgehoben wurde?
Genau mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Ellwangen in einer aktuellen Entscheidung vom 31. Juli 2025 (Az. 3 O 284/24) zu befassen. Dort verlangte eine Tochter von ihrem Bruder Auskunft über zahlreiche Abhebungen vom Konto des verstorbenen Vaters. Der Bruder hatte über eine notariell erteilte Generalvollmacht verfügt – und während der letzten Lebensjahre seines Vaters insgesamt mehr als 25.000 Euro abgehoben. Er meinte, darüber keine detaillierte Rechenschaft mehr geben zu müssen. Das Gericht sah das anders.
Eine Vollmacht bedeutet Verantwortung – auch nach dem Tod
Das Gericht stellte klar: Wer aufgrund einer Vollmacht handelt, tut das nicht im eigenen Namen, sondern im Auftrag des Vollmachtgebers. Dieses Vertrauensverhältnis endet nicht automatisch mit dem Tod des Vollmachtgebers. Die Vollmacht wirkt fort – und mit ihr die Pflicht, den Erben Auskunft zu geben und Rechenschaft abzulegen.
Im Klartext: Wer Geld bewegt, Überweisungen tätigt oder Bargeld abhebt, muss später erklären können, wofür das Geld verwendet wurde. Diese Pflicht ergibt sich aus einem einfachen Prinzip: Wer im Namen eines anderen handelt, steht in einer Art „Rechenschaftspflicht“. Er verwaltet fremdes Vermögen und ist daher verpflichtet, über alle Einnahmen und Ausgaben eine nachvollziehbare Übersicht zu führen.
Warum Auskunft so wichtig ist
Die Entscheidung aus Ellwangen zeigt ein häufiges Missverständnis. Viele Bevollmächtigte glauben, sie seien nur ihren Eltern gegenüber verantwortlich – nicht aber den Geschwistern oder der Erbengemeinschaft. Tatsächlich ist es genau umgekehrt: Nach dem Tod treten die Erben in die rechtliche Position des Verstorbenen ein. Sie dürfen dieselben Auskünfte verlangen, die der Elternteil selbst hätte einfordern können.
Für die Praxis bedeutet das: Die Erbengemeinschaft hat das Recht, eine geordnete Aufstellung aller Geldbewegungen zu verlangen, einschließlich Belegen, Quittungen und Kontoauszügen. Eine pauschale Aussage wie „alles war für den Vater“ genügt nicht. Das Gericht betonte ausdrücklich, dass eine nachvollziehbare, in sich schlüssige Darstellung erforderlich ist. Nur so kann überprüft werden, ob das Geld tatsächlich im Sinne des Erblassers verwendet wurde.
Vertrauen ist gut – Dokumentation ist besser
Viele Vollmachtnehmer handeln über Jahre in bester Absicht. Sie bezahlen Pflegekräfte, kaufen Lebensmittel, erledigen Einkäufe oder heben Bargeld ab, um dem Angehörigen zu helfen. Doch wenn später die Geschwister nachfragen, sind viele Belege verschwunden, und niemand kann mehr genau sagen, wofür das Geld geflossen ist. Dann wird aus gutem Willen schnell ein Streit um Zahlen – oft verbunden mit Verletzungen, Misstrauen und emotionaler Überforderung.
Das Urteil aus Ellwangen ist deshalb auch eine Mahnung zur Vorsorge: Wer eine Vollmacht erhält, sollte von Anfang an jede Zahlung dokumentieren, Belege sammeln und regelmäßig eine einfache Übersicht führen. Das schützt nicht nur die Erben, sondern auch den Bevollmächtigten selbst – denn wer nachvollziehbar abrechnet, kann später nichts falsch gemacht haben.
Auch Familien brauchen klare Regeln
Manche empfinden eine solche Forderung nach Auskunft als Misstrauen oder gar Angriff auf ihre Integrität. Dabei ist es etwas anderes: Es ist geordnete Verantwortung.
Eine Vollmacht ist kein Geschenk, sondern ein Auftrag. Wer sie erhält, übernimmt eine rechtliche Pflicht – ähnlich wie ein Anwalt oder Verwalter. Diese Pflicht endet nicht mit der Trauerfeier, sondern erst, wenn alle Fragen über das Vermögen des Verstorbenen beantwortet sind.
Das Landgericht Ellwangen brachte es auf den Punkt: Eine Generalvollmacht „ohne Ausnahme auf alle Rechtsgeschäfte“ ist rechtlich gesehen ein Auftragsverhältnis mit klaren Pflichten. Und zu diesen Pflichten gehört eben auch die Rechenschaft. Wer das ablehnt, riskiert nicht nur Streit in der Familie, sondern auch eine gerichtliche Verurteilung.
Was Erben und Bevollmächtigte daraus lernen können
Für Bevollmächtigte gilt:
Sammeln Sie Belege und führen Sie eine einfache Liste. Notieren Sie Datum, Betrag und Zweck jeder Zahlung.
Heben Sie Kontoauszüge auf. Sie sind der wichtigste Nachweis, falls später Fragen auftauchen.
Nehmen Sie Anfragen ernst. Wenn Geschwister Auskunft wünschen, ist das ihr gutes Recht – kein persönlicher Angriff.
Für Erben gilt:
Scheuen Sie sich nicht, Auskunft zu verlangen. Sie haben Anspruch auf Transparenz.
Bleiben Sie sachlich. Oft lassen sich Missverständnisse klären, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen.
Lassen Sie sich beraten. Ein Anwalt kann helfen, die richtigen Fragen zu stellen und unnötige Konflikte zu vermeiden.
Fazit
Das Urteil des Landgerichts Ellwangen zeigt eindrucksvoll: Eine Vollmacht ist kein Freibrief, sondern ein Vertrauensauftrag mit klaren Pflichten. Wer für andere handelt, muss später erklären können, was er getan und warum er es getan hat.
Transparenz ist nicht Misstrauen – sie ist die Grundlage von Vertrauen. Und gerade in Familien kann sie helfen, Streit zu vermeiden und Frieden zu bewahren – auch über den Tod hinaus.
Thorsten Post, Rechtsanwalt